© 2018 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 042/18 Einzelfragen zur Verwaltungsvereinbarung zum Gesetz zur Gewährung von Konsolidierungshilfen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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In dem Falle, dass Berlin einmalig gegen die Verwaltungsvereinbarung verstößt: Ist es zutreffend, dass für das Land Berlin damit maximal ein einmaliger Einnahmeausfall von 80 Mio. € in Kauf zu nehmen wäre? 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 042/18 Seite 4 1. Einleitende Bemerkungen Der Auftraggeber bittet um eine rechtliche Einschätzung zu diversen Einzelfragen zur Verwaltungsvereinbarung zum Gesetz zur Gewährung von Konsolidierungshilfen (KonsHilfG) zwischen dem Bund und dem Land Berlin. Das KonsHilfG regelt die bundesgesetzlichen Vorgaben für die Gewährung von Konsilidierungshilfen der bundesstaatlichen Gemeinschaft. Die Lasten von insgesamt 800 Mio. Euro tragen Bund und Länder zur Hälfte. Der Anteil der Länder wird aus dem Umsatzsteueranteil aller Länder aufgebracht.1 2. Gilt die Verwaltungsvereinbarung bis zum Jahr 2020 oder darüber hinaus? Die Verwaltungsvereinbarung zum Gesetz zur Gewährung von Konsolidierungshilfen zwischen dem Bund und dem Land Berlin (VV) wurde auf Grundlage des KonsHilfG abgeschlossen. Ermächtigungsgrundlage für das KonsHilfG ist Art. 143d GG, der Übergangsvorschriften zur Einhaltung von Art. 109 Abs. 3 und 115 Abs. 2 GG nF. enthält. Art. 143d Abs. 1 S. 3 u. 4 GG regelt den Übergangszeitraum für die Länder vom 01. Januar 2011 bis 31. Dezember 2019. Die Länder müssen den angegeben Zeitraum nutzen, um die Vorgabe aus Art. 109 Abs. 3 S. 5 GG im Haushaltsjahr 2020 zu erfüllen.2 Sowohl das KonsHilfG als auch die auf dieser Grundlage abgeschlossenen VVen enthalten selbst keine Regelungen zur Geltungsdauer, wie beispielsweise § 20 Finanzausgleichsgesetz. Eine Befristung könnte jedoch aus Art. 143d GG abgeleitet werden. Dieser sieht einen klar begrenzten Zeitraum für die Gewährung von Konsolidierungshilfen für das Land Berlin vor (2011- 2019). Die VV regelt die Einzelheiten zur Gewährung von Konsolidierungshilfen in dem genannten Zeitraum. Ab 2020 erhält das Land Berlin keine Konsolidierungshilfen. Folglich ergibt sich aus dem verfassungsrechtlichen und einfach gesetzlichen Regelungsrahmen eine befristete Geltungsdauer für die Haushaltsjahre 2011 bis 2019. Jedoch verlangt der Verweis auf die Jahre ab 2020 dreierlei:3 - Erstens, dass das bundesverfassungsrechtliche Neuverschuldungsverbot eingehalten wird; - Zweitens, dass der Landeshaushaltsgesetzgeber das gesamte Landeshaushaltsrecht einschließlich der nach Art. 109 Abs. 3 S. 5 GG neu zu erlassenden Normen beachtet; - Drittens, dass der Landesgesetzgeber seiner Pflicht aus Art. 109 Abs. 3 S. 5 GG zum Erlass materieller verfahrensrechtlicher Regelungen zur Schuldenbremse bis spätestens 2019 nachkommt. 1 BT-Drs. 16/12400, 24.03.2009, S. 1ff. 2 BeckOK Grundgesetz/ Reimer, GG Art. 143d, Rn. 9. 3 BeckOK Grundgesetz/ Reimer, GG Art. 143d, Rn. 10. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 042/18 Seite 5 3. Wenn heutige Haushaltsüberschüsse in eine Rücklage nach § 62 Landeshaushaltsordnung Berlin (BlnLHO) zurückgestellt werden, evtl. verbunden mit einem Ausgabe-Sperrvermerk bis 2020, wäre dies als eine Ausgabe i.S.d. Verwaltungsvereinbarung zu werten? Die Verwendungsmöglichkeiten von Haushaltsüberschüssen regelt für das Land Berlin § 25 BlnLHO. Die Vorschrift knüpft in Abs. 1 an den kassenmäßigen Haushaltsüberschuss an. Als Verwendungsmöglichkeiten kommen nach § 25 Abs. 2 BlnLHO insbesondere in Betracht: - Verminderung des Kreditbedarfs in dem der Entstehung des Haushaltsüberschusses folgenden Haushaltsjahr und - die Tilgung von Schulden oder - Zuführung zur Konjunkturausgleichsrücklage durch Einstellung in den nächsten festzustellenden Haushaltsplan. Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend, wie sich aus der Formulierung „insbesondere“ ergibt. Vielmehr soll sie die Offenheit für weitere Verwendungsmöglichkeiten verdeutlichen.4 Folglich obliegen davon abweichende Verwendungen der Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers . Gemäß § 62 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung Berlin (BlnLHO) soll das Land Berlin durch regelmäßige Zuführung von Haushaltsmitteln eine Kassenverstärkungsrücklage bilden, um eine ordnungsgemäße Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Kreditermächtigungen durchzuführen . Nach Abs. 2 können auch andere Rücklagen gebildet werden, die einem bestimmten Zweck dienen. Die Zuführung zu einer Rücklage sowie die Rückführung in den Haushalt zur Deckung von Ausgaben müssen haushalterisch abgebildet werden. Dies folgt aus § 8 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG). Nach dem in § 8 Abs. 2 HGrG normierten Grundsatz der Vollständigkeit sind alle zu erwartenden Einnahmen, alle voraussichtlich zu leistenden Ausgaben und alle voraussichtlich benötigten Verpflichtungsermächtigungen im Haushaltsplan zu veranschlagen. Damit soll sichergestellt werden, dass keine Haushaltsmittel bei der Veranschlagung außer Betracht bleiben bzw. zu hoch oder zu niedrig angesetzt werden.5 Der für die Konsolidierungshilfen maßgebliche Finanzierungssaldo wird durch die VV näher bestimmt . Grundlage ist gemäß § 1 Abs. 1 VV der Finanzierungssaldo einschließlich Auslaufperiode in der Abgrenzung der vierteljährlichen Kassenstatistik des Statistischen Bundesamtes. In diesem werden auch die besonderen Finanzierungsvorgänge (Zuführungen an Rücklagen oder Entnahmen aus Rücklagen) erfasst. Unter Einhaltung des bestehenden Konsolidierungsregimes hat das Land Berlin allerdings die Möglichkeit, erwirtschaftete Haushaltsüberschüsse zur Schuldenstandreduzierung als auch zur 4 Vgl. hierzu die Kommentierung zur analogen Regelung der BHO: Nomos-BR/von Lewinski/ Burbat, BHO/ Kai von Lewinski/ Daniela Burbat, BHO § 25, Rn. 8. 5 Nomos-BR/von Lewinski/Burbat, HaushGrG/ Kai von Lewinski/ Daniela Burbat, HGrG § 8, Rn. 18. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 042/18 Seite 6 Stärkung des Sondervermögens Infrastruktur der Wachsenden Stadt und Nachhaltigkeitsfonds (SIWANA) zu nutzen.6 Dies ermöglicht dem Land Berlin die Investitionsausgaben ungeachtet zyklischer Schwankungen der Einnahmen zu verstetigen.7 4. Effekte der Konjunkturbereinigung Weiterhin soll geprüft werden, welche Verwendungsmöglichkeiten ein kassenmäßiger Haushaltsüberschuss nach der Konjunkturbereinigung hat. Unter der Voraussetzung, dass der Konsolidierungspfad eingehalten wird, kann der kassenmäßige Haushaltsüberschuss nach Konjunkturbereinigung den vorstehend genannten Verwendungen nach § 25 BlnLHO zugeführt werden. 5. In dem Falle, dass Berlin einmalig gegen die Verwaltungsvereinbarung verstößt: Ist es zutreffend , dass für das Land Berlin damit maximal ein einmaliger Einnahmeausfall von 80 Mio. € in Kauf zu nehmen wäre? Das Verfahren bei Nichteinhaltung regelt § 8 der Verwaltungsvereinbarung (VV). Nach dem Wortlaut von § 8 Abs. 1 VV entfällt der Anspruch des Landes Berlin auf Konsolidierungshilfe, sofern es für das betreffende Jahr vom Stabilitätsrat verwarnt worden ist. Das Land Berlin erhält dann für das betreffende Jahr keine Konsolidierungshilfe. Aufgrund der jahresbezogenen Abrechnung kann über mögliche maximale Einnahmeausfälle keine Aussage getroffen werden. *** 6 Senatsverwaltung für Finanzen: Elfter Bericht des Landes Berlin zur Umsetzung des Sanierungsprogramms 2012-2016, S. 3. 7 Ebenda, S. 4.