© 2018 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 028/18 8 Körperschaftsteuerliche Berücksichtigung von Bußgeld- und Strafzahlungen Die Strafzahlungen der Volkswagen AG aufgrund des Vergleichs mit den USA Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 028/18 Seite 2 Körperschaftsteuerliche Berücksichtigung von Bußgeld- und Strafzahlungen Die Strafzahlungen der Volkswagen AG aufgrund des Vergleichs mit den USA Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 028/18 Abschluss der Arbeit: 7. Februar 2018 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 028/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Vorbemerkung 4 3. Die Vergleichsvereinbarung der Volkswagen AG mit der US-Regierung 4 4. Körperschaftsteuerliche Berücksichtigung von Bußgeldund Strafzahlungen 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 028/18 Seite 4 1. Fragestellung Der Auftraggeber bittet erstens um Darstellung, ob und wenn ja wie die von Volkswagen in den USA zu leistenden Strafzahlungen in Höhe von 4,3 Mrd. US-Dollar (oder Teile davon) vom Konzern in Deutschland steuerlich geltend gemacht werden können. Zweitens wurde die Frage gestellt , welche Ausgaben des Volkswagenkonzerns, die aus gegen ihn im Zuge der Abgas-Affäre verhängten Strafen, Rückrufen und Entschädigungen resultieren, insgesamt vom Volkswagenkonzern in Deutschland steuerlich geltend gemacht werden können. 2. Vorbemerkung Die Volkswagen AG ist eine Aktiengesellschaft deutschen Rechts mit Hauptsitz in Wolfsburg.1 Zum Konzern gehören zwölf Marken, neben Volkswagen Pkw unter anderem auch Audi und Porsche . „Darüber hinaus bietet der Volkswagen Konzern ein breites Spektrum an Finanzdienstleistungen an. Dazu zählen die Händler- und Kundenfinanzierung, das Leasing, das Bank- und Versicherungsgeschäft sowie das Flottenmanagement.“2 Die Volkswagen Group of America ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Volkswagen AG. Zur Volkswagen Group of America gehören neben Marken wie Volkswagen und Audi auch die VW Credit.3 Im Folgenden sind zunächst die wesentlichen Inhalte der Vergleichsvereinbarung der Volkswagen AG mit der US-Regierung vom Januar 2017 dargestellt. In einem weiteren Kapitel geht es um die körperschaftsteuerliche Behandlung von Bußgeld- und Strafzahlungen. Dabei ist zu beachten, dass es sich hierbei nur um allgemeine Ausführungen handeln kann. Eine Rechtsverbindlichkeit ist nicht gegeben. Die endgültigen steuerlichen Beurteilungen der Zahlungen, die die Volkswagen AG im Zusammenhang mit der Abgas-Affäre leisten muss, werden höchstwahrscheinlich im Zuge von Betriebsprüfungen des zuständigen Finanzamts bzw. der zuständigen Finanzämter erfolgen . 3. Die Vergleichsvereinbarung der Volkswagen AG mit der US-Regierung Am 11. Januar 2017 hat die Volkswagen AG mit der US-Regierung eine Vereinbarung getroffen, um strafrechtliche Ansprüche und Umweltschutzklagen auf Bundesebene sowie weitere gegen das Unternehmen erhobene zivilrechtliche Ansprüche beizulegen.4 Nach dieser Vereinbarung stimmte die Volkswagen AG zu, sich dreier Straftaten für schuldig zu erklären und verpflichtete 1 Volkswagen Aktiengesellschaft, unter: https://www.volkswagenag.com/de/meta/provider-identification.html, abgerufen am 07. Februar 2018. 2 Volkswagen Aktiengesellschaft Konzern, unter: https://www.volkswagenag.com/de/group.html, abgerufen am 07. Februar 2018. 3 Volkswagen Group of America, unter: http://www.volkswagengroupofamerica.com/about, abgerufen am 07. Februar 2018. 4 Volkswagen Konzern Pressemitteilung vom 11. Januar 2017: Volkswagen erzielt Vergleichsvereinbarung mit der US-Regierung, unter: https://www.volkswagen-media-services.com/detailpage/-/detail/Volkswagen-erzielt-Vergleichsvereinbarungen -mit-der-US-Regierung /view/4455912/6e1e015af7bda8f2a4b42b43d2dcc9b5?p_p_auth=bKZstz0v, abgerufen am 06. Februar 2018. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 028/18 Seite 5 sich 4,3 Mrd. US-Dollar Geldstrafe und Zivilstrafe zu leisten. 