© 2020 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 – 022/20 Einzelfragen zur parlamentarischen Haushaltskontrolle Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 022/20 Seite 2 Einzelfragen zur parlamentarischen Haushaltskontrolle Aktenzeichen: WD 4 - 3000 – 022/20 Abschluss der Arbeit: 28. Februar 2020 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 022/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Wahrnehmung der parlamentarischen Haushaltskontrolle durch den Haushaltsausschuss 4 1.1. Aufgaben 4 1.2. Mitgliederstärke 5 1.3. Tagungshäufigkeit 5 1.4. Beratungsgegenstand 5 1.5. Teilnahme des Bundesministers der Finanzen 5 1.6. Zusammenarbeit mit dem Bundesrechnungshof 6 2. Wahrnehmung der Haushaltsanalyse und Wirtschaftsprüfung durch die Parlamentsverwaltung 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 022/20 Seite 4 1. Wahrnehmung der parlamentarischen Haushaltskontrolle durch den Haushaltsausschuss Neben dem Finanzausschuss gibt es im Deutschen Bundestag auch den Haushaltsausschuss. Der Haushaltsausschuss ist u. a. für die parlamentarische Haushaltskontrolle zuständig und gehört wie der Finanzausschuss zu den ständigen Ausschüssen. 1 1.1. Aufgaben Der Haushaltsausschuss hat im Wesentlichen folgende Aufgaben:2 Federführende Beratung des jährlichen Haushaltsentwurfes. Gegenstand der Beratung sind insbesondere die Einzelpläne. Daneben werden der Haushaltsgesetzentwurf und der Finanzplan beraten. Die Beratungen beginnen nach der Überweisung des Haushaltsentwurfes an den Haushaltsausschuss im Anschluss an die erste Lesung im Plenum des Bundestages. Den Abschluss der Beratungen im Haushaltsausschuss bilden die Beschlussempfehlungen zum Entwurf des Haushaltsgesetzes und zu jedem Einzelplan. Befassung mit Finanzvorlagen (§ 96 GO-BT). Der Haushaltsausschuss hat bei Finanzvorlagen, d.h. bei Gesetzentwürfen mit finanziellen Auswirkungen, deren Vereinbarkeit mit dem laufenden und künftigen Haushalt zu prüfen und darüber an das Plenum des Deutschen Bundestages zu berichten. Beratung sonstiger Haushaltsvorlagen. Hierzu gehören Anträge auf Einwilligung zur Veräußerung von Bundesgrundstücken von erheblichem Wert (ab 15 Mio. Euro) bzw. von besonderer Bedeutung. Einen breiten Raum nehmen auch die Unterrichtungen über außer- und überplanmäßige Ausgaben ein. Über- und außerplanmäßige Ausgaben, die im Einzelfall den Betrag von 5 Mio. Euro oder im Falle der Erfüllung von Rechtsverpflichtungen den Betrag von 50 Mio. Euro überschreiten, sind vor Einwilligung des Bundesministeriums der Finanzen dem Haushaltsausschuss des Bundestages unverzüglich vorzulegen. Durch diese Unterrichtungspflicht wird die laufende parlamentarische Kontrolle der Anwendung des Notbewilligungsrechts des Bundesministeriums der Finanzen nach Art. 112 GG sichergestellt. Beteiligung am Haushaltsvollzug (qualifizierte Sperren). Die Ausführung des Haushaltsplans ist nach dem Prinzip der Gewaltenteilung die Aufgabe der Exekutive. Ausnahmsweise kann der Haushaltsausschuss auf die konkrete Verwendung von Haushaltsmitteln Einfluss nehmen , indem er bei der Beratung des Haushaltsplanes die Verfügung über die Ausgabe- bzw. Verpflichtungsermächtigungen oder Planstellen im Einzelfall durch Ausbringung eines qualifizierten Sperrvermerks im Haushaltsplan beschränkt (§ 22 BHO). Qualifizierte Sperrvermerke werden ausgebracht, wenn die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Haushaltsermächtigungen zum Zeitpunkt der Veranschlagung noch nicht 1 Vgl. §§ 54, 95 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GO-BT). 2 Vgl. §§ 94 – 96 GO-BT. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 022/20 Seite 5 erfüllt sind, aber während des Haushaltsverlaufes eintreten. Insbesondere aber bei Großvorhaben (Bauvorhaben, Entwicklungs- und Beschaffungsvorhaben wie z.B. militärische Beschaffungen nach § 24 BHO) besteht das Bedürfnis, an bestimmten Abschnitten, z.B. beim Übergang von der Planungsphase in die Entwicklungsphase oder bei der Überschreitung eines bestimmten Geldvolumens, ein Kontroll- und Mitspracherecht auch außerhalb des jährlichen Haushaltsbewilligungsverfahrens sicherzustellen. Die Inanspruchnahme der gesperrten Haushaltsermächtigungen bedarf der Einwilligung des Haushaltsausschusses. 