© 2018 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 035/18 Ersatzwirtschaftswert als Bewertungsgrundlage für landwirtschaftliches Vermögen bei der Erbschaftsteuer Rechtliche Möglichkeiten und Grenzen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 035/18 Seite 2 Ersatzwirtschaftswert als Bewertungsgrundlage für landwirtschaftliches Vermögen bei der Erbschaftsteuer Rechtliche Möglichkeiten und Grenzen Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 035/18 Abschluss der Arbeit: 14. März 2018 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 035/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Ersatzwirtschaftswert 4 3. Verfassungsrechtliche Einschätzung des Ersatzwirtschaftswerts unter Einbeziehung von Pachtflächen 4 4. Verfassungsrechtliche Einschätzung des Ersatzwirtschaftswerts ohne Pachtflächen 6 5. Datenlage zum Ersatzwirtschaftswert 9 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 035/18 Seite 4 1. Fragestellung Die Auftraggeber erkundigen sich nach den rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen als erbschaftsteuerlicher Bemessungsgrundlage für landwirtschaftliche Einzelunternehmen den Ersatzwirtschaftswert für das landwirtschaftliche Vermögen inklusive Pachtflächen sowie den Verkehrswert für Wohngebäude zu verwenden. Alternativ soll die rechtliche Möglichkeit der Einführung des Ersatzwirtschaftswerts als Bemessungsgrundlage für das landwirtschaftliche Vermögen nur mit Eigentumsflächen und den Verkehrswert für Wohngebäude geprüft werden. Zudem erkundigen sich die Auftraggeber danach, ob die Angaben zu den Ersatzwirtschafts- und Verkehrswerten bereits der Finanzverwaltung vorlägen oder ob sie erst ermittelt werden müssten. 2. Ersatzwirtschaftswert Der Ersatzwirtschaftswert wurde im Zuge des Einigungsvertrages als Ersatzbemessungsgrundlage für land- und forstwirtschaftliches Vermögen bei der Grundsteuer eingeführt. Hintergrund war, dass in den neuen Bundesländern zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung nur Einheitswerte nach den Wertverhältnissen vom 1.1.1935 vorlagen. Die Finanzverwaltung sah sich außer Stande den Grundbesitz nach den Wertverhältnissen vom 1.1.1964 nachträglich festzustellen.1 Der Ersatzwirtschaftswert wird gegenwärtig zudem noch für die Sonderabschreibung des § 7g Einkommensteuergesetz (EStG) in den neuen Bundesländern verwendet. Der Bildung des Ersatzwirtschaftswerts ist eine Nutzungseinheit zugrunde zu legen, in die alle von derselben Person (Nutzer) regelmäßig selbstgenutzten Wirtschaftsgüter des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens im Sinne des § 33 Abs. 2 Bewertungsgesetz (BewG) einbezogen werden, auch wenn der Nutzer nicht Eigentümer ist, § 125 Abs. 2 Satz 2 BewG. Wohngebäude einschließlich des dazugehörigen Grund und Bodens gehören bei der Ermittlung des Ersatzwirtschaftswerts nicht zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, § 125 Abs. 3 Satz 1 BewG. Bei dem Vergleich der Ertragsbedingungen sind abweichend von § 38 Abs. 2 Nr. 1 BewG ausschließlich die in der Gegend als regelmäßig anzusehenden Verhältnisse zugrunde zu legen, § 125 Abs. 4 Satz 2 BewG. Für die Ermittlung des Ersatzwirtschaftswerts sind die Wertverhältnisse maßgebend, die bei der Hauptfeststellung der Einheitswerte des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens in der Bundesrepublik Deutschland auf den 1. Januar 1964 zugrunde gelegt worden sind, § 125 Abs. 5 BewG. 3. Verfassungsrechtliche Einschätzung des Ersatzwirtschaftswerts unter Einbeziehung von Pachtflächen In die Bildung des Ersatzwirtschaftswerts werden alle von derselben Person regelmäßig selbstgenutzten Wirtschaftsgüter des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens einbezogen, auch wenn 1 Tipke/Lang: Steuerrecht, § 16 Rn. 17 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 035/18 Seite 5 der Nutzer nicht Eigentümer ist. Damit werden auch gepachtete Flächen Bestandteil der steuerlichen Bemessungsgrundlage. Die eigentumsrechtliche Zuordnung der Pachtfläche und die Steuerschuldnerschaft würden somit auseinanderfallen. Es ist verfassungsrechtlich zweifelhaft, ob dieses Auseinanderfallen der eigentumsrechtlichen Zuordnung und der vom Nutzer zu tragenden Steuerlast mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip vereinbar wäre. Hierbei sind die Besonderheiten der Erbschaftsteuer als „Bereicherungssteuer“2 zu beachten, die an die Vermögensmehrung beim Empfänger anknüpft. Der Bundesfinanzhof (BFH) äußerte sich mit Urteil vom 06.03.20143 bereits kritisch zur uneingeschränkten Anwendung des Ersatzwirtschaftswerts auf den Vergünstigungstatbestand des § 7g EStG. „Für Zwecke des § 7g EStG sind die Ersatzwirtschaftswerte im Fall zugepachteter Wirtschaftsgüter an die Eigentumsverhältnisse anzupassen, weil anderenfalls eine ungerechtfertigte Benachteiligung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe im Beitrittsgebiet gegenüber solchen Betrieben in den alten Bundesländern vorläge. Die Berechtigung zur Inanspruchnahme der steuerlichen Vergünstigungen in § 7g EStG hängt u.a. von der Größe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ab. In den nicht selten vorkommenden Fällen, in denen der Steuerpflichtige Zupachtungen vorgenommen hat, käme es bei Anwendung des Einheitswerts bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben in den alten Bundesländern und eines unangepassten Ersatzwirtschaftswerts im Beitrittsgebiet zu einer nicht gerechtfertigten Benachteiligung der Betriebe im Beitrittsgebiet. Denn die Ersatzwirtschaftswerte erfassen auch die zugepachteten Wirtschaftsgüter und würden deshalb schneller zu einem Überschreiten der Betriebsgrößenschwelle und damit zu einem Ausschluss von der Vergünstigung nach § 7g EStG führen.“4 Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Urteil vom 7.11.20065 sowie in ständiger Rechtsprechung folgende Maßstäbe für die verfassungsrechtlichen Prinzipien der finanziellen Leistungsfähigkeit und Folgerichtigkeit im Steuerrecht aufgestellt: „Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes. Diese grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte tatbestandlich zu bestimmen , an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert , wird für den Bereich des Steuerrechts vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch die Ausrichtung der Steuerlast an den Prinzipien der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Folgerichtigkeit. Der Gleichheitssatz hat im Steuerrecht seine besondere Ausprägung in Form des Grundsatzes der 2 Tipke/Lang/Seer: Steuerrecht, § 16 Rn. 1 3 BFH, Urteil vom 06.03.2014, BFHE 244, 426, Az: IV R 11/11 4 BFH, ebenda, Rn. 28 5 BVerfG, Beschluss vom 07. November 2006 – Az: 1 BvL 10/02 –, Rn. 94 ff., juris Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 035/18 Seite 6 Steuergerechtigkeit gefunden, wobei die Besteuerung grundsätzlich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten ist. Die Steuerpflichtigen müssen dem Grundsatz nach durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden. Das danach - unbeschadet verfassungsrechtlich zulässiger Differenzierungen - gebotene Gleichmaß verwirklicht sich in dem Belastungserfolg, den die Anwendung der Steuergesetze beim einzelnen Steuerpflichtigen bewirkt . Die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz (Art. 3 Abs. 1 GG) fordert allerdings nicht einen gleichen Beitrag von jedem Inländer zur Finanzierung der Gemeinlasten, sondern verlangt, dass jeder Inländer je nach seiner finanziellen Leistungsfähigkeit gleichmäßig zur Finanzierung der allgemeinen Staatsaufgaben herangezogen wird.6 Dabei ist zu berücksichtigen, dass Steuergesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und damit in weitem Umfang die Besonderheiten nicht nur des einzelnen Falles, sondern gegebenenfalls auch ganzer Gruppen vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen.7 Außerdem darf eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren.“8 Demnach läge bei einer Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens für Zwecke der Erbschaftsteuer mit dem bewertungsrechtlichen Instrument des Ersatzwirtschaftswerts nach § 125 BewG ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor: Eine Einbeziehung der gepachteten Flächen in die Vermögensbewertung des Pächters für Zwecke der Erbschaftsteuer würde zu einer Doppelbelastung der Pachtflächen mit Erbschaftsteuer führen. Sowohl der Verpächter als Eigentümer wie auch der Pächter müssten sich den Wert des Pachtgrundstücks in der Bemessungsgrundlage für ihre Erbschaftsteuerschuld anrechnen lassen. Dabei würde eine Vermögensmehrung beim Pächter als Erben unterstellt, die mangels Eigentümerstellung nicht den wahren Vermögensverhältnissen des Erbanfalls entspräche. Das pachttypische Recht zur Fruchtziehung wird regelmäßig mit einem deutlich geringeren Wert anzusetzen sein als die Eigentümerstellung mit den erzielbaren Pachteinnahmen. Damit würde die finanzielle Leistungsfähigkeit des Pächters als Erben zu hoch bewertet werden, denn sein ererbtes Vermögen weist bezüglich der zugepachteten Flächen nicht den wirtschaftlichen Wert auf, der mit der Eigentümerstellung für diese Flächen verbunden wäre. 4. Verfassungsrechtliche Einschätzung des Ersatzwirtschaftswerts ohne Pachtflächen Eine Umstellung der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage auf den Ersatzwirtschaftswert könnte jedoch auch ohne Einbeziehung der reinen Nutzungsverhältnisse verfassungsrechtlich problematisch sein. 6 vgl. BVerfGE 93, 121 (135) 7 vgl. BVerfGE 110, 274 (292) 8 BVerfG, Beschluss vom 07. November 2006 – 1 BvL 10/02 –, Rn. 96, juris Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 035/18 Seite 7 Das BVerfG hat in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2009 zur Erbschaftssteuer explizit auch die damalige Bewertungsmethode für land- und forstwirtschaftliches Vermögen als verfassungswidrig verworfen. „Schließlich verstößt auch die Bewertung von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen gegen die aus dem Gleichheitssatz folgenden Anforderungen und führt deshalb zu Besteuerungsergebnissen , die mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar sind. Während für die Bewertung von Wohnteil und Betriebswohnungen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe gemäß § 143 Abs. 1 BewG die Bewertungsvorschriften für das Grundvermögen gemäß §§ 146 bis 150 BewG gelten, die sich am gemeinen Wert als Wertkategorie orientieren, ist für den Betriebsteil der Ertragswert als Bewertungsziel vorgegeben. An dieser der früheren Einheitsbewertung des Betriebsteils zugrunde liegenden Konzeption hat der Gesetzgeber auch durch die gesetzliche Neuregelung im Jahre 1996 nichts geändert (vgl. BT-Drucks 390/96, S. 44). […] Dass die Bewertung des Betriebsteils nicht am Wertmaßstab des gemeinen Werts, sondern am Ertragswert ausgerichtet ist, stellt einen Verstoß gegen die Pflicht des Gesetzgebers zur folgerichtigen Ausgestaltung der Belastungsentscheidung dar und ist deswegen mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar . Denn mit dem Bewertungsziel des Ertragswerts als eigenständiger Wertkategorie neben dem gemeinen Wert wird bereits strukturell eine Erfassung der im Vermögenszuwachs liegenden Steigerung der Leistungsfähigkeit des Erben oder Beschenkten verfehlt, die sich aufgrund der der Erbschaftsteuer zugrunde liegenden gesetzgeberischen Konzeption gerade nach dem bei einer Veräußerung unter objektivierten Bedingungen erzielbaren Preis, nicht aber allein nach dem vermittels der Vermögenssubstanz erzielbaren Ertrag bemisst.“9 Auch die Ermittlung des Ersatzwirtschaftswerts ist auf den Ertragswert ausgerichtet. Die tragenden Entscheidungsgründe, die das BVerfG zur Verfassungswidrigkeit des Ertragswerts als Bewertungsmethode für land- und forstwirtschaftliches Vermögen anführte, sind somit auf die Ermittlungsmethode des Ersatzwirtschaftswertes übertragbar. Eisele beschreibt die Ermittlung des Ersatzwirtschaftswertes folgendermaßen: „Das land- und forstwirtschaftliche Vermögen ist mit dem Ertragswert zu bewerten (§ 36 Abs. 1 BewG). Dabei ist für die Bewertung nicht der individuell erzielbare Ertrag, sondern die Ertragsfähigkeit des Betriebs maßgebend. Die Ertragsfähigkeit wird an einem normierten Reinertrag gemessen , der gemeinhin und nachhaltig erzielbar ist. Es ist von ordnungsmäßiger und schuldenfreier Bewirtschaftung mit entlohnten fremden Arbeitskräften auszugehen. Der Reinertrag muss nachhaltig erzielbar, d. h. auch in Zukunft erreichbar sein. Er ergibt sich durch Abzug der gewöhnlichen Betriebsausgaben vom Rohertrag. Maßgebend ist der bei Selbstbewirtschaftung erzielbare Reinertrag. Pachtverträge sind deshalb unbeachtlich. Der Ertragswert ist das Achtzehnfache des Reinertrags (§ 36 Abs. 2 BewG). Bei der Beurteilung der Ertragsfähigkeit sind die Ertragsbedingungen zu