© 2017 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 028/17 Verfassungsrechtliche Prüfung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Vorstandsvergütungen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 028/17 Seite 2 Verfassungsrechtliche Prüfung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Vorstandsvergütungen Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 028/17 Abschluss der Arbeit: 24.03.2017 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 028/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Allgemeines zum Gleichheitssatz 4 2.1. Weite Gestaltungsfreiheit im Steuerrecht 4 2.2. Grenze: Steuergerechtigkeit in Gestalt der „Besteuerung nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit“ 4 2.3. Grenze: Grundsatz der Systemgerechtigkeit / Folgerichtigkeit 5 2.4. Anwendbarkeit der Grundsätze auf das Körperschaftssteuerrecht 5 3. Vorstellung des Gesetzentwurfs 6 3.1. Art. 1 - § 10 Nr. 5 und 6 KStG-E 6 3.2. Art. 2 - § 4 Abs. 5 Nr. 14 und § 6a Abs. 3 S. 4 EStG-E 7 4. Prüfung der vorgeschlagenen Regelungen 7 4.1. Verfassungsmäßigkeit des § 10 Nr. 5 KStG-E 7 4.1.1. Beurteilungsmaßstab des Bundesverfassungsgerichts 7 4.1.2. Sozial- und gesellschaftspolitische Lenkungsziele als Rechtfertigungsgrund 8 4.1.2.1. Ungleichbehandlung von Ausgaben: Objektives Nettoprinzip 8 4.1.2.2. Ungleichbehandlung von Kapital- und Personengesellschaften 10 4.1.2.3. Ungleichbehandlung von Aktiengesellschaft (AG) und Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) 11 4.1.2.4. Ungleichbehandlung von Vorstandsvergütungen gegenüber der Entlohnung anderer Arbeitnehmer 12 4.1.2.5. Zwischenergebnis 13 4.1.3. Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Abzugsbeschränkung 13 4.1.4. Verfassungsmäßigkeit: Abzugsverbot des § 10 Nr. 5 KStG-E 14 4.2. Verfassungsmäßigkeit von § 10 Nr. 6 KStG-E und §§ 4 Abs. 5 und 6a Abs. 3 S. 4 EStG-E 14 4.3. Endergebnis 15 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 028/17 Seite 4 1. Fragestellung Die Fraktion der SPD hat der Öffentlichkeit am 21. Februar 2017 einen Gesetzentwurf zur Angemessenheit von Vorstandsvergütungen und zur Beschränkung der steuerlichen Absetzbarkeit vorgestellt . Es soll nun geprüft werden, ob die in dem Entwurf enthaltenen Regelungen zur Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Vorstandsvergütungen verfassungsgemäß sind. 2. Allgemeines zum Gleichheitssatz 2.1. Weite Gestaltungsfreiheit im Steuerrecht Der Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Allerdings verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Ungleichbehandlungen sind zulässig, soweit sie durch Sachgründe, die im Verhältnis zum Ziel und zum Ausmaß der ungleichen Belastung oder Begünstigung angemessen sind, gerechtfertigt werden können.1 Der Prüfungsmaßstab orientiert sich am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wobei sich die Inhalte und Grenzen der Prüfung nicht abstrakt, sondern nur abhängig von dem jeweiligen Sach- und Regelungsbereich im Einzelfall bestimmen lassen.2 Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber einen weitreichenden Gestaltungsspielraum bei der Auswahl des Steuergegenstandes und der Bestimmung des Steuersatzes.3 Die weite Gestaltungsfreiheit des Steuergesetzgebers wird jedoch durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit und Systemgerechtigkeit.4 2.2. Grenze: Steuergerechtigkeit in Gestalt der „Besteuerung nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit “ Die Verteilung der Steuerlast ist - insbesondere im Einkommensteuerrecht - an dem Grundsatz der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten. Das Leistungsfähigkeitsprinzip verlangt im Interesse verfassungsrechtlich gebotener Belastungsgleichheit im Wesentlichen, dass darauf abgezielt wird, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit gleich hoch zu besteuern.5 Dabei müssen die Sachverhalte, an die dieselben steuerlichen Folgen geknüpft werden, nie in allen, sondern stets nur in einzelnen Elementen gleich sein.6 Welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse der Gesetzgeber als maßgebend dafür ansieht, sie im Recht gleich oder ungleich zu 1 Zuletzt BVerfG, B. v. 14.06.2016 – 2 BvR 323/10 Rz. 43 m.w.N.. 2 Vgl. nur BVerfG, B. v. 15.02.2016 – 1 BvL 8/12 Rz. 20 (DStR 2016, 862). 3 Ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfG, B. v. 14.06.2016 – 2 BvR 323/10 Rz. 44 m.w.N.; Blümich/Ratschow EStG § 2 Rn. 11, 134. Auflage 2016. 4 BVerfG, B. v. 12.10.2012 – 1 BvL 1/07. 5 BVerfG, Urt. v. 10.02.1987- 1 BvL 18/81 -, NJW 1987, 1617 (1618), beck-online. 