© 2015 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 059/15 Ausgewählte Fragen zu einer steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung (FuE) Internationaler Vergleich, Abgrenzungsfragen, Administration Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 059/15 Seite 2 Ausgewählte Fragen zu einer steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung (FuE) Internationaler Vergleich, Abgrenzungsfragen, Administration Verfasser: Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 059/15 Abschluss der Arbeit: 08. Mai 2015 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Telefon: ++49/30/227- , -32855 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 059/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkung 4 2. Einführung in die Darstellung und Beschreibung des Status quo der steuerlichen FuE-Förderung in OECD, EU und der Bundesrepublik Deutschland 4 3. Vergleichsbetrachtung der steuerlichen Förderung von FuE in den OECD- und EU-Mitgliedsstaaten unter besonderer Berücksichtigung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) 4 4. Definition von Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen für den Zweck einer steuerlichen Förderung 6 5. Administrative Fragen zu einer steuerlichen Förderung von FuE-Aufwendungen 9 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 059/15 Seite 4 1. Vorbemerkung Bei dem nachfolgenden Text handelt es sich um eine Kurzfassung der als Anlage beigefügten Ausarbeitung zum Thema steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung. Ihre Gliederung folgt in den Hauptüberschriften derjenigen der Langfassung. Sie stellt die Punkte heraus, die für die Beantwortung der Fragen von besonderer Bedeutung sind. Detaillierte Quellenangaben und weitere ausführliche Erläuterungen und Überlegungen sind in der Langfassung zu finden. 2. Einführung in die Darstellung und Beschreibung des Status quo der steuerlichen FuE-Förderung in OECD, EU und der Bundesrepublik Deutschland Die Bundesrepublik Deutschland fördert als eines von wenigen OECD- und EU-Mitgliedsstaaten privatwirtschaftliche Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (FuE) nicht durch allgemeine steuerliche Vergünstigungen (indirekte Förderung). Neben Deutschland verzichten nur Estland, Mexiko, Neuseeland und die Schweiz auf ein solches Förderregime. Unter den 28 EU-Mitgliedsstaaten gewähren mittlerweile nur noch Deutschland und Estland der Privatwirtschaft keine steuerlichen Vergünstigungen für das Betreiben von FuE-Aktivitäten, nachdem im Laufe der letzten fünf Jahre auch Finnland, Lettland, Litauen, Rumänien, Schweden, die Slowakei und Zypern derartige Steueranreize eingeführt haben. Vor diesem Hintergrund regen sich bereits seit einigen Jahren Stimmen aus Wissenschaft und Industrie , welche die Einrichtung einer steuerlichen FuE-Förderung auch in der Bundesrepublik Deutschland fordern. In diesem Diskussionszusammenhang wird (gestützt auf empirische Studien) auch häufig darauf hingewiesen, dass insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – und unter diesen wiederum v.a. (junge) innovative Unternehmen mit hohem Technologisierungsgrad – besonders empfänglich für steuerliche FuE-Anreize seien und auf solche mit deutlich erhöhter FuE-Aktivität reagierten bzw. überhaupt erst eine Gründung/Niederlassung anstrebten. 