© 2016 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 053/164 Rechtsvorschriften zur Berechnung der Wohnfläche im Steuerrecht Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 053/16 Seite 2 Rechtsvorschriften zur Berechnung der Wohnfläche im Steuerrecht im Steuerrecht Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 053/16 Abschluss der Arbeit: 26. April 2016 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 053/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Steuerliche Relevanz der Wohnflächendefinition 4 2.1. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus 4 2.2. Aufteilung der Anschaffungskosten eines Wohngrundstücks 5 2.3. Anteilige Werbungskosten oder Betriebsausgaben 5 2.4. Befreiung des Familienheims in der Erbschaftsteuer 5 2.5. Bewertung von Grundstücken im Ertragswertverfahren 6 2.6. Zweitwohnungsteuer 6 2.7. Steuerrechtliche Anwendung der Wohnflächenverordnung 7 3. Rechtsvorschriften zur Berechnung der Wohnfläche 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 053/16 Seite 4 1. Fragestellung Die Anfrage ist gerichtet auf die Zusammenstellung der Rechtsbereiche, in denen Wohnflächenberechnungen eine Rolle spielen sowie auf die Frage, welche Berechnungsmethoden jeweils zur Anwendung kommen. Damit soll aus der Perspektive der Verbraucher dargestellt werden, ob der Begriff der ‚Wohnfläche‘ in Rechtsvorschriften eindeutig und transparent verwendet wird. Nachfolgend wird der Fragestellung im Hinblick auf den steuerrechtlichen Bereich nachgegangen . 2. Steuerliche Relevanz der Wohnflächendefinition Auf steuerrechtlichem Gebiet wird auf den Begriff der Wohnfläche an verschiedenen Stellen Bezug genommen, die nachfolgend kurz dargestellt werden sollen. Die Auflistung kann dabei nicht zuletzt wegen der Kürze der zur Bearbeitung zur Verfügung stehenden Zeit keinen Anspruch auf Vollständigkeit aller in Betracht kommenden Vorschriften erheben. Sie zeigt exemplarisch die steuerlichen Vorschriften auf, in denen das Merkmal der Wohnfläche vorausgesetzt wird. Die Relevanz der Wohnflächendefinition reicht dabei von der grundlegenden Bedeutung für die Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage im Rahmen der Immobilienbesteuerung über die Zuweisung von Flächen in steuerlich abzugsfähige oder der privaten Lebensführung zugehörige Bereich bis zur Begrenzung von steuerlichen Begünstigungstatbeständen. Im Einzelnen kann auf folgende steuerliche Vorschriften hingewiesen werden: 2.1. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus 1 Mit dem Gesetzentwurf soll über verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten im Mietwohnungsneubau die Schaffung zusätzlichen Wohnraums bewirkt werden. Die Sonderabschreibung soll nur in Betracht kommen, wenn die abschreibungsfähigen Herstellungskosten nicht mehr als 3 000 Euro je qm Wohnfläche betragen, um die Herstellung hochpreisigen Wohnraums zu vermeiden. Darüber hinausgehende Herstellungskosten führen ohne weiteren Ermessensspielraum zum vollständigen Ausschluss der Förderung.2 Die steuerlich relevante Förderung ist auf eine niedrigere Bemessungsgrundlage festgelegt. Nach dem Gesetzentwurf kann die Abschreibung höchstens von einem Betrag von 2 000 Euro je qm Wohnfläche vorgenommen werden. Aufwendungen für das Grundstück und für Außenanlagen unterliegen dabei nicht der Abschreibung.3 Die Bundesregierung strebt mit der Toleranzgrenze zwischen förderfähiger Bemessungsgrundlage und maximalen Baukosten an, einen Härteausgleich bei Kostensteigerungen z. B. während der 1 Deutscher Bundestag, Drucksache 18/7736 2 Deutscher Bundestag, aaO, S. 10 3 Deutscher Bundestag, aaO, S. 