© 2017 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 050/17 Einzelfragen zur Gewährung von Fördermitteln für Sanierungsgebiete Steuer- und förderungsrechtliche Aspekte Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Fragestellung Der Auftraggeber möchte wissen, ob steuerliche Vorteile für Investoren in Sanierungsgebieten davon abhängig sind, dass das Sanierungsgebiet in das Förderprogramm des Bundeslandes aufgenommen wurde. Ferner soll die Frage geklärt werden, ob die Gemeinde die ihr zugewiesenen Fördermittel annehmen muss auch wenn sie hierfür keinen unmittelbaren Bedarf hat. 2. Voraussetzungen für die Sonderabschreibung gemäß §§ 7h, 11a EStG Die erhöhte Absetzung der Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen in § 7h Absatz 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) kann in Anspruch genommen werden, wenn das betroffene Gebäude in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder städtebaulichen Entwicklungsbereich liegt. § 11a Absatz 1 EStG sieht ergänzend eine Sonderbehandlung von Erhaltungsaufwand vor. Dabei kann der nicht durch Zuschüsse aus Sanierungs- oder Entwicklungsförderungsmitteln gedeckte Erhaltungsaufwand für Maßnahmen im Sinne des § 177 des Baugesetzbuchs (BauGB) an einem im Inland belegendes Gebäude in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder städtebaulichen Entwicklungsbereich auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilt werden. Das Sanierungsgebiet im Sinne der steuerrechtlichen Vorschriften der §§ 7h, 11a EStG wird von § 142 Absatz 1 Baugesetzbuch (BauGB) definiert. Liegen die Voraussetzungen des § 142 Absatz 1 BauGB vor, so sind den Steuerpflichtigen in diesem satzungsrechtlich ausgewiesenen Gebiet bei Vorliegen der sonstigen steuerrechtlichen Voraussetzungen auch die Steuervorteile der §§ 7h, 11a EStG zu gewähren. Die Anforderungen an ein Sanierungsgebiet definieren somit die §§ 142 ff. BauGB, die steuerrechtlichen Vorschriften der §§ 7h, 11a EStG verweisen lediglich auf den baurechtlichen Begriff des Sanierungsgebiets. 3. Voraussetzungen eines Sanierungsgebiets gemäß § 142 BauGB „Die förmliche Festlegung eines Sanierungsgebiets ist Aufgabe der Gemeinde. Die Vorbereitung und Durchführung städtebaulicher Sanierungsmaßnahmen gehört zu den nach Art. 28 Absatz 2 Grundgesetz (GG) den Gemeinden vorbehaltenen Selbstverwaltungsaufgaben. Die förmliche Festlegung ist Vorbereitungsaufgabe. Absatz 1 S. 1 enthält die Ermächtigung der Gemeinde, ein Gebiet förmlich als Sanierungsgebiet festzulegen. Diese Ermächtigung ist in zweierlei Hinsicht eingeschränkt : Zum einen darf die Gemeinde das Gebiet nur festlegen, wenn die Durchführung einer Sanierungsmaßnahme erforderlich ist. Ob die Anwendung des Sanierungsverfahrens erforderlich ist, beurteilt sich nach der städtebaulichen Situation und nach den städtebaulichen Zielvorstellungen der Gemeinde. Insbesondere muss das Gebiet städtebauliche Missstände im Sinne des § 136 Absatz 2 aufweisen. Das Entscheidungsermessen der Gemeinde ist andererseits an die Wertung des Gesetzgebers gebunden, bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen das sanierungsrechtliche Instrumentarium anzuwenden.“1 1 Battis/Krautzberger/Löhr/Mitschang BauGB § 142 Rn. 2-3, abgerufen bei beck-online.de am 6.6.2017 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 050/17 Seite 5 Aus den genannten Voraussetzungen des § 142 Absatz 1 BauGB ergibt sich bereits, dass eine etwaige Aufnahme des Sanierungsgebiets in ein Landesförderprogramm zur Stadtsanierung keine Voraussetzung für die Festlegung eines Sanierungsgebietes ist. § 149 BauGB konkretisiert die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Finanzplanungen zur Ausweisung eines Sanierungsgebietes. § 149 BauGB lautet: „(1) Die Gemeinde hat nach dem Stand der Planung eine Kosten- und Finanzierungsübersicht aufzustellen. Die Übersicht ist mit den Kosten- und Finanzierungsvorstellungen anderer Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Sanierung berührt wird, abzustimmen und der höheren Verwaltungsbehörde vorzulegen. (2) In der Kostenübersicht hat die Gemeinde die Kosten der Gesamtmaßnahme darzustellen, die ihr voraussichtlich entstehen. Die