© 2021 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 033/21 Steuerliche Behandlung amtsbezogener Geschenke Einkommensteuer, Schenkungsteuer Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 033/21 Seite 2 Steuerliche Behandlung amtsbezogener Geschenke Einkommensteuer, Schenkungsteuer Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 033/21 Abschluss der Arbeit: 17. März 2021 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 033/21 Seite 3 1. Fragestellung Aus der Antwort auf Frage 3 aus Bundestags-Drucksache 19/25646 mit dem Titel „Umsetzung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Bundesregierung“ ergibt sich, dass die Mitglieder und ehemaligen Mitglieder der Bundesregierung zahlreiche große Geldgeschenke erhalten haben. Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage im Monat Januar 20211 ergibt sich, dass die Geschenke gespendet wurden. Wie werden diese Geschenke und Preisgelder steuerrechtlich behandelt? Erhalten die Minister eine Spendenquittung bei der Weitergabe der Geschenke/Preisgelder? 2. Pflichten der Mitglieder der Bundesregierung bei Geschenken in Bezug auf ihr Amt Die Mitglieder der Bundesregierung stehen nach § 1 Bundesministergesetz (BMinG)2 zum Bund in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis. Sie erhalten Amtsbezüge gemäß § 11 BMinG. Über Geschenke, die Mitglieder und ehemaligen Mitglieder der Bundesregierung in Bezug auf ihr Amt erhalten, haben sie der Bundesregierung Mitteilung zu machen. Die Bundesregierung entscheidet über die Verwendung der Geschenke (§ 5 Abs. 3 BMinG). Geschenke sind Zuwendungen von Vorteilen. Deshalb kann nicht nur ein Gegenstand, sondern zum Beispiel auch die Überweisung eines Geldbetrages ein Geschenk sein.3 Nach den Ausführungsbestimmungen des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Bundesregierung soll keine Mitteilung erforderlich sein, sofern der materielle Wert des Geschenks einen Betrag von ca. 150 Euro nicht übersteigt. Dieselbe Bestimmung soll gelten, sofern das Geschenk in das Bundesvermögen übernommen wird oder die Beschenkten das Geschenk behalten und den Gegenwert des Geschenks innerhalb einer angemessenen Frist an die Bundeskasse entrichten. Wenn jedoch das Geschenk in irgendeiner Form von politischer Bedeutung sei, müsse darüber dennoch Mitteilung gemacht und ausführlich berichtet werden, unabhängig von seinem noch so geringen Wert. Die Bundesregierung entscheide sodann über die Verwendung dieses Geschenks. 1 Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 25. Januar 2021 eingegangenen Antworten der Bundesregierung, Bundestags-Drucksache 19/26311, Antwort zu Frage 1. 2 Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Bundesregierung (Bundesministergesetz – BMinG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juli 1971 (Bundesgesetzblatt I, Seite 1166), zuletzt geändert durch Artikel 7 Elfte ZuständigkeitsanpassungsVO vom 19. Juni 2020 (BGBl. I, Seite 1328). 3 Busse, Volker: Zu § 5 Bundesministergesetz, Randziffer 7, Kommentar 3. Online-Ausgabe, Rechtsstand 1. August 2018, beck-online. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 033/21 Seite 4 Die Mitteilungen hätten sich an den Chef des Bundeskanzleramts zu richten und müssten einen Vorschlag für die Nutzung des Geschenks enthalten.4 Die Verpflichtung, ein Geschenk zu melden und die Vorschrift, dass die Bundesregierung über die Verwendung entscheidet, tragen dem Umstand Rechnung, dass in so herausgehobenen politischen Stellungen vor allem im internationalen Verkehr die Überreichung eines Geschenks üblich ist. Andererseits soll ein Mitglied der Bundesregierung (gleich den Beamten) keine Geschenke mit Rücksicht auf sein Amt behalten, damit keine unerwünschten Bindungen entstehen. Vor allem sind solche Geschenke zumeist nicht dem Mitglied der Bundesregierung zuzurechnen, sondern dem vom ihm repräsentierten Staat.5 3. Geschenke im Einkommensteuerrecht Wegen der fehlenden gesetzlichen Definition des Begriffs Geschenk orientieren sich Finanzverwaltung und Bundesfinanzhof am Begriff der Schenkung nach § 516 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach ist eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, eine Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.6 Die Annahme eines Geschenks als solches ist keine Einnahme, da sie keiner Einkunftsart im Sinne von § 2 Einkommensteuergesetz (EStG) zugerechnet werden kann. Sie ist einkommensteuerlich nicht relevant. Erst im Zusammenhang mit einer Einkunftsart, zum Beispiel bei Geschenken von Unternehmern an Personen mit Geschäftsbeziehungen oder an eigene oder fremde Mitarbeiter , kann beim Beschenkten eine steuerpflichtige Einnahme entstehen. Jedoch gibt es auch im EStG Bagatellgrenzen, bis zu denen ein Geschenk steuerlich nicht berücksichtigt wird. Daneben erlaubt das EStG Vereinfachungen wie die Steuerpauschalierung oder Ermäßigungen wie die fiktive Streckung der Einnahmen über mehrere Jahre zur Milderung der Progressionswirkung .7 Dieselbe Systematik der Zugehörigkeit zu einer Einkunftsart gilt auch für Einnahmen aus Preisen (Preisgelder), insbesondere für wissenschaftliche oder künstlerische Leistungen. Sie unterliegen der Einkommensteuer, wenn sie in untrennbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer der 4 Council of Europe, Group of States against Corruption (GRECO): Fünfte Evaluierungsrunde Korruptionsprävention und Integritätsförderung in Zentralregierungen (hochrangige Entscheidungsträgerinnen und -träger der Exekutive ) und Strafverfolgungsbehörden, Evaluierungsbericht Deutschland, veröffentlicht: 15. Dezember 2020, Nrn. 78, 79, unter: https://rm.coe.int/funfte-evaluierungsrunde-korruptionspravention-und-integritatsforderun /1680a0b8d9, abgerufen am 17. März 2021. 