© 2018 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 – 050/18 Fragen zum Crowdfunding Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 050/18 Seite 2 Fragen zum Crowdfunding Aktenzeichen: WD 4 - 3000 – 050/18 Abschluss der Arbeit: 10. April 2018 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 050/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkung 4 2. Definitionen 4 3. Marktdaten 5 3.1. Deutschland 5 3.1.1. Crowdinvesting und Crowdlending 5 3.1.2. Spenden- und gegenleistungsbasiertes Crowdfunding 9 3.2. International 10 4. Regulierung in Deutschland 12 4.1. Erlaubnispflicht 12 4.1.1. Crowdlending 12 4.1.2. Crowdinvesting 12 4.2. Prospektpflicht 13 4.3. Steuerliche Behandlung des Crowdfunding 15 5. Regulierung der Europäischen Kommission 16 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 050/18 Seite 4 1. Vorbemerkung Der Auftraggeber wünscht umfangreiche Informationen zum Thema Crowdfunding, insbesondere aus finanzpolitischer Sicht. Thematisiert werden sollen u. a. die verschiedenen Arten des Crowdfunding , Zahlen und Daten sowie die Regulierung in Deutschland und Europa. Im Folgenden wurden Informationen zum Thema Crowdfunding aus verschiedenen Quellen zusammengestellt . Als Quellen wurden öffentliche Institutionen, Interessenverbände und wissenschaftliche Studien verwendet. In den zitierten Publikationen und den darin verwendeten Quellen finden sich weitere Informationen. 2. Definitionen Crowdfunding-Plattformen sind sehr vielfältig ausgestaltet.1 In der Praxis unterscheidet man heute im Wesentlichen vier Modelle2: das spendenbasierte und das gegenleistungsbasierte Crowdfunding , die auch als Crowdsponsoring bezeichnet werden, sowie das kreditbasierte Crowdfunding (Crowdlending) und das Crowdinvesting, bei denen der Geldgeber auf eine finanzielle Rendite spekuliert. Crowdfunding-Plattformen und -Projekte lassen sich dabei nicht immer eindeutig einem Modell zuordnen. – Spendenbasiertes Crowdfunding: Das Publikum spendet in einem bestimmten Zeitraum für ein konkretes Projekt Geld, ohne hierfür eine Gegenleistung zu erhalten. – Gegenleistungsbasiertes Crowdfunding: Die Geldgeber erhalten eine symbolische, nicht-monetäre Gegenleistung, wie beispielsweise die Nennung ihres Namens im Abspann eines mitfinanzierten Films oder persönliche Gegenstände des Künstlers, dessen Werk mitfinanziert wurde. – Kreditbasiertes Crowdfunding (Crowdlending): Die Geldgeber erhalten das Versprechen, dass ihnen der Betrag mit oder ohne Zinsen zurückgezahlt wird. – Crowdinvesting: Der Geldgeber erhält eine Beteiligung an zukünftigen Gewinnen des finanzierten Projekts oder, wenn das Investment mit Wertpapieranlagen verbunden ist, Anteile oder Schuldinstrumente. Aufsichtsrechtlich liegt das Augenmerk auf dem Crowdlending und dem Crowdinvesting. 1 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Crowdfunding: Aufsichtsrechtliche Pflichten und Verantwortung des Anlegers, abgerufen am 4. April 2018 unter: https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen /DE/Fachartikel/2014/fa_bj_1406_crowdfunding.html 2 Zu den vier Modellen siehe auch das Crowdfunding Informationsportal crowdfunding.de, Was ist Crowdfunding ? Definition & Erklärung, abgerufen am 4. April 2018 unter: https://www.crowdfunding.de/was-ist-crowdfunding / Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 050/18 Seite 5 3. Marktdaten 3.1. Deutschland 3.1.1. Crowdinvesting und Crowdlending Tabelle 1: Gesamtmarkt Deutschland3 Abbildung 1:4 3 crowdfunding.de, Crowdinvest Marktreport 2017 Deutschland, 13.03.2018, S. 5, abgerufen am 4. April 2018 unter : https://www.crowdfunding.de/wp-content/uploads/2018/03/Crowdinvest-Marktreport-2017-Deutschlandcrowdfunding .de-.pdf 4 Ebenda, S. 4. