© 2016 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 031/16 Sonderabschreibung zum Mietwohnungsneubau Zur Zulässigkeit einer Mietobergrenze und/oder Sozialbindung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Fragestellung Die Auftraggeber bitten um Prüfung, ob im Rahmen des Gesetzentwurfs zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus1 eine Verknüpfung der steuerlichen Förderung mit einer Mietobergrenze oder einer dauerhaften Sozialbindung für die geförderten Wohnungen verfassungsrechtlich zulässig wäre. 2. Mietobergrenze und Sozialbindung als Voraussetzungen für die Sonderabschreibung 2.1. Mietobergrenze als Voraussetzung der Sonderabschreibung „Steuervergünstigungen lassen sich materiell nur aus dem Gemeinwohlprinzip und aus dem damit zusammenhängenden Sozialstaatsprinzip (Art. 20 I GG) rechtfertigen. Dient eine Vergünstigung keinem Gemeinwohlzweck, so ist sie unzulässiges Privileg oder Geschenk aus Steuermitteln.“2 Die Steuervergünstigung besteht im vorliegenden Gesetzentwurf in der Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau. Sie muss einem Gemeinwohlzweck dienen. Insoweit könnte eine Mietobergrenze als weitere Voraussetzung für die Sonderabschreibung eine gesetzgeberische Maßnahme zur Sicherung des Gemeinwohlzwecks der Steuerbegünstigung sein. „Ferner muss die Steuervergünstigung von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen und ihrerseits gleichheitssatzkonform, d.h. insb. zielgenau, ausgestaltet sein. So wie es ein Gebot gleicher und ein Verbot ungleicher Belastung gibt, so bestehen ein Gebot gleicher und ein Verbot ungleicher Begünstigung. Zur Erfüllung des Gebots gleicher Begünstigung ist zweierlei zu beachten: Die sachgerechte Auswahl des begünstigungswürdigen Personenkreises: Er muss entsprechend dem Vergünstigungszweck ausgewählt werden, darf nicht beliebig bestimmt werden. Sachgerechte Bemessung der Vergünstigung: In der Regel ist für wirtschaftslenkende Steuervergünstigungen das Vergünstigungsbedürfnis der sachgerechte Maßstab. Wird die Bemessungsgrundlage hingegen in der Weise angelegt, dass die Vergünstigung mit zunehmendem Bedürfnis abnimmt und umgekehrt, so ist der Gleichheitssatz und mit ihm die Vergünstigungs- oder Subventionsgerechtigkeit verletzt.“3 Der Gesetzentwurf gibt als gesetzgeberisches Ziel an, dass die Maßnahme Investoren Anreize geben soll, sich verstärkt im preiswerten (Miet-) Wohnungsneubau zu engagieren. 1 BT-Drs. 18/7736 2 Tipke/Lang/Hey: Steuerrecht, § 19 Rn. 75 3 a.a.O., Rn. 77 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 031/16 Seite 5 In der Begründung zu § 7b Abs. 3 EStG-E heißt es weiter: „Mit der Begrenzung der Förderung auf solche Baumaßnahmen, bei denen die abschreibungsfähigen Herstellungskosten nicht mehr als 3.000 Euro je m² Wohnfläche betragen, soll die Herstellung hochpreisigen Wohnraums vermieden werden. Ziel der Förderung ist es, Investoren zum Bau von Wohnungen im unteren und mittleren Mietpreissegment zu bewegen. Wohnungen mit hohem Standard (Luxusausstattung) bedürfen keiner staatlichen Förderung und werden somit vollständig von der Förderung ausgeschlossen.