© 2019 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 025/19 Einzelfragen zum parlamentarischen Verfahren der Haushaltskontrolle Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 025/19 Seite 2 Einzelfragen zum parlamentarischen Verfahren der Haushaltskontrolle Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 025/19 Abschluss der Arbeit: 21. März 2019 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 025/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 5 2. Überprüfung des Haushalts und des Jahresberichts durch die Abgeordneten 5 2.1. Wie werden die Parlamentsmitglieder an der Verbesserung der Qualität des Budgets und der Jahresberichte beteiligt? 5 2.2. Verfügen Sie über Best-Practices-Beispiele? Welche Herausforderungen stehen im Zusammenhang mit der Qualität des Haushalts, die Ihre Parlamentarier bei der Prüfung dieser Dokumente haben? 7 2.3. Haben Sie Berichterstatter für das Budget oder für Jahresberichte? 7 2.3.1. Das Berichterstattersystem des Haushaltsausschusses 7 2.3.2. Struktur und Arbeitsweise der Berichterstattergruppen 8 2.3.3. Beratung in den Fraktionsgruppen 9 2.4. Welche Rolle spielt Ihre Abteilung bei der Unterstützung der Parlamentarier bei der Verbesserung der Qualität der Haushaltsinformationen und Jahresberichte? 10 3. Hauptprojekte 10 3.1. Bitte geben Sie einige Beispiele der größten Projekte (in Bezug auf das zugewiesene Budget oder die finanziellen Risiken) in Ihrem Land an. Wie ist das Parlament in die Entscheidungsfindung (Vorbereitungsphase) und in die Haushaltskontrolle und Planung (Ausführungsphase) eingebunden und informiert? 10 3.2. Verfügt Ihr Parlament über besondere Verfahren oder Instrumente, um diese Art von Großprojekten zu überwachen? Wenn ja, bitte kurz erklären. Sind Parlamentsmitarbeiter involviert und wenn ja, wie? 10 4. Gender-Budgeting 11 4.1. Ist Ihre Regierung im Gender-Budgeting tätig? Wenn ja, was war der Auslöser, Maßnahmen zu ergreifen? Wann wurde Gender- Budgeting eingeführt? Was sind die Ergebnisse? 11 4.2. Wie aktiv ist Ihr Parlament bei der Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und der Rechte der Frauen? 11 4.3. Wie kann dieses Thema auf die politische Agenda gebracht werden? 11 5. Visualisierung! 12 5.1. Welche Informationen stehen Ihrem Parlament in Bezug auf die Haushaltsprüfung zur Verfügung? (Zum Beispiel: Mittelbindungen gegenüber dem tatsächlich verfügbaren Teil des Haushalts; Spitzen gegenüber Tälern; Haushaltsentwicklung in den letzten Jahren und Ausblick auf die kommenden Jahre). 12 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 025/19 Seite 4 5.2. Inwiefern werden Visualisierungen zur Unterstützung Ihres Parlaments verwendet? Welche Art von Visualisierungen verwenden Sie und warum verwenden Sie diese speziellen? 12 5.3. Inwiefern werden Datenvisualisierungen und Dashboards bei der Bereitstellung von Informationen für Ihr Parlament verwendet? 12 5.4. Kommt es in Ihrem Parlament bereits zu datengesteuerter Arbeit? Mit anderen Worten: Inwiefern verwenden Ihre Parlamentsabgeordneten (und ihre Unterstützungsmitarbeiter) (große) Daten, um ihre parlamentarische Rolle zu erfüllen? 13 5.5. Die Datenmenge wächst täglich. Wir müssen über eine zunehmende Anzahl von Angelegenheiten informiert werden und viele Akten lesen, verstehen und vollständig verwirklichen. Dies gilt natürlich auch für Abgeordnete. Wie geht Ihr Land mit dieser Entwicklung um? Welche Arten von Einrichtungen sind bereits vorhanden (oder werden bereitgestellt), um die Bereitstellung von Informationen für die Parlamentsabgeordneten (und deren Unterstützungspersonal) so effektiv und effizient wie möglich zu gestalten? 13 6. Politische Parteien, Haushalte und Politik 14 6.1. Hat das niederländische Büro für Wirtschaftspolitik (CPB) in Ihrem Land Kollegen? Wenn ja, ist dieses Büro an der Überprüfung von Wahlmanifesten beteiligt? Nehmen Ihre politischen Parteien an diesem Prozess teil? Wie ist das Verfahren festgelegt? Sind diese Analysen öffentlich? 14 6.2. Werden die politischen Parteien im Parlament von Instituten wie IFI bei der Ausarbeitung von Änderungsanträgen unterstützt? 14 6.3. Wie viele Änderungsanträge stellen Ihre Abgeordneten pro Jahr vor? Können Sie angeben, inwieweit der Haushaltsentwurf jedes Jahr vom Parlament geändert wird? 15 7. Die Rolle der Parlamente bei der Nachhaltigkeitspolitik 15 7.1. Welche Rolle spielen nichtfinanzielle Statistiken / Informationen im Haushalts- und Rechenschaftslegungsprozess in Ihrem Parlament? Bitte teilen Sie einige Beispiele. 15 7.2. Wie prüft Ihr Parlament die Fortschritte der Regierung bei den SDGs? Ist ein bestimmter Ausschuss im Parlament dafür verantwortlich / koordiniert er oder sind Ausschüsse für bestimmte SDGs zuständig? Wenn nein, auf welche andere Weise hat Ihr Parlament seinen Prozess und seine Diskussionen organisiert? Organisieren Sie Debatten oder erstellen Sie Fortschrittsberichte? 15 7.3. Bitte erwähnen Sie einige Stärken und einige Schwächen bei der Organisation der parlamentarischen Aufsicht über SDGs. 15 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 025/19 Seite 5 1. Fragestellung Der Auftraggeber bittet um Beantwortung diverser Einzelfragen zum parlamentarischen Verfahren der Haushaltskontrolle. Die Fragen werden in Kooperation mit dem Sekretariat des Haushaltsausschusses (Sekretariat PA 8) beantwortet. 