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 050/18 Seite 6 Tabelle 2: Immobilien Plattformen5 Abbildung 2:6 5 Ebenda, S. 7. 6 Ebenda, S. 9. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 050/18 Seite 7 Tabelle 3: Energie Plattformen7 Abbildung 3:8 7 Ebenda, S. 17. 8 Ebenda, S. 20. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 050/18 Seite 8 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 050/18 Seite 9 3.1.2. Spenden- und gegenleistungsbasiertes Crowdfunding Abbildung 4: Erfolgreich eingesammeltes Kapital in den Teilsegmenten spenden- und gegenleistungsbasiertes Crowdfunding in EUR9 Abbildung 5: Anzahl erfolgreich finanzierter Projekte in den Teilsegmenten spenden- und gegenleistungsbasiertes Crowdfunding10 9 Dorfleitner, Gregor; Hornuf, Lars, FinTechMarkt in Deutschland, Studie im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen, 17. Oktober 2016, S. 22, abgerufen am 4. April 2018 unter: http://www.bundesfinanzministerium .de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Internationales_Finanzmarkt/2016-11-21-Gutachten-Langfassung .pdf?__blob=publicationFile&v=1 10 Ebenda, S. 24. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 050/18 Seite 10 3.2. International Abbildung 6: European Alternative Finance Market Volumes 2013-2016 in EUR billion11 Abbildung 7: European Alternative Finance Market by category Volumes and average growth rates 2013 - 2016 in EUR million12 11 Commission Staff Working Document Impact Assessment Accompanying the document “Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on European Crowdfunding Service Providers (ECSP) for Business and “Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council amending Directive 2014/65/EU on markets in financial instruments, SWD(2018) 56 final, S. 17, abgerufen am 4. April 2018 unter: http://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/10102/2018/EN/SWD-2018-56-F1-EN-MAIN-PART-1.PDF 12 Ebenda, S. 18. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 050/18 Seite 11 Abbildung 8: World Online Alternative Finance Volumes 2013-2016, by regions (bn EUR)13 13 Ebenda, S.18f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 050/18 Seite 12 4. Regulierung in Deutschland 4.1. Erlaubnispflicht Bei Crowdlending- oder Crowdinvesting-Finanzierungen prüft die BaFin anhand der jeweiligen Vertragsvereinbarungen, ob eine Erlaubnispflicht besteht.14 4.1.1. Crowdlending Grundsätzlich ist für die reine Vermittlung von Krediten keine Erlaubnis nach dem KWG erforderlich , allerdings gegebenenfalls nach § 34c der Gewerbeordnung (GewO). Demnach beaufsichtigt die BaFin Kreditvermittlungsplattformen im Regelfall nicht. Je nach vertraglicher Ausgestaltung können jedoch bankaufsichtsrechtliche Erlaubnispflichten sowohl für die Nutzer als auch für den Betreiber der Plattform bestehen.15 Beachten sie diese nicht, kann die BaFin sowohl gegen die Betreiber und Nutzer als auch gegen die Kreditvermittlungsplattform als eingebundenes Unternehmen Maßnahmen nach § 44c und § 37 KWG ergreifen. Dazu gehören Auskunfts- und Verlegungsersuchen , Prüfungen und Durchsuchungen sowie, wenn erlaubnispflichtige Geschäfte ohne Erlaubnis betrieben werden, die Einstellung und Abwicklung der Geschäfte. Geldgeber für Crowdlending-Projekte, die dieses Geschäft gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, betreiben das erlaubnispflichtige Kreditgeschäft im Sinne von § 1 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 KWG, da sie ein Gelddarlehen