© 2016 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 – 041/16 Zustimmungserfordernisse bei Veräußerungen von Liegenschaften des Bundes Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 041/16 Seite 2 Zustimmungserfordernisse bei Veräußerungen von Liegenschaften des Bundes Aktenzeichen: WD 4 - 3000 – 041/16 Abschluss der Arbeit: 31.03.2016 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 041/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Verwaltung des Bundesvermögens 4 3. Parlamentarische Einwilligungsvorbehalte 4 3.1. Außerplanmäßige Veräußerungen 5 3.2. „Erheblicher Wert“ 5 3.3. „Besondere Bedeutung“ 5 3.4. Unterrichtungspflicht bei fehlender Zustimmung 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 041/16 Seite 4 1. Fragestellung Dem Sachstand liegt die Darstellung der Voraussetzungen zu Grunde, unter denen Veräußerungen von Bundesimmobilien der Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates bedürfen. Die Rechtsfolgen einer fehlenden Zustimmung werden gesondert vom Fachbereich WD 7 behandelt . 2. Verwaltung des Bundesvermögens Nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes stellt die Verwaltung einschließlich der Veräußerung von Bundesvermögen grundsätzlich eine Aufgabe der Exekutive dar. Die Liegenschaftsverwaltung im Bereich des Bundes ist mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Gründung einer Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA)1 zum 01.01.2005 neugeordnet worden. Mit diesem Gesetz wurde die Bundesvermögensverwaltung in die BImA überführt mit dem Ziel, eine einheitliche Verwaltung des Liegenschaftsvermögens des Bundes nach kaufmännischen Grundsätzen vorzunehmen und nicht betriebsnotwendiges Vermögen wirtschaftlich zu veräußern.2 Mit Wirkung vom 01.01.2012 ist das Eigentum an allen inländischen Dienstliegenschaften des Bundes auf die BImA übergegangen. Eine Veräußerung bundeseigener Grundstücke durch die BImA ist gemäß § 63 Absatz 2 Bundeshaushaltsordnung (BHO)3 nur zulässig, soweit Liegenschaften zur Erfüllung der Bundesaufgaben in absehbarer Zeit nicht benötigt werden, d.h. nach gegenwärtiger Bewertung auf Dauer entbehrlich sind.4 3. Parlamentarische Einwilligungsvorbehalte Die Kompetenzzuweisung des Grundgesetzes hinsichtlich der Vermögensveräußerung wird einfachgesetzlich durch die Vorschrift des § 64 Absatz 2 BHO in verfassungsrechtlich zulässiger Weise5 modifiziert. Danach gilt: „Haben Grundstücke erheblichen Wert oder besondere Bedeutung und ist ihre Veräußerung im Haushaltsplan nicht vorgesehen, so dürfen sie nur mit Einwilligung des Bundestages und des Bundesrates veräußert werden, somit nicht aus zwingenden Gründen eine Ausnahme hiervon geboten ist. Ist die Zustimmung nicht eingeholt worden, so sind der Bundestag und der Bundesrat alsbald von der Veräußerung zu unterrichten.“ 1 Gesetz zur Gründung einer Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA – Errichtungsgesetz) vom 09.12.2004, BGBl I Nr. 66 vom 14.12.2004. S. 3235. 2 Einzelheiten zur BImA sind im BImA – Errichtungsgesetz und in ihrer Satzung vom 22.12.2004 (Bundesanzeiger Jahrgang 56 Nr. 249 vom 31.12.2004) geregelt. 3 Bundeshaushaltsordnung (BHO) vom 19.08.1969 (BGBl I S. 1284), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichgesetzes und der BHO vom 15.07.2013 (BGBl I S. 2395). 4 Vgl. zum Veräußerungsgebot Rabenschlag, in: Engels/Eibelshäuser, Kommentar zum Haushaltsrecht, Stand September 2009, § 63 Rdnr. 11 m.w.N. 5 Vgl. Kube, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Artikel 110 Rdnr. 82. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 041/16 Seite 5 Mit der Regelung des Einwilligungsvorbehalts zugunsten der gesetzgebenden Körperschaften6 verfolgt der Gesetzgeber den Zweck, dem Bundestag und Bundesrat bei substantiellen Veränderungen der Vermögensposition ein Mitwirkungsrecht unter den folgenden Voraussetzungen einzuräumen .7 3.1. Außerplanmäßige Veräußerungen Die Einwilligung der Legislative bei der Veräußerung von Grundstücken ist nur dann erforderlich , wenn die Veräußerung im Haushaltsplan nicht vorgesehen war. Außerplanmäßig sind Veräußerungen von Bundesimmobilien immer dann, wenn sie im Haushaltsplan weder der Höhe noch dem Grunde nach enthalten sind.8 3.2. „Erheblicher Wert“ Die Mitwirkungsvorbehalte der gesetzgebenden Körperschaften bei der Veräußerung von bundeseigenen Grundstücke sind von einer bestimmten Wertgrenze abhängig, die gemäß Nr. 5.6 der Vorläufigen Verwaltungsvorschriften zu § 64 BHO von Bundestag und Bundesrat festgesetzt und durch das BMF bekannt gegeben wird. Seit 1993 sind nur solche Grundstücke als von „erheblichem Wert“ anzusehen, deren voller Wert (Verkehrswert) im Einzelfall einen Betrag von 15 Millionen Euro überschreitet.9 3.3. „Besondere Bedeutung“ Maßstäbe dafür, welchen Grundstücksveräußerungen ohne Rücksicht auf ihren Wert „besondere Bedeutung“ beizumessen ist, lassen sich kaum konkretisieren und sind auch in der bisherigen Haushaltspraxis nicht hinreichend deutlich geworden.10 Nach Nr. 5.6 der Vorläufigen Verwaltungsvorschriften zu § 64 BHO sind von „besonderer Bedeutung“ vor allem Grundstücke, an denen ein besonderes parlamentarisches Interesse bestehen dürfte. Als Beispiel dafür dürfte die verbilligte Veräußerung von Grundstücken aus dem Umlaufvermögen der BImA und von Konver- 6 Einen inhaltsgleichen Einwilligungsvorbehalt enthält § 65 Absatz 7 BHO betreffend die Veräußerung von Unternehmensanteilen von besonderer Bedeutung. 7 Vgl. Eibeshäuser/Nowak, in: Engels/Eibelshäuser, Kommentar zum Haushaltsrecht, Stand Februar 2008, § 65 Rdnr. 78. 8 Vgl. Birk/Wernsmann, Beteiligungsrechte des Parlaments bei der Veräußerung von Staatsvermögen. Insbesondere Unternehmensbeteiligungen, DVBl. 2005, S. 6. 9 Mähring, in: Engels/Eibelshäuser, Kommentar zum Haushaltsrecht, Stand September 2009, § 64 Rdnr. 4. 10 Vgl. Gatzer, in: Piduch, Bundeshaushaltsordnung, Stand Januar 1994, § 64 Rdnr. 6. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 041/16 Seite 6 sionsliegenschaften zum Zwecke der sozialen Wohnraumförderung durch die BImA an die Gebietskörperschaften gelten. Grundlage hierfür ist der Haushaltsvermerk Nr. 60.3 zu Kapitel 6004 Titel 12101.11 3.4. Unterrichtungspflicht bei fehlender Zustimmung § 64 Absatz 2 BHO erlaubt aus zwingenden Gründen eine Ausnahme von der ansonsten erforderlichen Einwilligung und sieht in diesem Fall vor, dass der Bundestag und der Bundesrat alsbald von der Veräußerung zu unterrichten sind. Eine fehlende Zustimmung des Bundestages oder Bundesrates zur außerplanmäßigen Veräußerung entfaltet grundsätzlich keine Konsequenzen im Außenverhältnis des Rechtsgeschäfts12. Die privatrechtliche Gültigkeit der Veräußerung wird somit von der fehlenden Zustimmung nicht berührt, sofern sich aus der Vertragsgestaltung im Einzelfall nichts anderes ergibt.13 - Ende der Bearbeitung - 11 Einzelheiten dieser Veräußerungsfälle sind in der auf der Grundlage dieses Haushaltsvermerks von der BImA erlasssenen und vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages genehmigten Richtlinie zur verbilligten Abgabe von Grundstücken enthalten. Abrufbar unter: https://www.bundesimmobilien.de/7948394/verbillgung. 12 Vgl. Birk/Wernsmann, (Beteiligungsrechte…), S. 7f.; Eibelshäuser/Nowak, in: Kommentar zum Haushaltsrecht, Stand Februar 2008, § 65 Rdnr. 85; Nöhrbaß, in Piduch, Bundeshaushaltsordnung, Stand Juli 2012 § 65 Rdnr. 18. 13 Der Kaufvertrag wurde beispielsweise vorbehaltlich der parlamentarischen Einwilligung abgeschlossen, vgl. WD 7, Zustimmungserfordernis nach § 64 BHO und Rechtsfolgen einer Sanierungssatzung, Sachstand 166/15.