© 2017 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 035/17 Einzelfragen zum Zuwendungsverbot im Wertpapierhandelsrecht Geplante Neufassung von § 6 Abs. 2 Wertpapierdienstleistungs- Verhaltens- und Organisationsverordnung (WpDVerOV) Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. 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Formelle Rechtmäßigkeit 7 4.3. Materielle Rechtmäßigkeit 7 4.3.1. Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG 7 4.3.2. Vereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG 9 4.4. Ergebnis 9 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 035/17 Seite 4 1. Fragestellung In den vergangenen Jahren wurden mit der MiFID II (Markets in Financial Instruments Directive) und der MiFIR (Markets in Financial Instruments Regulation) neue Regeln für den Vertrieb von Finanzprodukten in Europa beschlossen. Während die MiFIR als europäische Verordnung unmittelbar anwendbar ist, muss die EU-Richtlinie MiFID II durch die Mitgliedstaaten umgesetzt werden . Dafür hat der deutsche Gesetzgeber bis zum 03. Juli 2017 Zeit. Nach einem ersten Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 30. September 2016, wurde von der Bundesregierung am 26. Januar 2017 ein Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Novellierung von Finanzvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz – 2. FiMaNoG) in den Bundestag eingebracht.1 Der Regierungsentwurf enthält gegenüber dem Referentenentwurf verschiedene Änderungen. Die geplante Neufassung des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) wurde in weitere Teilschritte untergliedert , um damit den nunmehr vorgesehenen Zeitpunkten des Inkrafttretens der einzelnen Gesetzesänderungen zu entsprechen. Daneben sind unter anderem die Regelungen zum Entwurf der Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WpDVerOV-RefE) nicht mehr enthalten.2 Bezugnehmend auf die im Referentenentwurf geplanten Änderungen der WpDVerOV, wird um die Beantwortung der Frage gebeten, ob der darin enthaltene § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. d) mit höherrangigem nationalen Recht vereinbar wäre. Die europarechtliche Betrachtung ist nicht Gegenstand dieser Ausarbeitung und wird gesondert bearbeitet. 2. Aktuelle Rechtslage Die Gebührenstruktur zwischen Emittenten und Vertriebstellen in Bezug auf Wertpapierdienstleistungen ist bisher maßgeblich durch die Gewährung von Vertriebs- und Beratungsprovisionen sowie sonstige Zuwendungen geprägt. Mit den EU-Finanzmarktrichtlinien sollte nach und nach dafür gesorgt werden, dass die Entgegennahme von Zuwendungen im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen nicht zu Lasten des Kunden und damit nicht zu einer risikogeneigten Anlageberatung führt.3 Das setzt § 31d Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) um. 1 BT-Drucksache 18/10936. 2 Bei der WpDVerOV-RefE handelt es sich um eine gemäß. § 64 Abs. 10 WpHG-RefE zu erlassene Verordnung. Die Herauslösung aus dem Gesetzgebungsprozess des 2. FiMaNoG dürfte daher ausschließlich den unterschiedlichen Zuständigkeiten geschuldet sein, da eine Verordnung nicht im formellen Gesetzgebungsverfahren durch den Bundestag als Legislativorgan zu erlassen ist. Die Zuständigkeit liegt vielmehr bei der Bundesregierung als Exekutivorgan. 3 Vgl. Hartmann, Dost, Wessarges: Herausforderungen bei der Einführung eines effektiven Zuwendungsmanagements nach § 31d WpHG, Corporate Compliance Zeitschrift (CCZ) 2010, S. 88. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 035/17 Seite 5 § 31d WpHG statuiert ein grundsätzliches Zuwendungsverbot im Zusammenhang mit der Erbringung einer Wertpapierdienstleistung. Allerdings gibt es auch gesetzliche Ausnahmen. Eine Zuwendung ist dann zulässig, wenn mit ihr eine Qualitätsverbesserung der erbrachten Dienstleistung einhergeht. Zusätzlich müssen Art, Inhalt und Umfang der Zuwendung dem Kunden offengelegt werden und die Erbringung oder Entgegennahme der Zuwendung muss mit den berechtigten Interessen des Kunden vereinbar sein. Zu den Zuwendungen zählen Provisionen, Gebühren und sonstige Geldleistungen (bspw. Kick- Backs) sowie alle geldwerten Vorteile (bspw. Informationsmaterialien, Schulungen, Hardware, Software, Veranstaltungen).4 