© 2018 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 033/18 Transferzahlungen an die ostdeutschen Bundesländer Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 033/18 Seite 2 Transferzahlungen an die ostdeutschen Bundesländer Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 033/18 Abschluss der Arbeit: 22. Februar 2018 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 033/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Studien zur Berechnung der Transferleistungen 4 2.1. Berechnung nach Rosenfeld 4 2.2. Berechnungen nach Blum 5 2.3. Berechnungen des ifo-Instituts 5 2.4. Berechnungen des DIW 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 033/18 Seite 4 1. Einführung Die Auftraggeberin bittet um Darstellung der Transferleistungen an die ostdeutschen Bundesländer . 2. Studien zur Berechnung der Transferleistungen 2.1. Berechnung nach Rosenfeld Unter Transferleistungen werden nach Rosenfeld Zahlungsströme zugunsten der ostdeutschen Länder durch die Treuhandanstalt, dem Bund, dem Finanzausgleich und der Sozialversicherung verstanden. Die Höhe der Zahlungen für die Jahre 1991-2005 können folgender Grafik entnommen werden:1 1 Rosenfeld, Martin T.W.: Finanzausgleich / Finanztransfers Ostdeutschland, 30.03.2010, im Internet unter: http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-einheit/lange-wege-der-deutschen-einheit/47388/finanzausgleich?p=all [08.02.2018]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 033/18 Seite 5 2.2. Berechnungen nach Blum Der Ökonom Blum hat Rückflusseffekte in seine Kostenberechnungen zur Deutschen Einheit einbezogen . So richtet er sein Augenmerk auf die massenhafte Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte aus dem Osten in den Westen. Etwa 1,2 Millionen Bürger verloren die ostdeutschen Bundesländer zwischen 1990 und 2006 durch Abwanderung. Darunter waren überdurchschnittlich viele junge qualifizierte Menschen, insbesondere Frauen. In der Hoffnung auf bessere Berufs- und Verdienstmöglichkeiten zogen sie in den Westen und trugen dort zur Wirtschaftsleistung bei und zahlten Steuern und Abgaben. Blums Rechnung zufolge belaufen sich die Transferzahlungen, die der Westen zwischen 1990 und 2014 an den Osten leistete, auf 1,5 Billionen Euro – er stellt diesen Transfers aber insgesamt 1,3 Billionen Euro Einnahmen gegenüber, die sich bis heute aus der Produktivität und den Steuern und Abgaben ostdeutscher Beschäftigter im Westen sowie aus westdeutschen Exporten in den Osten ergäben. Nach Blums Berechnung hätte der Osten also einen Großteil der Kosten selbst erbracht.2 2.3. Berechnungen des ifo-Instituts In Anlehnung an Blum definieren Lehmann und Ragnitz unter „Transferleistungen für Ostdeutschland “ Steuer- und Finanzausgleichzahlungen, Sozialausgaben, Ausgaben für allgemeine bundesstaatliche Aufgaben und wachstumsorientierte Ausgaben.3 Für die Jahre 1991-2010 kann die Zusammensetzung der Bruttogesamtausgaben für Ostdeutschland folgender Grafik entnommen werden:4 2 Bundeszentrale für politische Bildung: Die Frage nach den Kosten der Wiedervereinigung, 28.09.2015, im Internet unter: http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-einheit/zahlen-und-fakten-zur-deutschen-einheit /212659/die-frage-nach-den-kosten-der-wiedervereinigung [12.02.2018]. 3 Lehmann/Ragnitz: Die Transferleistungen zugunsten der ostdeutschen Länder – Status quo und Ausblick, ifo Schnelldienst 3/2012, S. 26. 4 Lehmann/Ragnitz: Die Transferleistungen zugunsten der ostdeutschen Länder – Status quo und Ausblick, ifo Schnelldienst 3/2012, S. 28. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 033/18 Seite 6 Das ifo Institut stellt in seiner Berechnung für den Zeitraum 1991 bis 2013 den Transferleistungen von Ost nach West die Steuer- und Beitragseinnahmen gegenüber, die sich aus der Wiedervereinigung ergaben. Die in Ostdeutschland vereinnahmten Steuern sowie Sozialbeiträge reichen nicht aus, um die Gesamtheit der Bruttoausgaben zu decken.5 Ein Großteil der Transferzahlungen, etwa 2,2 Billionen Euro, floss in den Sozialbereich, etwa in die Rente. Die direkten und ausschließlichen Finanztransfers lagen bei etwa 560 Milliarden Euro. Darin enthalten sind Mittel aus wachstumsorientierten Programmen wie der Investitionszulage, dem Fonds Deutsche Einheit sowie dem Solidarpakt I und II. Weitere Zahlungen liefen über den Länderfinanzausgleich und allgemeine Bundesaufgaben wie Ministerien von Ost nach West. Alle Transferleistungen zusammengenommen belaufen sich laut ifo Institut auf 3,4 Billionen Euro. 5 Ifo Institut: Auswirkungen veränderter Transferzahlungen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der ostdeutschen Länder, Dresden 2012, S. 33. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 033/18 Seite 7 Dem gegenüber stehen 1,8 Billionen Euro an Steuer- und Beitragseinnahmen, die infolge der Wiedervereinigung zwischen 1991 und 2013 an den Staat gingen. Rechnet man die beiden Zahlen gegeneinander steht am Ende ein Nettotransfer von 1,6 Billionen Euro.6 Die Entwicklung sowie eine Prognose der Einnahmen, der Bruttogesamtausgaben und der Nettogesamtausgaben können folgender Grafik entnommen werden:7 Bis 2020 rechnet das ifo-Institut mit nominal steigenden Zahlungen auf ein Niveau von 175 Mrd. Euro, obwohl die Mittel aus dem Solidarpakt II in diesem Zeitraum vollständig abgebaut werden. Gleichzeitig dürften aber auch die Einnahmen von Bund und Sozialversicherung in Ostdeutsch- 6 Bundeszentrale für politische Bildung: Die Frage nach den Kosten der Wiedervereinigung, 28.09.2015, im Internet unter: http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-einheit/zahlen-und-fakten-zur-deutschen-einheit /212659/die-frage-nach-den-kosten-der-wiedervereinigung [12.02.2018]. 7 Ifo Institut: Auswirkungen veränderter Transferzahlungen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der ostdeutschen Länder, Dresden 2012, S. 34. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 033/18 Seite 8 land steigen. Beides zusammen dürfte die Abhängigkeit von Zahlungen von außen im Betrachtungszeitraum weiter verringern. Die aufgestellten Projektionen legen eine Reduktion der Nettogesamtausgaben von fast 75 Mrd. Euro im Jahr 2011 auf 63 Mrd. Euro im Jahr 2020 nahe.8 2.4. Berechnungen des DIW Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat als Ansatzpunkt den ostdeutschen Außenhandelssaldo gewählt. Die Forscher haben also untersucht, wie groß die Lücke ist zwischen der selbsterbrachten Wirtschaftsleistung und den verbrauchten Gütern. Im Osten der Republik war dieser Saldo seit der Wiedervereinigung stets negativ, das heißt, es wurden mehr Güter eingeführt , als im selben Zeitraum abgesetzt wurden. Dieses Minus wurde durch Transferzahlungen aus dem Westen ausgeglichen. Nach Angaben des DIW betragen diese Transferzahlungen für den Zeitraum seit der Wiedervereinigung zusammengenommen 1,5 Billionen Euro.9 *** 8 Lehmann/Ragnitz: Die Transferleistungen zugunsten der ostdeutschen Länder – Status quo und Ausblick, ifo Schnelldienst 3/2012, S. 29. 9 Bundeszentrale für politische Bildung: Die Frage nach den Kosten der Wiedervereinigung, 28.09.2015, im Internet unter: http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-einheit/zahlen-und-fakten-zur-deutschen-einheit /212659/die-frage-nach-den-kosten-der-wiedervereinigung [12.02.2018].