© 2021 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 060/21 Veröffentlichung von Ertragsteuerinformationen durch Public Country-by-Country Reporting Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 060/21 Seite 2 Veröffentlichung von Ertragsteuerinformationen durch Public Country-by-Country Reporting Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 060/21 Abschluss der Arbeit: 28. Juni 2021 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 060/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Vorbemerkung: Verhältnis des Unionsrechts zum deutschen Recht 4 3. Aktuelle und geplante Rechtslage zum Country-by- Country Reporting 5 3.1. Aktuelle Rechtslage in Deutschland 5 3.2. Geplante Einführung eines Public Country-by-Country Reporting durch die EU 6 4. Vereinbarkeit mit Grundrechten 7 4.1. Eingriff in den Schutzbereich 7 4.1.1. Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) 7 4.1.2. Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) 8 4.2. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs (Verhältnismäßigkeit) 9 4.2.1. Legitimes Ziel, Geeignetheit, Erforderlichkeit 9 4.2.2. Angemessenheit 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 060/21 Seite 4 1. Fragestellung Gefragt wird nach der Vereinbarkeit des Public Country-by-Country Reporting („Public CbCR“) mit den Grundrechten des Grundgesetzes (zur Anwendbarkeit der Grundrechte des Grundgesetzes nachfolgend 2.). Wie schon einmal im Jahr 2016 wird derzeit erneut die für die Mitgliedstaaten verpflichtende Einführung des Public CbCR auf europäischer Ebene diskutiert (zum Stand der Umsetzung nachfolgend 3.). Untersucht wird vor diesem Hintergrund, inwieweit die geplante Regelung in Grundrechte eingreift und ob dieser Eingriff verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist (dazu nachfolgend 4.). 2. Vorbemerkung: Verhältnis des Unionsrechts zum deutschen Recht Das Unionsrecht genießt vor dem nationalen Recht Deutschlands als Mitgliedstaat Anwendungsvorrang , verdrängt dieses also in allen Konfliktsituationen.1 Dies gilt auch im Verhältnis von Unionsrecht und deutschen Grundrechten.2 Verbindliche Vorgaben des EU-Sekundärrechts, welche die Mitgliedstaaten umsetzen müssen, sind demnach grundsätzlich ausschließlich am Maßstab der Unionsgrundrechte zu prüfen und nicht zusätzlich anhand der Grundrechte des Grundgesetzes .3 Vom Anwendungsvorrang des Unionsrechts bestehen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aber gewisse Ausnahmen, die zu einer Anwendbarkeit der deutschen Grundrechte führen können.4 Auftragsgemäß soll der nachfolgenden Prüfung zugrunde gelegt werden, dass das geplante Public CbCR am Maßstab der Grundrechte überprüft werden kann und muss. Auf die Vereinbarkeit des Public CbCR mit Unionsrecht, insbesondere mit den Unionsgrundrechten der EU-Grundrechte- Charta,5 sowie auf das Verhältnis zwischen Unionsrecht und nationalem Recht wird daher nicht weiter eingegangen. 1 Dies wird unterschiedlich hergeleitet, ist im Ergebnis aber anerkannt, vgl. Ruffert in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 5. Aufl. 2016, Art. 1 AEUV Rn. 16; Skouris, Der Vorrang des Europäischen Unionsrechts vor dem nationalen Recht. Unionsrecht bricht nationales Recht, Zeitschrift Europarecht (EuR) 2021, 3 (7). 2 Britz, Kooperativer Grundrechtsschutz in der EU: Aktuelle Entwicklungen im Lichte neuerer Rechtsprechung des BVerfG, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2021, 1489 (1490). 3 So konkret für das CbCR Drüen, in: Tipke/Kruse (Hrsg.), Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 166. EL (Mai 2021), § 138a AO Rn. 5; so allgemein - wenn auch kritisch - Englisch, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, Rn. 4.53; siehe dazu auch Jarass, EU-Grundrechte-Charta, 4. Aufl. 2021, Art. 53 Rn. 14. 4 Vgl. dazu insbesondere Britz, NJW 2021, 1489 (1490 f.). 