© 2014 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 039/14 Verschiedene Fragen zur Privatisierung des staatlichen Forderungsmanagements Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 039/14 Seite 2 Verschiedene Fragen zur Privatisierung des staatlichen Forderungsmanagements Verfasser: Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 039/14 Abschluss der Arbeit: 20. Februar 2014 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Telefon: Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 039/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Zulässigkeit der Privatisierung des öffentlichen Forderungsmanagements 4 1.1. Rechtsfigur des Verwaltungshelfers 5 1.2. Datenschutzrechtliche Schranken 5 1.2.1. Datenverarbeitung im Auftrag 5 1.2.2. Sozialgeheimnis 6 1.2.3. Steuergeheimnis 7 1.3. Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit 7 2. Beispiele aus der Praxis 8 2.1. Bund 8 2.2. Länder 8 2.3. Gemeinden 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 039/14 Seite 4 1. Zulässigkeit der Privatisierung des öffentlichen Forderungsmanagements Die Gebietskörperschaften als Hoheitsträger sind kraft Formenwahlrechts berechtigt, öffentlichrechtlich und privatrechtlich zu handeln und im Rahmen der Gesetze öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Forderungen zu begründen. Im Hinblick auf die Privatisierung des Forderungsmanagements der öffentlichen Hand geht es um die Frage, ob und ggf. inwieweit es zulässig ist, die Aufgabe der Einziehung von Forderungen und der damit zusammenhängenden Tätigkeiten auf private nicht staatliche Rechtssubjekte zu übertragen. In der Praxis diskutierte Beispiele sind Fälle der sog. Verwaltungs- und Erfüllungshilfe (Rechtsfigur des Verwaltungshelfers) als funktionale Teilprivatisierung.1 Hinsichtlich der Zulässigkeitsgrenzen ist die Unterscheidung nach der Art der Forderungen von Bedeutung: Die Einziehung privatrechtlicher Forderungen richtet sich im Rahmen der datenschutzrechtlichen Vorgaben nach den zivilrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 398 ff.) und der Zivilprozessordnung. Einschränkungen der Zusammenarbeit mit Privaten bezüglich des Einziehungsprozesses bestehen nicht.2 Die Einziehung öffentlich-rechtlicher Forderungen fällt dagegen unter den Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG.3 Hiernach ist die Ausübung hoheitlicher Befugnisse4 als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Öffentlich-rechtliche Forderungen sind von den zuständigen Vollstreckungsbehörden auf Grundlage der Abgabenordnung (AO) und der Vollstreckungsgesetze des Bundes und der Länder beizutreiben. Dabei handelt es sich um eine strikte hoheitliche Aufgabe (Eingriffsverwaltung). In Ermangelung einer gesetzlichen Grundlage scheidet die Beleihung eines privatrechtlichen Unternehmens aus. Nicht unter das Verbot des Art. 33 Abs. 4 GG fällt allerdings die Leistung untergeordneter Hilfsdienste sowie anderer Vorbereitungsdienste für die Ausübung öffentlicher Gewalt.5 Folgende Ausführungen beschränken sich daher auf die Zulässigkeitsgrenzen der Verwaltungshilfe im Bereich öffentlich-rechtlicher Forderungen. 1 Vgl. M. Burgi, Privatisierung öffentlicher Aufgaben, Gutachten D zum 67. Dt. Juristentag 2008, D 84; BGH, Urteil vom 14.10.2004, JZ 1993, 1001. 2 So A. Dix, Datenschutzbeauftragter des Landes Berlin, in: Dokumentation zu der Veranstaltung „Forderungsmanagement für die Berliner Verwaltung“ am 17. Mai 2011, anzufordern bei der CDU-Fraktion des Abgeordnetenhauses von Berlin. 3 Vgl. Burgi, a. a. O. 4 Vgl. hierzu: Jarass/Pieroth, Kommentar zum Grundgesetz, 9. Auflage, Artikel 33, Rn. 41. 5 Vgl. Burgi, a. a. O.; Jarass/Pieroth, a. a. O. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 039/14 Seite 5 1.1. Rechtsfigur des Verwaltungshelfers Die Rechtsfigur des Verwaltungshelfers ist auch ohne konkrete organisationsrechtliche Regelung allgemein anerkannt.6 Auf den Verwaltungshelfer findet der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG keine Anwendung, da auf ihn keine hoheitlichen Befugnisse übertragen werden. Der Verwaltungshelfer wird im öffentlichen Bereich lediglich weisungsabhängig und ohne eigene Entscheidungsspielräume zur Vorbereitung einer Verwaltungsentscheidung eingesetzt oder mit ihrer faktischen Erfüllung beauftragt.7 Der private Verwaltungshelfer erhält folglich nur Ausschnitte einer Kompetenz zur Erledigung im Innenverhältnis übertragen, wobei die Außenkompetenz des Hoheitsträgers dem Bürger gegenüber erhalten bleibt, indem die Handlungen und Willenserklärungen des Verwaltungshelfers ausschließlich dem Hoheitsträger selbst zugeordnet bleiben.8 Die Besorgung der Dienstleistung des Verwaltungshelfers erfolgt im Rahmen eines privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Vertrages, in dem der Inhalt der Verwaltungshilfe festgelegt wird, die Endverantwortlichkeit des Hoheitsträgers sicherzustellen ist und für die Leistungen des Verwaltungshelfers ein Entgelt vereinbart wird.9 Der Hoheitsträger ist aufgrund seiner bestehenden öffentlich -rechtlichen Kompetenz zur Aufgabenwahrnehmung verpflichtet, im Geschäftsbesorgungsvertrag Kontrollbefugnisse und Haftungsregelungen vorzusehen.10 1.2. Datenschutzrechtliche Schranken Die Weitergabe von Daten der öffentlichen Hand an den privaten Verwaltungshelfer im Rahmen der Unterstützung des öffentlichen Forderungsmanagements unterliegt engen rechtlichen Grenzen . Diese werden zum Teil durch die Datenschutzgesetze des Bundes und der Länder bestimmt. Darüber hinaus entfalten das Sozialgeheimnis und das Steuergeheimnis als lex specialis eine besondere dem allgemeinen Datenschutz vorrangige Schutzwirkung. Beide Bereiche gehören zur Bundesgesetzgebung und stecken den Rahmen für die Gestaltungsmöglichkeiten beim Forderungsmanagement ab. 1.2.1. Datenverarbeitung im Auftrag Nach § 3 Abs. 8 Satz 3 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und den gleichlautenden Vorschriften der Landesdatenschutzgesetze sind Personen und Stellen, die im Geltungsbereich vorgenannter Vorschriften personenbezogene Daten „im Auftrag“ erheben, verarbeiten oder nutzen, nicht Dritte im Sinne dieser Normen. Dieser Rechtskonstruktion liegt der Gedanke zugrunde, dass sich der öffentliche Auftraggeber eines privaten Dienstleisters bedient, der ausschließlich weisungsge- 6 Vgl. F.-J. Peine, Grenzen der Privatisierung, DÖV 1997, S. 353ff., 357; J. Wohlfahrt, Rechtsfragen der Beauftragung privater Inkassounternehmen durch Gemeinden und Gemeindeverbände, SKZ 7/2006, S. 176. 7 Vgl. ebenda. 8 Vgl. J. Wohlfahrt, a. a. O. 9 Vgl. A. Gern, Privatisierung des Forderungsmanagements der Kommunen, DÖV 2009, S. 270ff., S. 271. 10 Vgl. ebenda. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 039/14 Seite 6 bunden mit den Daten des Auftraggebers umgeht.11 Rechtlich wird damit der private Auftragnehmer als Einheit mit dem Auftraggeber (als verlängerter Arm) gewertet. Wesentlich für die rechtliche Qualifizierung als Auftragsdatenverarbeitung ist, dass der Auftraggeber für die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften verantwortlich ist und bleibt (§ 11 BDSG).12 Von der Datenverarbeitung im Auftrag ist die Datenübermittlung zu unterscheiden. Letzte setzt eine Übermittlungsbefugnis voraus. Abgesehen von der gesetzlich oder von dem Betroffenen erteilten Erlaubnis ist die Übermittlung personenbezogener Daten an nicht öffentliche Stellen zulässig , wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der übermittelnden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist (§ 16 BDSG). Das Erforderlichkeitsmerkmal im Sinne des Datenschutzrechts ist die Besorgnis einer nicht ordnungsgemäßen Erfüllung der öffentlichen Aufgabe ohne Kenntnis der relevanten Daten.13 Die Begründung der Erforderlichkeit ist eine Einzelfallentscheidung .14 1.2.2. Sozialgeheimnis Nach 35 Abs. 1 Sozialgesetzbuch I (SGB I) hat jeder Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 SGB X) von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (Sozialgeheimnis). Wie das allgemeine Datenschutzrecht unterscheidet auch das Sozialrecht zwischen Auftragsdatenverarbeitung und allgemeiner Datenverarbeitung. Die in § 80 SGB X geregelten Voraussetzungen der Datenverarbeitung im Auftrag entsprechen hinsichtlich Normenzweck, Regelungsgegenstand und Einzelausformung im Wesentlichen den