© 2018 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 026/18 Historische Entwicklung der Grundsteuer Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 026/18 Seite 2 Historische Entwicklung der Grundsteuer Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 026/18 Abschluss der Arbeit: 5. Januar 2018 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 026/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Historische Entwicklung der Grundsteuer 4 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 026/18 Seite 4 1. Einführung Der Auftraggeber bittet um eine Darstellung der historischen Entwicklung der Grundsteuer in Deutschland. 2. Historische Entwicklung der Grundsteuer Die Grundsteuer zielt auf den Ertrag, der aus dem Grund und Boden gewonnen wird. Sie gehört zu den ältesten Formen der direkten Besteuerung.1 Schon in der Antike bekannt und von den Römern über die Alpen gebracht, wurde sie auf deutschem Boden zunächst durch kirchliche und grundherrliche Grundzehnten und Grundzinsen ersetzt und vom hohen Mittelalter an unter dem Namen „Bede“ von einer Bittsteuer neu zu einer Pflichtsteuer entwickelt. Dank ihrer Anknüpfung an den sichtbarsten und greifbarsten Teil des Vermögensbesitzes, das Grundeigentum, erlangte sie im Zeitalter der Agrarwirtschaft (mit Bezeichnungen wie Hufenschoß, Bauernschoß, Grundschoß oder Kontribution) eine beherrschende Stellung in den Steuersystemen der Territorien .2 Während bei den älteren Grundsteuerformen nur grobe Schätzungen des Bodenwerts nach dem Flächeninhalt (Hufe, Morgen) zugrunde gelegt wurden, kam mit der Ausbildung des Katasterwesens vom 18. Jahrhundert an die Bonitierung nach Kulturart und Bodenqualität hinzu. Darauf bauten die Grundsteuergesetze im Rahmen der einzelstaatlichen Ertragsteuersysteme des 19. Jahrhunderts auf (so z. B. die Gesetze in Bayern von 1811, Württemberg von 1821, Baden von 1854, Preußen von 1861). Anstoß für eine gerechtere Steuerverfassung in Preußen war die Revolution von 1789.3 Daraufhin wurde durch das königliche Edikt vom 27. Oktober 1810 versprochen, die verschiedenen Grundsteuersysteme der einzelnen Landesteile zu vereinheitlichen, die Steuer gleichmäßig zu verteilen und sämtliche Steuerbefreiungen aufzuheben. Die Grundsteuerregelungen im Sinne des Königlichen Edikts erfolgten jedoch nur in den beiden westlichen Provinzen Rheinland und Westfalen.4 Diese Landesteile standen unter französischer Herrschaft und waren dafür bekannt, dass alle Steuerbefreiungen ohne Entschädigungen aufgehoben wurden. Für diese Gebiete wurde bereits 1798 ein französisches Grundsteuergesetz verabschiedet, zu dessen Umsetzung mit der Aufstellung eines Grundsteuerkatasters begonnen wurde.5 Am 21. Mai 1861 beschloss das preußische Abgeordnetenhaus nach mehrjährigen parlamentarischen Beratungen und nach Zustimmung des 1 Vgl. Brands/Gradtke-Hanzsch/Olschewski: 140 Jahre Grundsteuerreform – Am 21. Mai 1861 wurde das Gesetz betreffend die anderweite Regelung der Grundsteuer verkündet, in: Vermessung Brandenburg, Nr. 2/2001, S. 50. 2 Bundesministerium der Finanzen: Steuern von A bis Z, Ausgabe 2017, S. 85. 3 Vgl. Meyer, Helmut: Geschichte der Leiter der preußischen Katasterämter, 01.11.2012, im Internet unter: https://www.dvw.de/sites/default/files/benutzer_4177/Preu%C3%9Fen-Geschichte%20KA-Leiter.pdf [02.02.18], S. 1. 4 Brands/Gradtke-Hanzsch/Olschewski: 140 Jahre Grundsteuerreform – Am 21. Mai 1861 wurde das Gesetz betreffend die anderweite Regelung der Grundsteuer verkündet, in: Vermessung Brandenburg, Nr. 2/2001, S. 51. 5 Ebenda. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 026/18 Seite 5 Herrenhauses eine Reformierung der Grund- und Gebäudesteuer für das gesamte Staatsgebiet Preußens.6 Durch die Miquel’sche Steuerreform von 1891/93 wurde die Grundsteuer in Preußen grundsätzlich den Gemeinden überlassen.7 Angesichts der Finanznot nach dem Ersten Weltkrieg wurde bei der Reichsfinanzreform 1920 den Ländern die Ausschöpfung dieser Steuer direkt zur Pflicht gemacht. Die daraufhin entstehenden unterschiedlichen Landesregelungen wurden erst bei der Realsteuerreform von 1936 durch ein einheitliches Grundsteuergesetz abgelöst, das die Erträge allgemein den Gemeinden zusprach. Nach 1945 sind in verschiedenen Ländern neue Grundsteuervorschriften erlassen worden , die 1951 durch ein bundeseinheitliches Grundsteuergesetz abgelöst wurden. In den Jahren 1961 und 1962 bestand neben der Grundsteuer A und B ein Typ C (Baulandsteuer), der unbebaute , aber baureife Grundstücke stärker belastete, um ein erhöhtes Angebot an Bauland zu bewirken .8 *** 6 Brands/Gradtke-Hanzsch/Olschewski: 140 Jahre Grundsteuerreform – Am 21. Mai 1861 wurde das Gesetz betreffend die anderweite Regelung der Grundsteuer verkündet, in: Vermessung Brandenburg, Nr. 2/2001, S. 51. 7 Vgl. Brands/Gradtke-Hanzsch/Olschewski: 140 Jahre Grundsteuerreform – Am 21. Mai 1861 wurde das Gesetz betreffend die anderweite Regelung der Grundsteuer verkündet, in: Vermessung Brandenburg, Nr. 2/2001, S. 54. 8 Bundesministerium der Finanzen: Steuern von A bis Z, Ausgabe 2017, S. 85.