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 053/16 Seite 5 Bauphase oder aufgrund neuer baurechtlicher Vorgaben sowie die Abfederung regionaler Unterschiede in den Baupreisen berücksichtigen zu können.4 2.2. Aufteilung der Anschaffungskosten eines Wohngrundstücks Auf den Begriff der ‚Wohnfläche‘ wird ferner in steuerlichen Vorschriften Bezug genommen, die im Zusammenhang mit Abschreibungen von Immobilien stehen. In Fällen der Anschaffung oder Herstellung von Gebäuden ist der gezahlte Kaufpreis bzw. die Gesamtherstellungskosten auf den Grund und Boden, der nicht abgeschrieben werden kann, sowie auf die abschreibungsfähigen Gebäudekosten aufzuteilen. Das Bundesministerium der Finanzen hat zur Aufteilung eines Grundstückskaufpreises eine Arbeitshilfe herausgegeben.5 Danach ist bei Wohngrundstücken die Wohnfläche grundsätzlich gemäß der steuerrechtlichen Regelung in den Einkommensteuerrichtlinien6 nach Maßgabe der Wohnflächenverordnung anzugeben. Hilfsweise wird die Berechnung der Wohnfläche, die nach Aktenlage bereits auf der Grundlage der Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz oder der DIN 283 ermittelt worden sind, akzeptiert.7 2.3. Anteilige Werbungskosten oder Betriebsausgaben Gebäude werden häufig gemischt genutzt. In diesem Fall sind die Aufwendungen zwischen dem betrieblich bzw. beruflich genutzten Teil und der steuerlich nicht relevanten privaten Sphäre aufzuteilen. Als Beispiel für diese steuerliche Konstellation kann das häusliche Arbeitszimmer genannt werden, das sich in einer gemieteten oder selbstgenutzten Wohnung befindet. Die anteiligen Aufwendungen sind in diesem Fall nach dem Verhältnis der Fläche des beruflich genutzten Arbeitszimmers zur Gesamtfläche der Wohnung aufzuteilen. Die Aufteilung ist dabei auf der Grundlage der nach der Wohnflächenverordnung ermittelten Wohnfläche der Wohnung zur Fläche des häuslichen Arbeitszimmers aufzuteilen.8 2.4. Befreiung des Familienheims in der Erbschaftsteuer Durch die Erbschaftsteuerreform ist seit dem Jahre 2009 der erbfallbedingte Erwerb eines Familienheims von der Erbschaftsteuer befreit. Dies gilt für den überlebenden Ehegatten, eingetragene 4 Deutscher Bundestag, aaO, S. 10 aA 5 BMF, Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung); http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Steuerarten/Einkommenssteuer /2014-09-23-Berechnung-Aufteilung-Grundstueckskaufpreis.html (Abruf: 25.04.2016) 6 H 7.3 EStH und R 7.3 EStR 7 BMF, aaO, Anleitung zu Ziffer 6 8 Verfügung der OFD Hannover vom 4.8.2008, S 2354 – 38 – StO 217 unter Bezug auf das BFH-Urteil vom 18.10.1983, BStBl. II 1984, S. 112 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 053/16 Seite 6 Lebenspartner sowie für Kinder. Die Befreiung soll dazu dienen, den gemeinsamen familiären Lebensraum zu schützen und das Familiengebrauchsvermögen zu erhalten. Während die Befreiung bei Ehegatten oder Lebenspartnern nicht an die Größe der selbstgenutzten Wohnung gebunden ist, wird bei Erbschaften von Kindern der Erwerb nur befreit, soweit die Wohnfläche 200 qm nicht übersteigt (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c) ErbStG). Für die Berechnung der Wohnfläche ist die Wohnflächenverordnung maßgeblich (R B 181.1 ErbStR 2011). Darüber hinaus muss das Familienheim vom Erben unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt werden. 2.5. Bewertung von Grundstücken im Ertragswertverfahren Das Ertragswertverfahren dient der Ermittlung dauerhaft erzielbaren Ertrags von bebauten Grundstücken . Zu diesen Objekten gehören beispielsweise Mietwohngrundstücke. Bei der Bedarfsbewertung sind, sofern bei der Ermittlung der üblichen Miete Mieten bezogen auf den Quadratmeter der Wohnfläche herangezogen werden, die auf den früheren Regelungen der Wohnflächenberechnung beruhen, weiterhin die §§ 43 und 44 II. Berechnungsverordnung anzuwenden . Damit bleibt es bei der Einheitsbewertung weiter bei der Berechnung der Wohnfläche nach der II. Berechnungsverordnung. 