© 2021 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 053/21 Option zur Körperschaftsteuer für Personengesellschaften Verfassungsmäßigkeit der Beschränkung auf Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. 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Hintergrund und Folgen der Option zur Körperschaftsbesteuerung 4 2.2. Subjektiver Anwendungsbereich der Option zur Körperschaftsbesteuerung 5 2.3. Folge: Drei Gruppen von Unternehmen 6 3. Die Rechtfertigung der Beschränkung der Option nach dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG 6 3.1. Vorgaben des allgemeinen Gleichheitssatzes: Gleichmäßigkeit der Besteuerung 6 3.2. Verfassungsrechtliches Gebot rechtsformneutraler Besteuerung? 8 3.2.1. Auffassungen im Schrifttum 8 3.2.2. Rechtsprechung des BVerfG 8 3.3. Sachliche Gründe für die Beschränkung der Option zur Körperschaftsbesteuerung in § 1a KStG-E 9 3.3.1. Kein zwingendes Gebot rechtsformneutraler Besteuerung 9 3.3.2. Gründe für den Ausschluss der Einzelunternehmer 10 3.3.3. Gründe für den Ausschluss der anderen Personengesellschaften 11 3.3.4. Typisierungsspielraum für den Gesetzgeber nicht überschritten 13 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 053/21 Seite 4 1. Fragestellung Nach § 1a Abs. 1 Satz 1 KStG in der Fassung des Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KStG-E) der Bundesregierung1 sind Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften auf unwiderruflichen Antrag für Zwecke der Besteuerung nach dem Einkommen wie eine Kapitalgesellschaft zu behandeln. Der Übergang zur Körperschaftsbesteuerung gilt als Formwechsel im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 3 UmwStG (§ 1a Abs. 2 Satz 1 KStG-E). Gefragt wird, ob die in § 1a Abs. 1 Satz 1 KStG-E vorgesehene Beschränkung auf Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, während Einzelunternehmer und andere Personengesellschaften von dieser Option zur Körperschaftsbesteuerung ausgeschlossen sind. 2. Option zur Körperschaftsbesteuerung nach dem Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts 2.1. Hintergrund und Folgen der Option zur Körperschaftsbesteuerung Die Besteuerung der Unternehmen richtet sich maßgeblich danach, ob es sich dabei um ein Personenunternehmen (Einzelunternehmen oder Personengesellschaft) oder eine Kapitalgesellschaft handelt. Kapitalgesellschaften werden nach dem Trennungsprinzip besteuert und sind körperschaftsteuerpflichtig . Personengesellschaften sind weder körperschaftsteuerpflichtig noch einkommensteuerpflichtig , vielmehr sind die Gesellschafter mit dem auf sie entfallenden Anteil an den Einkünften der Gesellschaft einkommen- bzw. körperschaftsteuerpflichtig (Transparenzprinzip ).2 Einzelunternehmer sind einkommensteuerpflichtig. Aus diesem Dualismus getrennter bzw. transparenter Besteuerung folgen in mehrfacher Hinsicht unterschiedliche Rechtsfolgen und Belastungen, zum Beispiel bei der Besteuerung laufender Gewinne sowie bei der Berücksichtigung von Verlusten, bei der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen , bei der Ausgestaltung und der Höhe des Steuersatzes, bei der Behandlung schuldrechtlicher Verträge zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern, bei der Behandlung von Finanzierungsaufwendungen , bei der Zusatzbelastung mit Gewerbesteuer, bei der Anwendung der Abgeltungsteuer oder bei der Behandlung der Unternehmensnachfolge.3 Insbesondere bei der Thesaurierung von Gewinnen kann sich die Körperschaftsbesteuerung günstiger auswirken. Auf die Unterschiede hat der Gesetzgeber daher etwa durch die Schaffung eines besonderen Steuertarifs für nicht entnommene Gewinne von Personengesellschaften (§ 34a EStG)4 sowie eine Ermäßigung 1 BT-Drs. 19/28656 vom 19.4.2021. 