© 2020 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 – 062/20 Finanzanlageberatung, Finanzanlagevermittlung, Wertpapierdienstleistungen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung . Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 062/20 Seite 2 Finanzanlageberatung, Finanzanlagevermittlung, Wertpapierdienstleistungen Aktenzeichen: WD 4 - 3000 – 062/20 Abschluss der Arbeit: 04.06.2020 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 062/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Rechtlicher Status von Finanzanlagevermittlern und Finanzanlageberatern 4 1.1 Welche nationalen Gesetze regeln die Finanzanlagevermittlung und die Finanzanlageberatung (Bezeichnung der Gesetze sowie der Bereiche und Personenkreise, die Anlagenvermittlung- und beratung ausführen)? 4 1.2 Werden die Begriffe der Finanzanlageberatung und der Finanzanlagenvermittlung getrennt voneinander definiert? Dürfen beide Tätigkeiten gleichzeitig ausgeübt werden? 5 1.3 Was sind die wesentlichen Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Richtlinie 2016/97/EU über den Versicherungsvertrieb? 5 2. Finanzmarkt mit dem Fokus auf der Regulierung von Wertpapierdienstleistungen 6 2.1 Wie werden Wertpapierdienstleistungen in Deutschland reguliert? 6 2.2 Werden alle Dienstleistungen durch ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen in gleicher Weise reguliert oder hängt die Regulierung von der konkret ausgeübten Tätigkeit ab? Können Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen durch unterschiedliche Unternehmen ausgeübt werden? 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 062/20 Seite 4 1. Rechtlicher Status von Finanzanlagevermittlern und Finanzanlageberatern 1.1 Welche nationalen Gesetze regeln die Finanzanlagevermittlung und die Finanzanlageberatung (Bezeichnung der Gesetze sowie der Bereiche und Personenkreise, die Anlagenvermittlungund -beratung ausführen)? Sowohl die Finanzanlagevermittlung als auch die Finanzanlageberatung sind in verschiedenen nationalen Gesetzen geregelt. Grundsätzlich erfüllt die gewerbsmäßige Ausübung einer der Tätigkeiten die Voraussetzungen eines Finanzdienstleistungsinstituts. Finanzdienstleistungsinstitute fallen in den Regelungsbereich des Kreditwesengesetzes (KWG) (dt. Fassung: https://www.gesetze -im-internet.de/kredwg/; engl. Fassung: https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads /EN/Aufsichtsrecht/dl_kwg_en.pdf;jsessionid=5C43B7BD6D88042400718D4272FDD- FAC.1_cid370?__blob=publicationFile&v=4). Etwas anderes gilt, sofern die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands von § 2 Abs. 6 Nr. 8 KWG oder von § 2 Abs. 10 KWG erfüllt sind. Unternehmen , die die Voraussetzungen von § 2 Abs. 6 Nr. 8 KWG erfüllen, stellen keine Finanzdienstleistungsinstitute dar und fallen in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung (GewO) (dt. Fassung: https://www.gesetze-im-internet.de/gewo/index.html). Sie werden insbesondere von § 34d GewO umfasst. Die Regelungen der GewO werden durch die Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) (dt. Fassung: http://www.gesetze-im-internet.de/finvermv/index.html) konkretisiert. Unternehmen, die die Voraussetzungen von § 2 Abs. 10 KWG erfüllen, sind an ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen gebunden (sog. vertraglich gebundene Vermittler) und fallen in den Regelungsbereich des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) (dt. Fassung: https://www.gesetze-im-internet.de/wphg/; engl. Fassung: https://www.bafin.de/Shared- Docs/Veroeffentlichungen/EN/Aufsichtsrecht/Gesetz/WpHG_en.html?nn=8379954). Sowohl die Finanzanlagevermittlung als auch die Finanzanlageberatung stehen im Zusammenhang mit den in § 1 Abs. 11 Nr. 1-10 KWG aufgelisteten Finanzinstrumenten, da sich die Vermittlungs - und Beratungstätigkeit auf Geschäfte über die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten beziehen muss. Konkret bedeutet dies, dass es sich um Geschäfte über die Anschaffung und die Veräußerung von: - Aktien, - Vermögensanlagen, - Schuldtiteln, - Anteilen an Investmentvermögen, - Geldmarktinstrumenten, - Devisen und Rechnungseinheiten, - Derivaten und - Kryptowerten handeln muss. Der Zusammenhang mit den Finanzinstrumenten begrenzt also den Bereich der Anlagevermittlung- und -beratung auf die vorgenannten Geschäfte. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 062/20 Seite 5 1.2 Werden die Begriffe der Finanzanlageberatung und der Finanzanlagenvermittlung getrennt voneinander definiert? Dürfen beide Tätigkeiten gleichzeitig ausgeübt werden? Die Begriffe der Finanzanlageberatung und der Finanzanlagevermittlung werden im KWG unterschiedlich definiert. Die Anlagevermittlung wird in § 1 Abs. 1a Nr. 1 KWG als „the brokering of business involving the purchase and sale of financial instruments (investment broking)“ definiert und die Anlagenberatung wird in § 1 Abs. 1a Nr. 1b KWG als „providing customers or their representatives with personal recommendations in respect of transactions relating to certain financial instruments where the recommendation is based on an evaluation of the investor’s personal circumstances or is presented as being suitable for the investor and is not provided exclusively via information distribution channels or for the general public (investment advice)“ definiert. Es ist davon auszugehen, dass beide Tätigkeiten gleichzeitig durch ein- und dasselbe Unternehmen ausgeübt werden dürfen. 1.3 Was sind die wesentlichen Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Richtlinie 2016/97/EU über den Versicherungsvertrieb? Durch die Umsetzung der Richtlinie 2016/97/EU über den Versicherungsbetrieb kam es zu mehreren Gesetzesänderungen in der Gewerbeordnung, dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) (dt. Fassung https://www.gesetze-im-internet.de/vag_2016/; engl. Fassung https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/EN/Aufsichtsrecht /dl_vag_en_va.pdf?__blob=publicationFile&v=1) und dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) (dt. Fassung: https://www.gesetze-im-internet.de/vvg_2008/; engl. Fassung: http://www.gesetze-im-internet.de/englisch_vvg/englisch_vvg.html). Insbesondere kam es zu folgenden wesentlichen Änderungen: Versicherungsmakler sollen gegenüber Verbrauchern sowohl auf Provisions- als auch auf Honorarbasis tätig werden können. Das ausdrücklich in § 34d Abs. 1 GewO geregelte Honorarannahmeverbot wurde ersatzlos gestrichen. Der neu eingeführte § 48a VAG regelt ein umfassendes Verbot für Versicherungsvermittler , Vergütungsanreize zu setzen, die dazu führen könnten, dass eine Beratung nicht im bestmöglichen Interesse des Kunden erfolgt. Versicherungsvermittler dürfen also weder solche Vergütungen von einem Versicherer annehmen, noch dürfen Sie Vergütungsanreize für die Vermittlung besonderer Produkte schaffen, wenn die Gefahr besteht, dass der Kunde dann nicht in seinem bestmöglichen Interesse beraten wird. Im Hinblick auf die Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten wurde die Informations - und Beratungspflicht i.S.v. § 7b und § 7c VVG von Versicherungsmaklern gegenüber ihren Kunden, reformiert. Die Informations- und Beratungspflicht umfasst nun Informationen über regelmäßige Beurteilungen der Eignung des Produkts, Leitlinien, Risiken der vorgeschlagenen Anlagestrategie, Kosten und Gebühren hinsichtlich des Vertriebes des Produktes sowie Aufklärung über die Zahlungsmöglichkeiten des Versicherungsnehmers . Diese Informationen sind dem Versicherungsnehmer während der Laufzeit der Anlage regelmäßig, mindestens aber jährlich, zur Verfügung zu stellen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 062/20 Seite 6 § 61 Abs. 2 VVG sieht vor, dass nun auch Versicherungsvermittler von der Privilegierung des Beratungs- und Dokumentationsverzichts beim Vertrieb von Versicherungen über Fernabsatz profitieren können. Konkret bedeutet dies, dass im Wege eines Online- Antragsverfahrens die Möglichkeit eröffnet wurde, dass der Kunde allein per E-Mail erklärt , auf die Beratung und Dokumentation zu verzichten - eine handschriftliche Unterschrift wird nicht mehr erforderlich. Bei Versicherungen mit Überschussbeteiligung hat der Versicherer den Versicherungsnehmer gem. § 155 VVG jährlich in Textform über den aktuellen Stand seiner Ansprüche unter Einbeziehung der Überschussbeteiligung zu unterrichten. Das VVG wurde um besondere Regelungen zur Restschuldversicherung ergänzt. Verbraucher sollen nun grundsätzlich im Abstand von einer Woche nochmals gesondert darauf aufmerksam gemacht werden, dass der Vertrag zur Restschuldversicherung widerrufen werden kann, ohne automatisch auch den Darlehnsvertrag zu gefährden. Diese Information muss dem Verbraucher zudem vollständig als Informationsblatt ausgehändigt werden . 