2.6. Zweitwohnungsteuer Die Zweitwohnungsteuer ist eine örtliche, von Kommunen erhobene Aufwandsteuer, die das Innehaben einer Zweitwohnung innerhalb der steuererhebenden Gemeinde zum Gegenstand hat. Für die Erhebung ist lediglich relevant, dass neben der eigentlichen Erstwohnung eine zusätzliche Wohnung tatsächlich genutzt werden kann. Rechtsgrundlagen für die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer sind Art. 105 Abs. 2 a Grundgesetz , die Kommunalabgabengesetze der Länder und die Satzungen der betreffenden Gemeinden, so dass eine Vielzahl unterschiedlicher von den Gemeinden erlassener Rechtsnormen besteht. Bemessungsgrundlage der Steuer ist der jährliche Mietaufwand. Dieser lässt sich indes bei Selbstnutzung durch den Eigentümer nicht ermitteln, so dass bei Eigentümern die sonst übliche Miete maßgeblich ist. Für die Ermittlung bestimmt bspw. das Berliner Zweitwohnungsteuergesetz, dass für die Berechnung der ortüblichen Miete die Wohnfläche anzusetzende ist, die sich nach Maßgabe der Wohnflächenverordnung in der jeweils geltenden Fassung ergibt.9 9 Gesetz zur Einführung der Zweitwohnungsteuer im Land Berlin (Berliner Zweitwohnungsteuergesetz – BlnZwStG) vom 19. Dezember 1997 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 053/16 Seite 7 2.7. Steuerrechtliche Anwendung der Wohnflächenverordnung Die steuerrechtliche Anwendung der Wohnflächenverordnung vom 25. November 2003 und der von ihr abgelösten II. Berechnungsverordnung ist in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung allgemein anerkannt. Der Bundesfinanzhof hat in einer Reihe von Urteilen auf diese Vorschriften Bezug genommen. 10 In der Rechtsanwendung durch die Finanzbehörden wird diese Berechnungsmethode gleichfalls angewendet (vgl. Ausführungen unter Ziffer 2.2. und 2.4.). 3. Rechtsvorschriften zur Berechnung der Wohnfläche Für die Berechnung der Wohnfläche ist die Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche (Wohnflächenverordnung - WoFlV) vom 25. November 2003 maßgebend. Die Wohnflächenverordnung ist seit dem 1. Januar 2004 in Kraft und löst die §§ 42-44 der II. Berechnungsverordnung ab. Wurde die Wohnfläche bis zum 31. Dezember 2003 nach den §§ 42-44 der II. Berechnungsverordnung berechnet, bleibt es bei dieser Berechnung, sofern nach dem 31. Dezember 2003 keine baulichen Veränderungen vorgenommen wurden, die eine Neuberechnung der Wohnfläche erforderlich machen (§ 5 WoFlV). Gemäß § 1 Abs. 2 WoFlV sind zur Berechnung der Wohnfläche, die nach § 2 WoFlV zur Wohnfläche gehörenden Grundflächen nach § 3 WoFlV zu ermitteln und nach § 4 WoFlV auf die Wohnfläche anzurechnen. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 WoFlV umfasst die Wohnfläche einer Wohnung die Summe der anzurechnenden Grundflächen der Räume, die ausschließlich zu der Wohnung gehören. Nach der Wohnflächenverordnung sind die Grundflächen von Räumen mit einer lichten Höhe von mindestens zwei Metern vollständig (§ 4 Nr. 1 WoFlV), die Grundflächen von unbeheizbaren Wintergärten , Schwimmbädern und anderen nach allen Seiten geschlossenen Räumen zur Hälfte (§ 4 Nr. 3 WoFlV) und die Grundflächen von Balkonen, Loggien, Dachgärten und Terrassen sind in der Regel zu einem Viertel, höchstens jedoch zur Hälfte (§ 4 Nr. 4 WoFlV) anzurechnen. Nicht zur Wohnfläche gehören die Grundflächen von Zubehörräumen (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 WoFlV), Räume, die nicht den an ihre Nutzung zu stellenden Anforderungen des Bauordnungsrechts der Länder genügen (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 WoFlV) sowie Geschäftsräume (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 WoFlV). Abweichend von der Wohnflächenverordnung, ist im Bewertungsrecht das beruflich genutzte Arbeitszimmer in die Berechnung der Wohnfläche einzubeziehen (vgl. BFH-Urteil vom 9. November 1988 II R 61/87, BStBl II 1989, 135). 10 Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 22.10.1993, BStBl. II 1995, 98 (100); BFH, Urteil vom 21.02.1995, BStBl. II 1995, 381 (382); BFH, Urteil vom 09.09.1997, BStBl. II 1997, 818