5 Siehe zur Vereinbarkeit mit den Unionsgrundrechten Unterabteilung Europa, Fachbereich Europa des Deutschen Bundestages, Ausarbeitung „Unionsrechtliche Pflicht zur Veröffentlichung von Ertragssteuerinformationen “, PE 6 – 3000 - 111/16 vom 17.8.2016, S. 6 ff., dort S. 17 ff. auch zu der Frage, welche Rechtsgrundlage im AEUV für das Public CbCR in Betracht kommt (Art. 50 oder Art. 113, 115 AEUV). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 060/21 Seite 5 3. Aktuelle und geplante Rechtslage zum Country-by-Country Reporting 3.1. Aktuelle Rechtslage in Deutschland Ausgangspunkt für die aktuelle Rechtslage in Deutschland in § 138a Abgabenordnung (AO) war der Aktionsplan der OECD gegen Steuergestaltung multinationaler Unternehmen unter dem Stichwort BEPS (Base Erosion and Profit Shifting).6 Darin forderte die OECD zur Identifizierung von Steuervermeidungsstrategien durch Transparenz zu Gewinnen und Steuern auf; unter anderem wurden dazu Mindeststandards für die länderbezogene Berichterstattung durch multinationale Unternehmen festgelegt. Diese sollten den betroffenen Finanzbehörden gegenüber ihre Tätigkeit und Verrechnungspreispolitik darstellen (sog. Master File), landesspezifisch darstellen (sog. Local File) und schließlich einen sog. Country-by-Country-Report mit Erträgen, Gewinnen und Steuern erstellen.7 Auf diese Weise sollte der Staat einen Überblick über die Verteilung der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens über verschiedene Länder erhalten;8 dieser sollte dem Gesetzgeber und der Finanzverwaltung als Grundlage für die Beurteilung von Tendenzen in der multinationalen Steuergestaltung dienen.9 Die Vorgaben der OECD wurden durch Art. 8aa der Amtshilferichtlinie (2011/16/EU) in Unionsrecht umgesetzt,10 die auf deutscher Ebene wiederum durch § 138a AO umgesetzt wurde. Demnach sind in Deutschland ansässige, international tätige Konzernobergesellschaften mit gewisser Umsatzstärke zur Übermittlung bestimmter Angaben an das Bundeszentralamt für Steuern verpflichtet . Zu diesen Angaben gehören die aggregierte Mitteilung von Umsatzerlösen und Erträgen , gezahlten und zu zahlenden Ertragsteuern, Jahresergebnissen vor Steuern, Eigenkapital, einbehaltenen Gewinnen, Beschäftigtenzahlen und materiellen Vermögenswerten für alle Tätigkeitsgebiete .11 Das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt diese Angaben dann an die am Steuersachverhalt beteiligten Finanzbehörden, welche eine ausreichende Datenschutzgewähr bieten können. Eine (Teil-)Veröffentlichungspflicht hinsichtlich der gegenüber der Finanzverwaltung zu tätigenden Angaben besteht auf der Ebene der EU und des nationalen Rechts hingegen bisher nur für 6 Vgl. dazu insgesamt Wöhrer, Data Protection and Taxpayers‘ Rights: Challenges Created by Automatic Exchange of Information, 2018, S. 70 ff. 7 Zusammenfassend Rasch, Verrechnungspreisdokumentation und (Public-) Country-by-Country Reporting: Fluch oder Segen, in: Seer/Lüdicke/Rasch (Hrsg.), Globalisiertes Steuerrecht – Anspruch und Verantwortung: Festschrift für Heinz-Klaus Kroppen zum 60. Geburtstag, 2020, S. 325 (329 f.). 8 Grotherr in: Gosch (Hrsg.), Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 160. EL, § 138a AO Rn. 1. 9 Drüen in: Tipke/Kruse (Hrsg.), § 138a AO Rn. 2; Rasch in: Seer/Lüdicke/Rasch (Hrsg.), FS Kroppen, S. 325 (330). 10 Vgl. Drüen in: Tipke/Kruse (Hrsg.), § 138a AO Rn. 1. 11 Vgl. dazu Lüdicke/Salewski, Informationsaustausch: Entwurf einer EU-Richtlinie zur Veröffentlichung von Steuerdaten , Besonderheiten bei Personengesellschaften und Grundrechte, Internationale Steuer-Rundschau (ISR) 2017, 99 (102). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 060/21 Seite 6 bestimmte Sektoren, so für den Bankensektor (Kapitaladäquanzrichtlinie) und die mineralgewinnende Industrie (Art. 41 Bilanzrichtlinie bzw. § 26a Kreditwesengesetz (KWG) in Deutschland).12 3.2. Geplante Einführung eines Public Country-by-Country Reporting durch die EU Ein Public CbCR, also die Verpflichtung multinationaler Unternehmen und Konzerne zur Veröffentlichung bestimmter Wirtschafts- und Steuerdaten in länderspezifischer Form, ist auf OECD- Ebene explizit nicht beschlossen worden: Ein entsprechender Vorschlag wurde im Beratungsprozess zum Aktionsplan verworfen, der sich dann ausdrücklich auf einen Datenaustausch zwischen den Finanzbehörden beschränkte.13 Ein erster Vorstoß der EU-Kommission zur Einführung auf europäischer Ebene lag in dem Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Bilanzrichtlinie (2013/34/EU) vom 12. April 2016.14 Nunmehr liegt ein Richtlinienvorschlag zur Änderung der Bilanzrichtlinie vom 13. Januar 2021 vor, welcher einen leicht veränderten Vorschlag des Rates der Europäischen Union (Rat) darstellt .15 Ihm zufolge soll das Public CbCR als neues Kapitel 10a eingefügt werden. In diesem Entwurf bestimmt der neue Art. 48b, dass all jene multinational tätigen und bislang keiner vergleichbaren Veröffentlichungspflicht unterliegenden Unternehmen (Konzernobergesellschaften) veröffentlichungspflichtig sein sollen, deren Umsatz in den letzten beiden Jahren 750 Mio. € überschritt . Inhalt der Veröffentlichungspflicht sollen nach dem neuen Art. 48c eine kurze Beschreibung der Aktivitäten, die Beschäftigtenzahl, Umsatzerlöse, Vorsteuergewinne oder -verluste, Ertragsteuerrückstellungen und Ertragsteuerzahlungen sowie einbehaltene Gewinne sein. Dabei sollen diese Zahlen nach EU-Mitgliedstaaten und bestimmten anderen Staaten aufgeschlüsselt, für die restlichen Staaten aggregiert dargestellt werden. Nach dem neuen Art. 48d soll die Veröffentlichung spätestens zwölf Monate nach Abgabe der Steuererklärung erfolgen; die Daten sollen für mindestens fünf Jahre zugänglich bleiben. Erklärtes Ziel der neuen Regelung ist die Schaffung einer informierten öffentlichen Debatte hinsichtlich der Steuerverantwortung von in der EU täti- 12 Vgl. dazu Wöhrer, Öffentliches Country-by-Country-Reporting verfassungswidrig, Steuer und Wirtschaft International (SWI) 2017, 25 (30). 13 Vgl. Rasch, in: Seer/Lüdicke/Rasch (Hrsg.), FS Kroppen, S. 325 (339). Vgl. dazu auch Wöhrer, S. 151 ff. 14 EU-Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragsteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen v. 12. April 2016. 15 Rat der EU, Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council amending Directive 2013/34/EU as regards disclosure of income tax information by certain undertakings and branches – consolidated compromise proposal v. 13. Januar 2021. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 060/21 Seite 7 gen Unternehmen und die Stärkung des öffentlichen Vertrauens in die Fairness des Steuersystems .16 Am 25. Februar 2021 stimmte der Rat für Wettbewerbsfähigkeit zu; am 1. Juni 2021 meldete der Rat eine Einigung zwischen den an der Gesetzgebung beteiligten EU-Organen;17 die Verabschiedung der Richtlinie im förmlichen Gesetzgebungsverfahren steht indes noch aus. 4. Vereinbarkeit mit Grundrechten 4.1. Eingriff in den Schutzbereich 4.1.1. Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) Die aus Art. 12 Abs. 1 GG folgende Berufsfreiheit enthält das sog. Betriebs- und Geschäftsgeheimnis von am Wettbewerb teilnehmenden Akteuren.18 Es fungiert als Abwehrrecht des Rechtsträgers gegen die Weitergabe von auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umständen und Vorgängen , die nicht offenkundig, d.h. nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung er ein berechtigtes Interesse hat.19 Ein solches berechtigtes Interesse wird dabei angenommen, wenn die Informationsweitergabe geeignet ist, die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen.20 Entscheidend ist, dass die Informationen Rückschlüsse auf bedeutende wirtschaftliche Umstände des Betroffenen zulassen und die Gefahr seiner Schädigung infolge der Kenntnisnahme (durch Konkurrenten) begründen.21 Zu den geschützten Informationen gehören danach unter anderem Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten , Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit sowie Kalkulationsunterlagen.22 Die geplante Regelung umfasst die Pflicht zur Preisgabe ertragsteuerbezogener Daten und damit unternehmensinterner Informationen mit Bezug zur Wettbewerbstätigkeit des Unternehmens.23 16 Vgl. Erwägungsgrund 2 des Vorschlags (Fn. 15). 