© 2015 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 031/15 Schuldentragfähigkeitsanalysen im Rahmen des Ersten und des Zweiten wirtschaftlichen Anpassungsprogramms für Griechenland Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 031/15 Seite 2 Schuldentragfähigkeitsanalysen im Rahmen des Ersten und des Zweiten wirtschaftlichen Anpassungsprogramms für Griechenland Verfasser: Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 031/15 Abschluss der Arbeit: 25. Februar 2015 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Telefon: Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 031/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Beschlüsse des Deutschen Bundestages zum ersten Rettungsprogramm 4 2. Zweites wirtschaftliches Anpassungsprogramm für Griechenland 5 2.1. Rechtliche Grundlage in Deutschland 5 2.2. Erster Antrag des Bundesministeriums der Finanzen 6 2.3. Zweiter Antrag des Bundesministeriums der Finanzen 7 2.4. Weitere Überprüfungsberichte von Internationalem Währungsfonds, Europäischer Kommission und Europäischer Zentralbank 8 2.5. Dritter Antrag des Bundesministeriums der Finanzen 9 2.6. Vierter Antrag des Bundesministeriums der Finanzen 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 031/15 Seite 4 Die Bundesrepublik Deutschland ist in Bezug auf Griechenland Verpflichtungen in zwei Rettungspaketen eingegangen. Während es sich bei dem ersten Rettungspaket um bilaterale Hilfen handelt, die in Form eines förmlichen Gesetzgebungsverfahrens vom Deutschen Bundestag beschlossen worden sind, wurden die Finanzhilfen für Griechenland aus dem zweiten Rettungsprogramm über die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität EFSF geleistet. 1. Beschlüsse des Deutschen Bundestages zum ersten Rettungsprogramm Zur Umsetzung des ersten Rettungspakets an Griechenland hatten die Fraktionen der CDU/CSU und FDP am 3. Mai 2010 den Entwurf eines Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik (Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz - WFStG) auf Drucksache 17/1544 eingebracht. Der Gesetzentwurf wurde nach Beratung der Vorlage in den Ausschüssen in der 41. Sitzung am 7. Mai 2010 vom Deutschen Bundestag angenommen. Das Gesetz trat am 8. Mai 2010 in Kraft. Mit dem Gesetz wurde das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, Gewährleistungen bis zur Höhe von 8,4 Mrd. Euro im ersten Jahr sowie von weiteren 14 Mrd. Euro in den beiden Folgejahren für konditionierte Kredite an Griechenland zu übernehmen. Zur Schuldentragfähigkeit Griechenlands führen die den Entwurf einbringenden Fraktionen von CDU/CSU und FDP in der Begründung der Vorlage auf Drucksache 17/1544 aus, dass die Finanzhilfe der Eurogruppe im Rahmen einer strengen Konditionalität zur Verfügung gestellt werde, die zwischen dem Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Kommission (in Abstimmung mit der Europäischen Zentralbank) sowie den griechischen Vertretern vereinbart worden sei. Die Entscheidung der Eurogruppe sei auf Basis einer gemeinsamen Einschätzung von Kommission und Europäischer Zentralbank getroffen worden, die insbesondere zu der Frage einer derzeit nicht hinreichenden Finanzierung der Hellenischen Republik über die Kapitalmärkte getroffen wurde.1 Ferner findet sich in der Begründung des Gesetzentwurfes der Hinweis, dass die Europäische Kommission und die EZB am 2. Mai 2010 zum einen ihre Beurteilung zum dreijährigen Wirtschaftsprogramm der Hellenischen Republik abgegeben und zum anderen dargelegt haben, dass eine Finanzierung der Hellenischen Republik über den Markt nicht mehr ausreiche. Gleichzeitig seien die Bedingungen für die Hilfen zugunsten Griechenlands festgelegt worden, die für die Auszahlbarkeit der entsprechenden Kredite erfüllt sein müssen. Wie