Kosten anderer Träger öffentlicher Belange für Maßnahmen im Zusammenhang mit der Sanierung sollen nachrichtlich angegeben werden. (3) In der Finanzierungsübersicht hat die Gemeinde ihre Vorstellungen über die Deckung der Kosten der Gesamtmaßnahme darzulegen. Finanzierungs- und Förderungsmittel auf anderer gesetzlicher Grundlage sowie die Finanzierungsvorstellungen anderer Träger öffentlicher Belange sollen nachrichtlich angegeben werden. (4) Die Kosten- und Finanzierungsübersicht kann mit Zustimmung der nach Landesrecht zuständigen Behörde auf den Zeitraum der mehrjährigen Finanzplanung der Gemeinde beschränkt werden . Das Erfordernis, die städtebauliche Sanierungsmaßnahme innerhalb eines absehbaren Zeitraums durchzuführen, bleibt unberührt. (5) Die Gemeinde und die höhere Verwaltungsbehörde können von anderen Trägern öffentlicher Belange Auskunft über deren eigene Absichten im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und ihre Kosten- und Finanzierungsvorstellungen verlangen. (6) Die höhere Verwaltungsbehörde kann von der Gemeinde Ergänzungen oder Änderungen der Kosten- und Finanzierungsübersicht verlangen. Sie hat für ein wirtschaftlich sinnvolles Zusammenwirken der Gemeinde und der anderen Träger öffentlicher Belange bei der Durchführung ihrer Maßnahmen zu sorgen und die Gemeinde bei der Beschaffung von Förderungsmitteln aus öffentlichen Haushalten zu unterstützen.“ Das Recht der höheren Verwaltungsbehörde im Rahmen der Vorlagepflicht der Kosten- und Finanzierungsübersicht wird in der Literatur u.a. folgendermaßen beschrieben: „Die höhere Verwaltungsbehörde kann gemäß Absatz 6 Satz 2 von der Gemeinde die Änderung oder Ergänzung der Übersicht verlangen; dies kann zum Beispiel in Betracht kommen, weil die Finanzplanung der Gemeinde unvollständig ist, die Übersicht entsprechend den Verwaltungsvorschriften des Landes unvollständig oder fehlerhaft ist, die Angaben über den von der Gemeinde zu tragenden Kostenanteil oder die eingesetzten Städtebauförderungsmittel des Landes oder der Mittel aus anderen Haushalten nicht zutreffen oder die Koordination mit anderen öffentlichen Aufgabenträgern unzureichend ist. Soweit die Übersicht periodisch (in der Regel jährlich) vorzulegen ist, bezieht sich das Änderungs- und Ergänzungsverlangen der höheren Verwaltungsbehörde auch auf die jeweils fortgeschriebene Übersicht. Ein darüber hinausgehendes Recht – etwa Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 050/17 Seite 6 Erteilung oder Versagung einer Genehmigung der Kosten- und Finanzierungsübersicht – steht der höheren Verwaltungsbehörde nicht zu. Es handelt sich vielmehr um eine besonders ausgestaltete Abstimmung zwischen der höheren Verwaltungsbehörde, der Gemeinde und den anderen Kostenträgern entsprechend dem Grundgedanken des § 139. Die Gemeinde ist verpflichtet, zu etwaigen Änderungs- oder Ergänzungswünschen der höheren Verwaltungsbehörde Stellung zu nehmen . Sie kann ggf. im Wege der Kommunalaufsicht dazu veranlasst werden; die Gemeinde kann dagegen verwaltungsgerichtlichen Schutz in Anspruch nehmen.“2 Indem der höheren Verwaltungsbehörde ein Genehmigungsrecht über die Kosten- und Finanzierungsübersicht der Gemeinde versagt wird, kann eine unterbliebene Nutzung von Fördergeldern nicht zur Ablehnung der Finanzierungsübersicht und erst Recht nicht zur in Fragestellung des Sanierungsgebietes führen. Für dieses Ergebnis spricht auch die besondere Rechtsnatur des Satzungsrechts auf Festlegung von Sanierungsgebieten. Es handelt sich hierbei – wie soeben beschrieben – um ein vom Recht auf kommunale Selbstverwaltung geschütztes kommunales Planungsinstrument. Dieses Recht ist anhand der im BauGB beschriebenen Sanierungskriterien anwendbar. Würde der Status des Sanierungsgebietes von der Gewährung und Nutzung von Fördergeldern abhängig sein, so käme den höheren Verwaltungsbehörden mittels der Förderentscheidung ein faktisches Vetorecht über die satzungsrechtliche Entscheidungsbefugnis der Gemeinde zu. Eine derartig weitreichende Einschränkung des bundesgesetzlich garantierten Rechts auf Festsetzung von Sanierungsgebieten ergibt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus dem Sinn und Zweck der einschlägigen Bestimmungen des BauGB. Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluss vom 21.08.20063 zur Anwendbarkeit des § 7h EStG festgestellt : „§ 7h Abs. 1 EStG ermöglicht in allen dort genannten Fällen erhöhte Absetzungen nur bei solchen Gebäuden, die in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder städtebaulichen Entwicklungsbereich belegen sind (Satz 1 der Vorschrift). Der Begriff des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets ist in § 142 Abs. 1 Satz 1 des Baugesetzbuches (BauGB) näher bestimmt. […] Nach § 142 Absatz 3 Satz 1 BauGB ist die förmliche Festlegung eines Sanierungsgebiets von der zuständigen Gemeinde als Satzung zu beschließen.“4 „Der Anwendungsbereich des § 7h Absatz 1 EStG ist insoweit nach dem klaren Wortlaut der Norm abschließend. Stadt- und Dorferneuerungsmaßnahmen im Rahmen von Landesprogram- 2 Battis/Krautzberger/Löhr/Mitschang, BauGB, § 149 Rn. 8, abgerufen bei beck-online.de am 6.6.2017 3 BFH/NV, Beschluss vom 21.08.2006, Az: X B 156/05 4 BFH, s. Fn. 3, Rn. 5 (juris) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 050/17 Seite 7 men ohne Anwendung des besonderen Städtebaurechts des BauGB fallen daher nach ganz einhelliger Auffassung im Schrifttum5 wie auch nach Ansicht der Finanzverwaltung6 nicht unter die steuerliche Förderung nach dieser Vorschrift.“7 Landesprogramme allein genügen somit nicht für die Anwendung der steuerrechtlichen Vorschriften der §§ 7h, 11a EStG. Entsprechende Förderprogramme wiederum sind für die Schaffung eines Sanierungsgebiets im Sinne des § 142 Absatz 1 BauGB nicht zwingend erforderlich, zumal auf die Fördermittel auch kein Rechtsanspruch besteht. Entfällt die Förderung zu einem späteren Zeitpunkt, so ist der Kosten- und Finanzierungsplan ggf. anzupassen. Dies berührt jedoch nicht die satzungsrechtliche Entscheidung der Gemeinde für das Sanierungsgebiet und ist auch nicht geeignet den Anwendungsbereich der §§ 7h, 11a EStG zu sperren. 4. Muss eine Kommune die zugewiesenen Fördermittel des Landes annehmen, auch wenn kein unmittelbarer Bedarf besteht? Der Erhalt von Fördermitteln des Landes bedarf einer Aufnahme in ein Förderprogramm (bspw. Städtebauförderung). Dies geschieht per Antragsverfahren. Der Zuwendungszeitraum beginnt mit dem Datum des Zuwendungsbescheides über die erstmalige Bewilligung einer Zuwendung. Zuwendungsfähige Ausgaben werden in der Richtlinie definiert.8 Der Zuwendungszeitraum endet mit dem Zeitpunkt der Vorlage der Schlussabrechnung. Zudem besteht bei der Städtebauförderung des Landes Schleswig-Holstein die Möglichkeit der Aufhebung des Fördergebietes bzw. eines Teilgebietes (auch einzelner Grundstücke). Ein Mitteleinsatz ist dann nicht mehr möglich. Die Zuwendungen sind dann zu erstatten, soweit ein Zuwendungsbescheid nach dem Verwaltungverfahrensgesetz (VwVfG) oder anderen Rechtsvorschriften mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden ist. Für den Regelfall eines rechtmäßigen Förderbescheids ist hier insbesondere der Widerrufstatbestand eines, die Geldleistung gewährenden Verwaltungsakts gemäß § 49 Absatz 3 VwVfG zu nennen. Werden Zuwendungen nicht alsbald nach der Auszahlung zur Erfüllung des Zuwendungszwecks verwendet und wird der Zuwendungsbescheid nicht zurückgenommen oder widerrufen, können für die Auszahlung bis zur zweckentsprechenden Verwendung ebenfalls Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz pro Jahr verlangt werden.9 Bei Vorliegen der Voraussetzungen hebt die Landesbehörde den Bewilligungsbescheid als Verwaltungsakt auf. *** 5 Kleeberg, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 7h Rdnr. B 4; Blümich/ Erhard, § 7h EStG Rz. 17; Siebenhüter in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 7h EStG Anm. 9; Schmidt/Drenseck, EStG, 25. Aufl., § 7h Rz. 2 f.; zit. nach BFH: ebenda 6 Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main vom 27. Mai 1991 S 2198a A -4- St II 20, Deutsches Steuerrecht --DStR--1991, 1082 7 BFH/NV, Beschluss vom 21.08.2006, Az: X B 156/05, Rn. 6 (juris) 8 Vgl. Städtebauförderrichtlinien des Landes Schleswig-Holstein, StBauFR SH 2015, S. 14. 9 Vgl. Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (AN- Best-K).