6 BVerfG, Urt. v. 10.02.1987- 1 BvL 18/81 -, NJW 1987, 1617 (1618), beck-online. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 028/17 Seite 5 behandeln, ist Teil seiner Einschätzungsprärogative.7 Die gewählte Differenzierung muss allerdings auf sachgerechten Erwägungen beruhen, die zum Beispiel finanzpolitischer, volkswirtschaftlicher , sozialpolitischer oder steuertechnischer Natur sein können.8 Lediglich rein fiskalische Gründe greifen als Rechtfertigungsgründe nicht durch. 2.3. Grenze: Grundsatz der Systemgerechtigkeit / Folgerichtigkeit Das Bundesverfassungsgericht leitet aus dem Gleichheitsgrundsatz auch das Gebot der Folgerichtigkeit und Systemgerechtigkeit ab. Das heißt, der weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ist auch dahingehend begrenzt, dass er eine einmal getroffene Belastungsentscheidung widerspruchsfrei und folgerichtig weiterentwickeln muss.9 Die sachlichen Gründe, die einst zu einer Belastungsentscheidung geführt haben, dürfen in einer neuen Entscheidung nicht einfach ausgeblendet werden.10 Unter Umständen kann der Gesetzgeber sich jedoch von einem einmal entwickelten Besteuerungssystem lösen. Das setzt voraus, dass der Gesetzgeber hinreichende sachliche Gründe benennen kann, die ein Abweichen vom bisherigen System notwendig machen und dass er zugleich ein Mindestmaß an neuer Systemorientierung schafft.11 So steht es der Legislative, nach wie vor offen, im Gesetzgebungsprozess nach Kompromisslösungen zu suchen. Als besondere sachliche Rechtfertigungsgründe, hat das Bundesverfassungsgericht wiederum vor allem außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke anerkannt, nicht jedoch den rein fiskalischen Zweck der Erhöhung staatlicher Einnahmen.12 Dabei können einzelne Gruppen von Steuerpflichtigen stärker belastetet werden als andere, wenn das aus Gründen des Gemeinwohlinteresses erforderlich ist und wenn die Regelung wesentlich Gleiches von wesentlich Ungleichem trennt.13 2.4. Anwendbarkeit der Grundsätze auf das Körperschaftssteuerrecht Vor dem Hintergrund des zu beurteilenden Gesetzentwurfs verbleibt es klarzustellen, dass die oben genannten Grundsätze auch im Bereich des Körperschaftsteuerrechts gelten. Das liegt zum einen daran, dass die Grundsätze der Leistungsfähigkeit und Folgerichtigkeit „insbesondere“ für das Einkommensteuerrecht entwickelt worden sind und zum anderen ergibt sich aus dem Gesetz, § 8 Abs. 1 KStG, dass bei der Ermittlung des steuerbaren Einkommens einer Körperschaften grundsätzlich die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes gelten.14 Folglich müssen im Körperschaftsteuerrecht auch die gleichen Grundsätze gelten wie im Einkommensteuerrecht. 7 BVerfG, Urt. v. 10.02.1987- 1 BvL 18/81 -, NJW 1987, 1617 (1618), beck-online. 8 BVerfG, Urt. v. 10.02.1987- 1 BvL 18/81 -, NJW 1987, 1617 (1618), beck-online. 9 BVerfG, Urt. V. 27.06.1992 - 2 BvR 1493/89, BStBl II 91, 654. 10 BVerfG, Urt. V. 09.12.2008 - 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, DStRE 2009, 63, beck-online. 11 BVerfG, Urt. V. 9. 12. 2008 - 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, DStRE 2009, 63, beck-online. 12 BVerfG, Urt. V. 09.12.2008 - 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, DStRE 2009, 63, beck-online. 13 BVerfG, Urt. v. 09.12.2008 - 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, DStRE 2009, 63, beck-online. 14 Vgl. BVerfG, B. v. 7.11.1972 – 1 BvR 338/68; NJW 1973, 500 (501). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 028/17 Seite 6 3. Vorstellung des Gesetzentwurfs Das besondere Augenmerk der Prüfung liegt auf der Frage, ob die vorgeschlagenen Regelungen zur Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Vorstandsvergütungen verfassungsgemäß sind. Im folgenden Abschnitt sollen daher nur die für diese Fragestellung relevanten Normen vorgestellt werden. 