17 Rat der EU, Öffentliche länderbezogene Berichterstattung durch große multinationale Unternehmen: EU-Gesetzgeber erzielen politische Einigung, 1. Juni 2021, abrufbar unter . 18 Vgl. dazu Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags, Sachstand „Zum parlamentarischen Fragerecht und zum Anspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz bei Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“ vom 22.1.2021, WD 3 – 3000 – 004/21, S. 4 ff. 19 BVerfGE 115, 205 (230); Kallerhoff/Mayen in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 30 Rn. 9. 20 BVerwG, Urteil vom 28.5.2009 - 7 C 18/08, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2009, 1113 (1114). 21 Vgl. BFH, Urteil vom 20. 2. 1979 - VII R 16/78, BeckRS 1979, 22004792. 22 BVerfGE 115, 205 (231). 23 Vgl. zum Eingriff in die Schutzbereiche von Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG bereits Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags, Ausarbeitung „Öffentliche Country-by-Country Reports über Besteuerungsgrundlagen von Unternehmen“ vom 23.6.2016, WD 4 – 3000 – 068/16, S. 6 ff. und 9 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 060/21 Seite 8 Zwar sind Teile dieser Daten bereits in Berichten und Abschlüssen enthalten, zu deren Erstellung und Veröffentlichung die Normadressaten nach anderen Regelungen verpflichtet sind; insoweit besteht kein selbständiger Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG durch die neue Regelung eines Public CbCR.24 Indes bieten die zusätzliche Aufschlüsselung nach Ländern und die konsolidierte Darstellung zusätzliche Anhaltspunkte und einen genaueren Überblick über die Wettbewerbsstrategien des Unternehmens.25 So urteilte das französische Verfassungsgericht zur vergleichbaren französischen Regelung, die Veröffentlichungspflicht verschaffe Konkurrenten Einblick in wesentliche Elemente der Produktions- und Vertriebsstrukturen des jeweiligen Unternehmens.26 Die Pflicht zum Public CbCR greift daher in den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG ein. 4.1.2. Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung garantiert der einzelnen Person das Recht, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann, gegenüber wem und zu welchem Zweck sie ihre personenbezogenen Daten offenbart.27 Als personenbezogene Daten geschützt sind demgegenüber alle Informationen, von denen Rückschlüsse auf die Identität oder Verhältnisse einer Person gezogen werden können. Sie müssen dabei nicht besonders sensibel oder geheim sein: Wegen der vielfältigen Möglichkeiten technischer Verknüpfung und daraus folgenden Erkenntnisgewinnen gibt es im Rahmen dieses Grundrechts keine belanglosen Daten.28 Die erfassten Daten werden hierbei vor jeder Form der Erhebung und des Umgangs durch den Staat geschützt;29 umfasst ist damit auch die Verpflichtung des Betroffenen zur Preisgabe als Eingriff. So müssen sich prinzipiell auch alle im Rahmen des Steuerverfahrens existierenden Offenlegungs- und informativen Mitwirkungspflichten als Eingriffe am Recht auf informationelle Selbstbestimmung messen lassen.30 Auch die Pflicht zur Veröffentlichung von ertragsteuerbezogenen Informationen beeinträchtigt somit grundsätzlich den Schutzbereich von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Weil auch bereits öffentlich zugängliche Daten geschützt sind, ist es dafür irrelevant, dass dieselben Informationen teilweise bereits in anderen zu veröffentlichenden Berichten und Abschlüssen 24 Ähnlich Grotherr, Der geplante öffentliche Ertragsteuerinformationsbericht – Teil 2, Internationales Steuer- und Wirtschaftsrecht (IWB) v. 23.12.2016, 892 (897 f.). 