Wissenschaftliche Dienste Sachstand Deutscher Bundestag Gründe fiir die Differenzierung der Grundsteuer für land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke WD 4 - 058/11 Wissenschaftliche Dienste WD 4 - 3000 - 058/11 Soitc 2 Gründe für die Differenzierung der Grundsteuer für land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke Aktenzeichen: Abschluss der Arbeit: Fachbereich: WIJ — 3UUu — U5ö/1-l 29. April 2011 WD 4: Haushalt und Ausarbeitungen und andere Informationsangeknte der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung das Deutschen Bundestages. eines seiner Organe oder der Bundestagsverwalrung windel. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleilung, Deutsche Bundestag bobält sich dio Rechte dur Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, Berlin. Wissenschaftliche Dienste WD 4 — 3000-058/11 Seite 3 Nach S 2 Grundsteuergesetz (GStG) wird die Grundsteuer für Grundbesitz der Betriebe der Landund Forstwirtschaft, Grundstücke des Grundvermögens sowie die Betriebsgrundstiicke erhoben. In den SS a und 4 GStG sind die Steuerbefreiungen für Grundbesitz bestimmter Rechtsträger dargestellt , die öffentlichen, gemeinnützigen oder kirchlichen Zwecken dienen. Sie haben „die unmittelbare Nutzung fiir dcu steuerbegünstigten Zweck zur Voraussetzung". 1 Die in S 6 GStC geregelte steuerliche Begünstigung von land- und forstwirtschaftlich genutztem Grundbesitz bezieht sich nur auf solchen Grundbesitz. der Lehr- bzw. Versuchszwecken dient. Alle anderen land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke unterliegen der Grundsteuer. Die Berechnung der Grundsteuer erfolgt über ein mehrstufiges Verfahren. Faktoren, die in die Berechnung einfließen, sind der Einheitswert. die Steuermesszahl und der Hebesatz. Den Steuermessbetrag (z Einheitswert x Steuermesszahl) berechnet das Finanzamt. Die Gemeinde setzt anschließend die endgiiltige Jahresgrundstouer (z Steuermessbetrag x Hebesatz) fest, wobei der Hebesatz in den einzolneu Gemeinden sehr unterschiedlich sein kann. Die Steuermesszahlen für Gruudstiicko, die nach dem Einheitswert von 1964 bewertet werden, differieren ebenfalls je nach Bebauung der Grundstücke zwischen 2,6 bis 3,5 v. T. Dic Steuermesszahl für land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke ist in S 14 GStG geregelt und einheitlich mit 6 v. T, festgelegt . Eine Ausnahme bilden lediglich die nach dem Einheitswert von 1935 bewerteten Grundstücl «. Hier werden besondere Messzahlen angewendet. Boi der Berechnung der Grundsteuer für land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke müssen alle drei Faktoren (Einheitswert. Steuermesszahl und Ilebesatz) berücksichtigt und bewertet werden, um die tatsächliche Steuerbelastung festzustellen. Die Steuermesszahl von 6 v. T. für Betriebe dor Land- und Forstwirtschaft ist höher als dio fiir das Grundvermögon geltenden Steuermesszahlen. Dennoch wird dadurch von keiner stärkeJT•n Belastung dieser Betriebe ausgegangcn. Einc Antwort hierzu ergibt sich aus dor Gesetzesbegriindung zur Neubowertung des Grundbesitzes: „ Die Grundlagen fiir die Neubewertung dos landund forstwirtschaftlichen Vermögens zum 1.1.1964 sind vom Bewertungsbcirat bcim Bundesministerium der Finanzen ausgearbeitet worden. Die von ihm vorgeschlagenen Ertragswerte für die Bewertung dor verschiedenen Nutzungen dor Betriebe der Land- und Forstwirtschaft wurden bei den Beratungen im Deutschen Bundestag aus einer Reihe von Gründen halbiert (vgl. BT-Drs. TV/3508, S. 3 ff).. Auf der Grundlage der danach maßgebenden Ertragswerte erhöht sich dag Einheitswertvolumen der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, nur um rund 30 v. Die höhoro Stoucrmesszahl wird demzufolgc durch die niedrigeren Ertragswertc und den darang resultierenden Einheitswerten kompensiert. Steuerpolitisches Ziel nach dem Grundsatz der Steuerneutralität (Art. 3 Abs. 2 des Bewertungsänderungsgesetzes von 1965 (BewÄndG)) war es , „die Steuermosszahlcn so festzusetzen, dass die Steuermessbeträge der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und die Steuermessbeträge der bebauten Grundstücke jeweils insgesamt annähernd die glcichcn bleiben wie die Steuermessbo- Daumke/ Beck: Grundriss des deutschen Steuerrechts. 