2. Finanzmarkt mit dem Fokus auf der Regulierung von Wertpapierdienstleistungen 2.1 Wie werden Wertpapierdienstleistungen in Deutschland reguliert? Das WpHG enthält Regelungen in Bezug auf Wertpapierdienstleistungen. Der Begriff der Wertpapierdienstleistung wird in § 2 Abs. 8 Nr. 1-10 WpHG definiert (siehe 2.2, Section 2 para. 8 no. 1-10 WpHG) und steht im Zusammenhang mit den in § 2 Abs. 4 Nr. 1-7 WpHG aufgezählten Finanzinstrumenten . Unternehmen, die Wertpapierdienstleistungen allein oder zusammen mit Wertpapiernebendienstleistungen i.S.v. § 2 Abs. 9 Nr. 1-7 WpHG (siehe 2.2, Section 2 para. 9 no. 1-7 WpHG) in einem gewerbsmäßigen Umfang betreiben, erfüllen die Voraussetzungen eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens i.S.v. § 2 Abs. 10 WpHG. Wertpapierdienstleistungsunternehmen werden durch das umfassende Regelwerk des WpHG reguliert. 2.2 Werden alle Dienstleistungen durch ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen in gleicher Weise reguliert oder hängt die Regulierung von der konkret ausgeübten Tätigkeit ab? Können Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen durch unterschiedliche Unternehmen ausgeübt werden? Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen werden durch das WpHG in gleicher Weise reguliert, da Wertpapiernebendienstleistungen nicht losgelöst von Wertpapierdienstleistungen erbracht werden können. Unter Wertpapiernebendienstleistungen sind Geschäfte mit Finanzinstrumenten zu verstehen, die durch Wertpapierdienstleistungsunternehmen in der Regel gemeinsam mit Wertpapierdienstleistungen gewerbsmäßig erbracht werden. Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen können somit nicht durch unterschiedliche Unternehmen ausgeübt werden. Wer entweder nur Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapierdienstleistungen zusammen mit Wertpapiernebendienstleistungen in einem gewerbsmäßigen Umfang betreibt, erfüllt die Voraussetzungen eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens und unterfällt den Regelungen des WpHG für Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 062/20 Seite 7 Section 2 para. 8 no. 1-10 WpHG Investment services within the meaning of this Act mean: 1. buying or selling financial instruments in the undertaking’s own name for account of third parties (principal broking services), 2. the a) continuous offer to buy and sell financial instruments on the financial markets on own account against the undertaking’s proprietary capital at prices defined by the undertaking (market making), b) trading on own account on an organised, frequent systematic and substantial basis outside an organised market or a multilateral or organised trading facility, if client orders are executed outside a regulated market or a multilateral or organised trading facility without operating a multilateral system (systematic internaliser), c) buying or selling of financial instruments for own account as a service for third parties (proprietary trading) or d) buying or selling of financial instruments for own account as a direct or indirect participant in a German organised market or a multilateral or organised trading facility by means of a high-frequency algorithmic trading technique within the meaning of subsection (44), including without the provision of a service for third parties (high-frequency trading), 3. buying or selling financial instruments in the name of a third party for the account of third parties (contract broking), 4. brokering transactions related to buying and selling financial instruments (investment broking ), 5. underwriting financial instruments at the undertaking’s own risk for placement in the market or assuming equivalent guarantees (underwriting business), 6. placing financial instruments without a firm commitment basis (placement business), 7. managing one or more portfolios of assets invested in financial instruments for third parties on a discretionary basis (portfolio management), 8. operating a multilateral system which, in the system and in accordance with non-discretionary provisions, brings together multiple third-party buying and selling interests in financial instruments in a way that