© 2020 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 035/20 Finanzielle Auswirkungen von Änderungen des Tarifverlaufs bei der Einkommensteuer Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 035/20 Seite 2 Finanzielle Auswirkungen von Änderungen des Tarifverlaufs bei der Einkommensteuer Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 035/20 Abschluss der Arbeit: 13. März 2020 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 035/20 Seite 3 1. Fragestellungen Welche Auswirkungen hat eine Ausweitung der Tarifzone 1 (Nullzone) ab 2020 bis zum Ende des laufenden Finanzplanungszeitraums auf ein zu versteuerndes Einkommen von 12.000 Euro (14.160 Euro) mit einer korrespondierenden Rechtsverschiebung der Tarifzone 2 (Progressionszone 1), differenziert nach a) Steuermindereinnahmen je Veranlagungszeitraum und Steuerarten b) Anzahl der Einkommensteuerpflichtigen, die in der Folge eine Einkommensteuerschuld von Null haben, unter zusätzlicher Nennung der bisherigen Anzahl? Welche Auswirkungen hat eine Ausweitung der Tarifzone 1 (Nullzone) ab 2020 bis zum Ende des laufenden Finanzplanungszeitraums auf ein zu versteuerndes Einkommen von 12.000 Euro (14.160 Euro) mit einer korrespondierenden Rechtsverschiebung der Tarifzonen 2 und 3 (Progressionszonen 1 und 2), differenziert nach Steuermindereinnahmen je Veranlagungszeitraum und Steuerarten? 2. Einkommensteuertarif 2020 Seit 1. Januar 2020 bemisst sich die tarifliche Einkommensteuer nach § 32a Einkommensteuergesetz (EStG) wie folgt: – Grundfreibetrag: 9.408 Euro – Ein zu versteuerndes Einkommen von 9.409 Euro bis 14.532 Euro wird mit einem Steuersatz zwischen 14 und 24 Prozent besteuert (erste Progressionszone). – Ein zu versteuerndes Einkommen von 14.533 Euro bis 57.051 Euro wird mit einem Steuersatz zwischen 24 und 42 Prozent besteuert (zweite Progressionszone). – Ein zu versteuerndes Einkommen von 57.052 Euro bis 270.500 Euro wird mit 42 Prozent besteuert (erste obere Proportionalzone). – Ein zu versteuerndes Einkommen ab 270.501 Euro wird mit 45 Prozent besteuert (zweite obere Proportionalzone, Reichensteuer). 3. Finanzielle Auswirkungen von Änderungen des Tarifverlaufs Bei den nachfolgenden Werten zu den fiskalischen Auswirkungen handelt es sich zum einen um eine sogenannte Faustformel des Bundesministeriums der Finanzen und zum anderen um das Finanztableau zu den Maßnahmen des Familienentlastungsgesetzes1, durch die zuletzt der Grundfreibetrag angehoben und die Tarifeckwerte verschoben wurden. Die Wissenschaftlichen 1 Gesetz zur steuerlichen Entlastung der Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Familienentlastungsgesetz – FamEntlastG) vom 29. November 2018, Bundesgesetzblatt I, Seite 2210. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 035/20 Seite 4 Dienste des Deutschen Bundestages verfügen nicht über ein Simulationsmodell, mit dem Variationen des Einkommensteuertarifs abgebildet und die Auswirkungen berechnet werden können. Die Anzahl der Einkommensteuerpflichtigen betrug 2015 insgesamt 40.624.541. Davon hatten 31.079.832 Steuerpflichtige eine festgesetzte Einkommensteuer zu entrichten beziehungsweise wurde bei ihnen Lohnsteuer einbehalten.2 3.1. Steuerpolitische Faustformel des Bundesministeriums der Finanzen Nach der steuerpolitischen Faustformel des Bundesministeriums der Finanzen verändert sich das Steueraufkommen für alle Gebietskörperschaften bei voller Jahreswirkung im Jahr 2018 wie folgt: bei einer Anhebung des Grundfreibetrags von 9.000 Euro um 100 Euro auf 9.100 Euro (einschließlich Solidaritätszuschlag, OHNE Anhebung des Eingangssteuersatzes und steileren Anstieg der ersten Progressionszone): - 800 Mio. Euro, bei einer Anhebung des Grundfreibetrags von 9.000 Euro um 100 Euro auf 9.100 Euro (einschließlich Solidaritätszuschlag, bei Anhebung des Eingangssteuersatzes und gleichbleibendem Anstieg der ersten Progressionszone): - 600 Mio. Euro.3 3.2. Finanztableau des Familienentlastungsgesetzes Durch das Familienentlastungsgesetz wurden zum 1. Januar 2019 und zum 1. Januar 2020 der Grundfreibetrag angehoben und die übrigen Tarifeckwerte entsprechend verschoben. Dabei ergeben sich für alle Gebietskörperschaften folgende Steuermindereinnahmen (volle Jahreswirkung): Anhebung des Grundfreibetrages um 168 Euro von 9.000 Euro auf 9.168 Euro ab 1. Januar 2019: - 195 Mio. Euro Einkommensteuer, - 1.120 Mio. Euro Lohnsteuer, - 65 Mio. Euro Solidaritätszuschlag, 1.380 Mio. Euro gesamt. 2 Statistisches Bundesamt: Statistisches Jahrbuch 2019, 9 Finanzen und Steuern, Tabelle 9.6.3, unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Jahrbuch/jb-finanzen-steuern.pdf?__blob=publicationFile abgerufen am 13. März 2020. 3 Bundesministerium der Finanzen: Datensammlung zur Steuerpolitik, Stand 10. September 2019, Seite 87, unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Broschueren_Bestellservice/2019-02-05- datensammlung-zur-steuerpolitik-2018.pdf;jsessionid=E3747333B11E20395177D98100BC7685.delivery2-replication ?__blob=publicationFile&v=3, abgerufen am 13. März 2020. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 035/20 Seite 5 Verschiebung der übrigen Tarifeckwerte4 des Tarifs 2018 ab 1. Januar 2019 um 1,84 Prozent: - 205 Mio. Euro Einkommensteuer, - 1.640 Mio. Euro Lohnsteuer, - 100 Mio. Euro Solidaritätszuschlag, 1.945 Mio. Euro gesamt. Weitere Anhebung des Grundfreibetrages um 240 Euro von 9.168 Euro auf 9.408 Euro ab 1. Januar 2020: - 280 Mio. Euro Einkommensteuer, - 1.650 Mio. Euro Lohnsteuer, - 100 Mio. Euro Solidaritätszuschlag 2.030 Mio. Euro gesamt. Verschiebung der übrigen Tarifeckwerte des Tarifs 2019 ab 1. Januar 2020 um 1,95 Prozent - 220 Mio. Euro Einkommensteuer, - 1.800 Mio. Euro Lohnsteuer, - 110 Mio. Euro Solidaritätszuschlag 2.130 Mio. Euro gesamt.5 * * * 4 Tarifeckwerte sind die Punkte im Tarifverlauf, an denen die einzelnen Tarifzonen des Einkommensteuertarifs (Grundfreibetrag; erste Progressionszone; zweite Progressionszone; erste obere Proportionalzone; zweite oberer Proportionalzone) aneinander anschließen, siehe oben. 5 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur steuerlichen Entlastung der Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Familienentlastungsgesetz – FamEntlastG), Bundestags-Drucksache 19/5583, Seite 20f.