© 2020 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 050/20 Verzinsung von Einlagen der Kreditinstitute beim Eurosystem Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 050/20 Seite 2 Verzinsung von Einlagen der Kreditinstitute beim Eurosystem Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 050/20 Abschluss der Arbeit: 15. Mai 2020 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 050/20 Seite 3 1. Fragestellung Wer erhält beziehungsweise zu welchem Zweck wird das Geld eingesetzt, welches von deutschen Finanzinstituten aufgrund von Negativzinsen an die Europäische Zentralbank gezahlt wird beziehungsweise bereits gezahlt wurde? 2. Verzinsung von Einlagen der Kreditinstitute beim Eurosystem Mit Wirkung vom 11. Juni 2014 beschloss der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB-Rat), zum ersten Mal einen negativen Leitzins in Höhe von -0,10 Prozent für die Einlagefazilität1 festzusetzen . Dieser Negativzinssatz fand auch Anwendung auf die durchschnittlichen Reserveguthaben der Kreditinstitute, die über das Mindestreserve-Soll hinausgehen sowie auf deren sonstige Einlagen beim Eurosystem.2 Nach mehreren Änderungen setzte der EZB-Rat am 12. September 2019 den aktuell gültigen Leitzins für die Einlagefazilität auf -0,50 Prozent fest.3 Allerdings befreite der EZB-Rat in seiner Sitzung am 12. September 2019 einen Teil der über das Mindestreserve-Soll hinausgehenden Reserveguthaben der Kreditinstitute von der negativen Verzinsung , um die Kreditinstitute zu entlasten. Das neue zweistufige System gilt für die Überschussliquidität , die die Kreditinstitute auf Girokonten beim Eurosystem halten (Überschussreserve ) und ausdrücklich nicht für die im Rahmen der Einlagefazilität gehaltenen Liquiditätsbestände . Der Teil der Überschussreserve, der vom Einlagesatz ausgenommen wird, errechnet sich aus der Multiplikation des Mindestreserve-Solls des betreffenden Kreditinstituts mit einem Multiplikator . Für alle Institute gilt derselbe Multiplikator4, seit 30. Oktober 2019 lautet er 6. Auf den Teil der Überschussreserve, der vom Einlagesatz ausgenommen wird, ist aktuell der Zinssatz von 1 Die Einlagefazilität ist ein geldpolitisches Instrument des Eurosystems, das den Banken ständig die Möglichkeit bietet, Geld bis zum nächsten Geschäftstag zu einem vorgegebenen Zinssatz bei den nationalen Zentralbanken anzulegen, vgl. Deutsche Bundesbank: Glossar, unter: https://www.bundesbank.de/action/de/723820/bbksearch ?firstLetter=E, abgerufen am 12. Mai 2020. 2 Beschluss der Europäischen Zentralbank vom 5. Juni 2014 über die Verzinsung von Einlagen, Guthaben und Überschussreserven (EZB/2014/23), Amtsblatt der Europäischen Union L 168/115. Europäische Zentralbank: EZB führt Negativzinssatz für die Einlagefazilität ein, Pressemitteilung vom 5. Juni 2014, unter: https://www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2014/html/pr140605_3.de.html, abgerufen am 11. Mai 2020. Das Eurosystem besteht aus der EZB und den nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, die den Euro eingeführt haben. 3 Europäische Zentralbank: Geldpolitische Beschlüsse, Pressemitteilung vom 12. September 2019, unter: https://www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2019/html/ecb.mp190912~08de50b4d2.de.html, abgerufen am 11. Mai 2020. Deutsche Bundesbank: EZB Zinssätze, unter: https://www.bundesbank.de/de/statistiken/geldund -kapitalmaerkte/zinssaetze-und-renditen/ezb-zinssaetze-607806, abgerufen am 11. Mai 2020. 