von der Europäischen Kommission und der EZB in ihrer Stellungnahme vom 2. Mai 2010 bestätigt, käme es ohne ein Han- 1 Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, Entwurf eines Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik (Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz – WFStG), BT-Drs. 17/1544, S. 4 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 031/15 Seite 5 deln des Internationalen Währungsfonds und der 15 Staaten des Euro-Währungsgebiets zur Zahlungsunfähigkeit Griechenlands, die die Finanzstabilität in der gesamten Europäischen Währungsunion erheblich gefährden würde.2 In der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses wird in Ergänzung des Gesetzentwurfs klargestellt, dass die bilateralen Kredite der Staaten der Eurogruppe und die Kredite des Internationalen Währungsfonds im Rahmen eines gemeinsamen Vorgehens und auf Grundlage der unter Mitwirkung der EZB vereinbarten Maßnahmen ausgereicht werden sollen. Zur Schuldentragfähigkeit Griechenlands verweisen die seinerzeitigen Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP in dem Bericht über die Ausschussberatungen darauf, dass die bilateralen Hilfen in einem engen Zusammenhang mit einem dreijährigen Programm unter der Federführung des IWF stünden. Die strenge Konditionalität der Finanzhilfen mit der Durchsetzung und dem Erfolg des Programms sei für die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP der wesentliche Garant dafür, verloren gegangenes Vertrauen der Kapitalmärkte gegenüber Griechenland wieder aufzubauen und damit die Stabilität des Euro dauerhaft zu erhalten. So habe auch der damalige Präsident der Deutschen Bundesbank, Prof. Dr. Axel A. Weber, in der vom Ausschuss durchgeführten Anhörung am 5. Mai 2010 betont, dass die Umsetzung des Programms und die Bereitschaft des griechischen Parlaments und der Mehrheit der griechischen Bevölkerung, dies vereinbarungsgemäß umzusetzen, der Dreh- und Angelpunkt für den Erfolg der finanziellen Hilfen sei.3 Die Finanzhilfen wurden danach unter einer strengen Konditionalität zur Verfügung gestellt, die zwischen dem IWF und der EU-Kommission sowie Griechenland vereinbart wurden und sich hinsichtlich der finanz- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen Griechenlands auf das mit Griechenland vereinbarte „Memorandum of Understanding“ beziehen. Darin sind die Bedingungen der Kreditvergabe festgelegt und insbesondere die Auszahlung der Finanzhilfen an Bedingungen zur Haushaltssanierung knüpft. Die Auszahlung der einzelnen Tranchen ist danach an die Einhaltung quantitativer Leistungskriterien gekoppelt. Der auf Deutschland entfallende Anteil an den Hilfsmaßnahmen wurde von der KfW zur Verfügung gestellt und das BMF ermächtigt, zur Absicherung entsprechende Gewährleistungen zu übernehmen. 2. Zweites wirtschaftliches Anpassungsprogramm für Griechenland 2.1. Rechtliche Grundlage in Deutschland Nach § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus (Stabilisierungsmechanismusgesetz - StabMechG) darf die Bundesregierung in Angelegenheiten der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität einem Beschlussvorschlag, der die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages berührt, durch ihren Vertreter nur zustimmen oder sich bei einer Beschlussfassung enthalten, nachdem der Deutsche Bundestag hierzu einen zustimmenden Beschluss gefasst hat. Ohne einen 2 ebenda, S. 4 3 Bericht des Haushaltsausschusses, BT-Drs. 17/1562, S. 2 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 031/15 Seite 6 solchen Beschluss des Deutschen Bundestages muss der deutsche Vertreter den Beschlussvorschlag ablehnen. § 3 Absatz 2 Nummer 2 StabMechG bestimmt, dass die haushaltspolitische Gesamtverantwortung insbesondere bei