2 Vgl. zum Ganzen Hennrichs in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 10 Rn. 1 ff.; Wacker, DStR 2019, 585, 585 f. 3 Überblick bei Hennrichs in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, § 13 Rn. 1 ff.; siehe auch Drüen, GmbHR 2008, 393, 395 f. 4 Zur Benachteiligung bei Gewinnthesaurierung und der Abmilderung durch § 34a EStG vgl. Wacker in: Schmidt, EStG, 40. Aufl. 2021, § 34a Rn. 3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 053/21 Seite 5 der Einkommensteuer durch pauschalierte Berücksichtigung der Gewerbesteuer (§ 35 EStG) reagiert .5 Aufgrund der fortbestehenden möglichen Nachteile für Personengesellschaften insbesondere bei Gewinnthesaurierung sowie der internationalen Atypik der Mitunternehmerbesteuerung führt der vorliegende Gesetzentwurf das sog. Optionsmodell ein.6 Dieses sieht vor, dass sich die erfassten Personengesellschaften auf Antrag für Zwecke der Besteuerung nach dem Einkommen insgesamt dem für Kapitalgesellschaften geltenden Recht unterwerfen können und damit nicht mehr der transparenten Besteuerung unterliegen; ihre Gesellschafter werden wie Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft besteuert (§ 1a Abs. 1 Satz 1 KStG-E).7 Bei Gebrauch der Option wird die Personengesellschaft ab dem auf ihren Antrag folgenden Wirtschaftsjahr bis zu einer möglichen Rückkehr zur transparenten Besteuerung oder Auflösung in Bezug auf die Besteuerung nach dem Einkommen in materiell- und verfahrensrechtlicher Hinsicht wie eine Kapitalgesellschaft und ihre Gesellschafter wie deren nicht persönlich haftende Gesellschafter behandelt.8 Die optierenden Personengesellschaften unterliegen dann der Körperschaft - und Gewerbesteuer. Ihre Gesellschafter unterliegen mit Einkünften aus der Beteiligung an der Gesellschaft den §§ 19 ff. EStG (§ 1a Abs. 3 KStG-E). Der Vorgang gilt zugleich als Formwechsel im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 3 UmwStG (§ 1a Abs. 2 Satz 1 KStG-E), zieht aber keine zivilrechtliche Formänderung nach sich.9 Eine Rückkehr zum Regime der transparenten Besteuerung tritt ein, wenn ein entsprechender Antrag gestellt wird oder die Voraussetzungen des § 1a Abs. 1 KStG-E entfallen (§ 1a Abs. 4 KStG-E). 2.2. Subjektiver Anwendungsbereich der Option zur Körperschaftsbesteuerung Zur Ausübung der Option berechtigt sind nach § 1a Abs. 1 S. 1 KStG-E Personenhandelsgesellschaften , also offene Handelsgesellschaften (OHG) und Kommanditgesellschaften (KG), sowie Partnerschaftsgesellschaften (PartG) (im Folgenden: optionsfähige Personengesellschaften). Die Option erstreckt sich auch auf damit vergleichbare ausländische Gesellschaften.10 Von vorneherein nicht erfasst sind hingegen alle anderen Personengesellschaften (im Folgenden: nicht-optionsfähige Personengesellschaften oder andere Personengesellschaften) und Einzelunternehmer. 5 BT-Drs. 19/28656 vom 19.4.2021, Seite 1, 12. Vgl. zu den gesetzgeberischen Angleichungsbemühungen Brühl/Weiss, DStR 2021, 889, 889 f.; Schiffers/Jacobsen, DStZ 2021, 348, 350 f. 6 BT-Drs. 19/28656 vom 19.4.2021, Seite 1, 12, 22. 7 Optionsmodelle wurden nach Einführung der Körperschaftsteuer 1920 bereits in den 1920er Jahren diskutiert, dazu Drüen, GmbHR 2008, 393 f. 8 Dazu näher Brühl/Weiss, DStR 2021, 889, 892 ff. und 945 ff. 9 BT-Drs. 19/28656 vom 19.4.2021, Seite 21. 10 BT-Drs. 19/28656 vom 19.4.2021, Seite 19, 21. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 053/21 Seite 6 Die Gesetzesbegründung stellt jedoch eine erneute Bewertung nach einer möglichen Gleichstellung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) im Umwandlungsgesetz in Aussicht.11 § 1a Abs. 1 S. 3 KStG-E nimmt zudem bestimmte Gesellschaften aus: Für Investmentfonds wird dies mit der Existenz von Sonderregeln im Investmentsteuergesetz begründet, für im Geschäftsleitungsstaat nicht der Körperschaftsbesteuerung unterliegende ausländische Gesellschaften mit dem Ziel der Verhinderung von Gewinnverkürzung und -verlagerung durch künstliche Schaffung ausländischer hybrider Gesellschaften.12 2.3. Folge: Drei Gruppen von Unternehmen Durch die Option zur Körperschaftsbesteuerung wird der Dualismus des Unternehmensteuerrechts auf drei Gruppen erweitert. Kapitalgesellschaften und andere Körperschaften werden wie bisher zwingend nach dem Trennungsprinzip besteuert und unterliegen der Körperschaftsteuer, nicht-optionsfähige Personengesellschaften und Einzelunternehmer werden wie bisher zwingend nach dem Transparenzprinzip besteuert und nur optionsfähige Personengesellschaften haben die Wahl zwischen beiden Varianten. 