gewähren, oder erbringen mit dem Ankauf von Kreditforderungen auf der Grundlage eines Rahmenvertrags das erlaubnispflichtige Factoring im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nr. 9 KWG. Kreditnehmer, die über die Plattform, gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Gelder aufnehmen, betreiben mit der Annahme des Darlehenskapitals möglicherweise ebenfalls ein Bankgeschäft, nämlich das erlaubnispflichtige Einlagengeschäft im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 KWG, da sie fremde oder andere unbedingt rückzahlbare Gelder des Publikums annehmen. 4.1.2. Crowdinvesting Je nach Ausgestaltung der Crowdfunding-Plattform können auch für das Crowdinvesting bankaufsichtsrechtliche Erlaubnispflichten bestehen. Unter Umständen erbringt der Plattformbetreiber erlaubnispflichtige Finanzdienstleistungen wie die Anlagevermittlung im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nr. 1 KWG, die Abschlussvermittlung im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nr. 2 KWG oder das Platzierungsgeschäft im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nr. 1c KWG. Dies setzt jedoch voraus, dass es sich bei den Unternehmensbeteiligungen, die über die Plattform angeboten wer- 14 Vgl. zum Folgenden: Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Crowdfunding: Aufsichtsrechtliche Pflichten und Verantwortung des Anlegers, abgerufen am 4. April 2018 unter: https://www.bafin.de/Shared- Docs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2014/fa_bj_1406_crowdfunding.html 15 Vgl. auch Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Crowdlending, abgerufen am 4. April 2018 unter: https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/FinTech/Crowdfunding/Crowdlending/crowdlending_node.html Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 050/18 Seite 13 den, um Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Absatz 11 KWG handelt. Auch wenn der Plattformbetreiber einen der genannten Erlaubnistatbestände erfüllt, unterliegt er nach § 2 Absatz 6 KWG nicht der Erlaubnispflicht nach dem KWG, wenn er ausschließlich die Anlage- oder Abschlussvermittlung erbringt und sich kein Eigentum oder Besitz an den Geldern verschafft oder wenn er das Platzierungsgeschäft ausschließlich für Anbieter oder Emittenten erbringt. Das ist bei den Beteiligungen , die derzeit angeboten werden, meist der Fall. Allerdings besteht für Finanzanlagenvermittler gegebenenfalls eine Erlaubnispflicht nach § 34f GewO. Auch können Erlaubnispflichten nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) bestehen, wenn der Betreiber der Crowdfunding-Plattform Gelder von Anlegern entgegennimmt und an die Anbieter der Unternehmensbeteiligung weiterleitet und so das Finanztransfergeschäft erbringt. Auch das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) sieht Pflichten vor, die gegebenenfalls zu beachten sind. Anbieter oder Emittenten der Beteiligung müssen zudem die Prospektpflicht berücksichtigen. 4.2. Prospektpflicht Nachdem Anleger am sogenannten Grauen Kapitalmarkt durch einige prominente Fälle (z. B. PROKON im Jahr 2014) erhebliche Verluste erlitten hatten, wurde mit dem Kleinanlegerschutzgesetz , das im Juli 2015 in Kraft trat, der Anlegerschutz am Grauen Kapitalmarkt verbessert. Mit der stärkeren Regulierung des Grauen Kapitalmarkts sollten Crowdinvesting-Plattformen nicht übermäßig belastetet werden. Aus diesem Grund sah das Kleinanlegerschutzgesetz auch entsprechende Befreiungsvorschriften im Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) für Finanzierungen über diese Plattformen vor.16 Damit die