3.1. Art. 1 - § 10 Nr. 5 und 6 KStG-E Der Artikel 1 befasst sich mit der Änderung des Körperschaftsteuergesetzes. § 9 KStG bestimmt, welche Aufwendungen bei der Bemessung des steuerbaren Gewinns einer Körperschaft abzugsfähig sind. Das ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG bei Kommanditgesellschaften auf Aktien und bei vergleichbaren Kapitalgesellschaften der Teil des Gewinns, der an persönlich haftende Gesellschafter auf ihre nicht auf das Grundkapital gemachten Einlagen oder als Vergütung (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt wird. Hier soll nach dem Wort „Kapitalgesellschaften “ der Zusatz „vorbehaltlich § 10 Nr. 5 und 6“ eingefügt werden. Die Änderung stellt sicher , dass die in § 10 KStG-E (neu) eingeführten Abzugsbeschränkungen nicht durch die Vorgabe des § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG aufgehoben werden.15 Die Änderung des § 10 normiert Abzugsbeschränkungen für aktive und ehemalige Vorstände von Aktiengesellschaften und vergleichbaren Gesellschaften sowie für persönlich haftende Gesellschafter von Kommanditgesellschaften auf Aktien und deren Hinterbliebenen. § 10 Nr. 5 KStG-E sieht eine Abzugsbeschränkung für die Gesamtbezüge der Vorstandsmitglieder dieser Gesellschaften vor, soweit sie 500.000 Euro übersteigen. Zu den Gesamtbezügen gehören im Sinne des § 87 Abs. 1 AktG Gewinnbeteiligungen, Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte , Provisionen und anreizorientierte Vergütungszusagen.16 § 10 Nr. 6 KStG-E enthält ein Abzugsverbot für Ruhegehälter, soweit sie den Betrag der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung West übersteigen. Dieser Betrag beläuft sich aktuell auf 76.200 Euro.17 Die Regelung bezieht sich im Sinne des § 87 Abs. 1 AktG auf Ruhegehälter, Hinterbliebenenbezüge und Leistungen verwandter Art.18 Diese Regelung wird durch ein Verbot der Bildung von Pensionsrückstellungen und der Beschränkung von Aufwendungen für die Altersvorsorge, die der Artikel 2 des Entwurfs vorsieht, ergänzt. 15 BT-Drucksache 18/(…) Entwurf Stand 20.02.2017, S. 11, http://www.spdfraktion.de/system/files/documents/gesetzentwurf _manager-verguetungen_spdbt_final.pdf . 16 BT-Drucksache 18/(…) Entwurf Stand 20.02.2017, S. 11. 17 BT-Drucksache 18/(…) Entwurf Stand 20.02.2017, S. 11. 18 BT-Drucksache 18/(…) Entwurf Stand 20.02.2017, S. 11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 028/17 Seite 7 3.2. Art. 2 - § 4 Abs. 5 Nr. 14 und § 6a Abs. 3 S. 4 EStG-E Artikel 2 des Änderungsgesetzes betrifft die Änderung im Einkommensteuergesetz. Mit der Ergänzung des § 4 Abs. 5 Nr. 14 EStG wird erreicht, dass Aufwendungen für den Abbau der Altersvorsorge im Hinblick auf Versorgungsversprechen vom Trägerunternehmen für diesen Personenkreis nur nach Maßgabe dieser Beschränkung als Betriebsausgaben abgezogen werden können. Mit der Änderung des § 6a EStG wird erreicht, dass Rückstellungen aus einer Pensionszusage für den in § 10 Nr. 6 KStG-E genannten Personenkreis nur unter bestimmten, begrenzenden Voraussetzungen gebildet werden können. Die weiteren Artikel 3 und 4 des Entwurfs sind für die zu beurteilenden Fragen nicht relevant. 4. Prüfung der vorgeschlagenen Regelungen Fraglich ist, ob die oben genannten Vorschriften, § 10 Nr. 5 und 6 KStG-E sowie § 4 Abs. 5 Nr. 14 und § 6a EStG-E, verfassungsgemäß sind. Die Verfassungswidrigkeit der Regelungen aufgrund eines Verstoßes gegen die vom Grundgesetz garantierten Freiheitsrechte ist nach einer ersten Einschätzung nicht gegeben. Aufgrund der Fragestellung und auch wegen der besonderen Bedeutung des Gleichheitsgrundsatzes im Steuerrecht , wird die folgende Prüfung auf die Vereinbarkeit des Gesetzentwurfs mit Art. 3 Abs. 1 GG konzentriert. Den gleichheitsrechtlichen Schutz können sowohl natürliche Personen als auch inländische juristische Personen für sich in Anspruch nehmen, Art. 19 Abs. 3 GG. Entgegen des klaren Gesetzeswortlauts ist auch für ausländische juristische Personen wegen der europäischen Diskriminierungsverbots ein vergleichbares Schutzniveau zu erreichen.19 4.1. Verfassungsmäßigkeit des § 10 Nr. 5 KStG-E 4.1.1. Beurteilungsmaßstab des Bundesverfassungsgerichts Im Bereich des Steuerrechts gewährt das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber einen weitreichenden Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum, was die Auswahl des Steuergegenstandes und die Bestimmung des Steuersatzes betrifft.20 Gemäß § 7 Abs. 1 KStG bemisst sich die Körperschaftsteuer nach dem zu versteuernden Einkommen . Das zu versteuernde Einkommen einer Aktiengesellschaft basiert auf dem Einkommen, wel- 19 Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3 Rz. 110, 22. Auflage 2015. 20 S.o. unter Gliederungspunkt 1.1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 028/17 Seite 8 ches sich nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes unter Beachtung körperschaftsteuerlicher Vorschriften ermitteln lässt (§ 7 Abs. 2 und § 8 Abs. 1 KStG). Das steuerbare Einkommen eines Gewerbebetriebs ist der Gewinn, § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG, wobei gewinnmindernd die Betriebsausgaben abzugsfähig sind, § 4 Abs. 1 EStG. Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind, § 4 Abs. 4 EStG. Dazu gehören auch die Vergütungen, die an Vorstände gezahlt werden.21 § 10 KStG ist eine körperschafsteuerrechtliche Norm, die den Abzug bestimmter Aufwendungen, bei der Ermittlung des Einkommens, verbietet. Das führt dazu, dass sich das steuerliche Einkommen erhöht.22 Der § 10 Nr. 5 KStG-E normiert ein steuerliches Abzugsverbot für die Gesamtvergütungen von Vorständen von Aktiengesellschaften (und mit der Rechtsform der Aktiengesellschaft vergleichbaren Gesellschaften), soweit sie den Betrag von 500.000 Euro übersteigen. Damit differenziert der Gesetzgeber dem Grunde nach zwischen Ausgaben, die als Entgelt an den Vorstand gezahlt werden und sonstigen Betriebsausgaben. Zudem differenziert er zwischen den Vergütungen für den Vorstand einer Aktiengesellschaft (oder vergleichbaren Gesellschaft) und den Vergütungen für die Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Darüber hinaus sind auch keine vergleichbaren Abzugsbeschränkungen bei Personalgesellschaften vorgesehen. Es handelt sich mithin um eine Differenzierung innerhalb des Steuergegenstandes „Einkommen“, was zu einer engeren Bindung des Gesetzgebers an sachliche Erwägungen führt.23 Das Bundesverfassungsgericht hat zwar betont, nur die äußeren Grenzen der Gestaltungsfreiheit des Steuergesetzgebers zu prüfen, wird aber anhand der zu Art. 3 Abs. 1 GG entwickelten Rechtsprechung verpflichtet sein, dabei den engen Maßstab die Sachgerechtigkeit und Folgerichtigkeit zugrunde zu legen. 24 4.1.2. Sozial- und gesellschaftspolitische Lenkungsziele als Rechtfertigungsgrund Der Gesetzgeber kann Ausnahmen und Durchbrechungen sowie Systemänderungen durch sachliche Gründe rechtfertigen. Dabei darf er auch politische Ziele verfolgen, wenn die Interessen der Allgemeinheit in Verhältnis zu den Belastungen im Einzelfall, in angemessener Weise verfolgt werden. Lenkungsziele können unter anderem sozialpolitischer oder gesellschaftspolitischer Natur sind. 4.1.2.1. Ungleichbehandlung von Ausgaben: Objektives Nettoprinzip Einleitend wurde bereits festgestellt, dass Vorstandvergütungen den Charakter einer Betriebsausgabe besitzen. Als besondere Ausprägung des Gleichheitssatzes im Steuerrecht wurde - insbesondere im Einkommensteuerrecht - das Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit entwickelt. Belastungsgleichheit und Steuergerechtigkeit sollen nach den Ausformungen des einfachen Gesetzgebers dadurch erreicht werden, dass sowohl bei natürlichen Personen, als 21 Vgl. BVerfG, B. v. 7.11.1972 – 1 BvR 338/68; NJW 1973, 500 (500). 22 Blümich/Pfirrmann, KStG § 10 Rz. 6, 134. Auflage 2016. 23 Vgl. BVerfG, B. v. 15.02.2016 – 1 BvL 8/12, DStR 2016, 862 Tz. 26. 24 Vgl. BVerfG, B. v. 15.02.2016 – 1 BvL 8/12, DStR 2016, 862 Tz. 26. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 028/17 Seite 9 auch juristischen Personen nur mit dem Einkommen versteuert werden, dass sie als Reingewinn, Nettogewinn im Wirtschaftsjahr hinzu verdienen. Dazu gehören auch die Ausgaben die eine Kapitalgesellschaft für die Vergütung seiner Geschäftsführer und Vorstände tätigt. Diese Organe haben die wirtschaftliche Verantwortung, sie geben vor wie das Unternehmen geführt wird. Sie sollen Gewinne erwirtschaften. Nimmt man jedoch allein die Definition der Betriebsausgaben aus § 4 Abs. 4 EStG lassen sich die Zahlungen, die der Betrieb als Entgelt seiner Vorstände und Geschäftsführer veranlasst, nicht von denen an andere Arbeitnehmer oder Dritte unterscheiden. Alle erbringen eine Dienstleistung, die dem Unternehmen zu dienen bestimmt ist. Der Gesetzgeber hat es bei der Regelung über Betriebsausgaben aber nicht allein bei § 4 Abs. 1 - 4 EStG belassen. Er hat das Gesetz, auch im Bereich des Körperschaftsteuergesetzes um einige Normen ergänzt, die die Nichtabziehbarkeit von Aufwendungen regeln. Beispielsweise die in § 4 Abs. 5 normierten Abzugsverbote für Betriebsausgaben, oder eben die in § 10 KStG. Parallel dazu gibt es im Bereich der Einnahmen-Überschussrechnung (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG) Abzugsbeschränkungen bei den Werbungskosten, vergleiche nur § 9 Abs. 5 und 6 EStG. Unabhängig von der Frage, ob das objektive Nettoprinzip im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht Verfassungsrang genießt, die das Bundesverfassungsgericht bislang offengelassen hat,25 lässt das Gericht Durchbrechungen zu, sofern ein besonderer sachlicher Grund vorliegt.26 Die vom Gesetzgeber statuierte Sachgesetzlichkeit bei der Einkommen- und Körperschaftsteuerermittlung