Das Federal Reserve System - Entstehungsgeschichte,Grundlagen, Aufbau- - Ausarbeitung - © 2008 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 037/08 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Das Federal Reserve System - Entstehungsgeschichte, Grundlagen, Aufbau - Ausarbeitung WD 4 - 3000 037/08 Abschluss der Arbeit: 21.02.2008 Fachbereich WD 4: Haushalt und Finanzen Telefon: Hinweise auf interne oder externe Unterstützung bei der Recherche bzw. Abfassung des Textes Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. Inhalt 1. Entstehungsgeschichte 3 2. Rechtliche Grundlagen der FED 4 3. Aufbau der FED und ihrer angeschlossenen zwölf Notenbanken 4 3.1. Federal Open Market Comittee (FOMC) 4 3.2. Board of Governors 4 3.3. Federal Reserve Banks 5 3.4. Beteiligung an den Gewinnen der FED 5 4. Gerüchte um die Gründung und die Existenz der FED 6 4.1. Die Jekyll Island Konferenz 6 4.2. Die präsidiale executive order 11110 6 4.3. Stellungnahme 7 - 3 - 1. Entstehungsgeschichte Bis zur Einführung des Federal Reserve Systems (FED) im Jahre 1913 war das Währungssystem der USA geprägt von zahlreichen Privatbanken, die das Recht hatten, eigene Banknoten herauszugeben. So zählte man bis zum Ausbruch des Sezzessionskrieges1 in den USA über 7.000 in Art und Wert völlig unterschiedliche Banknoten. Unter den Banken befanden sich damals viele sogenannte wildcat banks. Diese ließen sich an unwirtlichen und gering frequentierten Orten nieder. Eine Einlösung der von diesen Banken ausgegebenen Noten in Gold scheiterte oft schon an der praktischen Umsetzung.2 Aus diesem Grund war das bis dahin geltende Notenbanksystem der USA äußerst unsicher . Ausgegebene Noten hatten oftmals keine Akzeptanz und waren daher praktisch wertlos. Bedingt durch den amerikanischen Bürgerkrieg entstand eine Währungskrise. Um dieser Krise Herr zu werden wurde 1865 der National Banking Act erlassen. Inhalt dieses Gesetzes war unter anderem, die Regelung und Kontrolle der Notenausgabe wieder der Bundesregierung zu unterstellen. Zur Vereinheitlichung der Notenausgabe wurde das Amt eines Währungskommissars geschaffen. Eine Zentralnotenbank wurde allerdings - obwohl gefordert - zur damaligen Zeit nicht eingerichtet. Das nunmehr geschaffene National Banking System war aufgrund mangelnder Elastizität3 in der Geldversorgung weiter sehr krisenanfällig4. Ein Run auf die Banken im Jahre 1907/1908 - ausgelöst durch die Zahlungsunfähigkeit einer großen Bank - gab den Ausschlag, das bestehende Bankensystem abzulösen. Es wurde eine Kommission5 eingesetzt, die insbesondere in Europa die dort bestehenden Zentralbanksysteme untersuchen und auf Grundlage dieser Erkenntnisse einen Gesetzesvorschlag für ein Zentralbanksystem in den USA ausarbeiten sollte. Dieser Vorschlag - der sogenannte Aldrich-Plan6 - sah für die USA ein Zentralbanksystem nach dem Vorbild der Deutschen Reichsbank vor. Dieser Plan war politisch umstritten. Die Republikaner befürworteten den Vorschlag, die Demokraten lehnten ihn ab. Mit der Wahl des demokratischen Präsidenten Woodrow Wilson im Jahre 1912 war der Aldrich -Plan passé. Es setzte sich nunmehr unter Federführung der demokratischen Senatoren Glass und Owen das bis heute gültige Federal Reserve System durch. Dieses unterscheidet sich vom Aldrich-Plan insoweit, dass es einen dezentralen Aufbau verfolgt. 1 Von 1861 bis 1865. 2 Christian Walter, Das Federal Reserve System, die Deutsche Bundesbank und das Europäische System der Zentralbanken/die Europäische Zentralbank im Vergleich, Diss. München 1993, Seite 17. 3 Zu den Hauptschwachpunkten ausführlich Christian Walter, a.a.O., Seite 19 und 20. 4 Christian Walter, a.a.O. , Seite 20. 5 National Monetary Comission. 6 Benannt nach dem republikanischen Senator Nelson W. Aldrich. - 4 - Um diese Dezentralisation zu erreichen, unterteilte man das Staatsgebiet der USA in zwölf Federal Reserve Districts. In jedem dieser Districts wurde eine Federal Reserve Bank als Notenbank etabliert. 