WD4 - 3000 - 044/18 (05.03.2018) © 2018 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Der Auftraggeber stellt die Frage, ob von Deutschland geleistete „EU-Beiträge“ zurückgefordert werden können bzw. ob eine Anrechnung von „fiskalischen Auswirkungen der EZB Politik“ auf die Höhe der von Deutschland zu zahlenden „EU-Beiträge“ möglich ist. Die Europäische Union (EU) wird weitestgehend (zu ca. 98 %) im Wege der Eigenmittelaufbringung durch alle Mitgliedsstaaten finanziert, vgl. Art. 311 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die jetzige Fassung des Vertrages ordnet in Art. 311 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 AEUV eine Pflicht für die zuständigen Organe der Union und die Mitgliedsstaaten zur Schaffung, Erhaltung und ggf. Fortentwicklung des Eigenmittelsystems an.1 In den Art. 311 ff. AEUV wird die o.g. Eigenmittelfinanzierung und die Eigenmittelverwendung der EU geregelt. Dazu stellt Art. 311 Abs. 1 AEUV fest, dass sich die EU „mit den erforderlichen Mitteln ausstattet, um ihre Ziele erreichen und ihre Politik durchführen zu können“. Für dieses Ziel sieht Art. 311 Abs. 2 AEUV vor, dass der „Haushalt unbeschadet der sonstigen Einnahmen vollständig aus Eigenmitteln finanziert“ wird. Zu den Eigenmitteln zählen die traditionellen Eigenmittel (d.h. hauptsächlich Zölle und Zuckerabgaben), die auf der Mehrwertsteuer (MwSt) basierenden Eigenmittel, welche aufgrund einer einheitlichen MwSt-Bemessungsgrundlage von den einzelnen Mitgliedsstaaten erhoben werden, und die Bruttonationaleinkommens-Eigenmittel, welche auf Basis des Gesamtbetrages des Bruttonationaleinkommens aller Mitgliedstaaten berechnet werden.2 1 Waldhoff, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV - Das Verfassungsrecht der Europäischen Union mit Europäischer Grundrechtecharta, Kommentar, 5. Auflage 2016, Art. 310 Rn. 8; vgl. auch detaillierter bei: Niedobitek, in: Streinz, Beck‘sche Kurz-Kommentare, EUV/AEUV - Vertrag über die Europäische Union und Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, 2. Auflage 2012, Art. 311 Rn. 3. 2 Vgl. für die Regelung und Details: Art. 2 (1) a) – c) des Beschlusses des Rates vom 26. Mai 2014 über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union (2014/335/EU, Euratom), ABl. L 168/105. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Eigenmittelsystem der EU Kurzinformation Eigenmittelsystem der EU Fachbereich WD 4 (Haushalt und Finanzen) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Diese auch häufig als EU-Beiträge bezeichneten Finanzaufwendungen der einzelnen Mitgliedsstaaten dienen dazu die Ziele und die Politik der EU, d.h. ihr Handeln, zu finanzieren, vgl. Art. 311 Abs. 1 AEUV. Die Verträge der EU (AEUV und EUV) sehen keine Rechtsgrundlage für Kürzungen oder Rückforderungen von bereits erbrachten nationalen Eigenmitteln in den EU-Finanzhaushalt vor. Die als Rechtsgrundlage für die Eigenmittelaufwendung der EU dienenden Art. 311 ff. AEUV sind als Bestandteil der zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten geschlossenen völkerrechtlichen Verträge insoweit einzuhalten. Es besteht damit keine Möglichkeit die Eigenmittelaufwendungen zu kürzen bzw. zu verrechnen, selbst wenn der Mitteleinsatz der EZB im Rahmen ihrer Politik als „Schädigung“ anzusehen wäre. Die Bundesrepublik Deutschland könnte sich jedoch dafür einsetzen, dass eine Rechtsgrundlage auf Ebene der EU geschaffen wird, dass bei zukünftigen Eigenmittelbeschlüssen die vom Auftraggeber angesprochenen Kürzungs- bzw. Verrechnungsmöglichkeiten unter bestimmten Umständen möglich sind. Als nachgelagerte Frage besteht natürlich für jeden Mitgliedsstaat der EU nach Art. 263 Abs. 2 AEUV, wie auch für jede natürliche oder juristische Person in den Fällen des Art. 263 Abs. 4 AEUV die Möglichkeit vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) gegen die EZB auf Nichtigkeit des jeweiligen Handelns nach § 264 AEUV zu klagen, als auch mögliche Schadensersatzzahlungen nach Art. 340 AEUV zu erstreiten. * * *