results in a contract to buy these financial instruments (operating a multilateral trading facility), 9. operating a multilateral facility that is not an organised market or an multilateral trading facility and in which multiple third-party buying and selling interests in bonds, structured finance products, emission allowances or derivatives are able to interact in the system in a way that results in a contract to buy these financial instruments (operating an organised trading facility), 10. providing personal recommendations within the meaning of Article 9 of Delegated Regulation (EU) 2017/565 relating to transactions in certain financial instruments to clients or their representatives insofar as the recommendation is based on a consideration of the investor’s personal circumstances or is presented as being suitable for the investor and is not provided exclusively through distribution channels or for the general public (investment advice). Principal broking services, proprietary trading and contract broking include the conclusion of agreements to sell financial instruments issued by an investment services enterprise or a credit institution at the moment of their issuance. The issue of whether there is frequent systematic trading is measured by the number of over-the-counter (OTC) trades in a financial instrument carried out by the investment services enterprise on own account when executing client orders. The issue of whether trading is on a substantial basis is measured either by the size of the OTC trading carried out by the investment services enterprise in relation to the total trading of the invest- Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 062/20 Seite 8 ment services enterprise in a specific financial instrument or by the size of the OTC trading carried out by the investment services enterprise in relation to the total trading in the European Union in a specific financial instrument; more detailed requirements are contained in Articles 12 to 17 of Delegated Regulation (EU) 2017/565. The definition of a systematic internaliser applies only where the pre-set limit for frequent and systematic basis and for a substantial basis are both crossed, or whether an investment services enterprise chooses to opt-in under the systematic internaliser regime and has applied to BaFin for authorisation to act as a systematic internaliser. Buying or selling financial instruments for own account that is not a service for third parties within the meaning of sentence 1 no. 2 is also considered to be an investment service (proprietary business). Investment management that requires authorisation under section 1 (1a) sentence 2 no. 11 of the Banking Act is considered to be equivalent to portfolio management in respect of sections 22, 63 to 83 and 85 to 92 of this Act and to Articles 20 and 1 of Commission Regulation (EC) No. 2017/565. Section 2 para. 9 no. 1-7 WpHG Ancillary investment services within the meaning of this Act mean 1. safekeeping and administration of financial instruments for the account of third parties, including custodianship and related services such as cash or collateral management, and excluding providing and maintaining securities accounts at the top tier level (central maintenance service) under Section A number 2 of the Annex to Regulation (EU) No. 909/2014 (safe custody business), 2. granting credits or loans to others to allow them to carry out investment services, where the enterprise granting the credit or loan is involved in these transactions, 3. advice to undertakings on capital structure and industrial strategy, and advice and services offerings relating to mergers and acquisitions, 4. foreign exchange transactions that are connected to investment services, 5. producing or distributing recommendations or suggestions for investment strategies within the meaning of Article 3(1) number 34 of Regulation (EU) No. 596/2014 (investment strategy recommendation ) or investment recommendations within the meaning of Article 3(1) number 35 of Regulation (EU) No. 596/2014 (investment recommendation), 6. services related to underwriting business, 7. services related to an underlying instrument within the meaning of subsection (2) no. 2 or no. 5 and that are connected to investment services or ancillary investment services. ***