© 2017 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 027/17 Einzelfragen zum kommunalen Anteil am Umsatzsteueraufkommen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 027/17 Seite 2 Einzelfragen zum kommunalen Anteil am Umsatzsteueraufkommen Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 027/17 Abschluss der Arbeit: 17. März 2017 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 027/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Kommunaler Umsatzsteueranteil 4 3. Kommunaler Finanzausgleich 4 4. Fazit 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 027/17 Seite 4 1. Einführung Angefordert ist eine Darstellung über die Wirkungsweise kommunaler Finanzausgleichsysteme. Dargestellt werden soll, inwieweit eine Veränderung der Umsatzsteueranteile zu Gunsten der Kommunen über die Finanzausgleichmasse weitergegeben wird. Der kommunale Anteil an der Umsatzsteuer wird durch einen vom Land bestimmten Schlüssel an die Kommunen weitergeleitet. Weiterhin spielt das Aufkommen der Umsatzsteuer bei der Festsetzung der Steuerkraft der Kommunen eine Rolle, um die kommunale Finanzausgleichsmasse ermitteln zu können. Ferner wird gefragt, ob die Entlastungsmaßnahmen für die Gemeinden über eine Umverteilung der Umsatzsteueranteile auch die Kommunen in Gänze erreichen. Entlastungsmaßnahmen des Bundes zu Gunsten von Ländern und Kommunen (bspw. in der Asylpolitik) erfolgen bei fehlender Finanzierungskompetenz des Bundes oftmals über einen erhöhten Anteil an der Umsatzsteuer für Gemeinden und Länder. 2. Kommunaler Umsatzsteueranteil Gem. § 5f Gemeindefinanzreformgesetz (GFRG) wird die Verteilung des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer auf die Länder durch das BMF vorgenommen. Gemäß § 5f Abs. 2 GFRG regeln die Länder durch Rechtsverordnung (vgl. § 8 des Gesetzes) das Verfahren für die Auszahlung des individuellen Gemeindeanteils an die jeweilige Gemeinde. Die konkrete Auszahlung obliegt den Länderfinanzministerien.1 Der individuelle Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer wird nach einem festgesetzten Schlüssel des jeweiligen Landes aufgeteilt. 3. Kommunaler Finanzausgleich In den jeweiligen kommunalen Finanzausgleichsystemen der Länder findet der kommunale Anteil an dem Umsatzsteueraufkommen seine Berücksichtigung bei der Ermittlung der Steuerkraft der Gemeinden. Eine Entlastung der Kommunen über den kommunalen Finanzausgleich ist auch durch die Erhöhung der Finanzmittel der Länder möglich. Die Steuereinnahmen der Länder werden über die Verbundquote Teil des kommunalen Finanzausgleichs. Die Höhe des Verbundsatzes besagt jedoch nichts über die „Kommunalfreundlichkeit“ eines Bundeslandes. Denn es bedarf zugleich einer Betrachtung der von den Kommunen zu erfüllenden Aufgaben.2 1 Hidien: Gemeindefinanzreformgesetz, § 5f, 1. Auflage 2012, Rn. 2. 2 Schwarting: Grundwissen Kommunalpolitik, FES, S. 26. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 027/17 Seite 5 Abbildung 1: Verbundgrundlagen und Verbundquoten im kommunalen Finanzausgleich Quelle: Vesper, Dieter: Gemeindefinanzierung wenig nachhaltig, a.a.O., S. 16. Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass die Anteile der Länder an der Umsatzsteuer nicht zweckgebunden werden können. Folglich fallen diese Mittel in die Haushaltsautonomie der Bundesländer .3 Für die Bestimmung des finanziellen Umfangs der Finanzausgleichmasse haben sich in den dreizehn Flächenländern verschiedene Modelle etabliert: 3 So auch Wieland: Flüchtlinge als Herausforderung für die Finanzverfassung, DÖV 2017, S. 14. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 027/17 Seite 6 Abbildung 2: Verfahren zur Bestimmung der Finanzausgleichsmasse Quelle: Lenk/Hesse/Lück: Synoptische Darstellung der kommunalen Finanzausgleichsysteme der Länder aus finanzwissenschaftlicher Perspektive, S. 23. Bei einem Vergleich zwischen Verbundquotenmodell und GMG-Modell (Gleichmäßigkeitsgrundsatz ) muss konstatiert werden, dass die beiden Systeme sich in ihrer grundsätzlichen Wirkung nicht unterscheiden. Bei einer schwächeren Entwicklung (oder gar Rückgang) der Landeseinnahmen resultiert in beiden Systemen eine schwächere Entwicklung (oder gar Rückgang) der Finanzausgleichsmasse . Beim GMG-Modell ist dies jedoch gedämpft. Abbildung 3: Verbundquote und Gleichmäßigkeitsgrundsatz im Vergleich Quelle: Lenk/Hesse/Lück: Synoptische Darstellung der kommunalen Finanzausgleichsysteme der Länder aus finanzwissenschaftlicher Perspektive, S. 28. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 027/17 Seite 7 Das Gutachten des Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstituts an der Universität Köln zum kommunalen Finanzausgleich in Bayern stellt fest, dass beim Vergleich des aggregierten Steueraufkommens (der Komponenten der Steuerkraft) mit der aggregierten Steuerkraft ein Niveauunterschied offensichtlich wird. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass bei der Ermittlung der Steuerkraftzahl eine Nivellierung bei der Umsatzsteuer nicht stattfindet. „Während die Realsteuern nivelliert werden, werden in der Regel die tatsächlichen kommunalen Steuereinnahmen aus Einkommen- und Umsatzsteuer vollständig bei der Ermittlung der Steuerkraftmesszahl berücksichtigt .“4 Somit könnte im bayerischen Fall bei einem erhöhten Umsatzsteueraufkommen eine höhere Steuerkraft ermittelt werden, die ggf. niedrigere Schlüsselzuweisungen über den kommunalen Finanzausgleich zur Folge hätte. Zwecks Gleichstellung der Steuerquellen werden in Baden-Württemberg die Gemeindeanteile an der Umsatzsteuer nur mit 80 %, in Schleswig-Holstein der gewogene durchschnittliche Hebesatz der Realsteuern nur mit 90 % in die Ermittlung der Steuerkraftmesszahl einbezogen. In Niedersachsen und dem Saarland werden alle Steuerkraftzahlen mit 90 % respektive 85 % insgesamt niedriger angesetzt.5 Eine stärkere Problematisierung der Wirkungsweise des Umsatzsteueranteils bei der Ermittlung der Steuerkraft der Gemeinden im kommunalen Finanzausgleich erfolgt von Seiten der Wissenschaft nicht. 4. Fazit Der Bund kann über eine Umverteilung der Umsatzsteueranteile die Finanzkraft der Kommunen stärken. Sind diese als Entlastungsmaßnahme für kurzfristig auftretende Ausnahmesituationen (bspw. Flüchtlingskrise 2015) angedacht, muss jedoch konstatiert werden, dass diese nicht zielgenau eingesetzt werden können, da die Mittelverteilung nicht anhand der entstehenden Kosten bei der jeweiligen Gemeinde erfolgt. *** 4 Thöne/Hummel/Rauch: Kommunaler Finanzausgleich in Bayern, FiFo-Berichte, Nr. 19, Juni 2015, S. 31. 5 Thöne/Hummel/Rauch: Kommunaler Finanzausgleich in Bayern, FiFo-Berichte, Nr. 19, Juni 2015, S. 31f.