4 Beschluss (EU) 2019/1743 der Europäischen Zentralbank vom 15. Oktober 2019 über die Verzinsung von Überschussreserven und bestimmten Einlagen (Neufassung) (EZB/2019/31), Amtsblatt der Europäischen Union L 267/12. Europäische Zentralbank: EZB führt zweistufiges System für die Verzinsung von gehaltener Überschussliquidität ein, Pressemitteilung vom 12. September 2019, unter: https://www.bundesbank.de/resource /blob/806808/b79e860e70cfc2ec83af178ba5140ab5/mL/2019-09-12-zweistufiges-system-verzinsungdownload .pdf, abgerufen am 12. Mai 2020. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 050/20 Seite 4 0,00 Prozent anzuwenden, auf die darüberhinausgehende Überschussreserve aktuell der Zinssatz von -0,50 Prozent.5 Die Negativzinsen, die von den deutschen Kreditinstituten für die bei der Deutschen Bundesbank gehaltenen Einlagen zu zahlen sind, werden als Ertragsposten in der Gewinn- und Verlustrechnung der Deutschen Bundesbank verbucht.6 Geldpolitische Standardgeschäfte des Eurosystems zur Erfüllung seiner währungspolitischen Aufgaben, wie zum Beispiel die Einlagefazilität, werden dezentral von den nationalen Zentralbanken des Eurosystems durchgeführt. Dementsprechend erfolgen ihr Ausweis und damit verbundene Zinsen nicht im Jahresabschluss der EZB.7 Einkünfte, die den nationalen Zentralbanken aus der Erfüllung der währungspolitischen Aufgaben zufließen, werden gemäß Artikel 32.1 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (ESZB-Satzung) als monetäre Einkünfte definiert. Gemäß Artikel 32.5 der ESZB-Satzung wird die Summe der monetären Einkünfte der nationalen Zentralbanken unter diesen entsprechend ihren eingezahlten Anteilen am Kapital der EZB verteilt.8 Diese Angleichungen erfolgt über den Posten „Nettoergebnis aus Monetären Einkünften“ in der Gewinn- und Verlustrechnung der nationalen Zentralbanken.9 Die Verteilung des Reingewinns (der Überschuss der Erträge über die Aufwendungen) der Deutschen Bundesbank ist in § 27 Gesetz über die Deutsche Bundesbank festgelegt. Danach sind zunächst 20 Prozent des Gewinns, jedoch mindestens 250 Mio. Euro, einer gesetzlichen Rücklage zu ihrer Auffüllung zuzuführen, soweit diese den Betrag von 2,5 Mrd. Euro unterschreitet. Die gesetzliche Rücklage darf nur zum Ausgleich von Wertminderungen und zur Deckung anderer Verluste verwendet werden. Der Restbetrag ist an den Bund abzuführen. * * * 5 Deutsche Bundesbank: Zweistufiges System für die Verzinsung von Überschussreserven, unter: https://www.bundesbank.de/de/aufgaben/geldpolitik/ueberschussreserven, abgerufen am 12. Mai 2020. 6 Deutsche Bundesbank: Geschäftsbericht 2019, Seiten 60 und 66f., unter: https://www.bundesbank.de/resource /blob/826444/2c3907ce358f4eba94627e06f458dbba/mL/2019-geschaeftsbericht-data.pdf, abgerufen am 11. Mai 2020. 7 Europäische Zentralbank: Jahresbericht 2019, Tabelle 1: Die wichtigsten Aktivitäten der EZB und ihre Auswirkungen auf den Jahresabschluss, unter: https://www.ecb.europa.eu/pub/annual/annual-accounts/html/ecb.annualaccounts 2019~9eecd4e8df.de.html#toc3, abgerufen am 11. Mai 2020. 8 Beschluss (EU) 2016/2248 der Europäischen Zentralbank vom 3. November 2016 über die Verteilung der monetären Einkünfte der nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (EZB/2016/36) (Neufassung), Amtsblatt der Europäischen Union L 347/26, gestützt auf gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und auf die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank, insbesondere auf Artikel 32. 9 Für die Deutsche Bundesbank vgl.: Geschäftsbericht 2019, Seite 69f.