einer wesentlichen Änderung einer Vereinbarung über eine Notmaßnahme, einer Änderung ihrer Instrumente und Bedingungen und bei einer Änderung, die Auswirkungen auf die Höhe des deutschen Gewährleistungsrahmens hat, berührt ist. § 4 Abs. 3 StabMechG sieht vor, dass der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zu beteiligen und seine Stellungnahme zu berücksichtigen ist. Dies gilt insbesondere für Beschlüsse, die nach dem Rahmenvertrag der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität nur einstimmig geschlossen werden können wie etwa die Leistung von Finanzhilfe gemäß einer bestehenden Vereinbarung über eine Finanzhilfefazilität. Nach § 5 Abs. 5 StabMechG ist die Bundesregierung verpflichtet, über die übernommenen Gewährleistungen und die ordnungsgemäße Verwendung dem Deutschen Bundestag vierteljährlich zu berichten. Dieser Bericht einschließlich der Übersicht über die EFSF-Finanzhilfen wurde dem Haushaltsausschuss am 26. Januar 2015 übergeben.4 Der Bericht ist als „VS – Nur für den Dienstgebrauch “ eingestuft. 2.2. Erster Antrag des Bundesministeriums der Finanzen Mit Datum vom 24. Februar 2012 stellte das Bundesministerium der Finanzen den Antrag: „Finanzhilfen zugunsten der Hellenischen Republik; Einholung eines zustimmenden Beschlusses des Deutschen Bundestages nach § 3 Absatz 1 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes (Stab- MechG) für Notmaßnahmen der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität zugunsten der Hellenischen Republik“5. Der Antrag wurde in der 160. Sitzung des Deutschen Bundestages am 27. Februar 2012 angenommen. Das Bundesministerium der Finanzen beantragt die Zustimmung des Deutschen Bundestages zum Abschluss einer Vereinbarung über die Gewährung einer Notmaßnahme der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) zugunsten der Hellenischen Republik in Form von Darlehen . Im Antrag wird ausgeführt, dass § 1 StabMechG unter anderem die Voraussetzung enthält, dass Notmaßnahmen an strenge Auflagen geknüpft sind. Deshalb müsse Griechenland (neben weiteren Auflagen) eine freiwillige Umschuldung der privaten Anleiheschulden herbeiführen, um so die Grundlage für eine tragfähige Schuldenentwicklung zu schaffen. „Insbesondere muss im Rahmen einer von der Europäischen Zentralbank (EZB), der Europäischen Kommission (EU KOM) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) durchzuführenden Schuldentragfähigkeitsanalyse bestätigt werden, dass Griechenland durch Umsetzung der Maßnahmen im Rahmen 4 Ausschussdrucksache 1867. 5 Bundestags-Drucksache 17/8730. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 031/15 Seite 7 des zweiten Anpassungsprogramms im Jahr 2020 einen Schuldenstand von nahe 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen kann.“6 Zu dem Antrag gehört die Unterrichtung durch das Bundesministerium der Finanzen „Finanzhilfen zugunsten der Hellenischen Republik; Vorläufiges Troika-Update zur griechischen Schuldentragfähigkeit und zur öffentlichen Finanzierung“7. Darin heißt es auf Seite 3: „Als Ergebnis dieser Maßnahmen und entsprechend der Annahmen, auf denen die Schuldentragfähigkeitsanalyse basiert , dürfte die Schuldenquote Griechenlands bis zum Jahr 2020 auf 120,5 % des BIP sinken und die zusätzliche öffentliche Finanzierung (zusätzlich zu nicht ausgezahlten Mitteln aus dem ersten Programm) innerhalb des Rahmens von 130 Mrd. Euro bleiben. Diese Schätzungen stehen unter dem Vorbehalt der erfolgreichen Umsetzung der Umschuldung und sind stark abhängig vom Umfang der Beteiligung der Anleiheinhaber.