2. Überprüfung des Haushalts und des Jahresberichts durch die Abgeordneten 2.1. Wie werden die Parlamentsmitglieder an der Verbesserung der Qualität des Budgets und der Jahresberichte beteiligt? Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages ist der Treuhänder des parlamentarischen Budgetrechts. Diese besondere Prestigefunktion des Haushaltsausschusses im Vergleich zu anderen Ausschüssen liegt in der Bedeutung und der Art der Wahrnehmung der ihm obliegenden Aufgaben begründet: Der Haushaltausschuss nimmt das neben der Petition älteste parlamentarische Recht wahr. Die Beratung der jährlichen Haushalte im Haushaltsausschuss aufgrund des Überweisungsbeschlusses des Plenums an den Ausschuss findet in einer weitreichenden Selbständigkeit gegenüber dem Plenum statt. Das Plenum übernimmt die zahlreichen detaillierten Beschlüsse zu den Einzeletatposten in der Regel unverändert, so dass Beschlüsse des Haushaltsausschusses inhaltlich oft Plenarbeschlüsse des Deutschen Bundestages vorwegnehmen. Die Entscheidungen des Haushaltsausschusses über die jährlichen Haushalte bilden damit die finanzielle Grundlage für die gesamte Staatstätigkeit. Nicht zuletzt deshalb zählen die Mitglieder des Haushaltsausschusses zu den einflussreichsten Parlamentariern des Deutschen Bundestages. Der Haushaltsausschuss hat im Wesentlichen folgende Aufgaben: Federführende Beratung des jährlichen Haushaltsentwurfes, bestehend aus Haushaltsgesetz und Haushaltsplan. Sie stellt die vornehmste Aufgabe des Haushaltsausschusses dar. Gegenstand der Beratung sind insbesondere die Einzelpläne des Bundeshaushalts, die sich im Wesentlichen an der Struktur der Bundesministerien orientieren. Daneben wird der Finanzplan beraten. Die Beratungen beginnen nach der Überweisung des Haushaltsentwurfes an den Haushaltsausschuss im Anschluss an die erste Lesung im Plenum des Bundestages. Den Abschluss der Beratungen im Haushaltsausschuss bilden die Beschlussempfehlungen zum Entwurf des Haushaltsgesetzes und zu jedem Einzelplan. Befassung mit Finanzvorlagen (§ 96 GOBT). Der Haushaltsausschuss hat bei Finanzvorlagen, d.h. bei Gesetzentwürfen mit finanziellen Auswirkungen, deren Vereinbarkeit mit dem laufenden und künftigen Haushalt zu prüfen und darüber an das Plenum des Deutschen Bundestages zu berichten. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 025/19 Seite 6 Beratung sonstiger Haushaltsvorlagen. Hierzu gehören Anträge auf Einwilligung zur Veräußerung von Bundesgrundstücken von erheblichem Wert (ab 15 Mio. Euro) bzw. von besonderer Bedeutung. Ein besonderes Recht des Haushaltsausschusses ist die Bewilligung von sog. 25- Mio-Euro-Vorlagen im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Obwohl die Finanzierung von Beschaffungsprojekten der Bundeswehr bereits im jährlichen Haushaltsverfahren erfolgt ist, muss das Ministerium diese bei einem Volumen von mehr als 25 Mio. Euro durch den Haushaltsausschuss gesondert genehmigen lassen. Einen breiten Raum nehmen auch die Unterrichtungen über außer- und überplanmäßige Ausgaben ein. Über- und außerplanmäßige Ausgaben, die im Einzelfall den Betrag von 5 Mio. Euro oder im Falle der Erfüllung von Rechtsverpflichtungen den Betrag von 50 Mio. Euro überschreiten, sind vor Einwilligung des BMF dem Haushaltsausschuss des Bundestages unverzüglich vorzulegen (§ 4 der jährlichen Haushaltsgesetze). Durch diese Unterrichtungspflicht wird die laufende parlamentarische Kontrolle der Anwendung des Notbewilligungsrechts des BMF nach Art. 112 GG sichergestellt. Beteiligung am Haushaltsvollzug (qualifizierte Sperren). Die Ausführung des Haushaltsplans ist nach dem Prinzip der Gewaltenteilung die Aufgabe der Exekutive. Ausnahmsweise kann der Haushaltsausschuss auf die konkrete Verwendung von Haushaltsmitteln Einfluss nehmen , indem er bei der Beratung des Haushaltsplanes die Verfügung über die Ausgabe- bzw. Verpflichtungsermächtigungen oder Planstellen im Einzelfall durch Ausbringung eines qualifizierten Sperrvermerks im Haushaltsplan beschränkt (§ 22 BHO). Qualifizierte Sperrvermerke werden ausgebracht, wenn die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Haushaltsermächtigungen zum Zeitpunkt der Veranschlagung noch nicht erfüllt sind, aber während des Haushaltsverlaufes eintreten. Insbesondere aber bei Großvorhaben (Bauvorhaben , Entwicklungs- und Beschaffungsvorhaben wie z.B. militärische Beschaffungen nach § 24 BHO) besteht das Bedürfnis, an bestimmten Abschnitten, z.B. beim Übergang von der Planungsphase in die Entwicklungsphase oder bei der Überschreitung eines bestimmten Geldvolumens, ein Kontroll- und Mitspracherecht auch außerhalb des jährlichen Haushaltsbewilligungsverfahrens sicherzustellen. Die Inanspruchnahme der gesperrten Haushaltsermächtigungen bedarf der Einwilligung des Haushaltsausschusses. Darüber hinaus lässt sich der Haushaltsausschuss über eine große Vielzahl von Themen durch die Bundesregierung unterrichten und formuliert im Zuge der Beratungen seine