© 2019 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 059/19 Einzelfragen zur Verwendbarkeit des Melderegisters und der Steueridentifikationsnummer für Erstattungen aus einer CO²-Abgabe Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 059/19 Seite 2 Einzelfragen zur Verwendbarkeit des Melderegisters und der Steueridentifikationsnummer für Erstattungen aus einer CO²-Abgabe Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 059/19 Abschluss der Arbeit: 16. April 2019 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 059/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung und Einleitung 4 2. Das Melderegister als Grundlage für andere öffentliche Verzeichnisse 4 2.1. Wählerverzeichnis 4 2.2. Schulämter 4 2.3. Datenabfrage im Rahmen anderer Verwaltungsverfahren 5 3. Anwendbarkeit der Steueridentifikationsnummer für Rückerstattungen aus einer CO²-Abgabe 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 059/19 Seite 4 1. Fragestellung und Einleitung Der Auftraggeber möchte wissen, auf welche Adress- und Personenregister der Staat für die Erstattung aus einer CO²-Steuer an die Bürger zurückgreifen könnte. Insbesondere sollen die Reichweite der Melderegister, Datensätze der Schulämter und das Verwaltungsverfahren zur Steueridentifikationsnummer (Steuer-ID) dargestellt werden. Außerdem erkundigt sich der Auftraggeber nach anderen Gesetzgebungs- und Verwaltungsverfahren bei denen ähnlich umfangreiche personenspezifische Daten verwendet werden. Die Erhebung einer CO²-Bepreisung als Steuer oder als sonstige Abgabe ist bislang noch nicht abschließend geklärt. Die nachfolgende Darstellung trifft daher allgemeine Aussagen zum Melderegister und der Steuer-ID. 2. Das Melderegister als Grundlage für andere öffentliche Verzeichnisse Ein Zugriff auf Adress- und Personendaten kann unter bestimmten Voraussetzungen über das Melderegister im Sinne des § 2 Abs. 2 Bundesmeldegesetz (BMG) erfolgen. Gemäß § 2 Abs. 1 BMG müssen die Meldebehörden die in ihrem Zuständigkeitsbereich wohnhaften Personen registrieren , um deren Identität und Wohnsitz festzustellen. Gemäß § 2 Abs. 3 BMG erteilen die Meldebehörden Melderegisterauskünfte und übermitteln die von ihnen erhobenen Daten zum Zwecke der Aufgabenerfüllung anderer öffentlicher Stellen. Gemäß § 2 Abs. 4 BMG dürfen die erhobenen Daten nur nach Maßgabe des BMG oder anderer Rechtsvorschriften verarbeitet werden. Das heißt, dass insbesondere datenschutzrechtliche Vorgaben der Datenschutzgesetze und der DSGVO bei einer Abfrage zu berücksichtigen sind. 2.1. Wählerverzeichnis Die Daten aus dem Wählerverzeichnis basieren auf den Daten aus dem Melderegister, vgl. § 16 Abs. 1 Bundeswahlordnung (BWO). 2.2. Schulämter Da Bildungsangelegenheiten überwiegend den Ländern zugeordnet sind (Art. 30, 70 und 104a Abs. 1 GG), fallen auch die Schulämter in den Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Länder und können sich somit deutlich in Organisationsstruktur und inhaltlicher Gestaltung unterscheiden. Darüber hinaus dienen die Schulämter primär nicht dem Zweck der Datenerhebung. Zu den Aufgaben der staatlichen Schulämter zählen vielmehr u.a. die Fach- und Dienstaufsicht über die Schulen, die Personalversorgung und die Budgetverwaltung.1 1 vgl. bspw. Schulämter Brandenburg: https://mbjs.brandenburg.de/wir-ueber-uns/nachgeordnete-behoerdenund -einrichtungen/staatliche-schulaemter-schulaufsicht.html ; Baden-Württemberg: http://www.schulaemterbw .de/Lde/Startseite/Aufgaben ; Hessen: https://schulaemter.hessen.de/ueber-uns/aufgaben Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 059/19 Seite 5 2.3. Datenabfrage im Rahmen anderer Verwaltungsverfahren Beispiele für das Zugreifen auf Daten von Bürgern von staatlicher Seite sind der Zensus2011 und der geplante Zensus2021. Für den Zensus 2011 wurden Daten der Einwohnermeldeämter, der Bundesagentur für Arbeit und Daten von öffentlichen Arbeitgebern ausgewertet.2 Die rechtliche Grundlage hierfür stellt das Zensusgesetz 2011 dar. Der Zensus2021 wird durchgeführt vom Statistischen Bundesamt und den Statistischen Landesämtern , vgl. § 2 Abs. 1 Zensusvorbereitungsgesetz 2021. Die rechtlichen Voraussetzungen zur Vorbereitung des Zensus 2021 hat das Bundesministerium des Inneren (BMI) mit dem Zensusvorbereitungsgesetz 2021 geschaffen. Die Erhebung von Daten und der Erstellung eines Registers wird in § 3 ZensVorbG 2021 geregelt. 