“ 2.3. Zweiter Antrag des Bundesministeriums der Finanzen Mit Datum 27. November 2012 stellte das Bundesministerium der Finanzen auf Bundestags- Drucksache 17/11647 den Antrag: „Änderungen im bestehenden Anpassungsprogramm für Griechenland – Änderung der Garantieschlüssel; Einholung eines zustimmenden Beschlusses des Deutschen Bundestages nach § 3 Absatz 1 i. V. m. § 3 Absatz 2 Nummer 2 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes (StabMechG)“. Der Antrag wurde in der 212. Sitzung des Deutschen Bundestages am 30. November 2012 angenommen. Das Bundesministerium der Finanzen beantragt die Zustimmung des Deutschen Bundestages, die für die Bereitstellung der nächsten Tranche in Höhe von 43,7 Mrd. Euro im Rahmen des zweiten Anpassungsprogramms für Griechenland erforderlichen Änderungen der Bedingungen der Finanzhilfefazilität vornehmen zu können. Die Änderungen sind notwendig, weil sich die Konsolidierungsziele verschoben hätten und sich ohne weitere Maßnahmen bis zum Ende des Jahres 2014 eine Finanzierungslücke in Höhe von rund 14 Mrd. Euro ergebe. Diese Lücke habe auch Auswirkungen auf die Schuldentragfähigkeit. Das Bundesministerium der Finanzen beruft sich bei dieser Begründung auf die Schuldentragfähigkeitsanalyse der Troika. Diese sei zu dem Schluss gekommen, dass der Schuldenstand im Jahr 2020 ohne weitere Maßnahmen bei 144 Prozent des BIP statt der ursprünglich angestrebten 120 Prozent liegen würde. Grund seien die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Der Bericht der Troika, in dem ausführlich zur Schuldentragfähigkeit Stellung genommen wird, ist unter dem Titel „Das zweite wirtschaftliche Anpassungsprogramm für Griechenland – Erste Überprüfung“ veröffentlicht worden und liegt als Bundestags-Drucksache 17/11669 vor. Darin stellt die Troika fest, dass sich nach zwei Wahlen in Griechenland „beträchtliche Verzögerungen “ bei der Umsetzung des zweiten wirtschaftlichen Programms angehäuft hätten. Außer- 6 Seite 3 in Bundestags-Drucksache 17/8730. 7 Bundestags-Drucksache 17/8735. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 031/15 Seite 8 dem sei die Rezession tiefgreifender und länger als erwartet gewesen. Trotzdem habe Griechenland bereits wesentliche Fortschritte bei seiner wirtschafts- und haushaltspolitischen Anpassung erzielt. Die mittelfristigen Haushaltsziele hätten jedoch korrigiert und die mittelfristige Fiskalstrategie um zwei Jahre bis 2016 verlängert werden müssen, um nicht „durch unrealistisch hohe jährliche Konsolidierungsanstrengungen“ die Rezession zu verschärfen. Um die korrigierten Haushaltsziele erreichen zu können, sieht die mittelfristige Fiskalstrategie 2013 bis 2016 „eine sehr umfangreiche, überwiegend ausgabenbasierte ... Konsolidierung“ vor (vgl. „Zusammenfassung “ des Troika-Berichts). 2.4. Weitere Überprüfungsberichte von Internationalem Währungsfonds, Europäischer Kommission und Europäischer Zentralbank Der zweite bis vierte Bericht über die Überprüfungen des zweiten wirtschaftlichen Anpassungsprogramms sind dem Haushaltsausschuss mit der Gelegenheit zur Stellungnahme zugeleitet worden . Sie sind als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und sind bundestagsintern über EuDox abrufbar. Der Bericht über die zweite Überprüfung des zweiten wirtschaftlichen Anpassungsprogramms wurde im Mai 2013 erstellt. Darin kommen die beteiligten Institutionen zu dem Schluss, dass die Aussichten bezüglich der Schuldentragfähigkeit des griechischen Staates im Vergleich mit dem Compliance-Bericht von Dezember im Wesentlichen unverändert bleiben. Die Ergebnisse der Stresstestszenarien der letzten Überprüfung – Wirtschaftswachstum, Zinssätze, Privatisierungserlöse , Haushaltsentwicklung, Mehrfachschock - seien weiterhin gültig.8 Der Bericht über die dritte Überprüfung stammt aus Juli 2013. Dort heißt es auf Seite 53: „Die aktuelle Überprüfung hat keine wesentlichen Änderungen bei der Schuldentragfähigkeitsanalyse Griechenlands ergeben, wenngleich