Erwartungen an den Haushaltsvollzug. Gelegentlich werden diese dann sogar als sog. Maßgabebeschlüsse (Entschließungen ) verschriftlicht und vom Haushaltsausschuss beschlossen. Das Grundgesetz verpflichtet die Bundesregierung und die ihr unterstellte Bundesverwaltung, Rechenschaft über ihre Entscheidungen abzulegen und Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen . Die Entlastung der Bundesregierung durch den Deutschen Bundestag und den Bundesrat ist dabei ein zentrales Element parlamentarischer Kontrolle des Regierungshandelns und Ausdruck der Gewaltenteilung. Eine wichtige Grundlage für das Entlastungsverfahren sind die Bemerkungen des Bundesrechnungshofes zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes. Sie analysieren die Einnahmen und Ausgaben des Bundes, sein Vermögen und seine Schulden. Neben den Feststellungen zur Haushalts- und Vermögensrechnung umfassen die Bemerkungen eine Bewertung der finanzwirtschaftlichen Entwicklung des Bundes sowie einzelplanbezogene Prü- Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 025/19 Seite 7 fungsergebnisse, die für die Entlastung von Bedeutung sind. Mit den Bemerkungen gibt der Bundesrechnungshof Empfehlungen, wie Defizite abgestellt oder Haushaltsmittel effizienter und effektiver eingesetzt werden können. Innerhalb des Bundestages vollzieht der Rechnungsprüfungsausschuss den Vollzug der Ausgaben nach, prüft die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes und bereitet die Entlastung der Bundesregierung durch das Plenum des Deutschen Bundestages auf der Grundlage der Bemerkungen des Bundesrechnungshofes vor. Ihm gehören Abgeordnete an, die zugleich auch Mitglieder beziehungsweise stellvertretende Mitglieder des Haushaltsausschusses sind. 2.2. Verfügen Sie über Best-Practices-Beispiele? Welche Herausforderungen stehen im Zusammenhang mit der Qualität des Haushalts, die Ihre Parlamentarier bei der Prüfung dieser Dokumente haben? Das bei der Beratung von Haushaltsvorlagen angewandte Berichterstattersystem (siehe die Ausführungen zu Punkt 2.3.1. und 2.3.2.) führt dazu, dass sich die Mitglieder des Haushaltsausschusses eine intensive Kenntnis ihrer Einzelpläne erarbeiten und vor diesem Hintergrund in der Lage sind, die Arbeit des jeweiligen Ministeriums aus haushalterischer und fachlicher Sicht zu beurteilen und in allen Phasen des Haushaltskreislaufs zu begleiten. Hinzu kommt, dass das Berichtswesen im Haushaltsausschuss über die gesetzlichen sowie die in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages normierten Regelungen hinausgeht. So haben die Berichterstatter das Recht, schriftliche Berichte und Informationen bei der Bundesregierung anzufordern. Die Antworten werden sämtlichen für einen Einzelplan zuständigen Berichterstattern zur Verfügung gestellt . Als besondere Herausforderung lässt sich anführen, dass der Bundeshaushalt und seine Einzelpläne streckenweise nicht selbsterklärend sind. So ist oft aus einzelnen Titeln nicht ohne weiteres ermittelbar, welche Projekte oder Vorhaben aus diesen konkret finanziert werden. Darüber hinaus sind die für einzelne Projekte oder Vorhaben vorgesehenen Mittel oft über mehrere Einzelpläne verteilt bzw. wiederum in Sach- und Projektmittel unterteilt. Auch für die Berichterstatter ist daher aus dem Haushaltsplan oft nicht unmittelbar ersichtlich, Mittel in welcher Gesamthöhe bzw. aus welchem Einzelplan für Vorhaben vorgesehen sind. Ein genauer Einblick in die Ausgaben der einzelnen Bundesministerien ist vor diesem Hintergrund nur im Austausch mit den Titelverantwortlichen zu erhalten. Die Abgeordneten müssen sich den Haushalt also „erarbeiten “. Dies kann auch dazu führen, dass sich die genaue Kenntnis der Einzelpläne auf die jeweilige Berichterstattergruppe beschränkt 2.3. Haben Sie Berichterstatter für das Budget oder für Jahresberichte? 2.3.1. Das Berichterstattersystem des Haushaltsausschusses Der Haushaltsausschuss führt die Beratung der Einzelpläne und des Haushaltsgesetzentwurfs nach einem bereits im Frühjahr durch die Obleute beschlossenen Zeitplan aus. Er muss von September bis November in vier bis fünf Sitzungswochen und damit an maximal zehn Beratungstagen das gesamte Beratungspensum bestehend aus aktuell 23 Einzelplänen und dem Haushaltsgesetzentwurf abgeschlossen haben. Im Laufe dieser Beratungen werden sämtliche Einzelpläne vom Haushaltsausschuss zwei Mal mit den zuständigen Bundesministern und Bundesministerinnen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 025/19 Seite 8 diskutiert. Abschluss der Haushaltsberatungen im Haushaltsausschuss bildet die sog. Bereinigungssitzung , die in der Regel am Mittag des Sitzungstages beginnt und am frühen Morgen des Folgetages endet. Vor der Bereinigungssitzung erstellt das Bundesministerium der Finanzen die Bereinigungsvorlage, die alle bislang durch den Haushaltsausschuss vorgenommenen Änderungen des Regierungsentwurfs enthält. Während der Bereinigungssitzung werden sämtliche Einzelpläne zum zweiten Mal mit den Fachministern und -ministerinnen diskutiert und zahlreiche weitere Änderungen am Haushaltsentwurf vorgenommen. Dieses gewaltige Programm setzt eine straffe Rationalisierung