5 Am 10. März 2017 erklärte sich die Volkswagen AG vor einem Bundesgericht in Detroit der drei Straftaten für schuldig.6 Am 21. April 2017 hat der US-Bezirksrichter Sean F. Cox vom Eastern District of Michigan der Vereinbarung zwischen der Volkswagen AG und der US-Regierung zugestimmt.7 Bei den drei Straftaten handelt es sich um Verschwörung, Behinderung der Justiz sowie die Einfuhr von Waren in die USA mit falschen Angaben: – Die Volkswagen AG bekannte sich schuldig, einer Verschwörung beigetreten zu sein, die das Ziel hatte, eine US-Behörde, in diesem Fall die Environmental Protection Agency (EPA), zu betrügen. Um wirtschaftliche Vorteile zu erhalten, wurden wesentliche Tatsachen mit Hilfe von Kommunikationsmitteln falsch dargestellt oder verschleiert („Wire Fraud“). Die verfälschten bzw. verschleierten wesentlichen Tatsachen fanden sich in Unterlagen, die nach dem Clean Air Act vorzulegen sind und stellten somit einen Verstoß gegen dieses Gesetz dar. – Die Volkswagen AG hat sich zum zweiten schuldig bekannt, die Justiz behindert zu haben. Sie hat absichtlich die Integrität oder Verfügbarkeit von Unterlagen zur Verwendung in einem offiziellen Verfahren beeinträchtigt, zum Beispiel durch Vernichtung oder Verfälschung von Aufzeichnungen oder Dokumenten. – Zum dritten hat sich die Volkswagen AG schuldig bekannt, Waren in die USA eingeführt zu haben, obwohl diese wissentlich und in wesentlichen Teilen falsch deklariert waren. Die Volkswagen AG musste an die Vereinigten Staaten eine Geldstrafe in Höhe von 2,8 Mrd. US- Dollar entrichten. Sie darf für die Geldstrafe weder direkt noch indirekt eine Erstattung oder Entschädigung von jemandem verlangen oder annehmen. Die Volkswagen AG hat sich ferner damit einverstanden erklärt, dass sie weder direkt noch indirekt einen Steuerabzug, eine Steuergutschrift oder irgendeinen anderen Ausgleich in Bezug auf eine US-Bundes-, Staats- oder Kommunalsteuer geltend machen oder beantragen wird.8 5 Department of Justice - Office of Public Affairs, 11. Januar 2017: Volkswagen AG Agrees to Plead Guilty and Pay $4.3 Billion in Criminal and Civil Penalties; Six Volkswagen Executives and Employees are Indicted in Connection with Conspiracy to Cheat U.S. Emissions Tests, unter: https://www.justice.gov/opa/pr/volkswagen-agagrees -plead-guilty-and-pay-43-billion-criminal-and-civil-penalties-six, abgerufen am 06. Februar 2018. 6 Department of Justice - Office of Public Affairs, 10. März 2017: Volkswagen AG Pleads Guilty in Connection with Conspiracy to Cheat U.S. Emissions Tests, unter: https://www.justice.gov/opa/pr/volkswagen-ag-pleadsguilty -connection-conspiracy-cheat-us-emissions-tests, abgerufen am 06. Februar 2018. 7 Department of Justice - Office of Public Affairs, 21. April 2017: Volkswagen AG Sentenced in Connection with Conspiracy to Cheat U.S. Emissions Tests, unter: https://www.justice.gov/opa/pr/volkswagen-ag-sentenced-connection -conspiracy-cheat-us-emissions-tests, abgerufen am 06. Februar 2018. 8 VW AG Plea Agreement, Seiten 3 bis 6 und 13, abrufbar unter: https://www.justice.gov/opa/pr/volkswagen-agagrees -plead-guilty-and-pay-43-billion-criminal-and-civil-penalties-six, abgerufen am 06. Februar 2018. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 028/18 Seite 6 Zusammen mit der Straf-Vereinbarung vom Januar 2017 kündigten die Vereinigten Staaten auch zivilrechtliche Vereinbarungen an:9 Die erste zivilrechtliche Einigung löste die verbleibenden Ansprüche der EPA gegen sechs VWverbundene Unternehmen (einschließlich der Volkswagen AG, der Audi AG und der Porsche AG) ab, die in einem Verfahren anhängig waren. In dem Verfahren ging es um den Verstoß gegen den Clean Air Act durch den Verkauf von ungefähr 590.000 Autos, deren Schadstoffausstoß im normalen Betrieb über den zugelassenen Grenzwerten der EPA lag. Die Volkswagen AG hat zugestimmt, 1,45 Mrd. US-Dollar zu zahlen, um zum einen diese zivilrechtlichen Strafanträge der EPA abzulösen. Die 1,45 Mrd. US-Dollar dienen zum anderem auch der zivilrechtlichen Streitbeilegung zwischen der