Regelungen des allgemeinen Datenschutzrechts des Bundes und der Länder.15 Nach § 80 Abs. 5 SGB X ist die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten „im Auftrag“ durch nicht öffentliche Stellen nur zulässig, wenn entweder beim Auftraggeber sonst „Störungen im Betriebsablauf“ eintreten können oder wenn die übertragenen Arbeiten beim Auftragnehmer „erheblich kostengünstiger “ besorgt werden können und der Auftrag nicht die Speicherung des gesamten Datenbestandes des Auftraggebers umfasst. Die Begriffe „Störung im Betriebsablauf“ sowie die „Kostengünstigkeit“ bedürfen der Konkretisierung im Einzelfall durch die öffentliche Stelle.16 11 Vgl. C. Drechsler, Datenschutzrechtliche Bewertung privaten Inkassos öffentlich-rechtlicher Forderungen, Schleswig-Holstein aktuell, 1/2012, Kommunalkassenverwalterverband Schleswig-Holstein, S. 26f. 12 Vgl. ebenda. 13 Vgl. Abel/Karpenstein, Verbesserung des öffentlichen Forderungsmanagements – Möglichkeiten und Grenzen einer Einbeziehung privater Unternehmen, RDV 2005, S. 157ff., S. 160f.; C. Drechsler, a. a. O. 14 Vgl. ebenda. 15 Vgl. M. von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 5. Auflage, § 80, Rn. 3. 16 vgl. ebenda. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 039/14 Seite 7 Die Übermittlung von Sozialdaten (Datenverarbeitung) setzt grundsätzlich eine Übermittlungsbefugnis (§ 67 SGB X) voraus. Sie kann im Einzelfall auch erlaubt sein, wenn dem Erforderlichkeitsprinzip im Sinne des § 69 SGB X Rechnung getragen wird.17 1.2.3. Steuergeheimnis § 30 AO verpflichtet alle öffentlichen Stellen auf das Steuergeheimnis. § 30 Abs. 4 AO regelt abschließend , zu welchem Zweck Steuerdaten an Dritte weitergegeben werden dürfen.18 Eine Offenbarung steuerbezogener Daten ist gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO u.a. nur zulässig, soweit dies der Durchführung eines Steuerverfahrens dient. Eine Offenbarungsbefugnis der Finanzbehörden mit dem Ziel der teilweisen Privatisierung von Steuerforderungen ist jedenfalls den Erlaubnistatbeständen des § 30 Abs. 4 AO nicht zu entnehmen.19 Daher ist auch eine Verarbeitung der Steuerdaten im Auftrag durch Private nicht zulässig.20 Die Datenschutzbeauftragten einiger Bundesländer21 halten die Einschaltung eines Inkassobüros im Rahmen des öffentlichen Forderungsmanagements auch im Hinblick auf den Einzug von Steuerforderungen dann für rechtlich unproblematisch, wenn das Inkassobüro - als Verwaltungshelfer - im Wege der Auftragsdatenverarbeitung bei der Vollstreckungsarbeit Hilfsdienste leistet und - das Inkassobüro grundsätzlich nicht erfährt, um welche Forderungen es sich handelt. 1.3. Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist in der Bundeshaushaltsordnung und gleichlautend in Haushaltsordnungen der Länder verankert.22 Er verpflichtet auch zur Prüfung, inwieweit bisher staatliche Aufgaben durch Ausgliederung und Entstaatlichung oder Privatisierung effektiver und damit kostengünstiger erfüllt werden können. Ob die Wirtschaftlichkeit der Einschaltung Privater in das Forderungsmanagement der öffentlichen Hand gegeben ist, ist im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprognose durch Wirtschaftlich- 17 Vgl. A. Gern, a. a. O., S. 279; J. Wohlfahrt, a. a. O., S. 177f.; a. A. C. Drechsler, a. a. O., S. 30. 18 H. M. vgl. A. Gern, a. a. O. mit weiteren Nachweisen. 19 C. Drechsler, a. a. O. 20 Einhellig: vgl. ebenda. 21 Namentlich die der Länder Hessen und Berlin; vgl. zu Hessen: 38. Tätigkeitsbericht des Hessischen Datenschutzbeauftragten , Hessischer Landtag, Drs. 18/2027, S. 141; zu Berlin: A. Dix, a. a. O.; zum Meinungsstreit vgl. J. Wohlfahrt, a. a. O. mit weiteren Nachweisen. 22 Zum Beispiel für Berlin in § 7 LHO. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 039/14 Seite 8 keitsuntersuchungen (Kosten-Nutzen-Analyse) zu ermitteln.23 Die Zahlungen vereinbarter Provisionen oder Entgelte an den privaten Verwaltungshelfer sind jedenfalls aus haushaltsrechtlicher Sicht insofern unproblematisch, als der Nutzen der Verwaltungshilfe diese Kosten übersteigt und damit der Fremdbezug der Dienstleistung im Vergleich zur Selbsterledigung wirtschaftlicher ist. 2. Beispiele aus der Praxis 2.1. Bund Das Forderungsmanagement des Bundes wird ausschließlich durch die Zollverwaltung wahrgenommen . 