der Beratung voraus, deren Grundlage das Berichterstattersystem bildet. Im Haushaltsausschuss werden in der Regel am Beginn einer Wahlperiode für deren gesamte Dauer aus jeder Fraktionsarbeitsgruppe je ein Berichterstatter für einen der Einzelpläne bzw. für das Haushaltsgesetz benannt. Auf das Stärkeverhältnis der Fraktionsarbeitsgruppen kommt es dabei nicht an. Insbesondere die kleinen Fraktionen müssen oft einen einzigen Abgeordneten für mehrere Berichterstattungen benennen, wenn sie nicht, wie bei weniger bedeutsamen Einzelplänen , ganz davon absehen. Das Element der Berichterstatterfunktion ist notwendig, damit der Berichterstatter eine eingehende Kenntnis „seines“ Einzelplans erwirbt, um seine Aufgaben der Gestaltung und Kontrolle sachkundig wahrnehmen zu können. Die Benennung der Berichterstatter für die Einzelpläne ist den sog. Obleuten vorbehalten, die quasi die Fraktionsvorsitzenden ihrer Arbeitsgruppe im Ausschuss sind und von Amtswegen auch in Verantwortung gegenüber ihrer Fraktionsführung stets die Gesamtschau des Haushalts nach den politischen Vorstellungen der Fraktionen im Auge halten. 2.3.2. Struktur und Arbeitsweise der Berichterstattergruppen Innerhalb einer jeweiligen Berichterstattergruppe werden Hauptberichterstatter und Mitberichterstatter unterschieden. Die Hauptberichterstatter werden von den Obleuten unter Berücksichtigung der Stärkeverhältnisse unter den Fraktionsarbeitsgruppen aufgeteilt. Der Hauptberichterstatter ist zugleich Sprecher seiner Berichterstattergruppe und vereinbart die Termine und den Ablauf der sog. Berichterstattergespräche mit den Vertretern der einzelnen Ministerien auf Arbeitsebene . Die Berichterstatter sind eine Gemeinschaft der Gleichen. Es gehört zu den wichtigsten Grundsätzen des Haushaltsausschusses, dass alle Berichterstatter eines Einzelplans in gleicher Qualität von dem betreffenden Ressort unterrichtet werden müssen. Die Möglichkeit einer jeden Fraktionsarbeitsgruppe , unabhängig von der Mitgliederstärke und ihrer Rolle als Regierungs- oder Oppositionsfraktion in einer Berichterstattergruppe vertreten zu sein und dort völlig gleichrangig informiert zu werden, ist ein zentrales Element der parlamentarischen Budgetkontrolle und nicht zuletzt der Kontrolle der Regierung durch die Opposition Kennzeichen des Berichterstattersystems ist dabei auch, dass die Berichterstattergruppe gegenüber der Regierung hinsichtlich der Wahrung des Informationsinteresses des Parlaments als Gesamtheit auftritt. Die Abgeordneten der Regierungsfraktionen tragen mit dafür Sorge, dass die Opposition die von ihr benötigten Informationen erhält. Ein Merkmal des Berichterstattersystems sind auch die sog. Berichterstatterreisen . Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 025/19 Seite 9 Aufgabe der Berichterstatter ist es, die Beratungen im Haushaltsausschuss zu den Einzelplänen vorzubereiten und Vorschläge für die Beschlussfassung vorzulegen. Die Berichterstatter führen zu diesem Zweck je nach Umfang des Einzelplanes ein- oder mehrtätige Berichterstattergespräche mit den Vertretern der betroffenen obersten Bundesbehörden unter Beteiligung des BMF und des Bundesrechnungshofes. Damit steht den Berichterstattern der konzentrierte Sachverstand der Exekutive zur Verfügung, um auf der Grundlage geklärter Sachverhalte dem Haushaltsausschuss Vorschläge zu den Titeln und Ansätzen zu unterbreiten. Die Berichterstatter sind jedoch nicht darauf beschränkt, ihr Votum ausschließlich von Regierungsinformationen abhängig zu machen. Als freie Abgeordnete haben und nutzen sie das Recht, sich auch durch Verbände, Interessengruppen , die fachkundigen Mitarbeiter ihrer Fraktionen und Parteien sowie verschiedene Experten informieren zu lassen. Viele der Vorschläge werden dabei von der Berichterstattergruppe einstimmig unterbreitet. Anders verhält es sich jedoch bei der Budgetgestaltung auf politisch umstrittenen Feldern (Programmausgaben ). Hier verlaufen die Entscheidungen ganz überwiegend, wenn auch nicht ausschließlich , nach den Entscheidungsstrukturen des parlamentarischen Regierungssystems, das von der grundsätzlichen Unterstützung der Regierung durch die Parlaments- bzw. Ausschussmehrheit geprägt ist. Die Berichterstatter orientieren sich bei ihren Vorschlägen in der Regel an den Vorjahreshaushalten und am Haushaltsentwurf der Regierung. Hinzu kommen die, allerdings nicht bindenden, gutachtlichen Stellungnahmen der Fachausschüsse. Die Ergebnisse der Berichterstattergespräche werden vom jeweiligen Haushaltsreferatsleiter der Fachministerien protokolliert, synoptisch dem Entwurf der Bundesregierung mit stichwortartiger Begründung gegenübergestellt, von den Berichterstattern unterschrieben und anschließend als Ausschussdrucksachen an alle Ausschussmitglieder verteilt. Sie sind neben dem Regierungsentwurf des Einzelplans die maßgebliche Beratungsunterlage in der Sitzung des Haushaltsausschusses . Zur Abstimmung kommen im Haushaltsausschuss dabei nur noch die zwischen den Berichterstattern strittigen Änderungsanträge. Alle anderen Anträge gelten als durch den Ausschuss beschlossen . 