© 2016 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 049/16 Leistungen an Griechenland zur Bewältigung der Staatsschuldenkrise (Stand 31. März 2016) Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Leistungen an Griechenland Griechenland hat seit 2010 internationale Finanzhilfen in drei sogenannten Paketen erhalten. Bis zum 31. März 2016 wurden im Rahmen dieser Pakete 237,1 Mrd. Euro an Griechenland ausgezahlt . Im Folgenden werden die Eckdaten dieser Pakete vorgestellt. Eine tabellarische Zusammenstellung der Auszahlungen an Griechenland findet sich im Kapitel 3, eine tabellarische Zusammenstellung der Gewährleistungen Deutschlands in Kapitel 4. 2.1. Erstes Hilfspaket Im Rahmen des ersten Hilfspakets wurden 73,0 Mrd. Euro an Griechenland ausbezahlt. Davon entfielen 52,9 Mrd. Euro auf die Staaten der Eurozone. Der Internationale Währungsfonds (IWF) stellte 20,1 Mrd. Euro bereit2, das entspricht 17,5 Mrd. Sonderziehungsrechten (SZR).3 Zum 31. März 2016 wurden insgesamt rund 16,1 Mrd. SZR von Griechenland an den IWF zurückgezahlt . Dies entspricht rund 19,9 Mrd. Euro (Umrechnungskurs 31. März 2016). Der Anteil Deutschlands an den europäischen bilateralen Krediten im Rahmen des ersten Hilfspakets beträgt rund 15,2 Mrd. Euro. Der Anteil Deutschlands an den Hilfen des IWF richtet sich nach seinem prozentualen Anteil an dessen Kapital, der sogenannten Quote. Diese beträgt derzeit 5,65 Prozent.4 Für das erste Hilfspaket haftet Deutschland demnach mit 5,65 Prozent an den noch nicht zurückgezahlten 1,4 Mrd. SZR, das entspricht rund 0,10 Mrd. Euro (Umrechnungskurs 31. März 2016). 2 Die Höhe der IWF-Mittel unterliegt Wechselkursschwankungen. Das Bundesministerium der Finanzen verwendet in seiner Darstellung den Wechselkurs zum Zeitpunkt der Auszahlung; verbleibende Programmmittel werden zum aktuellen Wechselkurs ausgewiesen. 3 Sonderziehungsrechte sind ein vom IWF geschaffenes Hauptreservemedium, das in finanziellen Beziehungen zwischen dem IWF und seinen Mitgliedstaaten als Zahlungsmittel dient. Der Wert von SZR wird mittels eines Währungskorbes bestimmt, in dem die wichtigsten im internationalen Handel eingesetzten Währungen vertreten sind. 4 International Monetary Fund: IMF Members' Quotas and Voting Power, and IMF Board of Governors, Stand 23. Mai 2016, unter: https://www.imf.org/external/np/sec/memdir/members.aspx#G, abgerufen am 23. Mai 2016. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 049/16 Seite 5 2.2. Zweites Hilfspaket Bei dem zweiten Hilfspaket wurden Griechenland Kredite in Höhe von 28,8 Mrd. Euro vom IWF und in Höhe von 144,5 Mrd. Euro von der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) zugesagt , insgesamt also 173,3 Mrd. Euro. Das EFSF-Programm ist nach zweimaliger Verlängerung am 30. Juni 2015 abgelaufen, die bisher nicht ausgezahlten EFSF-Programmmittel sind nicht mehr abrufbar. Bis zum 28. Februar 2015 hat die EFSF 130,9 Mrd. Euro an Griechenland ausbezahlt, die sich wie in nachfolgender Tabelle dargestellt verteilen: in Mrd. Euro Gesamtzusage bislang ausgezahlt Privatsektorbeteiligung* zuzüglich aufgelaufener Zinsen*6 30,0 5,5 29,7 4,9 Bankenrekapitalisierung 48,2 48,2 allgemeine Programmmittel 60,8 48,1 Insgesamt 144,5 130,9 Von den Kreditzusagen des IWF wurden 11,8 Mrd. Euro an Griechenland ausbezahlt. Das Programm mit Griechenland endete am 15. Januar 2016, sodass rund 17,0 Mrd. Euro Programmmittel nicht