Ausnahme von der Prospektpflicht bei Crowdinvesting (Schwarmfinanzierungen) greift, mussten nach § 2a VermAnlG mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. „So muss es sich bei den Vermögensanlagen um partiarische oder Nachrangdarlehen (§ 1 Absatz 2 Nr. 3 und 4 VermAnlG) oder um sonstige, wirtschaftlich vergleichbare Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nr. 7 VermAnlG handeln. Auch darf der Verkaufspreis sämtlicher von einem Anbieter angebotenen Vermögensanlagen desselben Emittenten 2,5 Millionen Euro nicht übersteigen. Anbieter von Schwarmfinanzierungen, die von der Prospektpflicht befreit sind, müssen bei der BaFin ein ordnungsgemäß erstelltes Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) hinterlegen. Sie können dazu auch einen Dritten bevollmächtigen, etwa eine Anwaltskanzlei oder den Plattform- 16 Bundesministerium der Finanzen, Evaluierung der Befreiungsvorschriften im Vermögensanlagengesetz, Monatsbericht Mai 2017, abgerufen am 4. April 2018 unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Monatsberichte /2017/05/Inhalte/Kapitel-3-Analysen/3-4-Evaluierung-Befreiungsvorschriften-Vermoegensanlagengesetz .html Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 050/18 Seite 14 betreiber. Seit Inkrafttreten des § 2a VermAnlG wurden weit über 300 VIBs für Schwarmfinanzierungs -Angebote bei der BaFin hinterlegt. Dabei traten mehr als 40 verschiedene Plattformen als Vermittler in Erscheinung. § 13 VermAnlG regelt, welche Mindestangaben das Vermögensanlagen-Informationsblatt enthalten muss. Dazu zählen zum Beispiel Laufzeiten und Kündigungsfristen der Vermögensanlage und der Verschuldungsgrad des Emittenten.“ 17 Die Bundesregierung hat im Auftrag des Bundestag-Finanzausschusses die Befreiungsvorschriften im Laufe des Jahres 2016 evaluiert und dem Finanzausschuss hierzu im Februar 2017 einen ausführlichen Bericht18 übermittelt. Der Evaluierungsbericht war im April 2017 Gegenstand einer Anhörung im Rahmen des Gesetzes zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie.19 Durch das am 21.07.2017 verkündete Gesetz zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie ergaben sich mit Wirkung zum 21.08.2017 Änderungen im VermAnlG, die insbesondere auch das Crowdinvesting betreffen. „Ziel dieser Neuerungen ist eine verbesserte Transparenz durch das VIB sowie eine Verhinderung von Missbrauchsmöglichkeiten. Die §§ 13, 13a VermAnlG-Neu enthalten neue Vorgaben für die Erstellung und Veröffentlichung eines VIB. § 13 Abs. 3 bis 7 VermAnlG-Neu sieht neue Mindestangaben sowie eine zwingend festgelegte Reihenfolge im Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) vor. Hierdurch soll die Vergleichbarkeit verschiedener Produkte untereinander verbessert werden. Des Weiteren wird mit § 13 Abs. 2 VermAnlG-Neu ein Gestattungsverfahren durch die BaFin eingeführt , welches vor Veröffentlichung eines VIB zu durchlaufen ist. Gemäß § 13a VermAnlG-Neu muss das VIB mindestens einen Werktag vor dem öffentlichen Angebot auf der Internetseite des Anbieters veröffentlicht werden und auf der Internetseite der Plattform ohne Zugriffsbeschränkungen für jedermann zugänglich sein. Durch diese Änderung ist zum Abruf des VIB eine Registrierung bei der Plattform unter Angabe zahlreicher persönlicher Daten nicht mehr notwendig. 