2.3.3. Beratung in den Fraktionsgruppen Vor der Sitzung des Ausschusses erläutern die Berichterstatter in ihren jeweiligen Fraktionsarbeitsgruppen die Grundzüge und Schwerpunkte des Einzelplans, die Ergebnisse ihrer formellen und informellen Gespräche sowie die Vorschläge zur Abänderung. Es findet eine Diskussion statt, bei der die Änderungsvorschläge der Berichterstatter in der Regel von ihrer Gruppe übernommen und in der Sitzung des Haushaltsausschusses zum Antrag erhoben werden. Die Fraktionsarbeitsgruppen der Regierungsmehrheit führen ihre Sitzung zunächst einzeln und danach gemeinsam mit den Vertretern des betreffenden Ressorts und des BMF durch. Dabei geht es letztlich darum, eine einheitliche Willensbildung zwischen Mehrheit im Haushaltsausschuss und Bundesregierung sicherzustellen. Die Mehrheitsfraktionen nutzen diese Sitzungen wegen ihres internen Charakters zu einer intensiven sachlichen Auseinandersetzung mit den Ressorts, so dass über wichtige Bereiche der parlamentarischen Haushaltsgestaltung und -kontrolle bereits vor der eigentlichen Ausschusssitzung vorentschieden wird. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 025/19 Seite 10 Auch den Oppositionsfraktionen dienen die Arbeitsgruppensitzungen dazu, auf der Grundlage der Berichterstattervorschläge eine geschlossene Haltung für die Ausschusssitzung herbeizuführen , die politischen Angriffspunkte herauszuarbeiten und in Anträge umzusetzen. 2.4. Welche Rolle spielt Ihre Abteilung bei der Unterstützung der Parlamentarier bei der Verbesserung der Qualität der Haushaltsinformationen und Jahresberichte? Der Fachbereich Haushalt und Finanzen der Wissenschaftlichen Dienste stellt haushaltsrechtliche Informationen und Einschätzungen zu individuellen Fragen der Abgeordneten zusammen. Das Sekretariat des Haushaltsausschuss ist im Wesentlichen für die organisatorische Vor- und Nachbereitung der Sitzungen des Haushaltsausschusses zuständig. 3. Hauptprojekte 3.1. Bitte geben Sie einige Beispiele der größten Projekte (in Bezug auf das zugewiesene Budget oder die finanziellen Risiken) in Ihrem Land an. Wie ist das Parlament in die Entscheidungsfindung (Vorbereitungsphase) und in die Haushaltskontrolle und Planung (Ausführungsphase ) eingebunden und informiert? 3.2. Verfügt Ihr Parlament über besondere Verfahren oder Instrumente, um diese Art von Großprojekten zu überwachen? Wenn ja, bitte kurz erklären. Sind Parlamentsmitarbeiter involviert und wenn ja, wie? Die Fragen werden gebündelt beantwortet. Große innerstaatliche Projekte sind zum Beispiel die Energiewende oder der „Digitalpakt Schule“. Hinsichtlich der Einbeziehung des Parlaments in Entscheidungsfindung, Haushaltskontrolle und -planung bestehen keine institutionalisierten Unterschiede zu „normalen“ Vorhaben. Gleichwohl kann die Befassungsintensität der beteiligten Ausschüsse höher sein als üblich. Was die Vorbereitung von großen Zukunftsprojekten betrifft, so hat der Bundestag die Möglichkeit der Einsetzung von Enquete-Kommissionen, die sich mit einer Thematik grundlegend befassen, um so die Entscheidungsfindung vorzubereiten. Aktuell existieren die Enquete-Kommissionen „Künstliche Intelligenz“ und „Berufliche Bildung“. Besondere Regeln gibt es hinsichtlich der Mitwirkung des Bundestages in Angelegenheiten der Europäischen Union und insbesondere bei der Eurorettung. Der Bundestag wirkt gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes an der politischen Meinungsbildung des Bundes zu Angelegenheiten der Europäischen Union mit. Die in diesem Zusammenhang bestehenden parlamentarischen Rechte sind in den Begleitgesetzen zum Vertrag von Lissabon ausgestaltet. Dabei handelt es sich um das im Jahr 2013 neu gefasste Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union, das sogenannte Zusammenarbeitsgesetz (EUZBBG), und das Gesetz über die Wahrnehmung der Integrationsverantwortung des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union, kurz Integrationsverantwortungsgesetz (IntVG). Diese sehen umfassende Unterrichtungs- und Mitwirkungsrechte des Bundestages vor. Im EUZBBG sind die Unterrichtungspflichten der Bundesregierung in EU-Angelegenheiten und Fragen der Mitwirkung des Bundestages durch Stellungnahmen gegenüber der Bundesregierung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 025/19 Seite 11 ausgestaltet. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juni 2009 zur Ratifizierung des Vertrags von Lissabon hat der Bundestag durch das im September 2009 verabschiedete IntVG zusätzliche Mitwirkungs- und Entscheidungsrechte in EU-Angelegenheiten erhalten. Weitere Mitwirkungs- und Kontrollrechte nimmt der Deutsche Bundestag auf Grundlage des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus (StabMechG) sowie des Gesetzes zur finanziellen Beteiligung am Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESMFinG) wahr. Da die Gewährung von Darlehen und Garantien seitens Deutschlands im Rahmen von EFSF und ESM die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Bundestages betrifft, bedürfen zustimmende Entscheidungen zu solchen Maßnahmen innerhalb der Entscheidungsgremien des ESM der Zustimmung entweder des Plenums oder des Haushaltsausschusses. Darüber hinaus gibt es das