3. Vergleichsbetrachtung der steuerlichen Förderung von FuE in den OECD- und EU-Mitgliedsstaaten unter besonderer Berücksichtigung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) Es ist zunächst festzuhalten, dass sich keiner der 36 OECD- und EU-Staaten, die ein steuerliches FuE-Förderregime eingerichtet haben, ausschließlich auf die selektive Förderung von KMU beschränkt . Zum Teil gewähren die betreffenden Länder eine einheitliche Förderung für sämtliche Unternehmen . Andere Staaten haben ihre steuerlichen FuE-Fördermaßnahmen demgegenüber differenzierter ausgestaltet und begünstigen verstärkt bestimmte Zielgruppen (target groups). In den folgenden OECD- und EU-Mitgliedsstaaten erfolgt eine großzügigere steuerliche Förderung der FuE-Tätigkeit von KMU im Vergleich zu größeren Unternehmen: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 059/15 Seite 5 Australien Kanada Südkorea Frankreich Malta Türkei Griechenland Norwegen Ungarn Italien Polen Vereinigte Staaten Japan Portugal Vereinigtes Königreich In folgenden Staaten finden neben einer intensiveren Förderung von KMU im Allgemeinen auch besondere Begünstigungen für junge innovative Unternehmen (YIC – young innovative companies ) Anwendung. Dabei handelt es sich in der Regel um qualifizierte KMU, die aufgrund der Erfüllung spezifischer zusätzlicher Kriterien für besonders förderungswürdig erachtet werden. Belgien Niederlande Frankreich Portugal Israel Vereinigte Staaten Der Grad an zusätzlicher Förderintensität für KMU/YIC im Vergleich zu sonstigen Unternehmen variiert von Staat zu Staat erheblich, zumal die steuerlichen Förderinstrumente sehr verschieden ausgestaltet sind. Länderübergreifend kann allerdings in der Vorgehensweise eine klare Präferenz dahin festgestellt werden, KMU und YIC keine exklusiven Fördermaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Stattdessen werden bei allgemein zugänglichen Förderinstrumenten etwa unterschiedliche Fördersätze gewährt oder es werden die Zugangsvoraussetzungen einer Förderung für KMU/YIC abgesenkt. Anhand repräsentativer Beispielrechnungen für den Raum der Europäischen Union kann dabei nachvollzogen werden, dass die effektive Unternehmensteuerbelastung durch spezielle steuerliche FuE-Anreize für KMU/YIC noch einmal zwischen 2 Prozent (Belgien) und 52 Prozent (Malta) gegenüber den jeweiligen Standardfördermaßnahmen reduziert wird. Soweit eine bevorzugte Förderung von KMU erfolgt, orientieren sich die Staaten innerhalb der Europäischen Union einheitlich an der „Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen“ (2003/361/EG), welche am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist. Bei sogenannten jungen, innovativen Unternehmen handelt es sich zunächst (in aller Regel) auch um KMU im Sinne der EU-Kriterien. Sodann kommen weitere qualifizierende Kriterien hinzu. Frankreich hat ein besonders großzügiges und detailliert ausgestaltetes steuerliches FuE-Förderprogramm für YIC aufgelegt, welche dort als „JEI“ (für Jeune Entreprise Innovante) bezeichnet werden. Als JEI gilt ein Unternehmen, wenn es sich um ein eigenständiges KMU im Sinne der EU-Kriterien handelt und folgende zusätzliche Voraussetzungen erfüllt sind: – Das KMU darf nicht älter als acht Jahre sein (Alter). – Das KMU verwendet mindestens 15 Prozent seiner Gesamtausgaben auf FuE-Aktivitäten (Innovationskraft). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 059/15 Seite 6 – Die direkten oder indirekten Anteilseigner bestehen zu mindestens 50 Prozent aus natürlichen Personen, anderen jungen innovativen KMU, bestimmten Wagniskapitalgesellschaften oder öffentlichen FuE-Instituten (Struktur der Anteilseigner). – Das KMU darf nicht aus einem Restrukturierungsvorgang, aus der Konzentration von Geschäftsaktivitäten , aus der Ausweitung bereits bestehender Geschäftsaktivitäten oder der Wiederaufnahme solcher Tätigkeiten hervorgegangen sein (Neugründung). Die beiden letztgenannten Kriterien sollen einen Missbrauch der großzügigen Förderregeln durch (gesellschaftsrechtliche) Umgehungsgestaltungen vermeiden und Mitnahmeeffekten vorbeugen. Eigenständige KMU, welche die zusätzlichen „JEI-Kriterien“ erfüllen, erfahren eine umfassende Besserstellung im Vergleich zu sonstigen Unternehmen bezogen auf verschiedene Steuerarten. Die weitreichenden Begünstigungen betreffen die Körperschaftsteuer, lokale Steuern und Sozialversicherungsabgaben und werden – korrespondierend mit dem Alterskriterium für JEI – über einen Zeitraum von bis zu acht Jahren gewährt. Allerdings ist der maximale Förderbetrag – geschuldet der hohen Selektivität der spezifischen Förderung – entsprechend der sogenannten De- Minimis-Vorgaben des EU-Beihilferechts auf 200.000 Euro pro JEI innerhalb eines Zeitraums von drei Steuerjahren begrenzt. Das französische JEI-Fördersystem, welches sich weder auf bestimmte Technologiezweige noch auf einzelne Unternehmensrechtsformen oder Regionen festlegt, sondern sämtliche Forschungsfelder in allen jungen, innovativen Unternehmen erfasst, wird von einer Studie im Auftrag der EU-Kommission als besonders vorbildlich erachtet (good practice case). 4. Definition von Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen für den Zweck einer steuerlichen Förderung Das sogenannte Frascati-Handbuch (Frascati Manual) der OECD enthält methodische Vorgaben für die Erhebung und Analyse von Daten zu Forschung und Entwicklung, wobei die sechste und jüngste Ausgabe – die zurzeit einen „Review Process“ mit Blick auf eine mögliche Aktualisierung durchläuft – aus dem Jahr 2002 stammt. Die Zielsetzung des Frascati-Handbuchs ist es, einen international anerkannten Verfahrensstandard für die Erhebung und die Auswertung von FuE-bezogenen Statistikdaten zu etablieren. Unter dem ersten Gliederungspunkt des Frascati-Handbuchs („Aim and Scope“, dt. Zielsetzung und Anwendungsbereich) wird darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um eine Handreichung handeln soll, die das Ziel verfolgt, eine OECD-weit möglichst einheitliche Erhebungs- und Meldepraxis für FuE-Daten zu etablieren. Adressaten des Handbuchs sind dabei vorrangig die nationalen Statistikinstitute der OECD-Mitgliedsstaaten, wie hierzulande das Statistische Bundesamt und die statistischen Landesämter. Bei diesen soll letztlich über die Bereitstellung grundlegender Definitionen , einheitlicher Datenerhebungsrichtlinien und anderer methodischer Anleitungen ein weithin harmonisierter Umgang mit FuE-Daten erreichet werden, um der OECD auf dieser Grundlage die Erstellung ländervergleichender Analysen zu ermöglichen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 059/15 Seite 7 Für die Festlegung des Umfangs der berücksichtigungsfähigen FuE-Aufwendungen stehen sich ein volumenbasierter und ein inkrementeller Ansatz gegenüber. Bei einem volumenbasierten Ansatz findet der Gesamtbestand an unternehmerischen Aufwendungen Berücksichtigung, der im jeweiligen Veranlagungszeitraum in FuE-Aktivitäten geflossen ist. Der inkrementelle Ansatz begünstigt demgegenüber nur den Zuwachs an FuE-Aufwendungen der jeweiligen Periode im Vergleich zu dem Investitionsniveau des vorangegangenen Veranlagungszeitraumes. In der Anwendungspraxis