25 Vgl. Wöhrer, SWI 2017, 25 (31 ff.). Vgl. auch Rasch in: Seer/Lüdicke/Rasch (Hrsg.), FS Koppen, S. 325 (341 f.). 26 Conseil constitutionnel v. 8.12.2016, 2016-741, in englischer Sprache abrufbar unter , Rn. 103. Vgl. dazu auch Wöhrer, SWI 2017, 25 (25 f., 31 ff.). 27 BVerfGE 65, 1 (42 f.). 28 BVerfGE 65, 1 (45). 29 BVerfGE 78, 77 (84). Vgl. auch Di Fabio in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 93. EL (Oktober 2020), Art. 2 Rn. 176. 30 Vgl. dazu Lüdicke/Salewski, ISR 2017, 99 (101); Rasch in: Seer/Lüdicke/Rasch (Hrsg.), FS Koppen, S. 325 (341). Auf einfachrechtlicher Ebene normiert § 30 AO das Steuergeheimnis als besondere Ausprägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung im Rahmen des Steuerverfahrens, vgl. dazu Grotherr, IWB v. 23.12.2016, 892 (897). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 060/21 Seite 9 vorhanden sind; die neuartige Bündelung und Aufbereitung sowie die Anreicherung mit weiteren Daten eröffnet neue Verarbeitungsmöglichkeiten und stellt damit einen selbständigen Eingriff in das Grundrecht dar.31 Fraglich ist im Rahmen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts lediglich stets, ob sich juristische Personen im verfassungsrechtlichen Sinne darauf berufen können. Nach Art. 19 Abs. 3 GG sind inländische juristische Personen grundrechtsberechtigt, sofern das jeweilige Recht wesensmäßig auf sie anwendbar ist. Dies ist zumindest bei privatrechtlichen juristischen Personen der Fall, wenn sie innerhalb ihres bestimmungsgemäßen Aktionskreises die grundrechtlich geschützte Freiheit in mit einer natürlichen Person vergleichbaren Weise wahrnehmen können.32 Nach diesem Grundsatz können sich am Wirtschaftsleben teilnehmende juristische Personen dann auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung berufen, wenn die Datenoffenbarung ihre Tätigkeit beeinträchtigt, insbesondere also bei einer Verpflichtung zur Preisgabe von schützenswerten Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen .33 Da diese – wie ausgeführt – im Falle eines Public CbCR betroffen sind, sind die veröffentlichungspflichtigen Unternehmen auch insoweit grundrechtsberechtigt. 4.2. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs (Verhältnismäßigkeit) Die dargestellte Beeinträchtigung des Schutzbereichs dieser Grundrechte ist nur dann verfassungsgemäß , wenn sie durch oder aufgrund eines Gesetzes erfolgt, im gegenüber dem Datenschutzinteresse überwiegenden Interesse der Allgemeinheit liegt und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als wesentliche Schranke wahrt.34 4.2.1. Legitimes Ziel, Geeignetheit, Erforderlichkeit Dazu muss der Gesetzgeber zunächst ein legitimes Ziel verfolgen und dazu ein Mittel wählen, das hinsichtlich dessen Förderung nicht von vorneherein ungeeignet und unter den zur Verfügung stehenden gleichsam effektiven Mitteln das am wenigsten grundrechtsinvasive darstellt.35 Für die Einführung eines Public CbCR im Allgemeinen werden in der Literatur verschiedene rechtfertigende Ziele diskutiert. Die Ausführungen hierzu beziehen sich zunächst auf die gängigen steuerrechtlichen Rechtfertigungsgründe , insbesondere die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung. Diese stellen aber auf die Effektivierung und Vereinheitlichung des Vollzugs der Steuergesetze durch 31 Vgl. dazu insbesondere BVerfGE 133, 277 Rn. 95; 120, 274 Rn. 171 ff. 32 Jarass in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 16. Aufl. 2020, Art. 19 Rn. 15. 33 Rasch in: Seer/Lüdicke/Rasch (Hrsg.), FS Koppen, S. 325 (341). 34 Rasch in: Seer/Lüdicke/Rasch (Hrsg.), FS Koppen, S. 325 (341, 343). 