3. Die Rechtfertigung der Beschränkung der Option nach dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG § 1a KStG-E knüpft die Option zur Körperschaftsbesteuerung an eine bestimmte Rechtsform an, nämlich an eine Untergruppe der Personengesellschaften. Die Gruppe der Personenunternehmer, die nach bisheriger Rechtslage zwingend nach dem Transparenzprinzip besteuert wird, zerfällt durch § 1a KStG-E in zwei Gruppen, nämlich in optionsfähige Personengesellschaften einerseits und Einzelunternehmer sowie nicht-optionsfähige Personengesellschaften andererseits. Diese unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Option zur Körperschaftsteuer durch § 1a KStG-E muss den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten. 3.1. Vorgaben des allgemeinen Gleichheitssatzes: Gleichmäßigkeit der Besteuerung Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG folgt das Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln; dies gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Differenzierungen bedürfen der Rechtfertigung durch Sachgründe , die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungs- 11 BT-Drs. 19/28656 vom 19.4.2021, Seite 19 f. Siehe dazu Art. 58 des Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG) der Bundesregierung , BT-Drs. 19/27635 vom 17.3.2021. 12 BT-Drs. 19/28656 vom 19.4.2021, Seite 21. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 053/21 Seite 7 maßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen.13 Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich dabei unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben; dies gilt auch, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern.14 Die Anforderungen an die Rechtfertigung steigen zudem in dem Maße, in dem sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann.15 Im Steuerrecht müssen die Steuerpflichtigen nach dem Grundsatz der Lastengleichheit durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden. Dabei hat der Gesetzgeber einen weit reichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes.16 Ist diese Wahl bzw. Belastungsentscheidung getroffen , müssen sich Abweichungen davon am Gleichheitssatz messen lassen (Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands) und bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermag. Dabei steigen die Anforderungen an den Rechtfertigungsgrund mit Umfang und Ausmaß der Abweichung.17 Art. 3 Abs. 1 GG bindet den Steuergesetzgeber an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit, der gebietet , die Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten; im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit muss darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit ), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedriger Einkommen dem Gerechtigkeitsgebot genügen muss.18 Die für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit bemisst der einfache Gesetzgeber nach dem objektiven und dem subjektiven Nettoprinzip; die 13 BVerfG, Urteil vom 10.4.2018, 1 BvL 11/14 u.a., DStR 2018, 791 Rn. 94; BVerfG, Beschluss vom 29.3.2017, 2 BvL 6/11, DStR 2017, 1094 Rn. 98; BVerfG, Urteil vom 17.12.2014, 1 BvL 21/12, DStR 2015, 31 Rn. 121. 14 BVerfG, Urteil vom 10.4.2018, 1 BvL 11/14 u.a., DStR 2018, 791 Rn. 95; BVerfG, Urteil vom 17.12.2014, 1 BvL 21/12, DStR 2015, 31 Rn. 122. 