© 2020 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 – 027/20 eSport-Angebote und Gemeinnützigkeit Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 027/20 Seite 2 eSport-Angebote und Gemeinnützigkeit Aktenzeichen: WD 4 - 3000 – 027/20 Abschluss der Arbeit: 26. Februar 2020 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 027/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Gemeinnützigkeit des Sports 4 2.1. eSport als gemeinnütziger Zweck 4 2.2. Ausschließliche Zweckverfolgung 5 3. Fazit 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 027/20 Seite 4 1. Fragestellung Die Fragestellung zielt darauf ab, welchen Einfluss die Einrichtung einer eSport-Abteilung auf die Anerkennung der Gemeinnützigkeit bei eingetragenen Sportvereinen hat. 2. Gemeinnützigkeit des Sports Die Rechtsgrundlagen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit eines Vereins findet sich im Abschnitt ‚Gemeinnützige Zwecke‘ der Abgabenordnung (§§ 51–68 AO). Danach setzt die Anerkennung der Gemeinnützigkeit voraus, dass - eine Körperschaft - ausschließlich und unmittelbar - steuerbegünstigte Zwecke selbstlos verfolgt. Als steuerbegünstigt wird die Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke anerkannt . Für Sportvereine kommt grundsätzlich die Förderung im Hinblick auf die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke in Betracht. Dazu müsste der Sport als solcher anerkannt sein. Die Aufzählung der gemeinnützigen Zwecke findet sich in § 52 Abs. 2 AO. Der Katalog benennt die gemeinnützigen Zwecke abschließend. Dem Sport wird die Gemeinnützigkeit in § 51 Abs. 2 Nr. 21 AO zuerkannt. 2.1. eSport als gemeinnütziger Zweck Die Frage, ob eSport dem in § 51 Abs. 2 Nr. 21 AO verwendeten Sportbegriff entspricht, ist umstritten . Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 29. Oktober 1997 den Begriff des „Sports“ im Sinne des Gemeinnützigkeitsrechts der Abgabenordnung konkretisiert. Im Wesentlichen wird eine sportliche Aktivität dadurch gekennzeichnet, dass sie auf „körperliche Ertüchtigung“ gerichtet ist, bei der nicht vorausgesetzt wird, dass dies durch Leibesübungen erfolgt1. Erforderlich sei jedoch eine körperliche, über das ansonsten übliche Maß hinausgehende Betätigung, die durch äußerlich zu beobachtende Anstrengungen oder durch die einem persönlichen Können zurechenbare Kunstbewegung gekennzeichnet sei2. Für das Schachspiel sieht § 52 Abs. 2 Nr. 21 AO eine gesetzliche Fiktion der Gemeinnützigkeit vor. Diese kann nicht im Wege der Analogie auf andere Denksportarten ausgedehnt werden3. Im Hinblick auf eSport wird von der Finanzverwaltung die Auffassung vertreten, dass die von der Rechtsprechung geforderten Voraussetzungen für die Anerkennung als Sport im Sinne des 1 BFH-Urteil vom 29. Oktober 1997 – I R 13/97, BStBl II 1998, 9 ff. 2 BFH-Urteil vom 29. Oktober 1997, aaO. 3 Gersch in: Klein, AO, § 52 Rn. 40. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 027/20 Seite 5 § 51 Abs. 2 Nr. 21 AO nicht vorliegen. Bisher erfülle der eSport keines der für die Aufnahme in den Anwendungserlass der Abgabenordnung relevanten Kriterien in vollem Umfang.4 Die Bundesregierung hat in diesem Kontext klargestellt, dass die Kategorisierung von eSport als Sport durch die organisierten Sportverbände zu beantworten sei. Sie beabsichtige, die autonome Entscheidung des organisierten Sports anzuerkennen5. In der steuerrechtlichen Literatur finden sich demgegenüber Stimmen, die sich klar für die Kategorisierung von eSport als Sport im Sinne des Gemeinnützigkeitsrechts aussprechen6. Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zur steuerlichen Behandlung von eSport-Angeboten im Gemeinnützigkeitsrecht liegt bislang nicht vor. Die Beurteilung, ob das eSport-Angebot eines Vereins die Voraussetzungen eines begünstigten Sportangebots erfüllt, ist in der Praxis anhand des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen. Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit aufgrund der bereits bestehenden gesetzlichen Bestimmungen ist nicht ausgeschlossen und kann in Betracht gezogen werden, wenn Vereine mit eSport-Angebot für diese konkrete Betätigung die Kriterien der Gemeinnützigkeit erfüllen7. Damit kommen Vereine mit eSport-Angeboten - nach den geltenden gesetzlichen Vorschriften - in nur stark eingeschränktem Umfang in den Genuss der Gemeinnützigkeit. Bisher ist nur der Fall eines eSport-Vereins bekannt, der als gemeinnützig anerkannt wurde. Die Anerkennung bezog sich dabei nicht auf das Kriterium der Förderung des Sports, sondern auf den Bereich der Jugendhilfe .8 2.2. Ausschließliche Zweckverfolgung Für die Ausübung von eSport-Aktivitäten kommt nach dem bisher Dargestellten eine Anerkennung der Gemeinnützigkeit nur im Ausnahmefall in Betracht. Ferner bestimmt § 56 AO, dass eine begünstigte Körperschaft verpflichtet ist, die gemeinnützigen Zwecke ausschließlich zu verfolgen . Das Ausschließlichkeitskriterium wirkt sich dahingehend aus, dass die Steuerbegünstigung insgesamt entfällt, wenn dieser Grundsatz verletzt wird. Mit dem Gebot der Ausschließlichkeit ist es demnach unvereinbar, einen anderen als den in der Satzung genannt Zweck zu verfolgen oder einen Zweck zu fördern, der nicht steuerbegünstigt ist.9 Damit kann grundsätzlich das Vorhalten von einzelnen eSport-Angeboten die Gemeinnützigkeit eines Vereins insgesamt infrage stellen. Die Abgabenordnung enthält indes eine Reihe von Ausnahmen vom strikten Gebot der Ausschließlichkeit. Insbesondere die Voraussetzungen des 4 Vgl. BT-Drs. 19/4060, S. 5 (Antwort zu Frage 16). 5 Vgl. BT-Drs. 19/9442, S. 6 aE (Antwort zu Frage 28). 6 Bagger von Grafenstein/Feldgen, DStZ 2019, 326 (328). 7 Vgl. BT-Drs. 19/4060, S. 4 (Antwort zu Frage 13). 8 Vgl. BT-Drs. 19/5545, S. 4. 9 Gersch in: Klein, AO, 14. Aufl. 2018, § 56 Rn. 1. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 027/20 Seite 6 Zweckbetriebs und die Einrichtung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs sind in diesem Zusammenhang zu betrachten: Das Einrichten von einzelnen eSport-Angeboten wird in der Regel zunächst zu den vom Sportverein vorgehaltenen Sportangeboten als Nebenzweck hinzutreten. Wird das Angebot mit der Absicht der Einnahmeerzielung unterbreitet, handelt es sich um eine wirtschaftliche Tätigkeit zur Erhöhung der Einkünfte. Ein solcher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb wird nach § 14 AO definiert und ist eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht . Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich. Für die dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Besteuerungsgrundlagen verliert der Verein die Steuervergünstigungen. In Erweiterung der Ausschließlichkeitsregel lässt § 64 AO jedoch zu, dass ein gemeinnütziger Verein einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält, ohne die Gemeinnützigkeit im Ganzen zu verlieren. Andererseits kann im Einzelfall ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, der für die Tätigkeit des Vereins prägend ist, die Steuerbegünstigung nicht nur partiell, sondern insgesamt ausschließen.10 Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist danach nur schädlich, wenn er in der Gesamtschau zum Selbstzweck wird und eigenständig neben den steuerbegünstigten Zweck tritt bzw. diesen verdrängt.11 Des Weiteren bestehen Sondervorschriften für sportliche Veranstaltungen. Nach § 67a AO sind sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins als Zweckbetrieb einzuordnen, wenn die Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer insgesamt 45.000 Euro im Jahr nicht übersteigen. Dabei gehören der Verkauf von Speisen und Getränken sowie die Werbung nicht zu den sportlichen Veranstaltungen . Für Zweckbetriebe gilt, dass die steuerlichen Vergünstigungen für diesen Bereich der Betätigung nicht entfallen. Soweit die genannte Zweckbetriebsgrenze Anwendung findet, wird nicht zwischen bezahltem und nicht bezahltem Sport unterschieden. Die Sportvereine können wählen, ob die Zweckbetriebsgrenze für sie gelten soll. Liegen die Einnahmen aus sportlichen Veranstaltungen dagegen über der Zweckbetriebsgrenze, liegt insgesamt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor.12 3. Fazit Die vorstehende Darstellung macht deutlich, dass die steuerliche Einordnung von eSport-Angeboten aus gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht umstritten ist. Rechtsfolgen, die aus der Einrichtung eine eSport-Abteilung eines gemeinnützigen Sportvereins zu ziehen sind, hängen entscheidend von der Gestaltung des Einzelfalles ab. Allgemeingültige Aussagen können daher im Rahmen dieses Sachstands nur in eng begrenztem Umfang getroffen werden. *** 10 BFH-Urteil vom 10. April 1991 – I R 77/87, BStBl. II 1992, S. 41. 11 Gersch in: Klein, AO, 14. Aufl. 2018, § 56 Rn. 3 m.w.N. 12 Gersch in: Klein, AO, 14. Aufl. 2018, § 67a Rn. 1.