2. Rechtliche Grundlagen der FED Das Federal Reserve System entstand am 23.12.1913 durch den Federal Reserve Act7. Mit diesem Gesetz wurde in den USA ein Zentralbanksystem8 eingeführt. Der Federal Reserve Act wurde als simple act of Congress erlassen. Der Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika behielt sich so - zumindest theoretisch - vor, die FED durch einen einfachen Gesetzgebungsakt grundlegend ändern oder gar auflösen zu können. Der Kongress hat sich somit seiner geldpolitischen Entscheidungsgewalt nicht entledigt. Dennoch besitzt die FED eine weite Unabhängigkeit von der Regierung in Fragen der Geldpolitik. Sie nimmt daher als independent agency eine rechtliche Sonderstellung9 innerhalb des amerikanischen Regierungssystems ein. 3. Aufbau der FED und ihrer angeschlossenen zwölf Notenbanken Das Federal Reserve System weißt sowohl privatrechtliche als auch öffentlichrechtliche Elemente auf. Die FED besteht aus dem Federal Open Market Committee (FOMC), dem Board of Governors, sowie den zwölf regionalen Federal Reserve Banks. 3.1. Federal Open Market Comittee (FOMC) Das FOMC setzt sich zusammen aus den sieben Mitgliedern des Board of Governors und fünf Präsidenten aus den zwölf Federal Reserve Banks. Der Vorsitzende des FOMC ist gleichzeitig der Vorsitzende des Board of Governors. Im FOMC werden die wichtigen finanzpolitischen Offenmarktentscheidungen und die Devisenmarktpolitik festgelegt . 3.2. Board of Governors Die zentrale Notenbankleitung der USA wird Board of Governors genannt. Dieses Gremium ist als oberste Bundesbehörde zu charakterisieren. Der Board of Governors ist 7 Das Gesetz im Wortlaut unter: http://www.federalreserve.gov/GeneralInfo/fract/ 8 Federal Reserve System. 9 David M. Jones, The politics of money: the FED under Alan Greenspan, New York Institute of Finance 1991, Seite 112. - 5 - zentrales und oberstes Aufsichtsorgan. Der Sitz ist in Washington D.C. Die sieben Mitglieder dieses Gremiums sind hauptamtlich dort tätig und werden vom Präsidenten der USA eingesetzt und vom US-Senat bestätigt. Ihre Amtszeit beträgt 14 Jahre. Wesentliche Aufgaben dieses Organs sind die Festsetzung der gesetzlichen Mindestreserve , die Diskontpolitik, die Regelung von Habenzinsbeschränkungen und der Mindestkapitalanteile für Wertpapierkäufe sowie Erlasse von Konsumentenschutzvorschriften . Auch obliegt dem Board of Governors die Aufsicht über die zwölf Federal Reserve Banks, sowie über deren Mitgliedsbanken sowie die Aufsicht über Bank-Holding- Gesellschaften. Da der Board of Governors sieben der zwölf Mitglieder des FOMC stellt, kommt ihm indirekt auch die Entscheidung über die Offenmarktpolitik zu. Diese Befugnisse machen ihn faktisch zum ausschließlichen Entscheidsorgan über die Geldschöpfungs- und Kreditpolitik der FED10. 3.3. Federal Reserve Banks Anteilseigner der zwölf Federal Reserve Banks sind die dem System angeschlossenen privaten Mitgliedsbanken11. Die Anteile der privaten Mitgliedsbanken an einer der zwölf Federal Reserve Banks sind nicht handelbar. Vielmehr besteht die Mitgliedschaft kraft Gesetzes. Ab einer bestimmten Größe ist eine private Bank in den USA verpflichtet Mitglied im FED zu sein. Jede Mitgliedsbank, die Anteile an einer der zwölf Federal Reserve Banks hält, hat darüber hinaus sechs Prozent ihres Eigenkapitals und ihrer Reserven für die Zeichnung des Aktienkapitals der jeweiligen Federal Reserve Bank zu verwenden12. Aufgabe der Federal Reserve Banks ist es, die Geld- und Kreditpolitik des Board of Governors praktisch umzusetzen. 3.4. Beteiligung an den Gewinnen der FED Der Gewinn13 den die FED erwirtschaftet wird für die Dotierung der Rücklagen, für die Ausgaben des Board of Governors und für die Ausschüttung einer sechsprozentigen Dividende an die Mitgliedsbanken verwendet. Der Rest fließt dem US-Schatzamt zu. 10 Christian Walter, a.a.O., Seite 41. 11 http://www.federalreserve.gov/generalinfo/faq/faqfrbanks.htm#6 12 Christian Walter, a.a.O., Seite 37. 