Sondergremium nach § 3 Absatz 3 des StabMechG und § 6 Absatz 2 ESMFinG) gewählt. Sie nehmen die Beteiligungsrechte des Bundestages wahr, wenn nach Artikel 18 des Vertrages zur Errichtung des Europäischen Stabilisierungsmechanismus Aufkäufe von Staatsanleihen eines Euro-Mitgliedstaates auf dem Sekundärmarkt geplant sind und die Bundesregierung die besondere Vertraulichkeit dieser Maßnahme geltend macht. Damit der Bundestag seine Mitwirkungsrechte ausüben kann, hat die Bundesregierung diesen zudem in Angelegenheiten der EU umfassend, zum frühestmöglichen Zeitpunkt, fortlaufend und in der Regel schriftlich zu unterrichten. Die Unterrichtung erstreckt sich insbesondere auf die Willensbildung der Bundesregierung sowie auf die Vorbereitung und den Verlauf der Beratungen innerhalb der EU-Organe. Die Unterrichtung erfolgt vor allem durch Übermittlung der entsprechenden Dokumente und Berichte der Bundesregierung. Um die Abgeordneten des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung ihrer Mitwirkungsrechte und -pflichten in Angelegenheiten der Europäischen Union zu unterstützenden wurde im Jahr 2006 ein „Referat Europa“ gegründet, das Anfang 2013 zu einer Unterabteilung erweitert wurde. Sie unterstützt die Ausschüsse und Fraktionen des Deutschen Bundestages bei der parlamentarischen Beratung von EU-Angelegenheiten. Darüber hinaus ist die Unterabteilung bei der Wahrnehmung der erweiterten Informations- und Mitwirkungsmöglichkeiten des Bundestages auf Grundlage des EUZBBG, des IntVG und des ESMFinG behilflich. 4. Gender-Budgeting 4.1. Ist Ihre Regierung im Gender-Budgeting tätig? Wenn ja, was war der Auslöser, Maßnahmen zu ergreifen? Wann wurde Gender-Budgeting eingeführt? Was sind die Ergebnisse? 4.2. Wie aktiv ist Ihr Parlament bei der Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und der Rechte der Frauen? 4.3. Wie kann dieses Thema auf die politische Agenda gebracht werden? Die Fragen werden gebündelt beantwortet. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 025/19 Seite 12 Staatliches Handeln ist grundgesetzlich (Art. 3 Abs. 2 GG) der Durchsetzung der Gleichberechtigung der Geschlechter verpflichtet. Diese Verpflichtung findet neben dem Bundesgleichstellungsgesetz ihren Niederschlag auch in § 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien . „Der Gedanke des „Gender Budgeting“ als finanzwirtschaftlicher Ast des Gender Mainstreaming, der die Auswirkung von Haushaltsentscheidungen auf die Geschlechter untersucht […], hat bislang keinen Niederschlag im Haushaltsrecht gefunden.“1 Aus Sicht der Bundesregierung stellt dies nicht das geeignete Instrument zur Durchsetzung der Gleichberechtigung der Geschlechter dar.2 Vielmehr obliege die Verfolgung des Ziels der Gleichstellung der Geschlechter und die Entwicklung geeigneter Instrumente den jeweiligen Fachpolitiken. 5. Visualisierung! 5.1. Welche Informationen stehen Ihrem Parlament in Bezug auf die Haushaltsprüfung zur Verfügung ? (Zum Beispiel: Mittelbindungen gegenüber dem tatsächlich verfügbaren Teil des Haushalts; Spitzen gegenüber Tälern; Haushaltsentwicklung in den letzten Jahren und Ausblick auf die kommenden Jahre). Hierzu wird auf die bereits unter 2.1. erwähnten Bemerkungen des Bundesrechnungshofs verwiesen . 5.2. Inwiefern werden Visualisierungen zur Unterstützung Ihres Parlaments verwendet? Welche Art von Visualisierungen verwenden Sie und warum verwenden Sie diese speziellen? Bei der aktuell geführten Debatte über die Reform der Grundsteuer wurden vom Bundesfinanzministerium die Auswirkungen zweier Modelle in diversen graphischen Ausarbeitungen den Ausschussmitgliedern näher erläutert. Gleiches gilt für die Aufbereitung der Daten zum Eckwerteentwurf der Bundesregierung zum Bundeshaushalt 2020, der am 20. März 2019 im Haushaltsausschuss vorgestellt wurde. 5.3. Inwiefern werden Datenvisualisierungen und Dashboards bei der Bereitstellung von Informationen für Ihr Parlament verwendet? Datenvisualisierungen gehören genau wie Dashboards zu den möglichen, wenngleich nicht zwingenden Hilfsmitteln bei der Aufbereitung von Informationen. 1 v.Lewinski/Burbat, Haushaltsgrundsätzegesetz, HGrG § 6 Rn. 9, beck-online. 2 BT-Drs. 17/11410. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 025/19 Seite 13 5.4. Kommt es in Ihrem Parlament bereits zu datengesteuerter Arbeit? Mit anderen Worten: Inwiefern verwenden Ihre Parlamentsabgeordneten (und ihre Unterstützungsmitarbeiter) (große) Daten, um ihre parlamentarische Rolle zu erfüllen? Es ist davon auszugehen, dass Abgeordnete und ihre Mitarbeiter auch auf „Big Data“ zurückgreifen , um ihre Aufgaben erfüllen. In welcher Form und wie häufig dies geschieht, entzieht sich aber der Kenntnis der Bundestagsverwaltung. 