U.S. Customs and BorderProtection (CBP) und VW-Unternehmen. In dem Verfahren ging es um die Verletzung straf- und zivilrechtlicher Zollgesetze durch VW-Unternehmen. Zum Zeitpunkt der Einfuhr informierte VW die CBP fälschlicherweise, dass jedes der fast 590.000 importierten Fahrzeuge alle anwendbaren Umweltgesetze erfüllte, obwohl diese Angaben wissentlich unwahr waren.10 Der Beschluss zeige, dass die CBP die Aufhebung von Pflichten und Regelungen des Importeurs nicht dulde, wenn er damit die USA um Einnahmen betrügt.11 Die Volkswagen AG darf die nach dieser Vereinbarung gezahlten Strafen nicht bei der Berechnung ihrer Bundeseinkommensteuern (federal income taxes) abziehen.12 In einem dritten Vergleich hat Volkswagen zugestimmt, 50 Mio. US-Dollar zivilrechtlicher Strafe an die USA wegen Verstößen gegen den Financial Institutions Reform, Recovery and Enforcement Act (FIRREA) zu zahlen. Dabei geht es um Kredit- und Leasinggeschäfte der VW-Credit für die manipulierten Fahrzeuge und die Besicherung durch die manipulierten Fahrzeuge. Einige dieser Kredit- und Leasingverträge seien in der Zeit zwischen 2009 und 2015 zu insgesamt 17 Asset -Backed-Securities zusammengelegt worden. Finanzinstitute in den USA fungierten als Treuhänder und als Käufer.13 Der FIRREA-Beschluss mit der Strafzahlung soll Täter abschrecken, die 9 Department of Justice - Office of Public Affairs, 11. Januar 2017: Volkswagen AG Agrees to Plead Guilty and Pay $4.3 Billion in Criminal and Civil Penalties; Six Volkswagen Executives and Employees are Indicted in Connection with Conspiracy to Cheat U.S. Emissions Tests, unter: https://www.justice.gov/opa/pr/volkswagen-agagrees -plead-guilty-and-pay-43-billion-criminal-and-civil-penalties-six, abgerufen am 06. Februar 2018. 10 VW AG CBP Settlement, abrufbar unter: https://www.justice.gov/opa/pr/volkswagen-ag-agrees-plead-guiltyand -pay-43-billion-criminal-and-civil-penalties-six, abgerufen am 07. Februar 2018. 11 Department of Justice - Office of Public Affairs, 11. Januar 2017: Volkswagen AG Agrees to Plead Guilty and Pay $4.3 Billion in Criminal and Civil Penalties; Six Volkswagen Executives and Employees are Indicted in Connection with Conspiracy to Cheat U.S. Emissions Tests, unter: https://www.justice.gov/opa/pr/volkswagen-agagrees -plead-guilty-and-pay-43-billion-criminal-and-civil-penalties-six, abgerufen am 06. Februar 2018. 12 VW AG Third Partial Consent Decree, Seite 10, abrufbar unter: https://www.justice.gov/opa/pr/volkswagen-agagrees -plead-guilty-and-pay-43-billion-criminal-and-civil-penalties-six, abgerufen am 06. Februar 2018. 13 Ferrea Settlement Agreement, Seite 3f., abrufbar unter: https://www.justice.gov/opa/pr/volkswagen-ag-agreesplead -guilty-and-pay-43-billion-criminal-and-civil-penalties-six, abgerufen am 06. Februar 2018. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 028/18 Seite 7 Finanzmärkte zu nutzen, um ihren Betrug leichter durchzuführen. Damit soll die Stabilität des nationalen Finanzsystems gewährleistet werden.14 4. Körperschaftsteuerliche Berücksichtigung von Bußgeld- und Strafzahlungen Wie oben dargelegt, ist die Volkswagen AG eine Aktiengesellschaft deutschen Rechts mit Hauptsitz in Wolfsburg. Demnach ist sie nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) als Körperschaft unbeschränkt steuerpflichtig, §§ 10, 11 Abgabenordnung (AO). Dabei erstreckt sich die Körperschaftsteuerpflichtigkeit nach § 1 Abs. 2 KStG auf sämtliche Einkünfte der Aktiengesellschaft . Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich dabei nach den Vorschriften des KStG sowie ergänzend nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG), § 8 Abs. 1 S. 1 KStG. Für ausländische Einkünfte sind regelmäßig zusätzlich die Erleichterungen nach § 26 KStG sowie mögliche Doppelbesteuerungsabkommen zu berücksichtigen . § 9 KStG sieht die Möglichkeit vor, dass bestimmte Aufwendungen bei der Einkommensermittlung abgezogen werden. § 10 KStG hingegen regelt genau den umgekehrten Fall. Hiernach dürfen in den dort genannten Fällen, bei der Einkommensermittlung bestimmte Aufwendungen nicht berücksichtigt werden (sogenannte Abzugsverbote15). Nach § 10 Nr. 3 KStG sind in einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen, sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt, und Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen, nicht abziehbar. Folglich sind strafrechtliche Auflagen oder Weisungen, die lediglich der Wiedergutmachung dienen und damit keinen Strafcharakter aufweisen, im Rahmen der Berechnung der Körperschaftsteuer nach den allgemeinen Grundsätzen abzugsfähig.16 Hierzu wird in den Körperschaftsteuer-Richtlinien 2015 in Richtlinie 10.2 ausgeführt: „Das steuerrechtliche Abzugsverbot für Geldstrafen und ähnliche Rechtsnachteile betrifft in einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen, sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt, und Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen (→ R[ichtlinie] 12.3 [Einkommensteuer-Richtlinien ] EStR). Geldstrafen sowie Auflagen oder Weisungen sind nach deutschem Strafrecht gegenüber juristischen Personen nicht zulässig. Gegen juristische Personen können jedoch sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt, verhängt werden (§ 75 Strafgesetzbuch). In Betracht kommt insbesondere die Einziehung von Gegen- 14 Department of Justice - Office of Public Affairs, 11. Januar 2017: Volkswagen AG Agrees to Plead Guilty and Pay $4.3 Billion in Criminal and Civil Penalties; Six Volkswagen Executives and Employees are Indicted in Connection with Conspiracy to Cheat U.S. Emissions Tests, unter: https://www.justice.gov/opa/pr/volkswagen-agagrees -plead-guilty-and-pay-43-billion-criminal-and-civil-penalties-six, abgerufen am 06. Februar 2018. 15 Blümich/Hofmeister, KStG, § 10 Rn. 1, beck-online. 16 Blümich/Hofmeister, KStG, § 10 Rn. 76, beck-online. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 028/18 Seite 8 ständen nach § 74 Strafgesetzbuch. Nicht unter das Abzugsverbot fallen die mit den Rechtsnachteilen zusammenhängenden Verfahrenskosten, insbesondere Gerichts- und Anwaltskosten .“17 Über § 8 Abs. 1 KStG findet auch die Regelung des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 1 EStG für die Ermittlung der Einkünfte von Aktiengesellschaften Anwendung. Bei einer entsprechenden Anwendung der Norm gilt,18 dass von einem deutschen Gericht oder einer Behörde oder von Organen der Europäischen Union festgesetzte Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, nicht angerechnet werden dürfen. Beide Normen, § 10 Nr. 3 KStG und § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 1 EStG, gehen als Reaktion des Gesetzgebers auf die 1983 geänderte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) zurück,19 wonach Geldstrafen und Geldbußen als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abziehbar wurden. „§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG und § 10 Nr. 3 KStG ergänzen sich. Sie sind jedoch unzureichend aufeinander abgestimmt. Während das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 1 EStG nur Geldbußen , Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder erfasst, die von einem Gericht/einer Behörde im Geltungsbereich des EStG/KStG oder von Organen der Europäischen Gemeinschaften festgesetzt werden20 […], enthält § 10 Nr. 3 KStG keine derartige Einschränkung. Das Verbot gem. [§ 10] Nr. 3 [KStG] gilt daher auch für Aufwendungen aufgrund von Strafverfahren im Ausland. Nicht vom Verbot der Nr. 3 erfasst werden Vertragsstrafen und sonstige privatrechtliche Strafen sowie für Dritte übernommene Aufwendungen der in Nr. 3 bezeichneten Art, z. B. eine Geldstrafe, die der Steuerpflichtige für einen Arbeitnehmer zahlt, weil die Straftat mit der Tätigkeit des Arbeitnehmers für den Steuerpflichtigen zusammenhängt“21. „Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt jedoch nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuer vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen wurden“22. Des Weiteren sind von dem Abzugsverbot auch die Gerichts- und Anwaltskosten eines Strafverfahrens nicht erfasst.23 Da § 10 Nr. 3 KStG einen engeren Wortlaut als § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 1 EStG aufweist, ist die dortige Regelung nicht analog auf die Verfahrenskosten der Aktiengesellschaft anwendbar.24 Darüber hinaus hat das Finanzgericht 17 R 10.2 KStR, beck-online. 