Das Merkmal der qualitätsverbessernden Zuwendung wurde bislang weit verstanden, sodass gängige Vergütungsstrukturen bei der Anlageberatung fortgeführt werden konnten.5 3. Inhalt der geplanten Änderung Mit der MiFID II sollten engere Grenzen bei der Vergütung der Anlageberatung gesetzt werden. Artikel 11 der delegierten Richtlinie der EU (DR MiFID II) legt genauere Konturen des Begriffs Qualitätsverbesserung fest. Im nationalen Recht soll diese Konkretisierung durch Rechtsverordnung erfolgen. Daher sah der Referentenentwurf vor, den Artikel 11 MiFID II durch § 6 Abs. 2 WpDVerOV-RefE umzusetzen.6 Zudem sah der Referentenentwurf weitergehende Änderungen im WpHG vor. Aus dem bisherigen § 31d WpHG sollte § 60 WpHG werden. Inhaltlich sieht § 60 Abs. 1 WpHG-RefE ebenfalls ein grundsätzliches Zuwendungsverbot vor. Danach dürfen Wertpapierdienstleistungsunternahmen weiterhin im Zusammenhang mit der Erbringung einer Wertpapierdienstleistung oder –nebendienstleistung keine Zuwendungen von Dritten annehmen oder an Dritte gewähren, es sei denn, die Zuwendung ist darauf ausgelegt, die Qualität der Leistung an den Kunden zu verbessern. § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 WpDVerOV-RefE stellt insofern klar, dass eine Zuwendung dann darauf ausgelegt ist, die Qualität der Wertpapierdienstleistung für den Kunden im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG-RefE zu verbessern, wenn die Gewährung oder Entgegennahme einer Zuwendung an oder von einem Dritten, durch die Erbringung einer zusätzlichen oder höherwertigen Dienstleistung für den jeweiligen Kunden gerechtfertigt ist und in angemessenem Verhältnis zum Umfang der erhaltenen Zuwendung steht. 4 Hartmann, Dost, Wessarges: Herausforderungen bei der Einführung eines effektiven Zuwendungsmanagements nach § 31d WpHG, CCZ 2010, S. 88. 5 Hartmann, Dost, Wessarges: Herausforderungen bei der Einführung eines effektiven Zuwendungsmanagements nach § 31d WpHG, CCZ 2010, S. 89. 6 Vgl. Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte, S. 372. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 035/17 Seite 6 Im Anschluss werden in den Buchstanden a) bis d) regelbeispielartig Kriterien genannt, wann eine solche zusätzliche oder höherwertige Dienstleistung vorliegt. Dabei entsprechen die Bestimmungen in den Buchstaben a) bis c) den Vorgaben der europäischen Richtlinie (Art. 11 (2) MiFID II), Buchstabe d) wurde vom BMF ergänzt.7 Gemäß § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. d) liegt eine Qualitätsverbesserung vor, wenn „ein verbesserter Zugang zu Beratungsdienstleistungen ermöglicht wird, etwa durch die Bereitstellung eines weitverzweigten regionalen Filialnetzes, welche eine Vor-Ort-Verfügbarkeit von qualifizierten Beratern auch in ländlichen Regionen absichert“. 4. Vereinbarkeit mit höherrangigem nationalen Recht Die Vereinbarkeit einer Rechtsverordnung mit höherrangigem nationalen Recht setzt sich grundsätzlich aus mehreren Stufen zusammen. Neben dem Vorhandensein einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage ist zu prüfen, ob einer Verordnung formell und materiell rechtmäßig ist. 4.1. Gesetzliche Ermächtigungsgrundlage Zunächst setzt der rechtsstaatliche Grundsatzes des Gesetzesvorbehalts voraus, dass es eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage gibt. Die Ermächtigungsgrundlage bestimmt, dass die Exekutive befugt ist, eine bestimmte Materie im Wege der Rechtsverordnung zu regeln. Bislang gibt es im Wertpapierhandelsgesetz noch keine Vorschrift, die die Exekutive ermächtigt, Kriterien betreffend die Art und Bestimmung der Qualitätsverbesserung im Sinne des § 31d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG zu bestimmen. Jedoch wurde die bereits im Referentenentwurf vorgesehene Verordnungsermächtigung8 inhaltlich unverändert in den Gesetzentwurf des 2. FiMaNoG aufgenommen. Die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zum 2. FiMaNoG wurde am 30. März 2017 vom Plenum in der dritten Lesung verabschiedet.9 Mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes wird das BMF sodann gemäß § 70 Abs. 9 Nr. 1 WpHG ermächtigt, „Kriterien zur Art und zur Bestimmung einer Qualitätsverbesserung im Sinne des § 70 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG“ zu erlassen oder gemäß § 70 Abs. 9 S. 2 WpHG die Verordnungskompetenz auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu übertragen.10 7 Ebenda. 