5.5. Die Datenmenge wächst täglich. Wir müssen über eine zunehmende Anzahl von Angelegenheiten informiert werden und viele Akten lesen, verstehen und vollständig verwirklichen . Dies gilt natürlich auch für Abgeordnete. Wie geht Ihr Land mit dieser Entwicklung um? Welche Arten von Einrichtungen sind bereits vorhanden (oder werden bereitgestellt), um die Bereitstellung von Informationen für die Parlamentsabgeordneten (und deren Unterstützungspersonal ) so effektiv und effizient wie möglich zu gestalten? Ein Anwachsen der Datenmenge ist vor allem im Hinblick auf die Informationsrechte des Bundestages in den Angelegenheiten der Europäischen Union zu verzeichnen. Innerhalb der Unterabteilung Europa dient ein eigenes Referat als zentrale Eingangsstelle des Bundestages für alle Zuleitungen von EU- und Unterrichtungsdokumenten. Eine der Hauptaufgaben ist dabei die Überwachung der gesetzlichen Zuleitungs- und Unterrichtungspflichten der Bundesregierung gegenüber dem Bundestag aufgrund des EUZBBG, des IntVG und des ESMFinG. Neben der Erfassung , informationstechnischen Aufbereitung und inhaltlichen Zuordnung der Dokumente im bundestagsinternen EU-Informationssystem EuDoX erarbeitet das Referat Vorschläge zur Entscheidung der Fraktionen, welche Ausschüsse die jeweiligen Unionsvorlagen federführend und mitberatend behandeln sollten. Darüber hinaus erteilt das Referat Auskünfte über Vorhaben und Initiativen der Europäischen Union, leistet Hilfestellung bei der Beschaffung von Dokumenten und Informationen und unterhält die EuDoX-Hotline zu allen Fragen rund um die EU-Informationssysteme des Bundestages. Über das EU-Verbindungsbüro des Deutschen Bundestages erhalten Abgeordnete, Ausschüsse und Fraktionen Informationen über aktuelle politische Entwicklungen innerhalb der EU-Institutionen , insbesondere zu geplanten Rechtsetzungsvorhaben. Das EU-Verbindungsbüro dient der Vorfeldbeobachtung und Frühwarnung, damit der Bundestag seine Mitwirkungs- und Kontrollrechte bei der europäischen Gesetzgebung gegenüber der Bundesregierung wahrnehmen kann. Zu Beginn jeder Sitzungswoche übermittelt das Verbindungsbüro der Unterabteilung Europa allen Abgeordneten des Bundestages einen "Bericht aus Brüssel" sowie gesondert "Kurzmitteilungen "zu einzelnen Themen. So wird über aktuelle Beratungen und Arbeitsergebnisse der EU-Institutionen , den Stand der Behandlung wichtiger EU-Vorhaben und den Beratungen in den anderen nationalen Parlamenten, einschließlich zu Subsidiaritätsfragen, sowie über Veranstaltungen und Konferenzen in Brüssel, die für den Bundestag von Interesse sein könnten, informiert. Neben zwei weiteren Referaten, die innerhalb der Unterabteilung Europa für die inhaltliche Aufbereitung der EU-Dokumente und die entsprechende Information der Fachausschüsse zuständig sind, unterstützt der „Fachbereich Europa“ die Abgeordneten des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung ihres Mandats durch die auftragsbezogene Erstellung (rechts-)wissenschaftlicher Gutachten. In seinen Zuständigkeitsbereich fällt die Beantwortung von Anfragen der Mandatsträger zu sämtlichen Bereichen des Europarechts und der Europapolitik. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter analysieren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, überprüfen nationale Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 025/19 Seite 14 und europäische Vorhaben auf ihre Europarechtmäßigkeit und beantworten Anfragen zu Maßnahmen im Rahmen der Wirtschafts- und Währungsunion. 6. Politische Parteien, Haushalte und Politik 6.1. Hat das niederländische Büro für Wirtschaftspolitik (CPB) in Ihrem Land Kollegen? Wenn ja, ist dieses Büro an der Überprüfung von Wahlmanifesten beteiligt? Nehmen Ihre politischen Parteien an diesem Prozess teil? Wie ist das Verfahren festgelegt? Sind diese Analysen öffentlich? Ein Haushaltsbüro steht dem Deutschen Bundestag zur Unterstützung seiner Arbeit nicht zur Verfügung. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung befasst sich wissenschaftlich mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands. Ziel ist die periodische Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zur Erleichterung der Urteilsbildung aller wirtschaftspolitisch verantwortlichen Instanzen sowie der Öffentlichkeit. Zu diesem Zweck wird jährlich ein Gutachten erstellt, das der Bundesregierung zugeleitet wird. Darüber hinaus kann der Sachverständigenrat von der jeweiligen Bundesregierung mit der Erstellung von Sondergutachten beauftragt werden oder selbst ein Sondergutachten erstatten, wenn auf einzelnen Gebieten eine Gefährdung der gesamtwirtschaftlichen Ziele erkennbar ist. Ferner erarbeiten die sechs führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland im Frühjahr und im Herbst jeweils eine gemeinsame Konjunkturprognose. Die politischen Parteien sind an diesen Prozessen nicht beteiligt. Auch eine Überprüfung von Wahlprogrammen findet nicht statt. Darüber hinaus gibt es den Stabilitätsrat, der ein gemeinsames Gremium des Bundes und der Länder ist. Er wurde mit der Föderalismusreform II errichtet und ist in Artikel 109a Grundgesetz verankert. Zusammen mit der Schuldenbegrenzungsregel stärkt der Stabilitätsrat die institutionellen Voraussetzungen zur Sicherung langfristig tragfähiger Haushalte im Bund und in den Ländern . Der Stabilitätsrat überwacht gemäß Artikel 109a Grundgesetz regelmäßig die Haushalte des Bundes und der Länder. Er stellt fest, ob in einer Gebietskörperschaft eine Haushaltsnotlage droht. Ist dies der Fall, vereinbart er mit der betroffenen Gebietskörperschaft ein Sanierungsprogramm . Darüber hinaus sind dem Stabilitätsrat zusätzliche Aufgaben per Gesetz übertragen worden . Insbesondere überwacht er, ob Deutschland die nach den Vorgaben des Fiskalvertrags und des Stabilitäts- und Wachstumspakts zulässige Obergrenze des strukturellen Finanzierungsdefizits von 0,5 % des Bruttoinlandprodukts einhält und empfiehlt Bund und Ländern nötigenfalls geeignete Konsolidierungsmaßnahmen. 