17 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Vermögensanlagen: Erfahrungen mit dem Kleinanlegerschutzgesetz , 15.03.2017, abgerufen am 4. April 2018 unter: https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen /DE/Fachartikel/2017/fa_bj_1703_Vermoegensanlagen.html 18 Studie zum Kleinanlegerschutzgesetz, abgerufen am 4. April 2018 unter: https://www.bundesfinanzministerium .de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Internationales_Finanzmarkt/Finanzmarktpolitik/2017-02-16- Studie.html 19 Öffentliche Anhörung zu dem "Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie" (Drs. 18/11495) sowie zum "Bericht der Bundesregierung über die Evaluierung der durch das Kleinanlegerschutzgesetz vom 3. Juli 2015 eingeführten Befreiungsvorschriften in §§ 2a bis 2c des Vermögensanlagengesetzes ", Protokoll und Stellungnahmen, abgerufen am 4. April 2018 unter: http://www.bundestag.de/ausschuesse /ausschuesse18/a07/anhoerungen/112-/501858 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 050/18 Seite 15 Nach § 2a Abs. 5 VermAnlG-Neu sind Vermögensanlagen nicht mehr zum öffentlichen Angebot zugelassen, wenn ihr Emittent auf die Crowdinvesting-Plattform maßgeblichen Einfluss ausüben kann. Hierdurch soll verhindert werden, dass die Internetplattform vom Emittenten nur deshalb gegründet wird, um von dem Ausnahmetatbestand des § 2a VermAnlG zu profitieren. In solch einer Konstellation besteht die Gefahr, dass die Plattform nicht mehr ihrer Intermediärsfunktion nachkommt – Projekte also nicht mehr nach objektiven Kriterien ausgewählt werden – sondern vom Emittenten in erster Linie als Vertriebsinstrument genutzt wird. Verstöße führen zu einer Untersagung durch die BaFin und können ein Bußgeld zur Folge haben. Bis Anfang 2019 sollen die Befreiungstatbestände des Vermögensanlagengesetzes erneut evaluiert werden. In diesem Zusammenhang soll insbesondere überprüft werden, ob das Immobilien- Crowdinvesting aus dem Befreiungstatbestand des § 2a VermAnlG herauszunehmen ist.“20 4.3. Steuerliche Behandlung des Crowdfunding Bei der steuerlichen Behandlung des Crowdfunding sind die konkrete Ausgestaltung in Bezug auf Leistung und Gegenleistung und die Stellung der Beteiligten von entscheidender Bedeutung. Nachstehend werden beispielhaft mögliche Konstellationen und deren steuerlichen Konsequenzen aufgezeigt. Handelt es sich bei dem Empfänger der Einnahmen aus Crowdfunding um einen Unternehmer oder ein Unternehmen,21 gilt Folgendes: – Einkommen- und körperschaftsteuerrechtlich sind Einnahmen aus Crowdfunding, die im Zusammenhang mit einer betrieblichen Tätigkeit anfallen, grundsätzlich Betriebseinnahmen und erhöhen den Gewinn. – Handelt es sich um ein zurückzuzahlendes Darlehen, ist der Vermögenszufluss erfolgsneutral , die Rückzahlung ist somit auch keine Betriebsausgabe. – Zu einer Schenkungsteuerpflicht kommt es bei einer Zuwendung, soweit der Empfänger durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Bei der Ausgestaltung des Crowdfunding ist in diesem Fall das Bestehen einer Gegenleistung entscheidend. – Auch bei der Umsatzsteuer spielt die Gegenleistung die entscheidende Rolle: Ohne entsprechende Gegenleistung findet kein für die Umsatzbesteuerung maßgeblicher Leistungsaustausch statt. Erbringt der Unternehmer hingegen eine Gegenleistung im umsatzsteuerlichen Sinne, kann Umsatzsteuer fällig werden.22 20 Marktwächter Finanzen, Crowdinvesting. Analyse der Vertragsbedingungen und des Vermögensanlagen-Informationsblatts . Eine Untersuchung der Verbraucherzentralen – Dezember 2017, S. 28, abgerufen am 4. April 2018 unter: https://ssl.marktwaechter.de/sites/default/files/downloads/untersuchung-crowdinvesting-2017.pdf 21 Es handelt sich also nicht um eine gemeinnützige Körperschaft, zum Beispiel einen Verein. 22 Schriftliche Frage der Abg. Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister der Finanzen vom 29. Dezember 2017, Bundestags-Drucksache 19/370, S. 24. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 050/18 Seite 16 Auf der Seite des Zuwendenden kommt eine Prüfung in Betracht, ob die Zuwendung als Spende nach § 10b Einkommensteuergesetz (EStG) steuerlich geltend gemacht werden kann: – Ein Spendenabzug ist beim klassischen Crowdfunding nicht möglich, weil der Zuwendungsempfänger nicht steuerbegünstigt, also ein Unternehmer (siehe oben) ist, oder weil der Zuwendende für seine Leistung eine Gegenleistung erhält. – Handelt es sich beim Crowdfunding um eine anlassbezogene Spendensammlung, ist für einen Abzug unter anderem entscheidend, dass sich beim Empfänger eine Steuerbegünstigung zum Beispiel wegen Gemeinnützigkeit feststellen lässt und der Empfänger damit berechtigt ist, Spendenbescheinigungen auszustellen. Dabei sind zum Beispiel folgende Fälle denkbar: – Ein Crowdfunding-Portal fungiert als Treuhänder und leitet die Spenden an einen steuerbegünstigten Projektveranstalter weiter, – ein Crowdfunding-Portal ist selber eine sogenannte steuerbegünstigte Förderkörperschaft und leitet die Mittel weiter oder – ein Crowdfunding-Portal ist selbst steuerbegünstigter Projektveranstalter. – Beim Crowdinvesting oder beim Crowdlending schichten die Projektunterstützer ihr Vermögen um, es kommt also nicht zu einer endgültigen wirtschaftlichen Belastung. Damit ist ein Spendenabzug nach § 10b EStG ausgeschlossen.23 5. Regulierung der Europäischen Kommission Die Europäische Kommission hat am 8.3.2018 einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Europäische Crowdfunding-Dienstleister für Unternehmen (COM/2018/0113 final)24vorgelegt.25 Zu dem Vorschlag führt die Kommission aus:26 23 Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen: Spendenrechtliche Beurteilung von „Crowdfunding“ (§ 10b EStG) vom 15. Dezember 2017, abgerufen am 4. April 2018 unter: http://www.bundesfinanzministerium .de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Einkommensteuer/2017-12-15-Spendenrecht- Crowdfunding.html 24 http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=COM:2018:113:FIN 25 Weitere Hintergrundinformationen finden sich in der Folgenabschätzung der Kommission zu diesem Vorschlag: Commission Staff Working Document Impact Assessment Accompanying the document “Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on European Crowdfunding Service Providers (ECSP) for Business and “Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council amending Directive 2014/65/EU on markets in financial instruments, SWD(2018) 56 final, abgerufen am 4. April 2018 unter: http://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/10102/2018/EN/SWD-2018-56-F1-EN-MAIN-PART-1.PDF 26 Europäische Kommission – Factsheet, Häufig gestellte Fragen: Vorschlag für eine Verordnung über Europäische Crowdfunding-Dienstleister für Unternehmen, 8. März 2018, abgerufen am 4. April 2018 unter: http://europa .eu/rapid/press-release_MEMO-18-1423_de.htm Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 050/18 Seite 17 Crowdfunding erfolgt derzeit zumeist auf der Grundlage nationaler Rechtsvorschriften mit dem Ergebnis, dass die Plattformen je nachdem, in welchem Land sie tätig sind, unterschiedlichen Regelungen unterliegen. Dies macht es für die Plattformen besonders schwierig, ihre Dienstleistungen grenzübergreifend anzubieten. Mit dem Vorschlag der Kommission wird eine fakultative EU-Regelung eingeführt, die es Crowdfunding -Plattformen ermöglicht, ihre Dienste problemlos im gesamten EU-Binnenmarkt anzubieten . Für eine Tätigkeit dieser Plattformen in ihrem Heimatmarkt und in anderen