zeigt, dass die Verfolgung rechtspolitischer Ziele und die Anpassung an eine jeweils bestehende Problemlage Abzugsbeschränkungen rechtfertigen können. Grundsätzlich ist es daher möglich, dass der Gesetzgeber, bestimmte Betriebsausgaben als steuerliche nicht abzugsfähig erklärt , oder ihren Abzug nur teilwiese zulässt. Ihre Grenze findet diese Gestaltungsfreiheit dort, wo die Grundstruktur der Einkommen – und Körperschaftsteuer als eine Steuer, die auf den von einem bestimmten Steuersubjekt bezogenen Gewinn ausgerichtet ist, verändert wird.27 Hier geht der Gesetzentwurf davon aus, dass durch die Beschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Gesamtbezüge für Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften28, soweit sie 500.000 Euro übersteigen, die Anteilseigner und Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften mehr in die Pflicht genommen werden, die Höhe der Vergütungen auf ein angemessenes Maß zu reduzieren . Die Deckelung der steuerlichen Abziehbarkeit soll dazu führen, dass die Vergütungen wieder „Maß und Mitte“ finden, so soll die Allgemeinheit entlastetet werden und die Akzeptanz der sozialen Marktwirtschaft gestärkt werden.29 Nach einer Studie verdienen Vorstände von DAX- und 25 Vgl. BVerfG, B. v. 15.02.2016 – 1 BvL 8/12, DStR 2016, 862 ( 866) Tz. 33. 26 BVerfG, B. v. 7.11.1972 – 1 BvR 338/68, NJW 1973, 500 (501). 27 BVerfG, B. v. 7.11.1972 – 1 BvR 338/68, NJW 1973, 500 (502). 28 Der Einfachheit halber soll Folgenden auf den Zusatz und mit einer Aktiengesellschaft vergleichbare Rechtsformen verzichtet werden. 29 BT-Drucksache 18/(…), Entwurf vom 20.02.2017, S. 8. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 028/17 Seite 10 MDAX-Unternehmen im Schnitt das 50-fache des Durchschnittsgehalts der übrigen Unternehmensangestellten .30 Die Vergütungen sollen durch den vorliegenden Gesetzesentwurf auf ein von der Gesellschaft akzeptiertes Maß reduziert werden. Zudem soll durch die höhere Steuerpflicht der Aktiengesellschaft, die Allgemeinheit steuerlich entlastet werden. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, aus sozialpolitischen und gesellschaftspolitischen Gründen mit den Mitteln des Steuerrechts zu reagieren.31 Vor dem Hintergrund der Gleichbehandlung von Ausgaben wird der § 10 Nr. 5 KStG-E wohl nicht verfassungsrechtlich zu beanstanden sein. Das Bundesverfassungsgericht hat Durchbrechungen des objektiven Nettoprinzips vor dem Hintergrund eines sachlichen rechtspolitischen Lenkungsziels und der weiten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bislang anerkannt. 4.1.2.2. Ungleichbehandlung von Kapital- und Personengesellschaften Fraglich ist jedoch, ob der weite gesellschaftspolitische Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers auch die Ungleichbehandlung im Verhältnis zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften rechtfertigen kann. Der Gleichheitssatz gebietet wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Dafür müssen Untergruppen gebildet werden, um zu zeigen, welche Kriterien als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Grundsätzlich erzielen sowohl Personengesellschaften (§§ 2 Abs. 2 Nr., 4 ff.) EStG als auch Kapitalgesellschaften Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wobei der Gewinn besteuert werden soll, §§ 2 Abs. 2 Nr., 4 ff. EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 1 KStG. Allerdings gelten zwei wesentliche Unterschiede, die wohl auch sachlich gerechtfertigt sind. Zum einen werden Personengesellschaften nach dem Transparenzprinzip besteuert. Der Gewinn der Gesellschaft wird den Gesellschaftern zugerechnet und bei den Gesellschaftern besteuert, daher gilt das Einkommensteuergesetz. Kapitalgesellschaften werden jedoch vom Gesetzgeber aus diesem System herausgenommen. Sie sind eigenständige Steuersubjekte der Körperschaftsteuer. Es gilt des Trennungsprinzip, das heißt, die Körperschaft wird besteuert und die Vorstände als Organe separat mit ihrem Einkommen über die Einkommensteuer. Zum anderen steht bei der Personengesellschaft die persönliche Leistung und Haftung der Gesellschafter im Vordergrund. 32 Bei einer Personengesellschaft haftet mindestens ein Gesellschafter persönlich, neben der Gesellschaft . Dadurch hat der Gläubiger einer Personengesellschaft mindestens zwei Schuldner. Für die Offene Handelsgesellschaft ist die Haftung der Gesellschafter in § 128 HGB geregelt. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam (§ 128 HGB). Das gilt über § 161 Abs. 2 HGB auch für die persönlich haftenden Gesellschafter der Kommanditgesellschaft. Auch für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sind, mittlerweile unstreitig, die § 124 HGB und § 128 HGB entsprechend anzuwenden. Dem gegenüber ist die Haftung von Vorstandsmitgliedern in der Aktiengesellschaft, nicht zuletzt auch durch entsprechende Versicherungen, die die Kapitalgesellschaft für sie abschließt, nahezu ausgeschlossen. Die Personengesellschafter neben der 30 BT-Drucksache 18/(…), Entwurf vom 20.02.2017, S. 8. 31 Vgl. BVerfG, B. v. 7.11.1972 – 1 BvR 338/68, NJW 1973, 500 (502). 32 BVerfG, B. v. 7.11.1972 – 1 BvR 338/68, NJW 1973, 500 (501). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 028/17 Seite 11 persönlichen Haftung und dem damit verbundenen Risiko von steuerlichen Lenkungsmaßnahmen auszunehmen erscheint daher sachdienlich. Mit dem Argument der Haftungsunterschiede rechtfertigt der Gesetzentwurf die unterschiedliche Behandlung dieser beiden Gesellschaftsformen bei der Bestimmung der Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben.33 Trotz der knappen Ausführungen, wird die Begründung als sachlicher Grund zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung und nicht zuletzt durch Anerkennung des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sein. Ein Verstoß gegen die Systemgerechtigkeit oder Folgerichtigkeit ist insoweit nicht ersichtlich. 4.1.2.3. Ungleichbehandlung von Aktiengesellschaft (AG) und Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) Weiterhin könnte ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG vorliegen , soweit die Gesamtbezüge von Vorständen der Aktiengesellschaft und der von Geschäftsführern einer GmbH vor dem Hintergrund der Leistungsfähigkeit, Folgerichtigkeit und Systemgerechtigkeit als wesentlich gleich anzusehen sein müssen und keine besonderen Rechtfertigungsgründe vorgetragen worden sind. Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind Kapitalgesellschaften, die Steuersubjekte der Körperschaftsteuer sind, § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG. Auf dieser Vergleichsebene sind sie wesentlich gleich. Unterschiede zwischen beiden Kapitalgesellschaften bestehen hinsichtlich ihres Gründungsaufwands , ihrer Organe und auch hinsichtlich deren Haftung. Dass mit 50.000 Euro für die Gründung einer Aktiengesellschaft doppelt so viel Kapital aufgebracht werden muss wie für die Gründung einer GmbH, zeigt zunächst nur das auch mehr Stammkapital zur Verfügung steht. In der GmbH gehören den Gesellschaftern die Anteile. Sie können durch Mehrheitsbeschlüsse Weisungen gegenüber dem Geschäftsführer/ den Geschäftsführern erlassen und sie sollen die Geschäftsführung überwachen. Im Gegensatz zu den Gesellschaftern können die Aktionäre, Anteilseigner einer AG, nicht in die Geschäftsleitung eingreifen. Die Kontrolle der Geschäftsführung erfolgt durch ein drittes Organ, den Aufsichtsrat. Die Notwendigkeit eines Aufsichtsrats und die erleichterte Kapitalaufnahme in der AG zeigen, dass hier ein besonderes Maß an Verantwortung bei dem Vorstand liegt. Das spricht zunächst jedoch tendenziell dafür, dass deren höhere Bezüge gerechtfertigt sind. Die Geschäftsführer einer GmbH haften bei Pflichtverletzungen auch für Fahrlässigkeit und unter Umständen auch gegenüber Dritten für den durch die GmbH entstandenen Schaden . Die Haftung der Vorstände einer Aktiengesellschaft ist im Vergleich dazu begrenzter und wird häufig durch den Abschluss von Versicherungen gänzlich eingeschränkt. Ob das unterschiedliche Haftungsrisiko letztlich rechtfertigen kann, dass die Abzugsfähigkeit von Vorstandsbezügen nur bei den Aktiengesellschaftern und nicht in der Gesellschaft mit beschränkter Haftung begrenzt wird, ist jedoch zweifelhaft. 33 BT-Drucksache 18/(…), Entwurf vom 20.02.2017, S. 8. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 028/17 Seite 12 Unabhängig von solchen hypothetischen Überlegen, bleibt auf tatsächlicher Ebene festzuhalten, dass der Gesetzentwurf bislang gar keine Aussage dazu enthält, warum die Vergütungen von Geschäftsführern einer GmbH von der Begrenzung der steuerlichen Abziehbarkeit ausgenommen worden sind.34 Es fehlt im Gesetzesentwurf ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung zwischen Vorstandsbezügen und Geschäftsführergehältern. Zwar richtet der Entwurf das Lenkungsziel darauf aus, dass die Einkommensschere bei DAX- und MDAX Unternehmen, also bei AG‘s besonders groß ist und diese „Maß und Mitte“ verloren hätten . Dennoch liegen keine empirischen Belege dafür vor, dass die