ausgezahlt wurden. Für dieses Programm hat Griechenland noch keine Rückzahlungen an den IWF geleistet. Damit die EFSF Finanzmittel zu besten Konditionen aufnehmen und an Programmländer vergeben kann, ist die Kreditvergabekapazität in Höhe von 440 Mrd. Euro durch Gewährleistungen der Euro-Staaten von insgesamt 780 Mrd. Euro abgesichert. Der Deutsche Bundestag hat die Regierung ermächtigt, eine Gewährleistung bis maximal 211,0459 Mrd. Euro zu übernehmen.7 Das entspricht einem Anteil von 27,057 Prozent. Deutschland übernimmt somit im Rahmen der EFSF Gewährleistungen für Griechenland in Höhe von 35,41 Mrd. Euro. Für die an Griechenland ausgezahlten Kredite des IWF haftet Deutschland gemäß seines oben beschriebenen Anteils mit 0,667 Mrd. Euro. 6 Diesen Kredit verwendete Griechenland, um einen Teil der Anleihen, die am Schuldenschnitt teilgenommen haben, auszuzahlen und die bis dahin unter den alten Anleihen aufgelaufenen Zinsansprüche der teilnehmenden Gläubiger zu tilgen. Dies sollte einen Anreiz zur Teilnahme schaffen und den freiwilligen Schuldenschnitt ermöglichen. Vgl. Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Finanzhilfen zugunsten der Hellenischen Republik , Bundestags-Drucksache 17/8730, Seite 2f. 7 § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus (Stabilisierungsmechanismusgesetz – StabMechG) vom 22. Mai 2010, BGBl. I Seite 627. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 049/16 Seite 6 2.3. Drittes Hilfspaket Nachdem Griechenland am 8. Juli 2015 einen Antrag auf Finanzhilfe an den European Stability Mechanism (ESM) gestellt hatte, haben die ESM-Gremien am 19. August 2015 insbesondere festgelegt : – die Finanzhilfe wird in Form eines Darlehens gewährt, – die Höhe des Darlehens soll bis zu 86 Mrd. Euro betragen, abzüglich einer erwarteten Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Höhe von 16 Mrd. Euro8, – die maximale durchschnittliche Laufzeit der Darlehenstranchen wird 32,5 Jahre betragen. Das ausgehandelte Hilfsprogramm hat eine Laufzeit von drei Jahren bis zum 20. August 2018. Die Auszahlung der ersten Tranche in Höhe von 26,0 Mrd. Euro wurde vom Deutschen Bundestag in seiner 118. Sitzung am 19. August 2015 freigegeben. Von den 26,0 Mrd. Euro entfallen 10,0 Mrd. Euro auf die Bankenrekapitalisierung und –abwicklung, 16,0 Mrd. Euro sind Allgemeine Programmmittel für die kurzfristig anstehenden Rückzahlungsverpflichtungen Griechenlands gegenüber externen Gläubigern. Bis zum 31. März 2016 wurden in 21,4 Mrd. Euro in fünf Teiltranchen mit folgenden Verwendungszwecken gezahlt: Auszahlungsdatum Verwendungszweck Betrag in Mrd. Euro 20. August 2015 Allgemeine Programmmittel 13,0 14. November 2015 Allgemeine Programmmittel 2,0 1. Dezember 2015 Banken 2,7 8. Dezember 2015 Banken 2,7 23. Dezember 2015 Allgemeine Programmmittel 1,0 Bislang ausgezahlt 21,4 Der ESM löst als permanenter Krisenbewältigungsmechanismus die EFSF ab. Der ESM verfügt über rund 704,8 Mrd. Euro Stammkapital. Diese Summe teilt sich auf in rund 80,5 Mrd. Euro eingezahltes und rund 624,3 Mrd. Euro abrufbares Kapital. Der deutsche Finanzierungsanteil am 8 Antrag des Bundesministerium der Finanzen: Stabilitätshilfe zugunsten Griechenlands; hier: Vereinbarung über ein MoU zwischen der Hellenischen Republik und dem ESM, Bundestags-Drucksache 18/5780, Anlage 5a. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 049/16 Seite 7 ESM beträgt 26,9616 Prozent. Das maximale Haftungsrisiko Deutschlands beim ESM ist unter allen Umständen auf insgesamt rund 190,0 Mrd. Euro beschränkt.10 Übernimmt der ESM allein die Kredite für Griechenland in Höhe von 86 Mrd. Euro, entspricht die Haftungssumme Deutschlands gemäß seines Finanzierungsanteils rund 23,19 Mrd. Euro. Stellt der ESM Griechenland 70 Mrd. Euro an Krediten zur Verfügung, reduziert sich die Haftungssumme Deutschlands gemäß seines Anteils auf rund 18,87 Mrd. Euro. Für die 16 Mrd. Euro, die der IWF an Krediten leisten würde, entspräche die Haftung Deutschlands gemäß des oben genannten Anteils 0,90 Mrd. Euro.11 3. Zusammenstellung der Auszahlungen an Griechenland Aus den vorgenannten Paketen wurden seit 2010 237,1 Mrd. Euro an Griechenland ausgezahlt. Die Auszahlungen verteilen sich wie folgt auf die Pakete: Hilfspaket Beginn Geldgeber Auszahlungen in Mrd. Euro Summe der Auszahlungen in Mrd. Euro 1 2010 Euro-Staaten 52,9 73,0 IWF 20,1 2 2012 Euro-Staaten 130,9 142,7 IWF 11,8 3 2015 Euro-Staaten 21,4 21,4 IWF ----- Summe 237,1 4. Zusammenstellung der Gewährleistungen Deutschlands Abschließend sind die Gewährleistungen Deutschlands zur Bewältigung der Staatschuldenkrise in Griechenland, wie sie oben beschrieben wurden, zur besseren Übersicht in Tabellen zusammengestellt . Die erste Tabelle beziffert das 1. Szenario, in dem der ESM im dritten Hilfspaket 10 ESM: Vertrag zur Errichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus, unter: http://www.esm.europa .eu/about/legal-documents/ESM%20Treaty.htm, abgerufen am 19. Januar 2016. 11 Eine Uneinigkeit zwischen den europäischen Geldgebern und dem IWF besteht über Schuldenerleichterungen für Griechenland: In seiner neuesten Schuldentragfähigkeitsanalyse vom Mai 2016 befürwortet der IWF eine zügige Umsetzung solcher Maßnahmen als Signal an die Finanzmärkte, vgl. IMF: Preliminary Debt Sustainability Analysis - Updated Estimates and further Considerations, Country Report No. 16/130, unter: http://www.imf.org/external/pubs/ft/scr/2016/cr16130.pdf, abgerufen am 24. Mai 2016. Die Eurogruppe bekräftigte hingegen auf ihrer Sondersitzung am 9. Mai 2016, dass ein nominaler Schuldenschnitt ausgeschlossen bleibt. Sie wiederholte ihre Bereitschaft, falls notwendig mögliche zusätzliche Maßnahmen zu erwägen, um den Bruttofinanzbedarf Griechenlands auf einem tragfähigen Niveau zu halten. Diese Maßnahmen stünden unter dem Vorbehalt einer vollständigen Programmumsetzung 2018. Bundesministerium der Finanzen: Sondertreffen der Eurogruppe im Mai 2016, unter: http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen /Europa/ECOFIN_und_Eurogruppe/2016-05-17-eurogruppe-nachbericht.html;jsessionid =6211D4157DBD98599949BDEB29286FC7, abgerufen am 24. Mai 2016. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 049/16 Seite 8 vollständig die Kredite bereitstellt, in der zweiten Tabelle wird eine Beteiligung des IWF berücksichtigt : Szenario 1 1. Hilfspaket in Mrd. Euro 2. Hilfspaket in Mrd. Euro 3. Hilfspaket in Mrd. Euro Summe Europäische bilaterale Kredite 15,19 -- -- 15,19 EFSF -- 35,41 -- 35,41 ESM -- -- 23,19 23,19 IWF 0,10 0,67 -- 0,77 Summe 15,29 36,08 23,19 74,56 Szenario 2 1. Hilfspaket in Mrd. Euro 2. Hilfspaket in Mrd. Euro 3. Hilfspaket in Mrd. Euro Summe Europäische bilaterale Kredite 15,19 -- -- 15,19 EFSF -- 35,41 -- 35,41 ESM -- -- 18,87 18,87 IWF 0,10 0,67 0,90 1,67 Summe 15,29 36,08 19,77 71,14 - Ende der Bearbeitung -