2010. S. 334 Fock, Peters, Mannek: Praxis der Kommunalverwaltung E 4 2 Bund/Grundsteuer W iss enschH ftliche Dienste Sachstan d WD 4 — 3000 - 058,'11 Seite 4 träge nach altem Recht. Die Neufestsetzung der Steuermessmhlen für die Grundsteuer A hat sich daher ausschließlich an der Entwicklung des Einheitswertvolumens der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft zu orientieren. Um das Aufkommen der Grundsteuer A im Interesse der Gemeindefinanzen annähernd gleich zu halten, muss daher die Steuermesszahl so festgesetzt werden, dass auf der Grundlage der neuen Einheitswerte das bisherige Steuermessbetragsvolumen erreicht wird,"' Bei der Neufeststellung der Einheitswerte für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft zum 1.1.1964 ist ein Einhoitswcrtvolurnen von rund 27 800 Mio. DM errechnet worden. Das bisherige Steuermessbetragsvolumen betrug dagegen 181,4 Mio. DM. Demzufolge war es notwendig die Steuermesszahl entsprechend anzupassen. Eigentlich wäre eine Steuermesszahl von 6,5 v, T. notwendig gewesen. Mit Rücksicht auf die seit 1964 allgemein abgeschwächte Ertragslage in der Land- und Forstwirtschaft ist eine Steuermesszahl von 6 v. T. festgesetzt worden, um die Grundsteuerbelastung in Grenzen zu halten. Mit dieser Senkung waren fiir die Gemeinden Mindereinnahmen in Höhe von 30 bis 32 Mio. DM prognostiziert worden, was sich jedoch nicht bestätigte. Die Festsetzung dor Stoucrmesszahl für Grundstücke in Höhe von 3,5 v. T. „hängt allein mit dem unterschiedlichen Ansteigen der Einheitswerte 1964 gegenüber den Einheitswerten von 19.35 zusammen. Während die Einheitswerte von 1964 bei der Land- und Forstwirtschaft im Bundesdurchschnitt nur urn ca. 30 v. H. gestiegen sind, ist bei den bebauten Grundstücken eine Steigerung um über 150 v. H. festzustellen. Diese stark auseinanderklaffcndon Steigerungsraten fiihren bei der durch das Bewertungsänderungsgesetz von 1965 (BewÄndG) angeordneten neutralisierondon Rückrechnung auf das alte Steuermessbetragsvolumon dor Grundsteuer B zwangsläufig zu einer niedrigeren Steuermesszahl als bei der Grundsteuer A. Die optisch zwar höhere Steuermogszahl der Grundsteuer A hat jedoch in ihrer tatsächlichen Wirkung — im Bundesgebiet betrachtet — keine stärkere Belastung des Land- und Forstwirtschaft zur Folge,"' Dr. Max Troll schreibt in diesem Zusammenhang in seinem Kommentar zum Grundsteuergesetz, dass es seitens der land- und forstwirtschaftlichen Bctricbc Bestrebungen gab, die Steuermesszahl ebenfalls auf 3,5 v, T. herabzusetzen, sie sich jedoch nicht durchsetzen ließen. „Dies hätte aber zur Folge gehabt, dass ländliche Gemeinden, wenn sie das frühere vor 1974 erzielte Grundsteueranfkommen hätten halten wollen, ihre Hebesätze erheblich hätten heraufsetzen müssen, unter Umständon sogar mehr als verdoppeln miissen. I.,'m dies zu verhindern. war im Zusannmenhang damit der Weitere Vorschlag gemacht worden, im Grundsteuergesetz eine Höchstgrenze fiir dio Hebesätze der Gemeinden festzulegen. Dies wiederum hätte abor bcdcutet, dass Bund und Länder das sich dann ergebende Defizit an Grundsteuer im Rahmen des Finanzausgleichs hätten decken müssen. Vorschläge dieser Art haben sich deshalb nicht realisieren lassen. Der Hebesatz (S 25 GStG) als dritter Faktor bei der Berechnung dor Grundsteuer wird von den Gemeinden unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse festgelegt. Die Gemeinden haben Fock, Peters, Mannek: Praxis der Kommunalverwaltung E 4 2 Bund/Grundsteuer Fock, Peters, Mannek: Praxis der Kommumlverwaitung E 2 Bund/Grundsteuer Dr. Troll, Max: Grundsteuergesetz,xommentar. 2010, S. 314 Wissenschaftlich Dienste WD 4 — 30m - 058/11 Seite 5 Dor Hebesatz (S 25 GStG) als dritter Faktor bei der Berechnung der Grundsteuer wird von den Ga- Ineinden unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse festgelegt. Die Gemeinden haben die Möglichkeit, „sowohl für die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) als auch für das Grundvermögen (Grundsteuer B) einen eigenen Hebesatz"e festzulegen. wobei er für alle in der Gemeinde tiogondon land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einheitlich sein muss. Der Hebesatz für die unter die Grundsteuer A fallcndcn land- und forstwirtschaftlichen Betriebe ist in allen Bundesländern niedriger als der für die Grundsteuer B. 7 „Diese Differenzierung dos Hebe. Satzes erscheint insbesondcrc deshalb berechtigt. weil die Grundsteuer A in erster Linie die Produktionsmittel der Land- und Forstwirtschaft (Boden, Wirtschaftsgebäude, stehende' und umlau• fondo Betriebsmittel) belastet und damit einen wesentlich anderen Charakter hat als die Grundstuuer B."O Die nähere Betrachtung der Berechnung der Grundsteuer für die unterschiedlichen Grun dbesitze fiihrt zu dorn Schluss, dass es nach don Grundsätzen des Haushalts. und des Steuermchtg darum geht, sowohl ein ausgewogenes Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben zu garantieren und die ihr zu Verfügung stehenden Einnahmequellen auszuschöpfen als auch den einzelnen Steuerpflichtigen nicht übermäßig zu belasten und die Vermögensverhältnisse nicht grundlegend zu beeinträchtigen. Anhand der Faktoren für die Berechnung der Grundsteuer A und B wurde deutlich , dass beide in einem Gleichgewicht stehen und die Steuerbclastung relativ ausgeglichen zu sein scheint. Eine konkretere Beurteilung kann nicht abgegeben werden. Hierzu müssten konkrete Beispielrechnungen vorgenommen und beide Grundsteuerfarmen gegenübergestellt werden . Dr. Troll, Max: Grundsteuergesetzxommentar, 2010, S. 385 Dr. Troll, Max: GrundstøuørgeseWKommentar, 2010, S. 300 Dr. Troll, Max: Grundsteuergesetzxommentar, 2010, S. 386