2.2. Länder Das Land Baden-Württemberg hat im Rahmen eines auf drei Jahre angelegten Pilotprojekts im Bereich des staatlichen Forderungsmanagements für die Justiz die Einbindung privater Unternehmen beim Forderungseinzug erprobt. Gegenstand des Projektes waren der Einzug niedergeschlagener Justizkostenforderungen und die Abwicklung von Prozesskostenhilfefällen.24 Das Projekt ist inzwischen abgeschlossen und wird aus Wirtschaftlichkeitserwägungen nicht fortgesetzt .25 Das Land Hessen hat das Modell des Landes Baden-Württemberg auf der Grundlage eines geänderten Hessischen Justizkostengesetzes vom 26.11.2012 eingeführt.26 Das Land Berlin hat im Jahr 2012 eine Projektgruppe Forderungsmanagement bei der Senatsverwaltung für Finanzen eingerichtet.27 Sie hat die Aufgabe, in Zusammenarbeit mit den Bezirken für das Forderungsmanagement des Landes Berlin ein Konzept zu entwickeln, das die Veräußerung von Forderungen und die Hinzuziehung Privater als Verwaltungshelfer auch bei der Verfolgung öffentlich-rechtlicher Forderungen berücksichtigt. 2.3. Gemeinden Nach der im Auftrag des Fachverbandes der Kommunalkassenverwalter e. V.28 von der Kanzlei Rödel & Partner durchgeführten Erhebung arbeiten rund 10 Prozent der kommunalen Verwaltungen im Forderungsmanagement mit privaten Dienstleistern zusammen. Ein prominentes Beispiel 23 Vgl. Rechnungshof Rheinland-Pfalz, Kommunalbericht 2011, S. 133f. 24 Einzelheiten hierzu: Landtag von Baden-Württemberg, Drs. 14/2896. 25 Vgl. Abschlussbericht zum Pilotprojekt, Landtag von Baden-Württemberg, Drs. 15/1964. 26 Vgl. Artikel 1; JKostG HE, GVBl. 1958, 60. 27 Vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 17/0400 vom 8.6.2012. 28 Vgl. Studie: Status Quo und Perspektiven des kommunalen Forderungsmanagements in Deutschland, März 2009, anzufordern beim Fachverband der Kommunalkassenverwalter e. V. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 039/14 Seite 9 ist hierfür die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden. In Zusammenarbeit mit dem Datenschutzbeauftragten des Landes Hessen hat die Stadt Wiesbaden ein Konzept29 entwickelt, das eine weitgehende Unterstützung eines privaten Inkassobüros bei der Beitreibung aller öffentlichrechtlichen Forderungen vorsieht. Dabei wurden dem Inkassobüro folgende Aufgaben zugewiesen : - Führung der gesamten Korrespondenz mit den Schuldnern einschließlich aktiver und passiver Telefonkontakte, - Überprüfung der Bonität des Schuldners, - Adressermittlungen, - Arbeitgeberermittlungen, - Vermittlung von Ratenzahlungsvereinbarungen als Bote des Auftraggebers und deren Überwachung, - Vermittlung von Vergleichen als Bote des Auftraggebers, - Sachstandsmitteilungen, - Abführen einzelner Beträge und Abrechnung gegenüber dem Auftraggeber. Hinsichtlich der Durchführung der einzelnen Aufgaben gibt der Auftraggeber dem Auftragnehmer detaillierte Handlungsanweisungen vor. Insoweit hat das Inkassobüro keinen eigenen Handlungsspielraum (Funktion des Verwaltungshelfers). Die Stadt Wiesbaden teilt dem Verwaltungshelfer auch nicht mit, um welche Forderungen es sich handelt, sondern der Auftragnehmer erfährt lediglich, dass der Schuldner XY der Landeshauptstadt einen Betrag in einer bestimmten Höhe schuldet. So erfährt das Inkassobüro grundsätzlich nicht, ob es sich bei der geschuldeten Zahlung z.B. um eine Steuerschuld handelt. Dem Inkassobüro werden die folgenden Daten mitgeteilt : - Name, - Anschrift, - Geburtsdatum, - Höhe der offenen Forderung, - Datum der Fälligkeit. Besonderer Wert wurde bei der Vereinbarung zwischen der Stadt Wiesbaden und dem privaten Inkassobüro auch auf die Festlegung besonderer technischer und organisatorischer Datenschutzmaßnahmen gelegt, damit die Daten auch im Bestand des Inkassobüros vor den Zugriffen anderer Abteilungen wirksam geschützt sind (Datenverarbeitung im Auftrag). 29 38. Tätigkeitsbericht des Hessischen Datenschutzbeauftragten, S. 141ff.; Zustimmung der Hessischen Landesregierung zum kommunalen Forderungsmanagement, Hessischer Landtag, Drs. 18/2941.