EU-Mitgliedstaaten sollen damit künftig einheitliche Vorschriften gelten. Investoren bietet der Vorschlag Rechtssicherheit hinsichtlich des Investorenschutzes. Der Vorschlag biete folgende Vorteile: Schaffung einer zentralen Anlaufstelle für den Zugang zum EU-Markt und somit Unterstützung von Crowdfunding-Plattformen bei der Überwindung von Hindernissen bei der grenzübergreifenden Tätigkeit; Festlegung maßgeschneiderter Regeln für europäische Crowdfunding-Dienstleister, die sowohl investitionsbasierte als auch kreditbasierte Geschäftsmodelle abdecken; Schaffung von mehr Möglichkeiten für europäische Investoren bei gleichzeitiger Gewährleistung eines hohen Maßes an Investorenschutz im Zusammenhang mit Crowdfunding-Dienstleistungen; Festlegung der Anforderungen, die Crowdfunding-Dienstleister erfüllen müssen, um die Zulassung zu erhalten, und Benennung einer zentralen Anlaufstelle für die Zulassung und Beaufsichtigung durch eine einzige Behörde, die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA). Der Kommissionsvorschlag bezieht sich auf diejenigen Crowdfunding-Dienstleistungen, die eine finanzielle Rendite für die Investoren mit sich bringen. Dabei handelt es sich entweder um investitionsbasiertes Crowdfunding, bei dem das Unternehmen, das Finanzmittel beschafft, Wertpapiere (Aktien und Anleihen) emittiert, oder um kreditbasiertes Crowdfunding, bei dem es zum Abschluss eines Kreditvertrags kommt. Vergütungs- und spendenbasiertes Crowdfunding fallen nicht in den Geltungsbereich des Vorschlags , da sie nicht als Finanzdienstleistungen betrachtet werden können. Der Vorschlag der Kommission sieht mehrere Mechanismen zum Schutz der Investoren vor: Die Investoren werden über die mit Crowdfunding verbundenen Risiken informiert und vor der Unzulänglichkeit dieser Instrumente als Sparprodukte gewarnt. Zu diesem Zweck müssen Crowdfunding -Webseiten eine Reihe entsprechender Haftungsausschlüsse und Empfehlungen anzeigen . Bevor die Investoren investieren können, müssen sie eine Kenntnisprüfung durchlaufen, um festzustellen , inwieweit sie mit Finanzprodukten vertraut sind. Sie werden auch die Möglichkeit haben , ihre Fähigkeit zur Übernahme finanzieller Verluste zu beurteilen. Sollte das resultierende Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 050/18 Seite 18 Investorenprofil auf eine übermäßige Anfälligkeit hindeuten, so würde der Investor deutlich gewarnt und darauf hingewiesen werden, dass die angebotene Dienstleistung für ihn ungeeignet ist. Crowdfunding-Dienstleister und Projektträger werden verpflichtet sein, zu jedem Crowdfunding- Angebot umfassende Informationen in klarer und transparenter Weise zur Verfügung zu stellen, damit Investoren vorab die möglichen Risiken bewerten können. Dazu gehören Informationen über den Projektträger und das Crowdfunding-Projekt, über die wichtigsten Merkmale des Crowdfunding -Verfahrens und die Bedingungen für die Mittelbeschaffung oder Kreditgewährung, über die Wertpapiere, den Emittenten und die Rechte der Investoren sowie über Gebühren und Rechtsmittel. All diese Angaben müssen im Basisinformationsblatt für Investoren enthalten sein. Die Crowdfunding-Dienstleister müssen bei der Ausübung ihres Ermessensspielraums bei der Ausführung von Kundenaufträgen das bestmögliche Ergebnis für ihre Kunden erzielen. Sie werden verpflichtet sein, Interessenkonflikte – z. B. in Form einer finanziellen Beteiligung an den Crowdfunding-Angeboten auf ihrer Crowdfunding-Plattform – zu vermeiden und zu verhindern. Es wird den Plattformen untersagt sein, Gebühren dafür annehmen, Kunden für bestimmte Projekte zu gewinnen. ****