Gesellschafter einer GmbH nicht (auch) wesentlich mehr verdienen, als die übrigen Angestellten. Sollte das der Fall sein, müsste ein anderer Grund benannt werden, warum dann nur die Abzugsfähigkeit von Vorstandsvergütungen beschränkt werden sollen. Sollte dagegen empirisch belegt werden können, dass keine vergleichbar hohen Vergütungen an Geschäftsführer einer GmbH gezahlt werden, kann das der besondere sachliche Grund für die Differenzierung sein. Dann könnte dahingehend argumentiert werden, dass ausschließlich bei Aktiengesellschaften „Maß und Mitte“ in Bezug auf die Angemessenheit von Vorstandsgehältern verloren gegangen ist. Ohne diese Rechtfertigung erscheint die Differenzierung zwischen AG und GmbH nicht sachgerecht. Die Vereinbarkeit des § 10 Nr. 5 KStG-E mit Art. 3 Abs. 1 GG erscheint daher zweifelhaft, solange der Gesetzentwurf nicht mit empirischen Belegen und sachlichen Begründungen untermauert wird. Es sollten die Umstände benannt werden, die sich bei der Vorstandsvergütungen in der Aktiengesellschaft im Vergleich zu den Geschäftsführervergütungen in der GmbH anders darstellen. 4.1.2.4. Ungleichbehandlung von Vorstandsvergütungen gegenüber der Entlohnung anderer Arbeitnehmer Fraglich ist auch, ob eine Ungleichbehandlung zwischen der steuerlich uneingeschränkten Abzugsfähigkeit von Vergütungen für die übrigen Arbeitnehmer einer AG gegenüber der beschränkten Abziehbarkeit von Vorstandsbezügen gerechtfertigt ist. Denn grundsätzlich handelt es sich um Personalaufwand, der betrieblich veranlasst ist. Die im Gesetzentwurf angeführte Studie35 zeigt die Höhe der Vorstandsvergütungen auf, die Ergebnisse wurden jedoch nicht zu den Verdiensten von Angestellten in ein Verhältnis gesetzt. Mitunter gibt es Angestellte, immer wieder werden an dieser Stelle Profifußballer oder der Bankenbereich angeführt , die teilweise mehr verdienen als die Vorstände. Auch hierzu schweigt der Gesetzentwurf in seiner Begründung.36 Allerdings ließen sich auch hier Argumente finden, wie zum Beispiel die Typisierungs- und Vereinfachungsbefugnis des Gesetzgebers .37 Der Gesetzgeber kann, aus Gründen der Praktikabilität und Einfachheit von den Besonderheiten im einzelnen Fall Ausnahmen zulassen, um eine einheitliche Regelung orientiert am 34 Vgl. BT-Drucksache 18/(…), Entwurf der Fraktion SPD vom 20.02.2017. 35 BT-Drucksache 18/(…), Entwurf vom 20.02.2017, S. 8. 36 Vgl. BT-Drucksache 18/(…), Entwurf der Fraktion SPD vom 20.02.2017. 37 Vgl. nur BVerfG, B. v. 14.06.2016 – 2 BvR 323/10, DStR 2016, 1731 (1734). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 028/17 Seite 13 realitätsgerechten und typischen Fall zu schaffen. Das dient nicht nur der Vereinfachung der Verwaltung , sondern ist auch notwendig, um einem allgemein-generellen Regelungstatbestand zu formulieren. Dabei kann der Umstand berücksichtigt werden, dass im Regelfall der Arbeitnehmer weniger verdienen wird als der Vorstand. 4.1.2.5. Zwischenergebnis Bei der Prüfung des allgemeinen Gleichheitssatzes zeichnet sich ab, dass das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber nicht nur bei der Auswahl des Steuergegenstandes einen weiten Gestaltungsspielraum zubilligt, sondern es dem Gesetzgeber auch überlässt Durchbrechungen, die zu Ungleichbehandlungen führen, durch einen hinreichenden sachlichen Grund zu rechtfertigen. Sachliche Gründe können dabei die Verfolgung sozial- und gesellschaftspolitischer Ziele sein. Die Förderung der Akzeptanz der sozialen Marktwirtschaft und die Mäßigung der Vorstandsvergütungen durch die Aktionäre der Aktiengesellschaften, zur Entlastung der Allgemeinheit, ist ein solches Gemeinwohlinteresse, das einen sachlichen Rechtfertigungsgrund darstellt. Offengelassen werden soll, ob der Gesetzentwurf wegen der Ungleichbehandlung von Vorstandsbezügen und Geschäftsführervergütungen verfassungswidrig ist. 4.1.3. Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Abzugsbeschränkung Ergänzt werden soll an dieser Stelle, dass das Verfassungsgericht auch prüfen wird, ob die gewählte Abzugsgrenze von 500.000 Euro der Höhe nach verfassungsgemäß ist. Als Maßstab gilt auch hier, dass der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum hat, soweit er sich an die Grenzen der Folgerichtigkeit und Systemgerechtigkeit hält. Nicht uneingeschränkt lässt sich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 07.11.197238 zur Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Aufsichtsratsvergütungen heranziehen . Einerseits ist der Prüfungsmaßstab in Bezug auf Art. 3 Abs. 1 GG ein anderer