der anderen OECD- und EU-Staaten haben sich rein volumenbasierte Förderprogramme (in ca. ¾ der fördernden Staaten) gegenüber kombiniert volumenbasiert-inkrementell ausgestalteten Ansätzen (ca. ¼) deutlich durchgesetzt. Die kombinierten Fördersysteme sind dabei in der Regel so ausgestaltet, dass zunächst eine volumenbasierte Förderung gilt, bis ab Erreichen eines bestimmten Schwellenwertes ein zuwachsbasierter Ansatz greift. Auch eine aktuelle Studie im Auftrag der EU-Kommission spricht sich für eine volumenbasierte Förderung aus (sog. best practice) und hält einen zuwachsbasierten Ansatz für nicht empfehlenswert (not recommendable ). Während die Begriffe der Grundlagenforschung, angewandten Forschung und experimentellen Entwicklung eine Unterscheidung nach der Art der FuE-Aktivitäten bezwecken (funktionale Kategorisierung ), wird mit dem Begriffspaar der internen und externen FuE auf den Ort der Durchführung der FuE-Aktivitäten abgestellt (institutionelle Kategorisierung). Als interne FuE werden dabei solche Aktivitäten angesehen, die innerhalb eines rechtlich eigenständigen Unternehmens durchgeführt werden (Eigenforschung). Die Aufwendungen für interne FuE umfassen dabei sowohl laufende Personal- und Sachaufwendungen, als auch FuE-bezogene Investitionsaufwendungen . Mit externer FuE werden solche Tätigkeiten beschrieben, die von einem anderen rechtlich eigenständigen Unternehmen, einer Hochschule oder einer sonstigen Institution bezogen werden (Auftrags- und Kooperationsforschung). Die Aufwendungen für externe FuE sind entsprechend gleichzusetzen mit den Auftragskosten der vergebenen Forschungsvorhaben. Zur Unterscheidung kann neben der Verantwortung für die fachliche Leitung vor allem darauf abgestellt werden, in wessen Auftrag und auf wessen Rechnung die FuE-Tätigkeiten erfolgen, also darauf, welches rechtlich eigenständige Unternehmen letztlich das Erfolgsrisiko für die jeweilige FuE-Aktivität trägt. Die Differenzierung von interner und externer FuE hat aus unterschiedlichen Gründen Relevanz : – Bei der externen FuE ist eine Zuordnung der steuerlichen Zuwendungen zu einem der beteiligten Unternehmen nötig, um eine doppelte Förderung zu vermeiden, die keinen zusätzlichen Anreizeffekt für Innovation hätte. Die Vergünstigungen werden dabei in der Förderpraxis anderer Länder in der Regel dem Auftraggeber gewährt. – Sofern eine grenzüberschreitende externe FuE-Aktivität für eine steuerliche Förderung in Rede steht, kommt verkomplizierend hinzu, dass – ebenfalls aufgrund fehlender zusätzlicher Anreizeffekte – eine Doppelförderung in unterschiedlichen Staaten zu vermeiden ist. – Schließlich werden bei der FuE-Förderung in anderen OECD- und EU-Staaten die Aufwendungen für externe FuE zum Teil nur eingeschränkt oder gar nicht bei den steuerlichen Vergünstigungen berücksichtigt. Hintergrund ist, dass eine Überprüfung der Angaben des antragsstellenden Unternehmens zu dem jeweiligen Forschungsauftrag durch die Finanzverwaltung nur eingeschränkt möglich ist, da insbesondere eine Kontrolle vor Ort, etwa im Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 059/15 Seite 8 Rahmen einer Betriebsprüfung, erschwert ist. Dies gilt insbesondere im Falle einer ins Ausland vergebenen Auftragsforschung. Bei der externen FuE besteht also ein erhöhtes Missbrauchsrisiko . In der Literatur wird eine Einbeziehung externer FuE-Aufwendungen in ein mögliches FuE-Förderregime einem Ausschluss derselben vorgezogen. Dabei wird zum Teil dafür votiert, durch eine territoriale Begrenzung der begünstigungsfähigen ins Ausland vergebenen Auftragsforschung auf das Gebiet der Europäischen Union die Missbrauchsrisiken abzusenken und die Kontrollmöglichkeiten für die Finanzverwaltung weitgehend zu erhalten. Denkbar erscheint auch eine Ausdehnung einer solchen Territorialklausel auf qualifizierte Drittstaaten, mit denen bilaterale Amtshilfeabkommen bestehen; sinnvoll erscheint dabei das Abfassen eines enumerativen Katalogs. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass einer Begrenzung der berücksichtigungsfähigen FuE-Projekte auf solche, die an inländische FuE-Dienstleister als Auftragnehmer vergeben werden, auf EU-rechtlicher Ebene die Dienstleistungsfreiheit (Diskriminierungs- und Beschränkungsverbot) entgegenstehen dürfte (Art. 56 ff. AEUV). Sofern also eine Einbeziehung externer FuE-Aufwendungen erfolgt, muss diese (mindestens) gleichermaßen für Auftragsforschung innerhalb des gesamten Raumes der EU gelten. Als aussagekräftiges Beispiel für ein steuerliches Fördersystem, das sowohl interne, als auch bestimmte externe FuE-Aufwendungen im Raum der EU/des EWR berücksichtigt, kann das österreichische FuE-Förderprogramm herangezogen werden: – Österreich gewährt Unternehmen eine volumenbasierte Steuergutschrift (die sog. Forschungsprämie ) in Höhe von 10 Prozent der Aufwendungen für Forschung und experimentelle Entwicklung, die auf die Einkommensteuerschuld anzurechnen ist (§ 108c Abs. 1, 5 öEStG). – Dabei finden gemäß § 108c Abs. 2 Ziff. 1 öEStG zunächst alle Arten interner FuE-Aufwendungen Berücksichtigung: „Prämienbegünstigt sind […] eigenbetriebliche Forschung und experimentelle Entwicklung […]. Die Forschung muss in einem inländischen Betrieb oder einer inländischen Betriebsstätte erfolgen.“ – Unter § 108c Abs. 2 Ziff. 2 öEStG werden im Anschluss die einschränkenden Voraussetzungen formuliert, unter denen auch eine „Auftragsforschung für in Auftrag gegebene Forschung und experimentelle Entwicklung“ prämienbegünstigt ist. Die beiden zentralen Kriterien lauten: – „Die Forschung muss von einem inländischen Betrieb oder einer inländischen Betriebsstätte in Auftrag gegeben werden.“ (Auftraggeber) und – „Es dürfen nur Einrichtungen oder Unternehmen beauftragt werden, die mit Forschungsaufgaben und experimentellen Entwicklungsaufgaben befasst sind und deren Sitz in einem Staat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes gelegen ist.“ (Auftragnehmer) – Zudem ist eine Höchstgrenze von 1.000.000 Euro pro Unternehmen und Steuerjahr für förderungsfähige externe FuE-Aufwendungen eingezogen worden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 059/15 Seite 9 – Bemerkenswert erscheint ferner, dass auch der Auftragnehmer die in fremdem Auftrag und auf fremde Rechnung ausgeführten FuE-Aktivitäten steuerlich geltend machen kann (dann als eigenbetriebliche FuE – s.o.), soweit nicht der Auftraggeber von dem ihm eingeräumten Vorzugsrecht Gebrauch macht und die Forschungsprämie auf die Aufwendungen für die Auftragsforschung selbst in Anspruch nimmt. Als steuerliche Förderinstrumente kommen in Frage: – Steuergutschrift (tax credit) Die Steuergutschrift ist eines der am häufigsten umgesetzten steuerlichen FuE-Fördermodelle und wird in Literatur, Wissenschaft und Wirtschaft ganz überwiegend als das optimale Förderinstrument angesehen. – Bemessungsgrundlagenbegünstigung (erhöhte Betriebsausgaben, Sonderabschreibungen, erhöhte oder beschleunigte Abschreibungen, Investitionsfreibeträge), – steuerliche Vergünstigungen bei der Beschäftigung von FuE-Personal, – ermäßigte Besteuerung der wirtschaftlichen Verwertung von FuE-Ergebnissen (Patent Box, Innovation Box), – Steuererleichterungen für qualifizierte FuE-Zentren/FuE-Cluster, – Steuervergünstigungen für Anteilseigner bestimmter FuE-intensiver Unternehmen, – persönliche Steuervergünstigungen für „Wissensträger“. 