© 2021 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 046/21 Einkommensteuerliche Regelungen zur Unterstützung der Handelsflotte Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 046/21 Seite 2 Einkommensteuerliche Regelungen zur Unterstützung der Handelsflotte Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 046/21 Abschluss der Arbeit: 5. Mai 2021 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 046/21 Seite 3 1. Zur Frage B 1: Reeder können seit 1999 steuerliche Vorteile durch die sogenannte Tonnagesteuer geltend machen . Dabei handelt es sich nicht um eine Steuer, sondern um eine Methode zur Gewinnermittlung , die in § 5a Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt ist. 2. Zur Frage B 2: Der Gewinn wird pauschal nach der Größe (Nettoraumzahl) des Schiffes ermittelt. Der im Wirtschaftsjahr erzielte Gewinn beträgt pro Tag des Betriebs für jedes im internationalen Verkehr betriebene Handelsschiff für jeweils volle 100 Nettotonnen (Nettoraumzahl) 0,92 Euro bei einer Tonnage bis zu 1 000 Nettotonnen, 0,69 Euro für die 1 000 Nettotonnen übersteigende Tonnage bis zu 10 000 Nettotonnen, 0,46 Euro für die 10 000 Nettotonnen übersteigende Tonnage bis zu 25 000 Nettotonnen, 0,23 Euro für die 25 000 Nettotonnen übersteigende Tonnage. So beträgt der nach der Tonnagesteuer ermittelte Gewinn für ein 6.500-TEU-Containerschiff (TEU=Twenty-foot Equivalent Unit, Standardcontainer) mit einer Nettoraumzahl von ca. 45.000 bei ganzjährigem Betrieb rund 65.000 Euro. Von diesem errechneten (fiktiven) Gewinn sind die entsprechenden Steuern zu zahlen, ein steuerlicher Verlust kann unter dem Regime der Tonnagebesteuerung nicht geltend gemacht werden. Neben der Gewerbesteuer gehört zu den Steuern die Einkommensteuer nach dem persönlichen Steuersatz, wenn der Reeder ein Einzelunternehmer ist oder die Körperschaftsteuer in Höhe von 15 Prozent, wenn das Handelsschiff einer Kapitalgesellschaft gehört. 3. Zur Frage B 3: Für 2015 gibt die Bundesregierung in ihrem 26. Subventionsbericht Steuermindereinnahmen in Höhe von 20 Mio. Euro an, danach erfolgen keine Angaben mehr. Für 2017 weist die Bundessregierung in ihrem aktuellen 27. Subventionsbericht 2.343 Schiffe aus, für die das Regime der Tonnagesteuer angewandt wird. 4. Zur Frage B 4: Hierzu liegen keine Informationen vor. 5. Zur Frage B 5: Für die Berechtigung zur Tonnagebesteuerung müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: – Der Reeder muss einen Gewerbebetrieb mit Geschäftsleitung im Inland haben, Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 046/21 Seite 4 – der Gewinn muss auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfallen , – die Handelsschiffe müssen im Wirtschaftsjahr überwiegend in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen sein, – die Handelsschiffe müssen im Wirtschaftsjahr überwiegend der Beförderung von Personen oder Gütern dienen, – der Reeder muss beim Finanzamt einen unwiderruflichen Antrag auf Tonnagebesteuerung stellen und ist an diese Gewinnermittlungsart ab diesem Zeitpunkt 10 Jahre gebunden, – die Bereederung der Handelsschiffe muss im Inland durchgeführt werden. 6. Zur Frage D 1: In Deutschland müssen die Reeder die Lohnsteuer (= die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer ) für die Seeleute zwar anmelden und von den Seeleuten einbehalten, sie müssen diese Steuer aber nicht an das Finanzamt abführen (§ 41a Abs. 4 EStG). Für diesen sogenannten Lohnsteuereinbehalt gelten folgende Voraussetzungen: – Die Handelsschiffe müssen in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen sein, – sie müssen die Flagge eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums (im Folgenden EU/EWR-Staaten), führen und – sie müssen der Beförderung von Personen oder Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der Hohen See dienen. Der Lohnsteuereinbehalt ist auch erlaubt, wenn Seeschiffe im Wirtschaftsjahr überwiegend außerhalb der deutschen Hoheitsgewässer zum Schleppen, Bergen oder zur Aufsuchung von Bodenschätzen oder zur Vermessung von Energielagerstätten unter dem Meeresboden eingesetzt werden. Auf Schiffen, einschließlich Ro-Ro-Fahrgastschiffen, die im regelmäßigen Personenbeförderungsdienst zwischen Häfen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union eingesetzt werden, ist der Lohnsteuereinbehalt nur auf die Besatzungsmitglieder anzuwenden, die Staatsangehörige eines EU/EWR-Staates sind. Bei Seeschiffen, die für Schlepp- und Baggerarbeiten genutzt werden, ist der Lohnsteuereinbehalt nur anzuwenden, wenn es sich um seetüchtige Schlepper und Baggerschiffe mit Eigenantrieb handelt und die Schiffe während mindestens 50 Prozent ihrer Betriebszeit für Tätigkeiten auf See eingesetzt werden. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 046/21 Seite 5 7. Zur Frage D 2: Im aktuellen 27. Subventionsbericht der Bundesregierung ist die Anzahl der betroffenen Besatzungsmitglieder auf 4.500 geschätzt. Nicht in dieser Fallzahl enthalten ist die Ausweitung des Lohnsteuereinbehalts von Schiffen mit deutscher Flagge auf Schiffe mit Flaggen der EU/EWR- Staaten, soweit es einen Inlandsbezug gibt. Diese Ausweitung gilt erst ab 1. Juni 2021. Inklusive der oben genannten Ausweitung ist laut Bundesregierung von jährlichen Steuermindereinnahmen in Höhe von 70 Mio. Euro auszugehen. 8. Zur Frage D 3: Nein, die Besatzungsmitglieder sind nicht von der Einkommensteuer befreit, vergleiche Antworten zu Fragen D 1 und D 2. * * *