35 Vgl. dazu Sachs in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 20 Rn. 149 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 060/21 Seite 10 die Finanzverwaltung ab und können bei einer Informationspflicht zugunsten der nicht steuergesetzvollziehenden Öffentlichkeit nicht herangezogen werden.36 Ebenso wenig lassen sich die Ziele des einfachen CbCR, namentlich die Absicherung der Informationsgrundlage und Verbesserung des Steuervollzugs sowie die Bekämpfung von Steuerbetrug über die Landesgrenzen hinweg , übertragen: Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Erfüllung dieser rein staatlichen Aufgaben verbessert würde, sollte in Zukunft neben dem Gesetzgeber und der gesetzesvollziehenden Verwaltung auch die nicht am Vollzug beteiligte Öffentlichkeit davon Kenntnis erlangen.37 Diskutiert wurde auch bereits über das Informationsinteresse und die allgemeine Steuerehrlichkeit der Gesellschaft als hinter der Einführung stehendes Ziel. Ginge es aber um eine allgemeine Information im Hinblick auf die bloße Ehrlichkeit der betreffenden Unternehmen, wäre eine abgestufte und teilanonymisierte Veröffentlichungspflicht ausreichend; es wäre möglicherweise nicht erforderlich , der Öffentlichkeit all jene Informationen zugänglich zu machen, welche die Finanzbehörden zu Zwecken des Steuervollzugs erhalten.38 Hinsichtlich des konkreten Gesetzgebungsvorhabens hat der Rat das Ziel der EU im Rahmen des geplanten Public CbCR in den Erwägungsgründen ausgeführt. Demnach soll das neue Gesetz die Steuervermeidung mittels öffentlicher Kontrolle bekämpfen; durch die Veröffentlichung über ihre steuerrechtlichen Strategien sollen die multinationalen Unternehmen zur Übernahme sozialer Verantwortung bewegt werden. Zudem soll das Vertrauen der Öffentlichkeit in das (internationale ) Steuersystem gestärkt und eine fundierte öffentliche Diskussion über Mängel im bestehenden Steuersystem gefördert werden.39 In Bezug auf diesen Zweck ist die Einführung eines Public CbCR zumindest nicht von vorneherein ungeeignet oder nicht erforderlich. Zwar dürfte der erstrebte Druck auf die Unternehmen seitens der Öffentlichkeit sich unterschiedlich stark entfalten und eher jene Unternehmen treffen, deren Leistungsangebot sich unmittelbar an Endkunden richtet und die daher öffentlich bekannt sind.40 In jedem Fall werden aber Kunden und Lieferanten zusätzliche Druckmöglichkeiten eingeräumt, die insbesondere daran sichtbar werden, dass einige Unternehmen dem CbCR entsprechende Informationen bereits freiwillig veröffentlicht haben.41 36 So auch Drüen in: Tipke/Kruse (Hrsg.), § 138a AO Rn. 4 mit Verweis auf BT-Drs. 18/9536, S. 37. Anders Rasch in: Seer/Lüdicke/Rasch (Hrsg.), FS Koppen, S. 325 (344), der in einer Regelung zugunsten der allgemeinen Steuergerechtigkeit zugleich eine Förderung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sieht. 37 So Wöhrer, SWI 2017, 25 (34). So wohl auch Lüdicke/Salewski, ISR 2017, 99 (105) sowie Rasch in: Seer/Lüdicke /Rasch (Hrsg.), FS Koppen, S. 325 (344). 38 Vgl. zum Ganzen Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags, Ausarbeitung „Öffentliche Country-by- Country Reports über Besteuerungsgrundlagen von Unternehmen“ vom 23.6.2016, WD 4 – 3000 – 068/16, S. 9. 39 Vgl. dazu insbesondere Erwägungsgründe 2, 8 und 9 des Vorschlags (Fn. 15). Vgl. auch Rasch in: Seer/Lüdicke /Rasch (Hrsg.), FS Koppen, S. 325 (338). 40 So auch Wöhrer, SWI 2017, 25 (34 f.). 41 WTS, EU – Public CbCR – Wie sich die betroffenen Unternehmen auf die Veröffentlichung der Daten digital vorbereiten können, 15. März 2021, abrufbar unter . Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 060/21 Seite 11 Die Förderung öffentlicher Kontrolle und einer informierten öffentlichen Debatte über Steuerstrategien können damit als legitimes gesetzgeberisches Ziel angesehen werden, in Bezug auf welches ein Public CbCR ein geeignetes und erforderliches Mittel darstellt. 