5. Administrative Fragen zu einer steuerlichen Förderung von FuE-Aufwendungen Viele Staaten scheinen bei der Ausgestaltung ihres FuE-Förderregimes auch auf besondere gesetzliche Regelungen zur Missbrauchsprävention verzichtet zu haben und sich ganz auf eine Kontrolle im Zuge der steuerlichen Geltendmachung, ggf. ergänzt durch eine Außenprüfung vor Ort in der betreffenden Betriebsstätte, zu beschränken. Eine hohe Missbrauchsgefahr bringt die steuerliche Begünstigung von Investitionsaufwendungen etwa für Gebäude, Gerätschaften oder ähnliches mit sich, da hier i.d.R. in sehr konzentrierter Weise hohe Fördervolumina in Rede stehen. Eine Missbrauchsprävention kann hier im Wesentlichen auf zwei Wegen erfolgen: Entweder wird die steuerliche Förderung im Anschaffungszeitpunkt gewährt und (abgesichert durch eine anteilige Rückerstattungspflicht) an eine Mindesthaltedauer des Investitionsgegenstandes im jeweiligen Unternehmen gekoppelt oder das Investitionsvolumen fließt nicht sofort in voller Höhe, sondern schrittweise jährlich in Höhe des jeweils anfallenden Abschreibungsbetrags in die Bemessungsgrundlage für die steuerliche Förderung mit ein. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 059/15 Seite 10 Das Missbrauchsrisiko bei externer FuE kann durch dreierlei Einschränkungen eingehegt werden: Territoriale Begrenzungen hinsichtlich möglicher Auftragsnehmer, Festlegung einer Fördersummenhöchstgrenze , prozentualer Abschlag zur Abgeltung erhöhter Verwaltungskosten. Bei grenzüberschreitenden Steuersachverhalten innerhalb der EU kann zudem auf die Möglichkeiten des zwischenstaatlichen Informationsaustausches im Wege des Amtshilfeverfahrens zurückgegriffen werden. Internationale Regelungsbeispiele zu der Frage der Missbrauchsprävention: – In Irland entfällt die Steuergutschrift für Investitionsaufwendungen für Gebäude rückwirkend , wenn das förderrelevante Gebäude innerhalb von zehn Jahren, gerechnet ab dem Jahr der Entstehung der Investitionsaufwendungen, veräußert oder nicht mehr für FuE-Zwecke verwendet wird (Mindesthaltedauer). – In Malta wird die bestehende steuerliche Begünstigungsregel für die Verwertung geistiger Eigentumsrechten nicht angewandt, wenn eine Veräußerung derselben zwischen verwandten Unternehmen erfolgt (Mutter- und Tochtergesellschaften ab Stammkapitalbeteiligungen von 10%). Dadurch soll die Ausnutzung von „Kaskadeneffekten“ in Konzernstrukturen verhindert werden. Zudem müssen die aus steuerlich begünstigten FuE-Aktivitäten herrührenden immateriellen Vermögenswerte mindestens drei Jahre im Unternehmen verbleiben; ansonsten wird eine (anteilige) Rückerstattungspflicht ausgelöst. – Die Vereinigten Staaten haben eine Reihe von vier umfangreichen, standardisierten Tests bereits auf Gesetzesebene normiert, um so qualifizierte, also förderungswürdige FuE-Aktivitäten früh herauszufiltern und einem Missbrauch der Förderregeln vorzubeugen. – In Italien wird - neben der Aussendung speziell ausgebildeter Außenprüfer – ein Sanktionssystem mit (empfindlichen) Bußgeldern angewandt. Anders als bei einer direkten, projektorientierten staatlichen Förderung