8 Referentenentwurf, S. 76 f. (§ 60 Abs. 9 S. Nr. 1 WpHG). 9 http://dip21.bundestag.btg/dip21.web/searchProcedures/simple_search_list.do?selId=78837&method=select &offset=0&anzahl=100&sort=3&direction=desc 10 BT-Drucksache 18/11775, vom 29.03.2017, S. 218 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 035/17 Seite 7 Von Erfüllung der weiteren formellen Vorschriften im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wird ausgegangen. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte bestehen an der materiellen Rechtmäßigkeit des § 70 Abs. 9 Nr. 1 WpHG keine Bedenken. Insbesondere sind keine Gesichtspunkte erkennbar , die das Bestimmtheitsgebot aus Art. 80 GG betreffen. 4.2. Formelle Rechtmäßigkeit Auch die Wahrung von Verfahrens- und Zuständigkeitsvorschriften bei dem Erlass der Rechtsverordnung wird unterstellt. 4.3. Materielle Rechtmäßigkeit Fraglich ist, ob § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. d) WpDVerOV-Ref-E mit höherrangigem nationalem Recht vereinbar ist. Das ist der Fall, wenn die Vorschrift inhaltlich die Vorgaben der Ermächtigungsgrundlage erfüllt und nicht den Bestimmungen des Grundgesetzes zuwider läuft. Ausweislich das Wortlauts und des Telos der Ermächtigungsgrundlage soll der Begriff der Qualitätsverbesserung aus § 60 Abs. 1 S. 1 WpHG konkretisiert werden. Diesen Anforderungen wird § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. d) WpDVerOV-RefE gerecht. 4.3.1. Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG Fraglich ist, ob die Regelung auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. 11 Ungleichbehandlungen sind nur ausnahmsweise zulässig und bedürfen einer sachlichen Rechtfertigung, das heißt, sie müssen einen legitimen Zweck verfolgen und müssen geeignet, erforderlich und angemessen sein.12 Entscheidende Bedeutung ist dabei dem Regelungsgegenstand und dem Differenzierungsgrund beizumessen. Vorliegend geht es um die Konkretisierung des Merkmals Qualitätsverbesserung im Zusammenhang mit der Neuregelung des Zuwendungsrechts bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und -nebendienstleistungen. Hintergrund der Änderung der Rechtslage sind die infolge der Finanzmarktkrise beschlossenen europäischen Finanzmarktrichtlinien. Dadurch sollen in Zukunft vergleichbare Zusammenbrüche auf dem Finanzmarkt verhindert werden. Insbesondere soll das Vertrauen der Anleger in Finanzinstrumente durch die Einführung von Transparenzvorschriften und Verhaltensregeln für Wertpapierdienstleistungsunternehmen gestärkt werden.13 11 BVerfG, Beschluss vom 03. September 2009 – 1 BvR 2539/07. 12 Ebenda. 13 Vgl. BT-Drucksache 18/10936, S. 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 035/17 Seite 8 Durch ein grundsätzliches Zuwendungsverbot soll verhindert werden, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WpDU) entgegen den Interessen und auch finanziell zu Lasten der Kunden Dienstleistungen erbringen, um Zuwendungen oder andere geldwerte Vorteile zu erlangen.14 Um die Finanzierung der Anlageberatung für WpDU dennoch sicherstellen zu können, sollten solche Zuwendungen ausnahmsweise erlaubt sein, die darauf ausgerichtet sind, die Qualität der für den Kunden erbrachten Dienstleistung zu verbessern. Der Begriff der Qualitätsverbesserung ist relativ weit gefasst. Allerdings hat der Gesetzgeber schon bei Erlass des § 31d WpHG solche Zuwendungen als qualitätsverbessernd ansehen wollen, die dazu dienen, effiziente und qualitativ hochwertige Infrastrukturen für den Erwerb und die Veräußerung von Finanzinstrumenten aufzubauen oder zu erhalten.15 Eine solche hochwertige Infrastruktur könnte in dem Ausbau einer weitverzweigten regionalen Filialnetzes ebenso zu erblicken sein, wie der Ausbau von Online-Plattformen, die jederzeit und weltweit über einen einfachen Internetzugang genutzt werden können und so gerade einen besseren Zugang zu Beratungsleistungen gewährleisten. In Hinblick auf den Allgemeinen Gleichheitsgrundsatz ist genau das zu berücksichtigen. Im Zuwendungsrecht in Bezug