4.2.2. Angemessenheit Schließlich erfordert Verhältnismäßigkeit die Angemessenheit des Grundrechtseingriffs. In der Literatur ist insbesondere diese im Hinblick auf die Verpflichtung zur Offenbarung umfassender und länderspezifisch dargestellter Unternehmensdaten im Rahmen des geplanten Public CbCR umstritten.42 Auch hat das französische Verfassungsgericht eine vergleichbare nationale Regelung in Frankreich im Jahr 2016 aufgrund unverhältnismäßigen Eingriffs in die Unternehmensfreiheit für mit französischem Verfassungsrecht unvereinbar erklärt.43 Nach grundgesetzlichem Verständnis ist ein gesetzlicher Eingriff in ein Grundrecht angemessen, solange die dadurch bewirkte Freiheitsbeschränkung in Art und Intensität nicht außer Verhältnis zur Förderung des legitimen Ziels steht.44 Fällig ist damit stets eine Abwägung zwischen dem geförderten und dem beschränkten Rechtsgut unter Beachtung des konkreten Schutzinteresses und des Eingriffsgewichts. Im Folgenden werden einige wesentliche Erwägungen hinsichtlich der abwägungsrelevanten Faktoren im Fall des geplanten Public CbCR dargestellt. Hinsichtlich der Art und Intensität des Eingriffs fällt zunächst ins Gewicht, dass alle multinational operierenden Unternehmen mit gewisser Ertragsstärke zur Veröffentlichung einer großen Menge an Daten in konsolidierter Form verpflichtet werden. Die Dokumentation und Aufarbeitung dieser Daten stellt einen gewissen Aufwand dar. Die Daten können im Einzelfall zudem detaillierte Erkenntnisse über die Geschäftsstrategien des Unternehmens und Aufschlüsse über Marktfaktoren wie Markterschließungspotentiale liefern.45 Dem wird teilweise entgegengehalten, die Eingriffsintensität sei gegenüber dem bestehenden einfachem CbCR nicht entscheidend höher , da auch die Preisgabe an die Behörden und der automatische Austausch mit anderen Finanzverwaltungen die Gefahr einer staatlichen Veröffentlichung, insbesondere seitens Staaten mit einem geringeren Standard an Steuerdatenschutz, enthielten.46 In diesem Kontext ist aber zu beachten , dass die einschlägigen Regelungen regelmäßig Mechanismen zum Ausschluss eines Datenaustauschs enthalten, wenn keine Gewähr für einen ausreichenden Datenschutz geboten wird. 42 Für die Verhältnismäßigkeit spricht sich etwa Grotherr, IWB v. 23.12.2016, 892 (895 ff.) aus, dagegen wohl unter anderem Lüdicke/Salewski, ISR 2017, 99 (106). 43 Conseil constitutionnel v. 8.12.2016, 2016-741 (Fn. 26), Rn. 102 f. 44 Huster/Rux in: Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz, 47. Ed. (15. Mai 2021), Art. 20 Rn. 197. 45 Vgl. hierzu bereits Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags, Ausarbeitung „Öffentliche Country-by- Country Reports über Besteuerungsgrundlagen von Unternehmen“ vom 23.6.2016, WD 4 – 3000 – 068/16, S. 11. 46 So etwa Rasch in: Seer/Lüdicke/Rasch (Hrsg.), FS Koppen, S. 325 (346). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 060/21 Seite 12 Demzufolge dürften regelmäßig tatsächlich nur die Steuerverwaltungen Zugang zu den Daten haben ,47 wenngleich die Gefahr einer öffentlichen Kenntnisnahme nicht vollständig ausgeschlossen werden kann. Einschränkende Wirkung hat im Kontext der aus einer Pflicht zum Public CbCR folgenden Belastungen der Unternehmen aber der Umstand, dass die Verpflichtung inhaltlich nicht über das bisherige CbCR den Behörden gegenüber hinausgeht und damit keine unmittelbaren neuen unternehmensinternen Kosten verursacht. Darüber hinaus räumen Art. 48c Abs. 3a und Erwägungsgrund 9a der geplanten Richtlinie den Verpflichteten die Möglichkeit ein, die Preisgabe bestimmter Angaben aufzuschieben. Darüber hinaus ist zu beachten, dass sich die Darstellungspflicht wie bereits dargestellt auf Informationen bezieht, die – obwohl ihrer Natur nach unternehmensintern – der Öffentlichkeit in erheblichem Umfang bereits aufgrund der handels- und gesellschaftsrechtlichen Pflichten zur Erstellung und Veröffentlichung