© 2020 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 – 051/20 Einzelfrage zu Förderprogrammen des Bundes zugunsten von Gemeinden Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 051/20 Seite 2 Einzelfrage zu Förderprogrammen des Bundes zugunsten von Gemeinden Aktenzeichen: WD 4 - 3000 – 051/20 Abschluss der Arbeit: 18.05.2020 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 051/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Finanzhilfen des Bundes an finanzschwache Kommunen 4 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 051/20 Seite 4 1. Fragestellung Dem Auftrag liegt die Frage zugrunde, ob und ggf. inwieweit die Höhe der Kassenkredite und anderer Schulden der Gemeinden wichtige Kriterien bzw. Voraussetzungen für die Gewährung von Fördermitteln des Bundes an Kommunen bilden. 2. Finanzhilfen des Bundes an finanzschwache Kommunen Nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes tragen die Länder die Finanzverantwortung für ihre Kommunen. Dieser Grundsatz schließt aus, dass der Bund direkte Finanzbeziehungen zu den Kommunen unterhalten oder Förderprogramme nach eigenem Ermessen an Kriterien der kommunalen Finanzschwäche – die Höhe der Kassenkredite, Verschuldungsstand etc. – ausgestalten darf.1 Ausnahmen hiervon bedürfen einer verfassungsrechtlichen Erlaubnis, die allerdings der Finanzautonomie der Länder Rechnung tragen muss. Derartige grundgesetzliche Erlaubnistatbestände bestehen im Bereich der Bundesfinanzhilfen nach Art. 104 b und 104 c GG.2 Beide Vorschriften regeln in Verbindung mit dem Kommunalinvestitionsförderungsgesetz (KInvFG)3 die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes unter der Beschränkung auf finanzschwache Kommunen4 in den Bereichen der Investitionsförderung (Stärkung der Investitionstätigkeit der Kommunen) bzw. im Bildungsbereich (Verbesserung der Schulinfrastruktur). Die Programme haben ein Fördervolumen von jeweils 3,5 Mrd. Euro. Die vorstehend genannten grundgesetzlichen Regelungen werden durch das Kommunalinvestitionsförderungsgesetz und die Verwaltungsvereinbarungen5 zur Durchführung des Kommunalinvestitionsförderungsgesetzes konkretisiert. Im Einklang mit dem Grundsatz der Finanzverantwortung der Länder für ihre Gemeinden obliegt den Ländern gemäß §§ 6 Abs. 3 und 11 Abs. 2 KInvFG die Auswahl der finanzschwachen Gemeinden. Die Auswahlkriterien hierfür werden im Bereich der Investitionsförderung (Art. 104 b GG) gemäß § 6 Abs. 3 KInvFG von den Ländern allein und im Bereich der Förderung der Schulinfrastruktur (Art. 104 c GG) gemäß § 11 Abs. 2 1 Siekmann, in: Sachs, Grundgesetz, 8. Auflage 2018, Art. 104 c Rn 7. 2 Eingeführt mit Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 13.7. 2017, BGBl. I S. 2347. 3 Vom 24.6.2015, BGBl. I S. 974, zuletzt geändert durch Art. 2 b des Gesetzes vom 15.4.2020, BGBl. I S. 811. 4 Die Beschränkung auf finanzschwache Kommunen in Art. 104 c GG wurde aufgehoben durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.3.2019, BGBl. I S. 404. 5 Verwaltungsvereinbarung zur Durchführung des Gesetzes zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen vom 20.8.2015, https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Oeffentliche _Finanzen/Foederale_Finanzbeziehungen/Kommunalfinanzen/Kommunalinvestitionsfoerderungsfonds /Verwaltungsvereinbarung.pdf;jsessionid=BD142F78BD0219A253A7C3FC6B4C8F0A.delivery2-replication ?__blob=publicationFile&v=3; Verwaltungsvereinbarung zur Durchführung von Kapitel 2 des Kommunalinvestitionsförderungsgesetzes – Finanzhilfen zur Verbesserung der Schulinfrastruktur finanzschwacher Kommunen nach Art. 104 c GG vom 20.10.2017, https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel /Themen/Oeffentliche_Finanzen/Foederale_Finanzbeziehungen/Kommunalfinanzen/Kommunalinvestitionsfoerderungsfonds /VV_KInvFGII.pdf?__blob=publicationFile&v=3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 051/20 Seite 5 KInvFG im Einvernehmen mit dem Bund festgelegt. Nach § 4 Abs. 2 der Verwaltungsvereinbarung zur Durchführung der Finanzhilfen im Bildungsbereich gelten die folgenden Kriterien als sachgerecht im Hinblick auf die die Finanzschwäche von Gemeinden: - Die Teilnahme an einem landesrechtlichen Hilfs- oder Haushaltssicherungsprogramm, - der Empfang von Schlüsselzuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich, - eine hohe Verschuldung (insbesondere Höhe der Kassenkreditbestände) sowie - sonstige Einnahme- oder Ausgabeseitige Kriterien (z. B. geringe Steuer-, Finanz- oder Umlagekraft , Arbeitslosenquoten, Höhe der Sozialausgaben). Die Auswahl des Kriteriums oder der Kriterien obliegt den Ländern.6 Der Freistaat Thüringen wendet gemäß § 4 a Abs. 1 des Thüringer Gesetzes zur Sicherung der kommunalen Haushalte7 den Empfang von Schlüsselzuweisungen als Kriterium der Finanzschwäche der Gemeinden im Bereich der Finanzhilfen nach dem Kommunalinvestitionsförderungsgesetz an.8 *** 6 Vgl. § 4 Abs. 2 der Vereinbarungen zur Durchführung des Kommunalinvestitionsförderungsgesetzes. 7 Vom 27.2.2014, GVBl. S. 45, zuletzt geändert durch Gesetz vom 11.3.2020, GVBl. S. 109. 8 Im Land Baden-Württemberg stellen wiederum die unterdurchschnittliche Steuerkraft und/oder überdurchschnittliche Arbeitslosenzahl die Auswahlkriterien dar. Vgl. VwV-KInvFG, https://fm.baden-wuerttemberg .de/fileadmin/redaktion/m-fm/intern/Dateien_Downloads/Haushalt_Finanzen/Verwaltungsvereinbarung _zur_Durchfuehrung_des_KInvFG.pdf.