6.2. Werden die politischen Parteien im Parlament von Instituten wie IFI bei der Ausarbeitung von Änderungsanträgen unterstützt? Grundsätzlich sind die Wirtschaftsforschungsinstitute auch für die politischen Parteien ansprechbar . Inwiefern sie bei der Ausarbeitung von Änderungsanträgen unterstützend wirken, entzieht sich der Kenntnis der Bundestagesverwaltung. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 025/19 Seite 15 6.3. Wie viele Änderungsanträge stellen Ihre Abgeordneten pro Jahr vor? Können Sie angeben, inwieweit der Haushaltsentwurf jedes Jahr vom Parlament geändert wird? Im Parlamentsverfahren für den Bundeshaushalt 2019 wurden im Haushaltsausschuss insgesamt 1578 Änderungsanträge gestellt, von denen 391 durch den Ausschuss angenommen wurden. Insgesamt sind aber schätzungsweise nur 10% des jährlichen Haushaltsvolumens nicht durch gesetzliche Verpflichtungen gebunden (sog. freie Spitze). Die Änderungen, die der Haushaltsausschuss am Haushaltsentwurf der Bundesregierung vornimmt, schwanken zwischen null und 2,5 Prozent an saldierten Kürzungen oder Aufstockungen. 7. Die Rolle der Parlamente bei der Nachhaltigkeitspolitik 7.1. Welche Rolle spielen nichtfinanzielle Statistiken / Informationen im Haushalts- und Rechenschaftslegungsprozess in Ihrem Parlament? Bitte teilen Sie einige Beispiele. Im Rahmen ihrer Berichtspflichten an den Deutschen Bundestag steht es der Bundesregierung frei, auch auf finanzielle oder nicht finanzielle Statistiken zurückzugreifen. Diese fließen dann, wie alle anderen Informationen auch, in den politischen Beratungsprozess ein. Statistiken enthalten auch die den Abgeordneten des Haushaltsausschusses zur Verfügung stehenden Monatsberichte der Europäischen Zentralbank und des Bundesministeriums der Finanzen. 7.2. Wie prüft Ihr Parlament die Fortschritte der Regierung bei den SDGs? Ist ein bestimmter Ausschuss im Parlament dafür verantwortlich / koordiniert er oder sind Ausschüsse für bestimmte SDGs zuständig? Wenn nein, auf welche andere Weise hat Ihr Parlament seinen Prozess und seine Diskussionen organisiert? Organisieren Sie Debatten oder erstellen Sie Fortschrittsberichte? 7.3. Bitte erwähnen Sie einige Stärken und einige Schwächen bei der Organisation der parlamentarischen Aufsicht über SDGs. Die Fragen 7.2 und 7.3 werden gebündelt beantwortet. In der 15. Legislaturperiode hat der Deutsche Bundestag erstmals den Parlamentarischen Beirat für Nachhaltigkeit (PBnE) eingesetzt. Aufgabe des Beirats ist dabei u.a. die Nachhaltigkeitspolitik der Bundesregierung parlamentarisch zu begleiten. Auf Initiative des PBnE hat die Bundesregierung in der 16. Wahlperiode die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) durch die Einführung einer Nachhaltigkeitsprüfung in die Gesetzfolgenabschätzung ergänzt. Grund dafür ist, die Nachhaltigkeitsstrategie stärker in den politischen Alltag zu integrieren. Ziel des PBnE ist es, dass kein Vorhaben mehr die Ziele der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie unterminiert. Seit der 17. Wahlperiode bewertet der PBnE diese Nachhaltigkeitsprüfung der Bundesregierung formal. Der PBnE prüft sämtliche Gesetzentwürfe und Verordnungen der Bundesregierung unmittelbar nach Zuleitung an den Bundesrat: Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 025/19 Seite 16 Zwei Berichterstatter – je ein Mitglied der Koalitions- und der Oppositionsfraktionen – sichten und prüfen formal, ob eine Nachhaltigkeitsprüfung erfolgt und plausibel dargestellt ist. Bei fehlender oder nicht nachvollziehbarer Prüfung erhält der federführende Ausschuss eine Stellungnahme , der die fehlende Prüfung beim Bundesministerium einfordern kann. Das Bundesministerium erhält diese Stellungnahme zur Kenntnis. Der PBnE tauschte sich mit Vertreterinnen und Vertretern mehrerer Ressorts darüber aus, wie es gelingen kann, die Nachhaltigkeitsprüfung bei der Gesetzesfolgenabschätzung zu verbessern. In der 18. Wahlperiode hat der PBnE bis zum 18. April 2017 769 Vorhaben der Bundesregierung hinsichtlich der Aussagen zur nachhaltigen Entwicklung geprüft und bewertet. Dabei liegt die Quote formal nicht zu beanstandender Nachhaltigkeitsprüfungen insgesamt bei rund 92 Prozent und damit deutlich über dem Wert aus der 17. Wahlperiode. Die Nachhaltigkeitsprüfungsbewertung hat sich also formal betrachtet deutlich gegenüber der letzten Wahlperiode verbessert. Das Verfahren zur rein formalen Bewertung der Nachhaltigkeitsprüfung durch den PBnE hat sich als praktikabel erwiesen. Aus Sicht des PBnE sollten Gesetzentwürfe bereits von ihren Initiatoren (Bundesregierung, wie auch Bundesrat und Fraktionen) in einem transparenten und nachvollziehbaren Verfahren anhand konkreter Kriterien auf ihre nachhaltige Entwicklung überprüft werden . ***