und andererseits kann die Begrenzung der Abzugsfähigkeit nicht mit der Doppelfunktion des Aufsichtsrats eine begründetet werden. Insofern muss allein begründet werden, warum gerade Vorstandsvergütungen in der steuerlichen Abzugsfähigkeit begrenzt werden sollen. Die Rechtsprechung lässt sich aber insofern vergleichend heranziehen, als dass festgestellt worden ist, dass die höhenmäßige Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben als solche im System der Einkommensermittlung nicht systemwidrig ist, da es weitere Begrenzungen bei der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben gibt (siehe 4.1.2.1.). Auch der Höhe nach lassen sich hier keine sachwidrigen Erwägungen feststellen. In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es, dass der 38 BVerfG, B. v. 7.11.1972 – 1 BvR 338/68, NJW 1973, 500. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 028/17 Seite 14 Sockelbetrag so festgelegt ist, dass auch weiterhin ein hohes Entgelt für die überdurchschnittlichen Arbeitsleistungen vollständig abziehbar ist.39 Mit dieser Begründung dürfte sich der „Gesetzgeber “ auch hier im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit halten. Das Bundesverfassungsgericht40 sah in Bezug auf die gekürzte Pendlerpauschale einen Verstoß gegen das Folgerichtigkeitsprinzip. Es ließen sich keine hinreichenden Gründe dafür finden, warum die Grenze so gewählt worden ist. Zudem wurden die zur Begründung genannten umweltpolitischen Lenkungsziele nicht konsequent umgesetzt, da die Regelungen zum Beispiel keinen steuerlichen Anreiz dafür geboten hat, auf umweltschonende Verkehrsmittel umzusteigen, was jedoch eigentlich bezweckt worden ist.41 Die vorliegende Regelung ist systemgerecht. Der Entwurf hat die Grenze bei 500.000 Euro angesetzt , weil der Betrag insoweit eine angemessene Vergütung darstellt und im Vergleich zu der erbrachten Leistung angebracht ist. Die Eindämmung der Höhe der Vergütung von Vorstandsleistungen über das Steuerrecht ist insofern auch ein geeignetes Mittel, da es verfassungsrechtlich nicht möglich ist, eine allgemeine gesetzliche Höchstgrenze für Vergütungen vorzuschreiben.42 4.1.4. Verfassungsmäßigkeit: Abzugsverbot des § 10 Nr. 5 KStG-E Unter Berücksichtigung der oben genannten Einschränkungen, verstößt der § 10 Nr. 5 KStG-E wohl nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. 4.2. Verfassungsmäßigkeit von § 10 Nr. 6 KStG-E und §§ 4 Abs. 5 und 6a Abs. 3 S. 4 EStG-E Die weiteren zu prüfenden Vorschriften des Entwurfs begrenzen die steuerliche Abzugsfähigkeit von Ruhegehältern, Hinterbliebenenbezügen und ähnlichen Leistungen, soweit sie den Betrag der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Lebensversicherung West nicht übersteigen. Darüber hinaus geht es darum, die Bildung von Pensionsrückstellungen zu verbieten und Aufwendungen für die Altersversorge zu beschränken. Die Begrenzung auch nach der aktiven Zeit erscheint folgerichtig. Wenn die Vergütungen an Vorstandsmitglieder gesenkt werden sollen, dann erst recht auch für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen. 43 Insofern ist die Begründung des Gesetzentwurfs nicht zu beanstanden. § 10 Nr. 6 EStG nennt als Sockelbetrag den aktuellen Wert der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Lebensversicherung West. Die Beitragsbemessungsgrenze ist der Betrag, bis zu wel- 39 BT-Drucksache 18/(…) Entwurf vom 20.02.2017, S. 11. 40 BVerfG, Urteil v. 09.12.2008 – 2 BvL 1, 2-07, 1, 2/08, BeckRS 2008, 41116 unter C.II.3. 41 BVerfG, Urteil v. 09.12.2008 – 2 BvL 1, 2-07, 1, 2/08, BeckRS 2008, 41116 unter C.II.3. 42 BT-Drucksache 18/(…) Entwurf vom 20.02.2017, S. 8. 43 BT-Drucksache 18/(…) Entwurf vom 20.02.2017, S. 8. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 028/17 Seite 15 chem das Arbeitsentgelt oder die Rente eines gesetzlich Versicherten für Beiträge der gesetzlichen Sozialversicherung herangezogen wird. Der Teil des Einkommens, der die jeweilige Grenze übersteigt, bleibt für die Beitragsberechnung außer Betracht. Hiermit orientiert sich der Gesetzgeber an dem, was auch für die übrigen Arbeitnehmer gilt. Damit sollte er sich innerhalb dessen bewegen , was ihm in Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG zusteht. Sollte § 10 Nr. 5 KStG-E verfassungskonform sein, wird das auch für § 10 Nr. 6 KStG und §§ 4 Abs. 5 und 6a Abs. 3 S. 4 EStG gelten. 4.3. Endergebnis Der vorliegende Gesetzentwurf zur Beschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Vorstandsvergütungen erscheint insgesamt verfassungsgemäß. ***