berücksichtigen, soweit sie nicht unwesentlich sind. Man unterscheidet natürliche und wirtschaftliche Ertragsbedingungen, bei denen entweder die tatsächlichen Verhältnisse oder die in der Gegend als regelmäßig anzusehenden Verhältnisse zugrunde zu legen sind (§ 38 Abs. 2 BewG). Abweichend von § 38 Abs. 2 Nr. 1 BewG sind bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft im Beitrittsgebiet ausschließlich die in der Gegend als regelmäßig anzusehenden Verhältnisse beim Vergleich der Ertragsbedingungen zugrunde zu legen. Während deshalb in den alten Bundesländern die natürlichen Ertragsbedingungen wie Bodenbeschaffenheit, Geländegestaltung, 9 BVerfG: aaO., Rn. 88 ff. (juris) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 035/18 Seite 8 klimatische Verhältnisse und die wirtschaftlichen Ertragsbedingungen, wie innere und äußere Verkehrslage sowie die Betriebsgröße (wirtschaftliche Nachteile einer zu geringen Betriebsgröße), mit ihren tatsächlichen Verhältnissen dem Vergleich der Ertragsbedingungen zugrunde zu legen sind, gelten auch für diese in den neuen Bundesländern die in der Gegend als regelmäßig anzusehenden Verhältnisse (Abschn. 1.11 Abs. 1 Satz 2 des Erlasses v. 11.12.1990, s. o. Anm. 1).“10 Der Ersatzwirtschaftswert ist somit nicht nur wegen seiner Ausrichtung auf den Ertragswert verfassungsrechtlich zu beanstanden. Dazu treten die besonderen Aspekte des Ersatzwirtschaftswertes , bei dem auch die ertragsrelevanten Besonderheiten des jeweiligen Grundstücks unberücksichtigt bleiben. Mit der Ausrichtung allein auf die in der Gegend als regelmäßig anzusehenden Verhältnisse entfernt sich der Ersatzwirtschaftswert erheblich von der vom BVerfG geforderten Ausrichtung der erbschaftsteuerlichen Bewertung auf die tatsächliche Leistungsfähigkeit des Erben . Die typische Ertragsfähigkeit entspricht nicht der individuellen Leistungsfähigkeit eines Vermögensgegenstandes. Insbesondere auch im Zusammenspiel mit einer am Verkehrswert orientierten Bewertung der Wohngebäude würde der Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG wiederholt, der in der Entscheidung aus dem Jahr 2009 zur Verfassungswidrigkeit der Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens führte. Der Ersatzwirtschaftswert wurde zum Zeitpunkt seiner Einführung für die neuen Länder auch nicht als reguläres Bewertungsinstrument angesehen. Vielmehr reagierte der Gesetzgeber hiermit auf die besondere Situation in den neuen Ländern unmittelbar nach der Wiedervereinigung. Hierzu stellte der BFH mit Urteil vom 6.3.2014 fest: „Hintergrund der Schaffung von Ersatzwirtschaftswerten für land- und forstwirtschaftliches Vermögen im Beitrittsgebiet durch das Einigungsvertragsgesetz vom 23. September 1990 --EinigVtrG-- 11 waren die ungeklärten Eigentumsverhältnisse im Beitrittsgebiet sowie die dort noch fehlenden verwaltungsmäßigen Voraussetzungen bei der Vermessungsverwaltung und die erst im Aufbau befindliche Finanzverwaltung. Es wurde deshalb mit den Ersatzwirtschaftswerten eine Ersatzbemessungsgrundlage geschaffen. Die maßgebliche Nutzungseinheit sollte die Gesamtheit der von dem Nutzer selbst bewirtschafteten Wirtschaftsgüter beinhalten.“12 Ergebnis: Der Ersatzwirtschaftswert ist als Bewertungsmethode für die Erbschaftsteuer im gesamten Bundesgebiet erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt. Diese ergeben sich vorrangig aus einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG durch die Anwendung unterschiedlicher Bewertungsmethoden für Grundstücke und landwirtschaftliches Vermögen. Es fehlt sodann an einer konsistenten Ausrichtung der Bewertungsmethodik auf die Ermittlung des gemeinen Werts, wie ihn das BVerfG in seiner Erbschaftssteuer-Entscheidung 2009 forderte. 10 Rössler/Troll/Eisele BewG § 125 Rn. 24, beck-online 11 BGBl II 1990, 885, dort Anl. I Sachgebiet B Abschn. II Kap. IV Nr. 26 Buchst. e) 12 BFH, Urteil vom 06. März 2014 – IV R 11/11 –, BFHE 244, 426, BStBl II 2017, 1177, Rn. 26 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 035/18 Seite 9 5. Datenlage zum Ersatzwirtschaftswert Die Daten zum Ersatzwirtschaftswert liegen in den neuen Bundesländern vor.13 *** 13 Stöckel, Reinhard: Bundesratsinitiative zur Bewertung des Grundbesitzes für die Grundsteuer in: NWB 2016, S. 2870-2880 (2876)