15 Dies gilt auch für juristische Personen, so BVerfG, Beschluss vom 29.3.2017, 2 BvL 6/11, DStR 2017, 1094 Rn. 105. 16 BVerfG, Beschluss vom 29.3.2017, 2 BvL 6/11, DStR 2017, 1094 Rn. 102; BVerfG, Urteil vom 17.12.2014, 1 BvL 21/12, DStR 2015, 31 Rn. 123; BVerfG, Beschluss vom 12.10.2010, 1 BvL 12/07, DStR 2010, 2393 Rn. 51; BVerfG, Beschluss vom 15.1.2008, 1 BvL 2/04, DStRE 2008, 1003 Rn. 82; Wernsmann, in: Hübschmann /Hepp/Spitaler, 260. EL. November 2020, AO § 3 Rn. 97; kritisch Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, Rn. 3.118, 3.125 (Relativierung des Folgerichtigkeitsgebots). 17 BVerfG, Urteil vom 17.12.2014, 1 BvL 21/12, DStR 2015, 31 Rn. 123. 18 So BVerfG, Beschluss vom 29.3.2017, 2 BvL 6/11, DStR 2017, 1094 Rn. 99; BVerfG, Beschluss vom 21.6.2006, 2 BvL 2/99, DStRE 2006, 988 Rn. 71; siehe auch Birk, StuW 2000, 328, 329. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 053/21 Seite 8 Grundsätze der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und damit das objektive Nettoprinzip gelten auch im Bereich der Körperschaftsteuer.19 3.2. Verfassungsrechtliches Gebot rechtsformneutraler Besteuerung? Im Zusammenhang mit dem Dualismus der Unternehmensbesteuerung (dazu 2.1.) wird seit jeher diskutiert, ob rechtsformabhängige Unterscheidungen verfassungsrechtlich zulässig sind. 3.2.1. Auffassungen im Schrifttum Nach einer im Schrifttum verbreiteten Auffassung folgt das Gebot der Rechtsformneutralität aus dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.20 Die Rechtsform als solche tauge nicht zur Rechtfertigung von Belastungsunterschieden, wenn sich in ihr nicht unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit manifestiere.21 Das Gebot der Rechtsformneutralität zwinge allerdings nicht zur einheitlichen Besteuerung aller Rechtsformen, sondern im Sinne einer „Rechtsformgerechtigkeit“ nur dann an die Rechtsform anzuknüpfen, wenn sich darin eine unterschiedliche steuerliche Leistungsfähigkeit niederschlage.22 Nach einer anderen Auffassung lässt sich Art. 3 Abs. 1 GG kein Gebot der rechtsformneutralen Behandlung der Unternehmensgewinne entnehmen; die Rechtsformneutralität der Unternehmensbesteuerung sei daher kein allgemeines Verfassungsgebot.23 Aufgrund der erheblichen rechtlichen Unterschiede zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften24 dürfe der Steuergesetzgeber unterschiedliche Rechtsfolgen daran anknüpfen.25 Der Gesetzgeber dürfe die Leistungsfähigkeit der Körperschaften daher unabhängig von der Leistungsfähigkeit der Anteilseigner erfassen und die von den Körperschaften erzielten Gewinne auch doppelt besteuern.26 3.2.2. Rechtsprechung des BVerfG Das BVerfG hat in mehreren Entscheidungen ausgeführt, dass sich aus Art. 3 Abs. 1 GG kein Gebot der Rechtsformneutralität ergibt. Ausgeschüttete Gewinne von Kapitalgesellschaften müssen daher beim Anteilseigner nicht einkommensteuerlich ebenso behandelt werden wie entnommene 19 BVerfG, Beschluss vom 12.10.2010, 1 BvL 12/07, DStR 2010, 2393 Rn. 56 f.; Drüen, GmbHR 2008, 393, 397. 20 Hennrichs in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, Rn. 13.172 m.w.N. aus dem Schrifttum (dort auch zur freiheitsrechtlichen Begründung). 21 So Hennrichs in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, Rn. 10.4, 13.172. 22 Hennrichs in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, Rn. 13.174. 23 Birk, StuW 2000, 328, 333; Drüen, GmbHR 2008, 393, 400; Wernsmann, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, 260. EL. November 2020, AO § 4 Rn. 515. 24 A.A. Hennrichs, FR 2010, 721, 725. 25 Birk, StuW 2000, 328, 333. 26 Birk, StuW 2000, 328, 333. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 053/21 Seite 9 Gewinne von Personengesellschaften.27 Der Gleichheitssatz zwingt den Gesetzgeber nicht zu einer wirtschaftlichen (materiellen) Betrachtung der Leistungsfähigkeit, sondern ermöglicht ihm auch eine „eher formelle, rechtsformorientierte Sicht“ von der Leistungsfähigkeit.28 Von Verfassungs wegen ist vielmehr entscheidend, ob es einen hinreichenden sachlichen Grund für die unterschiedliche steuerliche Behandlung unternehmerischer Tätigkeiten gibt.29 Das BVerfG hat die strukturellen gesellschaftsrechtlichen Unterschiede zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften , insbesondere die rechtliche Selbständigkeit der Kapitalgesellschaften, ihre Eigenschaft als juristische Person, die Abschirmung der Vermögenssphäre der Kapitalgesellschaften gegenüber ihren Anteilseignern sowie die unterschiedlichen Haftungsverhältnisse als sachlichen Grund für eine unterschiedliche, also rechtsformabhängige Besteuerung anerkannt.30 3.3. Sachliche Gründe für die Beschränkung der Option zur Körperschaftsbesteuerung in § 1a KStG-E 3.3.1. Kein zwingendes Gebot rechtsformneutraler Besteuerung Unterschiede zwischen den Rechtsformen können also nach der Rechtsprechung des BVerfG ein sachlicher Grund für ihre unterschiedliche steuerliche Behandlung sein (dazu 3.2.2.). Das Gebot rechtsformneutraler Besteuerung ist kein von Verfassungs wegen zwingendes Verbot rechtsformabhängiger Besteuerungsfolgen, sondern fügt sich als ein Gebot rechtsformgerechter Besteuerung ohne Weiteres in die Gleichheitsprüfung des Art. 3 Abs. 1 GG ein, wonach für Belastungsunterschiede (nach der Rechtsform) rechtfertigende sachliche Gründe vorliegen müssen.31 Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt.32 Willkür des Gesetzgebers kann nicht schon dann bejaht werden, wenn er unter mehreren Lösungen nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste gewählt hat, 27 BVerfG, Beschluss vom 21.6.2006, 2 BvL 2/99, DStRE 2006, 988 Rn. 114. 28 BVerfG, Beschluss vom 21.6.2006, 2 BvL 2/99, DStRE 2006, 988 Rn. 116; BVerfG, Beschluss vom 29.3.2017, 2 BvL 6/11, DStR 2017, 1094 Rn. 112. Siehe auch BVerfG, Beschluss vom 12.10.2010, 1 BvL 12/07, DStR 2010, 2393 Rn. 61. 29 BVerfG, Beschluss vom 21.6.2006, 2 BvL 2/99, DStRE 2006, 988 Rn. 116; BVerfG, Beschluss vom 29.3.2017, 2 BvL 6/11, DStR 2017, 1094 Rn. 112. 30 BVerfG, Beschluss vom 21.6.2006, 2 BvL 2/99, DStRE 2006, 988 Rn. 118; BVerfG, Beschluss vom 12.10.2010, 1 BvL 12/07, DStR 2010, 2393 Rn. 62; BVerfG, Beschluss vom 29.3.2017, 2 BvL 6/11, DStR 2017, 1094 Rn. 113 f. Kritisch dazu Hennrichs, FR 2010, 721, 723 („schlicht falsch“). Vgl. zur Diskussion um die Rechtfertigung auch Arbeitskreis Bilanzrecht Hochschullehrer Rechtswissenschaft, ZIP 2021, Beilage zu Heft 2, Seite 3, 7; Drüen, GmbHR 2008, 393, 398. 31 Siehe auch Drüen, GmbHR 2008, 393, 400 (Grenzen für die Anknüpfung an die Rechtsform ergeben sich allerdings aus dem Gebot der Folgerichtigkeit). 32 So BVerfG, Beschluss vom 29.3.2017, 2 BvL 6/11, DStR 2017, 1094 Rn. 101. Fiskalische Gründe sind dabei nicht anzuerkennen, BVerfG, a.a.O. Rn. 104; BVerfG, Beschluss vom 21.6.2006, 2 BvL 2/99, DStRE 2006, 988 Rn. 74. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 053/21 Seite 10 vielmehr nur dann, wenn sich ein sachgerechter Grund für eine gesetzliche Bestimmung nicht finden lässt.33 Zu untersuchen ist damit im Folgenden, ob für die Gewährung einer Optionsmöglichkeit für Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften, nicht aber für Einzelunternehmen (dazu nachfolgend 3.3.2.) und andere Personengesellschaften (dazu nachfolgend 3.3.3.) ein solcher Grund besteht. 