auf WpDU bilden all die Unternehmen eine relativ gleiche Vergleichsgruppe , die die gleichen Anlageberatungsleistungen und –nebenleistungen erbringen. Eine Regelung darf nicht dazu führen, dass nur die einen zu Lasten der anderen privilegiert werden. Daher stellt sich die Frage, ob nicht Online-WpDU oder vergleichbare Unternehmen und Verbände ungleich behandelt werden, wenn nur die Vor-Ort-Verfügbarkeit von Anlageberater durch Zuwendungen finanziert werden darf, hingegen WpDU ohne regionales Filialnetz nicht unter diese Ausnahme vom Zuwendungsverbot fallen. Das ist nicht der Fall. Zum einen sind die in § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. d) WpDVerOV-RefE nicht abschließend, zum anderen gäbe es, wenn man von einer Ungleichbehandlung ausgeht, einen sachlichen Rechtfertigungsgrund. Hinter dem Gesetzgebungsverfahren und dem Erlass der Verordnung steht das von der EU bestimmte und vom deutschen Gesetzgeber aufgenommene Ziel der Transparenz bei der Anlageberatung und des Anlegerschutzes.16 Sieht der Verordnungsgeber als Inhaber delegierter Gesetzgebungsgewalt und damit demokratisch mittelbar legitimiertes Gesetzgebungsorgan die Förderung des Ausbaus oder den Erhalt der Vor-Ort-Anlageberatung in ländlichen Regionen als sachlichen Grund für die Differenzierung an, so ist das ein legitimes Ziel. Qualitätsverbesserung für den Kunden kann ein Kriterium sein, das Provisionen rechtfertigt .17 Durch eine Beratung vor Ort kann oftmals individueller auf die Bedürfnisse der Kunden eingegangen werden. Hingegen werden bei der Anlageberatung über Onlineportale häufig standardisierte Antwortmuster genutzt, wodurch zumindest zeitweise der Eindruck geweckt werden kann, nicht gleichermaßen professionell betreut zu sein. Einige Anleger haben daher eine Präferenz für Beratungsleistungen vor Ort. Unter Umständen kennen sie den Berater schon über einen 14 Vgl. BT-Drucksache 16/4028, S. 67. 15 Ebenda. 16 BT-Drucksache 18/11775, S. 1. 17 Finanzausschuss, Anhörungsprotokoll der 102. Sitzung vom 08.03.2017, 18. Wahlperiode, S. 29 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 035/17 Seite 9 längeren Zeitraum, was zusätzlich das Vertrauen stärkt. Außerdem kann auch das Umfeld und die eigenen Räumlichkeiten in einer Bankfiliale eine Rolle spielen. Um jedoch eine Filialberatung zu ermöglichen, bedarf es finanzieller Mittel. Sowohl qualifiziertes Personal als auch die entsprechenden Räumlichkeiten müssen bereitgestellt werden. So kommen auf WpDU mit einen weiträumigen Filialnetz, auch im ländlichen Raum, höhere Kosten zu, als auf WpDU die ausschließlich online beraten. Zum Schutz des Vertrauens der Anleger in eine angemessene Beratung , kann die Differenzierung zwischen Online-Beratung und Vor-Ort-Verfügbarkeit durchaus gerechtfertigt sein. Unterschiede in der Ausgestaltung des Zuwendungsrechts sind darüber hinaus auch geeignet dieses Ziel zu fördern. Die Ausnahme vom Zuwendungsverbot führt zudem auch nicht dazu, dass die Kunden nun weniger geschützt werden. Die Pflicht zur Offenlegung von Art, Inhalt und Umfang der Zuwendung im Zusammenhang mit der Anlageberatung und die Pflicht Interessenkonflikte zu Lasten des Kunden zu vermeiden sorgen für einen zuverlässigen Schutz des Kunden und für Transparenz.18 Gründe, die für eine Unverhältnismäßigkeit im engeren Sinne sprechen, sind nicht ersichtlich. Mithin sind die Regelung des § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. d) WpDVerOV-RefE mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. 4.3.2. Vereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG Letztlich ist aufgrund fehlender Anhaltspunkte auch nicht ersichtlich, dass durch die Regelung, die Wahl oder die Ausübung eines Berufes eingeschränkt oder unmöglich gemacht wird. Daher scheidet ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG ebenfalls aus. 4.4. Ergebnis § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. d) WpDVerOV-RefE läuft weder den Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG noch des Art. 12 Abs. 1 GG zuwider. Weitere Verstöße gegen die Vorgaben des Grundgesetzes sind nicht ersichtlich. *** 18 Zudem gibt es eine Unterrichtungspflicht gemäß § 70 Abs. 1 S. 2 WpHG, BT-Drucksache 18/11775, S. 212.