die Unsicherheiten gestiegen sind. Das makroökonomische Szenario bleibt unverändert. Die Prognose der Privatisierungseinnahmen wurde hingegen für dieses Jahr nach unten und für nächstes Jahr nach oben korrigiert, da ein Teil der in der zweiten Jahreshälfte 2013 erwarteten Einnahmen erst 2014 erzielt wird. Der Plan für den Abbau der Zahlungsrückstände wurde umgestellt, nachdem es in der ersten Jahreshälfte zu Verzögerungen kam. Nach ihrem Höchststand von 175,6 % des BIP in diesem Jahr dürfte die Schuldenquote stetig sinken und 2021 unter 120 % des BIP fallen, vorausgesetzt jedoch, Griechenland setzt das Programm weiterhin konsequent um. Gleichwohl sind die Abwärtsrisiken im Vergleich zur zweiten Überprüfung deutlich gestiegen, insbesondere im Hinblick auf die Privatisierungserlöse. Darüber hinaus würden weitere beträchtliche Verzögerungen bei der Begleichung von Zahlungsrückständen die bereits bestehenden Liquiditätsprobleme der griechischen Wirtschaft verschärfen. In Verbindung mit der unzureichenden Umsetzung vereinbarter Strukturreformen könnte dies den Wirtschaftsaufschwung im Vergleich zum Basisszenario verzögern. Letztendlich besteht aufgrund des hinter den Prognosen zurückgebliebenen Wachstums innerhalb der EU und anderer negativer externer Faktoren im Verhältnis ebenfalls ein negatives Risiko für das Potenzialwachstum und damit für die Schuldentragfähigkeit.“ 8 Vgl. Seite 66f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 031/15 Seite 9 Der Bericht über die vierte Überprüfung wurde im April 2014 erstellt. Zur Schuldentragfähigkeitsanalyse führt der Bericht auf Seite 77 aus: „Im Vergleich zur vorherigen Überprüfung hat die aktuelle Schuldentragfähigkeitsanalyse eine leichte Verschlechterung der Schuldenquote bis zum Ende des Jahrzehnts ergeben. Nachdem die griechische Schuldenquote 2014 mit 177 % des BIP einen Höchststand erreicht hat, rechnet man nun mit einem schrittweisen Absinken auf etwa 125 % des BIP im Jahr 2020 und auf 112 % des BIP im Jahr 2022. Von diesen Annahmen ausgehend stellt dies eine Verschlechterung im Vergleich zu den im Dezember 2012 formulierten Zielen einer Schuldenquote von 124% des BIP im Jahr 2020 und 110% im Jahr 2022 dar. Diese Verschlechterung ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen: eine schlechtere Prognose für das nominelle BIP, was hauptsächlich an einer umfassenderen Preisanpassung liegt, eine etwas niedrigere Prognose in Sachen Privatisierungseinnahmen, nachdem es zu einer Verzögerung bei der Privatisierung von Staatsvermögen gekommen ist und eine höhere Beseitigung der Zahlungsrückstände im Vergleich zur vorherigen Prüfung, was allerdings das Wirtschaftswachstum auf kurzfristige Sicht unterstützen und ein Aufwärts-Risiko für die Prognose darstellen dürfte. Neben der ursprünglich im Programm vorgesehenen Begleichung von Zahlungsrückständen in Höhe von 8 Mrd. EUR wird in der aktuellen Schuldentragfähigkeitsanalyse von einem Abbau neu entdeckter Rückstände bei den Steuererstattungen in Höhe von weiteren 2,5 Mrd. EUR im Laufe des Jahres 2015 ausgegangen. Im Gegensatz dazu stellt sich die Schuldenquote für 2013 mit 175 % besser dar als erwartet, was darauf zurückzuführen ist, dass das Haushaltsergebnis besser ausfällt als prognostiziert.