13 Christian Walter, a.a.O., Seite 37. - 6 - 4. Gerüchte um die Gründung und die Existenz der FED Im Internet finden sich zahlreiche Verschwörungstheorien von zweifelhafter Herkunft um die Gründung und die Existenz der FED. Zwei markante Punkte in der Geschichte der FED sollen die Jekyll Island Konferenz und die Executive Order 11110 sein. 4.1. Die Jekyll Island Konferenz Vermutlich zurückgehend auf ein populärwissenschaftliches Buch14 entstanden Gerüchte über den Einfluss einer Konferenz auf Jekyll Island im Jahre 1910 oder 191315. An dieser Konferenz sollen namhafte Bankiers teilgenommen haben, um in einem „konspirativ vorbereiteten Handstreich das amerikanische Parlament zu überlisten und das Federal Reserve System (FED) ins Leben zu rufen16“. 4.2. Die präsidiale executive order 1111017 Der damalige US-Präsident John F. Kennedy wollte angeblich mit der executive order 11110 die alleinige staatlich kontrollierte Währungsausgabe ermöglichen und den Federal Reserve Act beseitigen. Mit dieser Order sollte die vorangegangene executive order 10289 - welche angeblich synonym mit Federal Reserve Act ist - außer Kraft gesetzt werden. Dies hätte das Geldausgabemonopol der FED beseitigen sollen. Angeblich ließ US-Präsident John F. Kennedy in Umsetzung der Executive Order 11110 bereits Milliarden US-Dollar in kleinen Sorten drucken. Im Internet kursierende Verschwörungstheorien halten dies für den Hintergrund der Ermordung von John F. Kennedy. 14 G. Edward Griffin, Die Kreatur von Jekyll Island, Die US-Notenbank Federal Reserve, Das schrecklichste Ungeheuer, das die internationale Hochfinanz je schuf. 15 Die Jahresangabe ist nicht eindeutig zuordenbar. 16 So der Klappentext des Buches von Fußnote 14. 17 Bei der Eingabe der Begriffe „Executive Order 11110“ in die Suchmaschine www.google.de finden sich unzählige Internetseiten mit zum Teil volksverhetzenden Inhalten, die hier nicht zitiert werden. - 7 - 4.3. Stellungnahme Die Unterzeichner konnten in seriösen Publikationen mit wissenschaftlichem Anspruch keine Hinweise für die obigen Gerüchte und/oder Verschwörungstheorien ausfindig machen. Speziell zur executive order 11110 ist zu sagen, dass die unbewiesenen Behauptungen auf diversen Internetseiten nicht der Rechtswirklichkeit in den Vereinigten Staaten entsprechen können. Dies soll die nachfolgende rechtliche Betrachtung erläutern. Der Federal Reserve Act ist ein Gesetzgebungsakt des Kongresses (simple act of congress ) der USA. Dem US-Kongress obliegt gemäß Artikel I § 8 der amerikanischen Verfassung die Gesetzgebung über das Geldwesen18. Eine präsidiale executive order ist eine Art Verwaltungsanweisung des US-Präsidenten für die ihm nachstehende Exekutive . In der amerikanischen Fachliteratur19 wird sie folgendermaßen umschrieben: A presidential policy directive that implements or interprets a federal statute, a constitutional provision, or a treaty. Sie ist damit im deutschen Recht vergleichbar mit einer interpretierenden Verwaltungsanweisung einer obersten Behörde bzw. eines Ministeriums. Aus diesem rechtlichen Blickwinkel betrachtet, ist es unmöglich, dass ein US-Präsident mit einer solchen Exekutivanweisung ein Gesetz des Kongresses außer Kraft setzen kann. Der Supreme Court20 der USA hat denn auch am 02. Juni 1952 entschieden, dass eine executive order generell kein neues Recht schaffen kann, sondern nur zur Erläuterung von Gesetzen erlassen werden darf. Unterstellte man die Existenz und den Inhalt der executive order 11110 als Aufhebungsakt zulasten der FED und zugunsten der Gründung einer vollkommen staatseignen Zentralbank, so würde diese Präsidialanweisung keine Wirkung entfalten, weil dem US- Präsidenten keine Verwerfungskompetenz für einen Gesetzgebungsakt des US- Kongresses zukommt. 18 Hay, US-Amerikanisches Recht, 3. Auflage 2005, Seite 16. 19 West´s Encyclopedia of American Law, 2nd Edition Volume 4, Seite 272. 20 Im Fall Youngstown Sheet & Tube Co. ./. Sawyer, United States Reports Volume 343, Cases Adjudged in The Supreme Court, Seite 579 (580).