3.3.2. Gründe für den Ausschluss der Einzelunternehmer Ein sachlicher Grund für den Ausschluss der Einzelunternehmer von der Option kann in der fehlenden Trennung der Unternehmens- von der Privatebene gesehen werden.34 Die Besteuerung von Kapitalgesellschaften, welche auf die optierenden Unternehmen Anwendung finden soll, beruht wie dargestellt auf dem Trennungsprinzip, also der streng gesonderten Betrachtung von unternehmenstragender Körperschaft und ihren Anteilseignern als Steuersubjekte sowie der jeweiligen Vermögensmassen.35 Das BVerfG hat unterschiedliche Grade der Vermögenstrennung zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterebene im Rahmen der Differenzierung zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften aufgrund dessen bereits als ausreichenden sachlichen Grund für die Verwendung verschiedener Besteuerungskonzepte für die verschiedenen Gesellschaftsformen anerkannt (dazu 3.2.2.).36 Dieser Differenzierungsgrund wiegt im Verhältnis von Einzelunternehmer und gesellschaftlich getragenen Unternehmen noch schwerer: Eine Identifizierung von Ebenen und eine entsprechende klare Zuordnung von Vermögen sind bei ersteren nicht möglich; eine im Sinne einer Körperschaft rechtlich verselbständigte Vermögensebene jenseits der Person des Unternehmers existiert nicht. Daher würden auch umfassende Sonderregeln für eine Besteuerung nach dem Trennungsprinzip erforderlich, wollte man Einzelunternehmer in die Option einbeziehen.37 33 Dabei genügt Willkür im objektiven Sinn, d.h. die tatsächliche und eindeutige Unangemessenheit der Regelung in Bezug auf den zu ordnenden Gesetzgebungsgegenstand, so BVerfG, Beschluss vom 29.3.2017, 2 BvL 6/11, DStR 2017, 1094 Rn. 101. 34 So auch Hey, Stellungnahme zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (BT-Drucks. 19/28656) vom 2.5.2021, Seite 4 (https://www.bundestag.de/resource /blob/838856/2f6ecb96c25456b83261533072d7c174/03-Hey-data.pdf). 35 Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Auf. 2021, Rn. 11.2. 36 BVerfG, Beschluss vom 21.6.2006, 2 BvL 2/99, DStRE 2006, 988 Rn. 117 f.; BVerfG, Beschluss vom 12.10.2010, 1 BvL 12/07, DStR 2010, 2393 Rn. 62; BVerfG, Beschluss vom 29.3.2017, 2 BvL 6/11, DStR 2017, 1094 Rn. 113 f. 37 Hey, Stellungnahme zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (BT- Drucks. 19/28656) vom 2.5.2021, Seite 4 (https://www.bundestag.de/resource /blob/838856/2f6ecb96c25456b83261533072d7c174/03-Hey-data.pdf). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 053/21 Seite 11 Zwar zeigt ein entsprechender Gesetzentwurf aus dem Jahr 2000, nach welchem auch Einzelunternehmer optionsberechtigt gewesen wären, dass die Einräumung einer Option auch für Einzelunternehmer möglich ist.38 Aus dieser Möglichkeit ergibt sich aber nicht notwendig eine entsprechende Verpflichtung des Gesetzgebers aufgrund von Art. 3 Abs. 1 GG. Vielmehr erscheinen die konzeptionellen Unterschiede zwischen Einzelunternehmen und Gesellschaften als hinreichender sachlicher Grund für den Ausschluss ersterer von der Option zur Besteuerung nach dem Trennungsprinzip. 3.3.3. Gründe für den Ausschluss der anderen Personengesellschaften Diese Begründung kann auf den Ausschluss der anderen Personengesellschaften, insbesondere der GbR nicht übertragen werden. Denn auch die GbR ist rechtsfähig und verfügt in gewissem Maße über eine von ihren Gesellschaftern getrennte Rechtspersönlichkeit und Vermögensebene.39 Der Gesetzentwurf selbst führt als Grund für die Differenzierung zwischen den optionsfähigen Gesellschaften und der GbR an, dass die vielen kleinen GbR ein geringeres Interesse an einer optionalen Besteuerung nach dem Trennungsprinzip hätten und die Komplexität der Entscheidung für oder gegen die Optionsausübung zu den möglichen Vorteilen außer Verhältnis stehe.40 Tatsächlich haben die Ausübung der Option und der Wechsel von der Besteuerung nach dem Transparenzprinzip zur Körperschaftsbesteuerung nach dem Trennungsprinzip vielschichtige und komplexe Folgen für die Gesellschaft und ihre Gesellschafter, die je nach Situation im Einzelfall vor- oder nachteilhaft sein können.41 Die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit der aufgrund einer Option möglichen Besteuerungssysteme hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab und ist daher hoch komplex; bereits im Zusammenhang mit einem entsprechenden Gesetzentwurf von 2000 sind der hohe Beratungsaufwand und das Risiko im Rahmen einer Optionsausübung betont worden .42 Gerade wegen dieses Aufwands, wegen des erklärten Ziels der Option, eine Thesaurierungsbegünstigung zu ermöglichen, die besonders bei Eingreifen des einkommensteuerlichen Höchststeuersatzes relevant ist, wird indes typisierend davon ausgegangen, dass eine optionale Besteuerung nach dem Trennungsprinzip besonders für ertragsstarke Personengesellschaften mit Selbstfinanzierungsambition interessant ist, die nicht auf weitgehende Entnahmen angewiesen 38 Entwurf eines Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung, Bundesrat- Drs. 90/00 vom 14.2.2000 (http://dip21.bundestag.btg/dip21/brd/2000/D90+00.pdf). 39 Der BGH erkannte die Rechtsfähigkeit der GbR an, Urteil vom 29.1.2001, II ZR 331/00, NJW 2001, 1056. 40 BT-Drs. 19/28656 vom 19.4.2021, Seite 19 f. 41 Vgl. Hey, Stellungnahme zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (BT- Drucks. 19/28656) vom 2.5.2021, Seite 3 (https://www.bundestag.de/resource /blob/838856/2f6ecb96c25456b83261533072d7c174/03-Hey-data.pdf); Schiffers, Stellungnahme vom 29.4.2021, Seite 2 (https://www.bundestag.de/resource/blob/838324/8a0ea4b1e8ed0b6e7d2ff57666052be7/07- Schiffers-data.pdf). 42 Vgl. Scheipers/Bergemann, DStR 2000, 709 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 053/21 Seite 12 sind.43 Statistisch lässt sich belegen, dass die GbR typischerweise die im direkten Vergleich weniger ertragsstarke Gesellschaftsform darstellt: So zeigt eine Studie für Baden-Württemberg, dass GbR im Jahr 2011 zwar 55 % der Personengesellschaften mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, ihr Gesamtgewinn aber nur 8,5 % des Gesamtgewinns aller Personengesellschaften ausmachten. Das Verhältnis bei den OHG lag bei 3,5 % zu 3,3 %, bei den KG bei 3,9 % zu 9,5 % und bei den GmbH & Co KG bei 31,2 % zu 77,6 %.44 Daher erscheint die Annahme eines geringen wirtschaftlichen Interesses der GbR an der Optionsausübung aufgrund einer typisierenden Betrachtung zumindest nachvollziehbar. Dazu tritt der Umstand, dass die GbR im Gegensatz zu den Personenhandelsgesellschaften nach bestehender Rechtslage weder umwandlungs- noch registerfähig ist, was die vorgesehene Umwandlungsfiktion als Folge der Optionsausübung gesetzgebungstechnisch erschweren würde. Gegen die Maßgeblichkeit dieses Grunds wird teilweise eingewandt, dass zwischen den Personengesellschaften keinerlei Unterschiede mit Bezug zu Rechtsfähigkeit oder Gesellschaftsvermögen bestünden, die für die prinzipielle Anwendbarkeit des Trennungsprinzips und des Umwandlungsregimes maßgeblich seien.45 Wegen der damit einhergehenden erheblichen Vereinfachung der Vollziehung der Option erscheint die unterschiedliche Umwandlungs- und Registerfähigkeit dennoch als sachlicher Grund. Eine andere Beurteilung wird möglicherweise nach Annahme des im Entwurf befindlichen Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG)46 geboten sein, das eine gewisse Angleichung innerhalb der Personengesellschaften, insbesondere ein fakultatives Register für GbR47 sowie deren Umwandlungsfähigkeit48 vorsieht. Im Hinblick darauf wird in der Gesetzesbegründung des KStG-E eine erneute Überprüfung des Ausschlusses der GbR von der Option des § 1a KStG-E nach einem Inkrafttreten des MoPeG angekündigt.49 43 Vgl. Schiffers, Stellungnahme vom 29.4.2021, Seite 4 (https://www.bundestag.de/resource /blob/838324/8a0ea4b1e8ed0b6e7d2ff57666052be7/07-Schiffers-data.pdf). 44 Egloff, Personengesellschaften und Gemeinschaften und deren gewerbliche Einkünfte: Eine Analyse für Baden- Württemberg, Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 10/2016, Seite 17 f. (https://www.statistikbw .de/Service/Veroeff/Monatshefte/PDF/Beitrag16_10_03.pdf). 