5 Busse, Volker: Zu § 5 Bundesministergesetz, Randziffer 6, Kommentar 3. Online-Ausgabe, Rechtsstand 1. August 2018, beck-online. 6 Verschiedene Verfasser: Lexikonstichwort: Geschenke, in: haufe Steuer Office Kanzlei-Edition, Stand 1. Januar 2020 mit weiteren Nachweisen. 7 Vgl. zu den einzelnen Bestimmungen Verschiedene Verfasser: Lexikonstichwort: Geschenke, in: haufe Steuer Office Kanzlei-Edition, Stand 1. Januar 2020 mit weiteren Nachweisen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 033/21 Seite 5 Einkunftsarten des EStG stehen. Einkommensteuerlich unbeachtlich sind somit Einnahmen aus Preisen, die außerhalb einer Tätigkeit zur Erzielung von Einkünften bezogen werden. Dazu gehören vor allem Einnahmen aus Preisen, deren Verleihung in erster Linie dazu bestimmt ist, das Lebenswerk oder Gesamtschaffen des Empfängers zu würdigen, die Persönlichkeit des Preisträgers zu ehren, eine Grundhaltung auszuzeichnen oder eine Vorbildfunktion herauszustellen.8 Einnahmen sind im EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen, und die dem Steuerpflichtigen bei den sogenannten Überschusseinkünften9 zufließen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 EStG). Ein Geschenk, das einem Mitglied oder ehemaligen Mitglied der Bundesregierung gemacht wird, müsste mit einer Einkunftsart im Sinne des EStG in Verbindung stehen. Regierungsmitglieder bekommen aber Geschenke nicht aufgrund ihrer persönlichen Tätigkeit, sondern als Repräsentanten der Regierung. Außerdem fließen ihnen keine Einnahmen zu. Das Geschenk verbleibt in der Verfügung der Bundesregierung und geht nicht in die Verfügungsmacht desjenigen über, dem es zugesprochen wird. Deshalb fallen solche Geschenke bei den Beschenkten nicht unter das EStG. Der Bund selbst ist als juristische Person des öffentlichen Rechts nicht einkommensteuerpflichtig und fällt nur mit seinen Betrieben gewerblicher Art unter die Körperschaftsteuerpflicht (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 Körperschaftsteuergesetz – KStG). 4. Geschenke im Schenkungsteuerrecht Für die Belastung mit Schenkungsteuer muss für den Schenkenden oder den Beschenkten nach § 2 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG)10 die unbeschränkte Steuerpflicht gelten . Im Wesentlichen betrifft das natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen , die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben. Als Schenkung unter Lebenden gilt nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Sie muss eine substanzielle Vermögensmehrung sein, die durch einen neuen beziehungsweise zusätzlich in das Vermögen des Bedachten gelangten Zuwendungsgegenstand erfolgt sein muss.11 8 Bundesministerium der Finanzen: Einkommensteuerrechtliche Behandlung von Preisgeldern (§ 2 Abs. 1 EStG), Schreiben vom 5. September 1996 (Bundessteuerblatt I 1996, Seite 1150) und vom 23. Dezember 2002 (BStBl. I 2003, Seite 76). 9 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Einkünfte aus Kapitalvermögen, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG. 10 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1997 (BGBl. I, Seite 378) zuletzt geändert durch Artikel 34 Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020) vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I, Seite 3096). 11 Felten, Christoph: § 7 ErbStG Schenkungen unter Lebenden, in: Erkis/Thonemann-Micker: BeckOK ErbStG, Stand: 1. Januar 2021. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 033/21 Seite 6 Regierungsmitglieder bekommen Geschenke, die amtsbezogen sind, nicht zu ihrer persönlichen Bereicherung, sondern als Repräsentanten der Regierung. Die Geschenke verbleiben in der Verfügung der Bundesregierung, sie stellen keine Vermögensmehrung beim Beschenkten dar. Deshalb ist das ErbStG in diesen Fällen nicht anwendbar. Zuwendungen an Gebietskörperschaften bleiben nach § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG steuerfrei. Das gilt auch für Gastgeschenke bei Staatsbesuchen, die von Staat zu Staat gegeben werden. Es sollen im Verhältnis der Staaten zueinander keine schenkungsteuerpflichtigen Zuwendungen vorgenommen werden können.12 * * * 12 Mühlhaus, Gunter: ErbStG § 13 Steuerbefreiungen, in: Erkis/Thonemann-Micker, BeckOK ErbStG Stand: 01. Januar 2021.