3. Anwendbarkeit der Steueridentifikationsnummer für Rückerstattungen aus einer CO²-Abgabe Die Steueridentifikationsnummer (Steuer-ID) ist gemäß § 139b Abgabenordnung (AO) für jeden Steuerpflichtigen zu erteilen. Die Meldebehörden wurden in § 139b Abs. 6 AO zur Meldung aller Einwohner mit alleinigem Wohnsitz oder Hauptwohnsitz in ihrer Gemeinde an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) verpflichtet. Diese Meldungen bildeten die Grundlage für die Erteilung der Steuer-ID. § 139b Abs. 7 AO verpflichtet die Meldebehörden zur Übermittlung aller Geburten und Zuzüge von Einwohnern ohne Steuer-ID an das BZSt. Dadurch wird sichergestellt, dass jeder neue Steuerpflichtige eine eigene Steuer-ID erhält. Änderungen im Melderegister wie Weg- und Zuzüge sowie Sterbefälle sind gemäß § 139b Abs. 8 AO ebenfalls an das BZSt zu übermitteln. Die Steuer-ID wird für jeden Steuerpflichtigen zugeteilt . Dies erfolgt unabhängig von der Staatsbürgerschaft oder der Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet . Das Konzept des Forums sozial-ökologische Marktwirtschaft zur Einführung einer CO²-Abgabe im Wärme- und Verkehrssektor sieht eine Rückvergütung des Mehraufkommens der Abgabe an Bevölkerung und Unternehmen vor. „Um eine möglichst hohe Akzeptanz für das Instrument zu schaffen, wird das zusätzliche Steueraufkommen aus dem Wärme- und Verkehrssektor in Höhe von anfangs 9,9 Mrd. EUR den privaten Haushalten über einen jährlichen pro-Kopf Energiewendebonus in Höhe von zunächst rund 120 EUR vollständig rückerstattet.“3 Auch in den von Edenhofer /Schmidt vorgelegten Eckpunkten einer CO₂-Preisreform wird vorgeschlagen, zusätzliche Einnahmen bspw. zur Entlastung besonders einkommensschwacher Haushalte zu nutzen. Hierfür 2 vgl. https://www.zensus2011.de/DE/Zensus2011/Methode/Methode_Registerdaten_node.html 3 Forum sozial-ökologische Marktwirtschaft; Deutscher Naturschutzring (Hrsg.) (2017). Energiesteuerreform für Klimaschutz und Energiewende. Konzept für eine sozial- und wettbewerbsverträgliche Reform der Energiesteuern und ein flächendeckendes Preissignal. 11/2017. Berlin: http://www.foes.de/pdf/2017-11-Energiesteuerreform .pdf [zuletzt abgerufen am 8.2.2019], Seite 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 059/19 Seite 6 könnten pauschale Pro-Kopf-Transfers zur Rückverteilung der zusätzlichen Steuereinnahmen an die Bevölkerung in Erwägung gezogen werden.4 Zur Abwicklung dieser Rückerstattungen könnte die Steuer-ID grundsätzlich geeignet sein: Auf Grund des weiten Anwendungsbereichs der Steuer-ID werden alle mit Hauptwohnsitz in Deutschland gemeldeten Personen erreicht. Für eine detaillierte Prüfung der Geeignetheit der Steuer-ID bedarf es jedoch einer ins Einzelne gehenden Ausgestaltung des Adressatenkreises der Rückvergütung. Um Mitnahmeeffekte zu vermeiden, wäre bspw. eine Mindestaufenthaltsdauer im Bundesgebiet als Voraussetzung für eine Auszahlung denkbar. Diese könnte nicht über die Steuer-ID abgebildet werden. Gemäß § 139b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 2. Alternative AO dürfen andere öffentliche Stellen die Steuer- ID nur verarbeiten, soweit eine Rechtsvorschrift die Verarbeitung der Identifikationsnummer ausdrücklich erlaubt oder anordnet. Dies ist für zahlreiche Anwendungsfälle ausdrücklich gesetzlich geregelt worden (so beispielsweise für die Zulagengewährung bei Riester-Verträgen in § 10a Abs. 4 Satz 5 Einkommensteuergesetz (EStG)). Eine entsprechende Regelung wäre somit auch für die Rückerstattungen aus der CO²-Abgabe notwendig. Zu datenschutzrechtlichen Fragestellungen kann über die Feststellung hinaus, dass die Vorgaben der Datenschutzgesetze und der DSGVO einzuhalten sind, nicht Stellung bezogen werden, da die vorgestellten Konzepte für eine solche Prüfung nicht hinreichend konkretisiert sind. *** 4 Edenhofer, Ottmar/ Schmidt, Christoph M., Eckpunkte einer CO₂-Preisreform, RWI-Positionen, 1. Dezember 2018: http://www.rwi-essen.de/media/content/pages/publikationen/rwi-positionen/pos_072_eckpunkte_einer _co2-preisreform.pdf [zuletzt abgerufen am 15.4.2019], Seite 4