“4 Die Einführung einer Mietobergrenze würde insoweit das gesetzgeberische Ziel der Förderung von preiswertem Mietwohnungsneubau weiter konkretisieren und den Kreis der Begünstigten klarer von teurem Wohnungsneubau abgrenzen. Für die Einführung dieses zusätzlichen Kriteriums spräche zudem, dass die Herstellungskosten als bislang einzige Obergrenze für die Gewährung der Sonderabschreibung im Gesetzentwurf zwar besonders teure Bauprojekte aus dem Kreis der Begünstigten ausschließen, aber hohe Vermietungspreise nicht unterbinden. Mit einer Mietobergrenze würde ein langfristigerer Kontrollmechanismus für die Sonderabschreibung etabliert, der sicherstellen könnte, dass enorme Mietsteigerungen während der Abschreibungsperiode unterbleiben. Allerdings ist insoweit auch mit einem erhöhten Vollzugsaufwand seitens der Finanzverwaltung zu rechnen, da die Mietpreise fortlaufend während der Abschreibungsperiode vom Festsetzungsfinanzamt zu überwachen wären. 2.2. Sozialbindung als Voraussetzung der Sonderabschreibung Mit der Sozialbindung soll sowohl die Miethöhe begrenzt als auch die Wohnungsnutzung vorrangig Personen mit geringerem Einkommen vorbehalten sein. Geht man wiederum vom gesetzgeberischen Ziel der Förderung des Mietwohnungsneubaus im moderaten Preisspektrum aus, so wäre auch die Bindung der Sonderabschreibung an eine Sozialbindung eine geeignete Möglichkeit die Zielgenauigkeit der zu fördernden Wohnungsangebote zu erhöhen. Auf Grund der Bindung der Sonderabschreibung an die Mietenstufen IV bis VI der Wohngeldverordnung (§ 7b Abs. 4 Nr. 1 EStG-E) stellt der Gesetzgeber bereits sicher, dass nur Kommunen mit teureren Wohnlagen in den Anwendungsbereich der Sonderabschreibung einbezogen werden. Die Sozialbindung würde insoweit das gesetzgeberische Ziel der Förderung preiswerten Wohnraums in angespannten Wohnungsmärkten für eine Zielgruppe von vorrangig unterstützungsbedürftigen Personen weiter konkretisieren. Der Vorwurf der gleichheitswidrigen Privilegierung könnte nicht erhoben werden, da dem Gesetzgeber vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zum einen eine weite Einschätzungsprärogative bezüglich der Eignung und Erforderlichkeit von Lenkungsnormen zugebilligt wird.5 Zum anderen würden mittels der Sozialbindung die begünstigten 4 BT-Drs. 18/7736, S. 9 5 Tipke/Lang/Hey: a.a.O.; § 19 Rn. 76 a.E. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 031/16 Seite 6 Wohnungsinvestoren bezüglich der Kostenstruktur des Bauvorhabens und der späteren Mietpreisgestaltung zur Einhaltung des Förderzwecks des Gesetzes angehalten. Gemessen an der verfassungsrechtlichen Vorgabe der sachgerechten Auswahl des begünstigungswürdigen Personenkreises6 wären sowohl die Sozialbindung als auch die Einfügung einer Mietobergrenze Maßnahmen, die eine sachgerechte Auswahl des begünstigungswürdigen Personenkreises verbessern würden. Allerdings wird dieses Kriterium vom BVerfG selbst nur sehr zurückhaltend angewandt. Das BVerfG7 geht in der Regel davon aus, dass der Gesetzgeber den verfassungsrechtlichen Anforderungen bereits genügt, wenn die Abgrenzung des begünstigten Personenkreises nicht auf einer der Lebenserfahrung „geradezu widersprechenden Würdigung“ der jeweiligen Lebenssachverhalte beruhe. Für Wohnungen die vor dem 01.01.1996 fertig gestellt wurden, bestand in § 7 k EStG aF bereits in der Vergangenheit eine Sonderabschreibungsmöglichkeit, die eine Sozialbindung und eine Mietobergrenze beinhaltete. Gegen diese Norm wurden keine verfassungsrechtlichen Bedenken erhoben. 3. Fazit Es sind keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Einführung einer Mietobergrenze und/oder einer Sozialbindung als Zusatzkriterium im Gesetzentwurf zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus erkennbar. Ende der Bearbeitung 6 Tipke/Lang/Hey: a.a.O., § 19 Rn. 77; Friauf, StuW 1985, 136 f. 7 BVerfGE 110, 274 (293)