von Berichten und Abschlüssen zugänglich gemacht werden müssen; die Verhältnismäßigkeit dieser Veröffentlichungspflichten kann als im juristischen Diskurs anerkannt angesehen werden.48 Das selbständige Eingriffsgewicht der Verpflichtung zum Public CbCR liegt dann allein in der Verpflichtung zur übersichtlichen Gesamtdarstellung und zur Aufschlüsselung nach Ländern. Daraus folgt, dass die Intensität des Eingriffs sehr unterschiedlich sein kann. Bei Unternehmen mit vielen Aktivitäten in einem Land führt die pro Land aggregierte Darstellung der Tätigkeiten zu einem ausgesprochen geringen Zuwachs an Aussagekraft gegenüber den bereits bestehenden Berichten. Führt ein Unternehmen in einem Land hingegen nur eines oder wenige Projekte durch, würde ein Public CbCR zu diesem Land vielfältige Rückschlüsse auf genau dieses Projekt zulassen, die den Informationsgehalt der bisherigen Berichte und Abschlüsse übersteigen. In dieser Konstellation wäre ein potentiell großer Wettbewerbsvorteil für Konkurrenzunternehmen möglich.49 Hinsichtlich des geförderten Interesses, der Ermöglichung eines informierten öffentlichen Diskurses zum (internationalen) Steuersystem und öffentlichen Drucks zu sozialverträglichem Handeln auf die Unternehmen, ist zunächst festzustellen, dass dieses Rechtsgut nicht (unmittelbar) mit Verfassungsrang ausgestattet ist.50 Gleichwohl zeigen der bestehende Diskurs und die erfolgten proaktiven Veröffentlichungen der Unternehmen das in der Breite bestehende gesellschaftliche Interesse an den betreffenden Informationen. Das Interesse an einer Veröffentlichung wird dadurch verstärkt, dass diese auch eine fundierte wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der internationalen Abstimmung im Steuerbereich und damit einen Einbezug der Wissenschaft in deren Verbesserung ermöglichen würde.51 47 Vgl. dazu auch Wöhrer, S. 72. 48 So auch Grotherr, IWB v. 23.12.2016, 892 (897 f.). 49 Siehe zum Ganzen Wöhrer, SWI 2017, 25 (33 f.). 50 Vgl. zum fehlenden Verfassungsrang des Informationsinteresses der Öffentlichkeit bereits Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags, Ausarbeitung „Öffentliche Country-by-Country Reports über Besteuerungsgrundlagen von Unternehmen“ vom 23.6.2016, WD 4 – 3000 – 068/16, S. 11. 51 Ähnlich Goulder, Close Encounters with Public CbC Reporting, Tax Notes International, 3. April 2020, abrufbar unter . Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 060/21 Seite 13 Gerade die Zugänglichkeit und Interpretation der trotz allen Umfangs ausschnitthaften Unternehmensdaten durch eine Vielzahl unterschiedlich fachkundiger Personen bedingt indes zugleich eine Einschränkung des Werts der geplanten Veröffentlichung und eine mögliche zusätzliche Belastung der betreffenden Unternehmen. In dieser Konstellation besteht grundsätzlich ein gewisses Risiko an Fehlschlüssen und daraus folgenden erhöhten Rechtsverfolgungs- und Imagekompensationskosten für das betreffende Unternehmen.52 Einerseits lässt sich bezweifeln, dass Personen ohne besondere steuerliche Fachkenntnis aus den Daten des Reports die Übernahme sozialer Verantwortung durch die Unternehmen und die Funktionsweise und -fähigkeit des (internationalen ) Steuersystems im Allgemeinen erkennen können. Andererseits ist aber auch bei entsprechender Kenntnis zweifelhaft, ob die Report-Daten ohne Master File und Local File (siehe 3.1.), die nach wie vor nur an die Finanzverwaltungen gelangen, ein hinreichendes Bild vermitteln, um Fehlschlüsse auszuschließen.53 Ob diese zusätzliche Belastung zu einer Unangemessenheit der geplanten Regelung führt, lässt sich indes nicht abschließend bewerten. *** 52 Vgl. insbesondere Drüen in: Tipke/Kruse (Hrsg.), § 138a AO Rn. 4 mit Verweis auf BT-Drs. 18/9536, S. 37. 53 Eine detaillierte Darstellung des Problems findet sich bei Grotherr, IWB v. 23.12.2016, 892 (900 f.) sowie bei Lüdicke/Salewski, ISR 2017, 99 (105).