© 2019 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 061/19 Betriebliche Altersversorgung: Steuerliche Behandlung von vormals erworbenen Betriebsrentenansprüchen bei späterer Verbeamtung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 061/19 Seite 2 Betriebliche Altersversorgung: Steuerliche Behandlung von vormals erworbenen Betriebsrentenansprüchen bei späterer Verbeamtung Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 061/19 Abschluss der Arbeit: 25. April 2019 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 061/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Wesentliches Element der betrieblichen Altersversorgung: die unverfallbare Anwartschaft auf Leistung 4 3. Steuerrechtliche Behandlung der betrieblichen Altersversorgung 5 4. Schädliche Verwendung 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 061/19 Seite 4 1. Fragestellung Inwiefern müssen Beamte, die vor ihrer Verbeamtung bereits Betriebsrentenansprüche akkumuliert haben, diese im Rahmen ihres Bezugs besteuern? 2. Wesentliches Element der betrieblichen Altersversorgung: die unverfallbare Anwartschaft auf Leistung Betriebliche Altersversorgung ist ein Weg, die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu ergänzen.1 Deshalb werden im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung sogenannte unverfallbare Anwartschaften erworben, die auch nach dem Ende der Beschäftigung bei einem Arbeitgeber (und beispielsweise dem Wechsel in den Beamtenstatus) Bestand haben. Aktuell gilt, dass einem Arbeitnehmer, dem Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung zugesagt worden sind, die Anwartschaft erhalten bleibt, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls, jedoch nach Vollendung des 21. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens drei Jahre bestanden hat.2 Soweit betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung des Arbeitnehmers (einschließlich eines möglichen Arbeitgeberzuschusses ) erfolgt, behält der Arbeitnehmer seine Anwartschaft sofort.3 War jemand schon vor seiner Verbeamtung als Angestellter im öffentlichen Dienst beschäftigt, wird er aufgrund des Tarifvertrags über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (ATV) in der Renten-Zusatzversicherung pflichtversichert gewesen sein. Damit kann gegenüber einer Versorgungseinrichtung eines öffentlichen Arbeitgebers, zum Beispiel der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung entstanden sein.4 Nach der Verbeamtung wird die Altersabsicherung nicht mehr arbeits- und tarifvertraglich, sondern über die gesetzlich geregelte Beamtenversorgung gewährleistet. Eine bestehende Pflichtversicherung wird zur beitragsfreien Versicherung. Wurde bis zur Verbeamtung die Wartezeit von 60 Kalendermonaten in der Renten-Zusatzversicherung erfüllt, besteht bei Eintritt des Versicherungsfalls ein Anspruch auf Betriebsrente. Der 1 Zudem kann für Risiken der Erwerbsminderung und für Renten an die Hinterbliebenen vorgesorgt werden. 2 Die zeitlichen Bedingungen können je nach Datum des Vertragsschlusses variieren. 3 § 1b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 1. Halbsatz Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz – BetrAVG). 4 Neben der umlagefinanzierten Pflichtversicherung bietet die VBL eine freiwillige kapitalgedeckte Zusatzversicherung durch Entrichtung eigener Beiträge unter Inanspruchnahme der steuerlichen Förderung (Sonderausgabenabzug , Zulage) an, vgl. § 54 der Satzung der VBL. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 061/19 Seite 5 Beginn der Betriebsrente richtet sich dabei nach den Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung und nicht nach dem Beginn der Beamtenversorgung.5 Wurde die Wartezeit nicht erfüllt, kann bis zur Vollendung des 69. Lebensjahres ein Antrag auf Erstattung des Eigenanteils an der Umlage gestellt werden. Die Arbeitgeberanteile an den entrichteten Umlagen sind dagegen nicht erstattungsfähig.6 3. Steuerrechtliche Behandlung der betrieblichen Altersversorgung Die folgenden Grundzüge der steuerrechtlichen Behandlung gelten für Zusagen in einer betrieblichen Altersversorgung, die nach dem 31. Dezember 2004 erteilt worden sind. Sie beschränken sich auf die Arbeitnehmerleistungen und auf Altersrenten. Für Erwerbsminderungsrenten und für Hinterbliebenenrenten können besondere Vorschriften zum Tragen kommen. Hat jemand Ansprüche auf eine betriebliche Altersversorgung aufgrund einer Direktzusage oder einer Unterstützungskasse gilt für die Beitragsphase: – Die Beiträge sind nicht steuerbar, weil kein Arbeitslohn zufließt. In der Rentenphase gilt: – Die Rentenzahlungen sind in voller Höhe als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu versteuern.7 – Wird eine einmalige Kapitalauszahlung gewählt, kann zur Abmilderung der Progressionswirkung gegebenenfalls die Fünftel-Regelung und/oder eine Tarifermäßigung angewendet werden.8 – Der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sind abziehbar, wenn Versorgungsbezüge vorliegen.9 – Werbungskosten sind abziehbar. Wenn keine höheren Werbungskosten nachgewiesen werden , kann der Werbungskosten-Pauschbetrag abgezogen werden, wenn Versorgungsbezüge vorliegen.10 5 §§ 33, 34 Satzung VBL. 6 § 44 Satzung VBL. 7 § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG). 