45 Hey, Stellungnahme zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (BT- Drucks. 19/28656) vom 2.5.2021, Seite 4 (https://www.bundestag.de/resource /blob/838856/2f6ecb96c25456b83261533072d7c174/03-Hey-data.pdf). Hennrichs schlägt aufgrund dessen eine Option für alle Personengesellschaften vor, Hennrichs in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, Rn. 10.8; kritisch zum Optionsmodell Wacker, DStR 2019, 585, 587 ff. 46 Siehe Fußnote 11. 47 Siehe Fußnote 11, Seite 2 f. 48 Siehe Art. 58 MoPeG (Fußnote 11). 49 BT-Drs. 19/28656 vom 19.4.2021, Seite 20. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 053/21 Seite 13 3.3.4. Typisierungsspielraum für den Gesetzgeber nicht überschritten Bei der Ausfüllung seines Gestaltungsspielraums darf der Gesetzgeber auch gewisse Typisierungen zugrunde legen. Typisierung im Sinne einer normativen Zusammenfassung von im Wesentlichen gleichen Lebenssachverhalten ist vor dem Hintergrund von Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht zu beanstanden; dies gilt insbesondere in Massensachverhalten.50 Als besondere sachliche Gründe für Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung steuergesetzlicher Belastungsentscheidungen erkennt das BVerfG in ständiger Rechtsprechung neben außerfiskalischen Förderungs - und Lenkungszwecken daher auch Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse an.51 Dabei darf der Gesetzgeber keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen.52 Der generelle Ausschluss der Einzelunternehmer und der anderen Personengesellschaften von der Option ist Ausdruck einer solchen Typisierung. Die Ausübung unternehmerischer Tätigkeiten durch Einzelunternehmer unterscheidet sich in rechtlicher wie tatsächlicher Hinsicht deutlich von der Ausübung durch Personen- und Kapitalgesellschaften und deren Gesellschaftern.53 Zwar mag es Fälle von Einzelunternehmern geben, die ihr Unternehmen faktisch völlig getrennt von ihren anderen beruflichen wie privaten Aktivitäten führen und für die eine Besteuerung nach dem Trennungsprinzip theoretisch geeignet wäre. Diese entsprechen aber nicht dem typischen Fall des Einzelunternehmers und müssen vom Gesetzgeber daher nicht berücksichtigt werden . Für die Körperschaftsbesteuerung geeignete Einzelunternehmer, für die die Option tatsächlich in Betracht kommt, dürften realtypisch kaum existieren. Der Ausschluss der Einzelunternehmer von der Option durch § 1a KStG-E liegt daher im Rahmen der dem Gesetzgeber erlaubten Typisierung . Die Annahme, auch die anderen Personengesellschaften seien für eine Körperschaftsbesteuerung nicht geeignet, dürfte angesichts der großen Breite an Realtypen, die sich hinter den anderen Personengesellschaften verbergen, und des Bildes der GbR als einer Organisationsform für kleinere „Unternehmungen“ mit einem überschaubaren Gesellschafterkreis, aber persönlich aktiven Gesellschaftern (zum Beispiel im Bereich der freien Berufe), mit vermögensverwaltenden Zwecken oder als reine Innengesellschaft, ebenfalls einer vertretbaren Typisierung durch den Gesetzgeber entsprechen. Denn die Option zur Körperschaftsbesteuerung ist allenfalls für einen Teil der Personengesellschaften sinnvoll,54 der durch das Gesetz typisierend erfasst wird. * * * 50 Kischel in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, Art. 3 Rn. 122 f. 51 BVerfG, Beschluss vom 12.10.2010, 1 BvL 12/07, DStR 2010, 2393 Rn. 52. 52 BVerfG, Beschluss vom 29.3.2017, 2 BvL 6/11, DStR 2017, 1094 Rn. 107; BVerfG, Beschluss vom 12.10.2010, 1 BvL 12/07, DStR 2010, 2393 Rn. 52, 82; BVerfG, Beschluss vom 21.6.2006, 2 BvL 2/99, DStRE 2006, 988 Rn. 76. 53 Vgl. auch Hennrichs in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, Rn. 10.7 f.; Prinz, FR 2010, 736, 741; Drüen, GmbHR 2008, 393, 395. 54 Vgl. auch Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, Rn. 7.90.