“ 2.5. Dritter Antrag des Bundesministeriums der Finanzen Mit Datum 15. Dezember 2014 stellte das Bundesministerium der Finanzen den Antrag: „Finanzhilfen zugunsten Griechenlands; technische Verlängerung und Fortführung der Stabilitätshilfe - Einholung eines zustimmenden Beschlusses des Deutschen Bundestages nach § 3 Absatz 1 i. V. m. § 3 Absatz 2 Nummer 2 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes auf Verlängerung der bestehenden Finanzhilfefazilität sowie nach § 4 Absatz 1 Nummer 1 des ESM-Finanzierungsgesetzes, der Hellenischen Republik nach Artikel 13 Absatz 2 des ESM-Vertrages grundsätzlich vorsorgliche Finanzhilfe zu gewähren“.9 Der Antrag wurde in der 76. Sitzung des Deutschen Bundestages am 18. Dezember 2014 angenommen. Der Antrag zielt zum einen darauf, die Bereitstellungsfrist für das EFSF-Programm für Griechenland zu verlängern. Die Finanzministerinnen und Finanzminister der Eurozone (Eurogruppe) hätten die positiven gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen, die Griechenland in letzter Zeit verzeichnen konnte, begrüßt. Zudem habe die Eurogruppe die Fortschritte begrüßt, die die griechische Regierung hinsichtlich von Strukturreformen gemacht hat, die nach Einschätzung der Troika vor Abschluss der fünften Überprüfung noch umgesetzt werden müssten, um das Programm erfolgreich abzuschließen. Allerdings könne die aktuelle Überprüfung trotz der jüngsten Fortschritte nicht mehr vor Jahresende abgeschlossen werden. Erst eine Verlängerung um bis zu zwei Monate würde nach Einschätzung der Eurogruppe ermöglichen, sämtliche aus Sicht der Troika noch notwendigen Maßnahmen umzusetzen. 9 Bundestags-Drucksache 18/3532. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 031/15 Seite 10 Zum anderen soll eine vorsorgliche Kreditlinie des ESM für Griechenland bereitgestellt werden. Damit würde aus noch zur Verfügung stehenden Programmmitteln ein Sicherheitsnetz gespannt, mit dem Griechenland in die Lage versetzt würde, den nach Auslaufen des Programms für 2015 noch nicht gedeckten Finanzbedarf selbst am Kapitalmarkt finanzieren zu können. Nach Einschätzung der EU-Kommission lägen die Zugangsvoraussetzungen für die Bereitstellung vor. Die EU-Kommission habe bestätigt, dass ihre vorläufige Schuldentragfähigkeitsanalyse zeigt, dass die Schuldenstandsentwicklung bei Umsetzung der vereinbarten Reformen auf dem vereinbarten Pfad bleiben würde. Die Schuldentragfähigkeit habe sich gegenüber der letzten Programmüberprüfung vom April 2014 verbessert. Grund seien insbesondere die sinkenden Zinsausgaben, die zu erwartenden Einsparungen bei der Rekapitalisierung von Banken und innerstaatliche Konsolidierungen 10. 2.6. Vierter Antrag des Bundesministeriums der Finanzen Mit Datum 23. Februar 2015 stellte das Bundesministerium der Finanzen den Antrag: „Finanzhilfen zugunsten Griechenlands; Verlängerung der Stabilitätshilfe - Einholung eines zustimmenden Beschlusses des Deutschen Bundestages nach § 3 Absatz 1 i. V. m. § 3 Absatz 2 Nummer 2 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes auf Verlängerung der bestehenden Finanzhilfefazilität zugunsten der Hellenischen Republik“.11 Zu diesem Antrag erfolgte am 24. Februar 2015 eine Unterrichtung durch das Bundesministerium der Finanzen: „hier: Erste Liste mit Reformmaßnahmen Griechenlands, Nachbericht zur Telefonkonferenz der Eurogruppe am 24. Februar 2015“12. Darin heißt es auf Seite 2: „Der Internationale Währungsfonds, die Europäische Kommission und die Europäische Zentralbank haben schriftlich eine erste Einschätzung zu dieser Liste übermittelt (vgl. Anlagen 3 bis 5a). Darin wird die Liste mit Maßnahmen nach einer ersten Einschätzung als belastbarer Ausgangspunkt für einen erfolgreichen Abschluss der laufenden Programmüberprüfung angesehen. Die drei Institutionen verweisen darauf, dass die Basis für den Abschluss der Programmüberprüfung das jetzige Programm mit der gültigen Absichtserklärung für eine spezifische wirtschaftspolitische Konditionalität (Memorandum of Understanding) ist. Der Inhalt der Liste wird in diesem Rahmen während der Programmüberprüfung weiter auszuarbeiten und zu spezifizieren sein. 10 Vgl. Bundestags-Drucksache 18/3532, Seite 4. 11 Bundestags-Drucksache 18/4079. 12 Bundestags-Drucksache 18/4093.