von privatwirtschaftlichen FuE-Aktivitäten dürfte bei einer allgemeinen steuerlichen Förderung eine Überprüfung der Anspruchsberechtigung im Voraus aufgrund des Prüfungsumfangs durch staatliche Stellen nicht zu bewerkstelligen sein. Ein zentrales Problem bei der Nachprüfung der Förderberechtigung über eine mit der Steuererklärung eingereichte Dokumentation ist jedoch, dass das Unternehmen erst im Nachhinein erfährt, ob ein FuE-Vorhaben förderfähig ist oder nicht. Möglich erscheint daher die Ergänzung des Standarddokumentationsverfahrens um ein freiwilliges Vorab-Prüfungsverfahren , dessen Kosten allerdings das Unternehmen tragen sollte. Dabei könnte entweder das zuständige Finanzamt selbst in ein Verständigungsverfahren mit dem anfragenden Unternehmen eintreten und hierfür besonders geschulte Finanzbeamte abstellen und sich am Ende mit einer verbindlichen Auskunft festlegen oder es könnte eine Zertifizierung von FuE-Vorhaben durch staatlich anerkannte Institutionen erfolgen. In Betracht kämen für ein Zertifizierungsverfahren etwa öffentlich -rechtliche Körperschaften, die zur berufsständischen Selbstverwaltung berufen sind (Kammern in freien Berufen, Gewerbe oder Landwirtschaft), industrielle Forschungsvereinigungen oder mit öffentlichen Mitteln finanzierte Forschungseinrichtungen (an Hochschulen, außeruniversitäre oder bundeseigene). Möglich erscheint auch eine vorgelagerte Entscheidung der Finanzbehörde über die Anerkennung der Zertifizierung durch bestimmte Prüfer. Folgende Regelungsansätze lassen sich in anderen Staaten finden: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 059/15 Seite 11 – In Australien und Japan hat eine Voranmeldung der steuerlich relevanten FuE-Aktivitäten zu erfolgen, was vermutlich (ähnlich wie bei der Umsatzsteuer-Voranmeldung hierzulande) dem Staat die fiskalische Kalkulation erleichtern und möglicherweise frühzeitige Vor-Ort- Kontrollen ermöglichen soll. – Eine vorherige Bewilligung/Zulassung zu fördernder FuE-Projekte durch die Finanzverwaltung ist in den Niederlanden (Vorlage einer Machbarkeitsstudie) und der Türkei erforderlich . – Eine vorherige Überprüfung (audit) des jeweiligen FuE-Vorhabens durch die Finanzverwaltung wird in Österreich, Ungarn und Polen durchgeführt. – Ein besonderes Zertifikat muss etwa in Belgien zu dem jeweiligen FuE-Projekt vorgelegt werden, um nachzuweisen, dass das FuE-Vorhaben fortschrittliche Produkte oder Technologien betrifft, die besonders umweltfreundlich sind. – Kanada unterhält ein spezielles Programm für Erstanspruchsteller zur Unterstützung der Unternehmen bei ihrem ersten Förderantrag. Hierbei werden behördliche Vorprüfungen durchgeführt, die förderfähige FuE-Aktivitäten identifizieren und eine Planungshilfe für Investitionen bieten sollen. Dadurch werden die Bürokratiekosten für die interessierten Unternehmen gesenkt. – Australien und Kanada geben Unternehmen zudem einen methodischen Leitfaden für ein „(Förderfähigkeits-)Selbstbeurteilungsverfahren“ (eligibility self-assessment tool) an die Hand, mit dem die Unternehmen zu einer Selbsteinschätzung gelangen können, ob bestimmte FuE-Projekte die Voraussetzungen einer steuerlichen Förderung erfüllen. – Österreich, Frankreich, Ungarn, und Spanien gewähren den Unternehmen auf Antrag ein Reskript (rescript) bzw. ein Zertifikat, das eine verbindliche Auskunft über die Förderfähigkeit von FuE-Projekten gibt und Bindungswirkung für die Finanzverwaltung im Rahmen der späteren steuerlichen Veranlagung entfaltet.