8 § 34 Abs. 1 bzw. 3 EStG. 9 § 19 Abs. 2 EStG. Die Höhe des Versorgungsfreibetrags (maximal 3.000 Euro) und die Höhe des Zuschlags zum Versorgungsfreibetrag (maximal 900 Euro) richten sich nach dem Jahr des Versorgungsbeginns. 10 § 9a Satz 1 Nr. 1b EStG. 2019: 102 Euro. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 061/19 Seite 6 Hat jemand Ansprüche auf eine betriebliche Altersversorgung aufgrund einer Direktversicherung , eines Pensionsfonds oder einer Pensionskasse, gilt für die Beitragsphase: – Die Beiträge sind steuerbar als Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit.11 – Im Regelfall werden sie jedoch steuerfrei gestellt bis zu einer Höhe von 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung (West).12 – Die Beiträge sind jedoch voll steuerpflichtig (als Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit ), wenn für sie eine staatliche Förderung in Form eines Sonderausgabenabzugs13 oder in Form einer Zulage14 in Anspruch genommen wird. In der Rentenphase gilt: – Soweit die Rentenzahlungen auf steuerfreien beziehungsweise auf staatlich geförderten Beiträgen beruhen, sind sie in voller Höhe als sonstige Einkünfte steuerpflichtig.15 – Soweit die Rentenzahlungen auf steuerpflichtigen Beiträgen beruhen, sind sie als sonstige Einkünfte mit dem Ertragsanteil zu versteuern, das heißt, der Steuer unterliegen nur die in dem angesammelten Kapital enthaltenen Erträge und Wertsteigerungen.16 – Werbungskosten sind abziehbar. Wenn keine höheren Werbungskosten nachgewiesen werden , kann der Werbungskosten-Pauschbetrag abgezogen werden.17 4. Schädliche Verwendung Hat jemand für die Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung staatliche Förderungen in Anspruch genommen und erhält er aufgrund der Anwartschaft Zahlungen, die dem Zweck der betrieblichen Altersversorgung entgegenstehen, können diese Zahlungen als schädlich verwendet qualifiziert werden.18 Schädlich verwendet sind insbesondere vorzeitige Auszahlungen (vor dem 11 § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG 12 § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG. Für 2019 beträgt der steuerfreie Betrag 6.432 Euro. 13 § 10a EStG. Danach können in der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherte Altersvorsorgebeiträge zuzüglich der dafür zustehenden Zulage jährlich bis zu 2.100 Euro als Sonderausgaben abziehen; 14 Abschnitt XI EStG, insbesondere Grundzulage nach § 84 EStG in Höhe von 175 Euro jährlich und Kinderzulage nach § 85 EStG in Höhe von 185 Euro jährlich. 15 § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG. 16 § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG. 17 § 9a Nr. 3 EStG. 2019: 102 Euro. 18 Kaufmann, Walter: § 93 EStG, in: Frotscher/Geurts, Randziffern 38 bis 40 und 42. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 061/19 Seite 7 60. beziehungsweise 62. Lebensjahr) sowie Auszahlungen in kapitalisierter Form anstelle einer lebenslangen Rente.19 Eine schädliche Verwendung kann also auch dann gegeben sein, wenn Anwartschaften abgefunden werden. Die Abfindung von unverfallbaren Anwartschaften ist im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses an enge Vorgaben geknüpft. Allerdings muss der Arbeitgeber die Anwartschaft auf Verlangen des Arbeitnehmers abfinden, wenn die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung erstattet worden sind.20 In diesem Fall kann die schädliche Verwendung nur vermieden werden, wenn die Abfindung in einen zertifizierten privaten Altersvorsorgevertrag des Zulageberechtigten eingezahlt wird.21 Bei schädlicher Verwendung staatlich geförderten Altersvorsorgekapitals entsteht die Verpflichtung zur Rückzahlung sowohl der Zulagen als auch der Steuerermäßigungen. Darüber hinaus ändert sich die Besteuerung: Das schädlich verwendete Kapital gilt als nicht mehr aus staatlich geförderten Beiträgen entstanden und muss nur noch mit dem Ertragsanteil (siehe oben) versteuert werden. * * * 19 § 1 Abs. 1 Nr. 4, Nr.10 Buchstabe c Gesetz über die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen (AltZertG). 20 § 3 Abs. 1 und 3 BetrAVG. 21 § 93 Abs. 2 Satz 2 EStG.