18 BFH I R 100/97 v. 9.6.99, BStBl II 99, 658. 19 BFH GrS 2/82 v. 21.11.83, BStBl II 84, 160; GrS 3/82 v. 21.11.83, BStBl II 84, 166. 20 BFH IV R 4/12 v. 7.11.13, BStBl II 14, 306. 21 Blümich/Hofmeister, KStG, § 10 Rn. 71-72, beck-online. 22 Blümich/Hofmeister, KStG, § 10 Rn. 70, beck-online. 23 Blümich/Hofmeister, KStG, § 10 Rn. 78, beck-online. 24 Blümich/Hofmeister, KStG, § 10 Rn. 78, beck-online. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 028/18 Seite 9 Thüringen25 in einer Entscheidung 2014 festgestellt, dass Zinsen, die zur Finanzierung einer EU- Geldbuße aufgewendet worden sind, als Betriebsausgaben durchaus abzugsfähig sein können.26 Festzuhalten ist, dass eine Geldstrafe sowie Auflagen und Weisungen gegenüber juristischen Personen , zumindest nach deutschem Recht, unzulässig sind, da das deutsche Strafrecht nur natürliche Personen erfasst und kein Unternehmensstrafrecht darstellt.27 Allerdings kommt eine Geldbuße im Hinblick auf § 30 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) in Betracht. Im deutschen Strafrecht existieren keine Unternehmensstrafen. Daher könnte man die Ansicht vertreten, dass durch ausländische Gerichte verhängte Strafen von der Körperschaftsteuer abzugsfähig seien. Allerdings regelt § 12 Nr. 4 EStG ausdrücklich die Nichtabziehbarkeit von in einem Strafverfahren festgesetzten Geldstrafen und kommt insofern klarstellende Funktion zu.28 Geldstrafen, die in einem Strafverfahren festgesetzt wurden, sind alle so bezeichneten Rechtsnachteile, die von einem Gericht im Geltungsbereich des EStG bzw. KStG nach den Strafvorschriften des Bundes- oder Landesrechts verhängt wurden.29 Aus einem Umkehrschluss zu § 4 Abs. 5 Nr. 8 EStG folgt, dass soweit nicht die wesentlichen Grundsätze der deutschen Rechtsordnung (ordre public) missachtet werden bzw. diesen widersprochen wird, auch die von ausländischen Gerichten außerhalb des Geltungsbereichs des EStG bzw. KStG verhängten Geldstrafen unter die Regelung fallen .30 Allerdings wird teilweise auch die Ansicht vertreten, dass auch bei ausländischen Geldstrafen weiter differenziert werden müsse, und vom Abzugsverbot solche Geldstrafen auszunehmen seien, „ mit denen nach deutschem Recht kein persönliches Unwerturteil verbunden ist. Diese Ausnahme ist weder durch den Gesetzestext noch die Gesetzesbegründung gedeckt.“31 Im Ergebnis ist damit festzustellen, dass Aufwendungen, die aufgrund einer Maßnahme mit Strafcharakter ergehen, regelmäßig nicht von der Volkswagen AG im Rahmen der Körperschaftsteuer als Aufwendung nach § 10 Nr. 3 KStG abziehbar sind. Im Einzelfall kann es jedoch erforderlich sein, die Aufwendungen innerhalb eines Strafverfahrens genau auseinanderzuhalten, da die für eine etwaige gerichtliche Auseinandersetzung getätigten Aufwendungen abzugsfähig sind. Soweit eine Verpflichtung zur Zahlung einzig der Wiedergutmachung dient und damit keinen Strafcharakter aufweist, können diese Aufwendungen von der Körperschaftsteuer abgezogen werden. * * * 25 FG Thüringen, Urteil vom 29.01.2014 - 3 K 43/13. 26 FG Thüringen, Urteil vom 29.01.2014 - 3 K 43/13 (BeckRS 2014, 95639, beck-online). 27 https://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen_az/verkehr/PDF/Manipulation -von-Emissionskontrollsystemen-durch-Autohersteller.pdf, S. 12 sowie Blümich/Hofmeister, KStG, § 10 Rn. 76, beck-online. 28 Blümich/Thürmer, EStG, § 12 Rn. 212, beck-online. 29 Blümich/Thürmer, EStG, § 12 Rn. 220, beck-online; mit Verweis auf: Art. 5 EGStGB; Gesetzesbegr. RegE BT-Drs. 10/1314 S. 6. 30 Blümich/Thürmer, EStG, § 12 Rn. 220, beck-online. 31 Blümich/Thürmer, EStG, § 12 Rn. 220, beck-online.