1.2. Mitgliederstärke Der Haushaltsausschuss ist mit gegenwärtig 44 Mitgliedern einer der größten aller (22) ständigen Ausschüsse des Deutschen Bundestages. Die Zusammensetzung des Haushaltsausschusses entspricht der Mitgliederstärke der im Plenum des Bundestages vertretenen Fraktionen und Gruppen . Der Vorsitz im Haushaltsausschuss kommt nach parlamentarischem Brauch immer einem Mitglied der stärksten Oppositionsfraktion zu. Hierin spiegelt sich sehr stark die hervorgehobene Kontrollaufgabe des Haushaltsausschusses gegenüber der Bundesregierung wider. Zur Optimierung seiner eigenen Arbeit hat der Haushaltsausschuss zwei Unterausschüsse eingesetzt , nämlich den Rechnungsprüfungsausschuss und den Unterausschuss zu Fragen der Europäischen Union. Die Mitglieder dieser Unterausschüsse sind zugleich Mitglieder des Haushaltsausschusses . Während der Hauptausschuss vor allem für die Bewilligung der Mittel zuständig ist, vollzieht der Rechnungsprüfungsausschuss das Ausgabeverhalten der Regierung nach, prüft die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes und bereitet die Entlastung der Bundesregierung durch das Plenum des Deutschen Bundestages auf der Grundlage der Bemerkungen des Bundesrechnungshofs vor. 1.3. Tagungshäufigkeit Der Haushaltsausschuss tagt regelmäßig – mindestens 1 Mal im Monat – in den Sitzungswochen, von denen es im Jahr 26 gibt. 1.4. Beratungsgegenstand Neben den gesetzlich vorgesehenen Berichtspflichten der Bundesregierung kann der Haushaltsausschuss im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle der Bundesregierung zu jedem ihn interessierenden Thema Berichte von der Bundesregierung anfordern. Erforderlich hierfür ist ein entsprechender Beschluss des Haushaltsausschusses. 1.5. Teilnahme des Bundesministers der Finanzen Abgesehen vom Zitierrecht des Ausschusses nach Art. 43 Abs. 1 GG besteht eine solche Verpflichtung nicht. Die Teilnahme des Finanzministers an den Ausschusssitzungen erfolgt in der Regel auf Einladung des Haushaltsausschusses. Zu wichtigen Fragestellungen bietet der Finanzminister selbst eine persönliche Unterrichtung des Haushaltsausschusses an. Außerdem stehen ihm gemäß Art. 43 Abs. 2 GG das Zutritts- und Anhörungsrecht zu. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 022/20 Seite 6 1.6. Zusammenarbeit mit dem Bundesrechnungshof Die Finanzkontrolle ist in der Bundesrepublik Deutschland ausschließlich Sache des Bundesrechnungshofs (BRH) und seiner Prüfungsämter. Sie beinhaltet eine ex-post-Kontrolle der Haushalts - und Wirtschaftsführung des Bundes sowie eine begleitende Kontrolle der Haushaltsführung . Der BRH ist eine oberste Bundesbehörde und als unabhängiges Organ der Finanzkontrolle nur dem Gesetz unterworfen (Art. 114 GG). Er ist also unabhängig gegenüber dem Parlament und der Regierung. Der BRH ist auch in all seiner Prüfungstätigkeit frei; er bestimmt allein, was, wann, wo und wie er prüft. Seine Prüfungstätigkeit erstreckt sich auf den Gesamthaushaltsplan, d. h. auch auf die Einzelpläne des Bundestages und anderer Verfassungsorgane. Neben der traditionellen Prüfungsaufgabe räumt § 88 Abs. 2 Bundeshaushaltsordnung (BHO) dem BRH aufgrund seiner Prüfungserfahrungen eine eigenständige Beratungsaufgabe ein. Im Rahmen dieser Beratungstätigkeit kann der BRH auf Ersuchen des Parlaments, der Bundesregierung oder eines einzelnen Ministers tätig werden. Diese Beratungstätigkeit ist in eine umfassendere begleitende Kontrolle des Haushaltsgeschehens eingebunden. Der BRH nimmt teil an der Aufstellung des Bundeshaushalts zunächst auf Ressortebene und sodann auf der Ebene der parlamentarischen Beratung des Haushaltsentwurfs im Haushaltsausschuss und an den vorbereitenden Berichterstattergesprächen . Der Bundesrechnungshof berichtet dem Haushaltsausschuss und dessen Rechnungsprüfungsausschuss (RPA) zu aktuellen finanzrelevanten Entscheidungen. Die Verwendung der Berichte, die der BRH im Rahmen seiner beratenden Funktion erstellt, liegt im Ermessen der ersuchenden Stelle. Diese Berichte bieten bestenfalls Entscheidungshilfen. Denn gemäß ihrem Wesen können solche Berichte nur eine objektive Darstellung des Sachverhalts , die Vermittlung relevanter Informationen oder Hinweise auf Risiken und Probleme beinhalten . Die wichtigste Form der Unterrichtung des Parlaments geschieht in Form der jährlichen Bemerkungen des BRH zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, die förmlich dem Parlament und der Bundesregierung zugeleitet werden. Die Bemerkungen enthalten eine zeitnahe Unterrichtung des Gesetzgebers über festgestellte Mängel in der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes. In die Bemerkungen werden nur solche Angelegenheiten aufgenommen, die zwischen BRH und geprüfter Verwaltungsstelle strittig geblieben sind. Die Bemerkungen werden ausführlich im RPA, einem Unterausschuss des Haushaltsausschusses, bei Anwesenheit von Vertretern des betreffenden Ressorts, des BRH und des Bundesfinanzministeriums behandelt. Der RPA fasst zu jedem bemängelten Sachverhalt einen förmlichen Beschluss. Diese Beschlussempfehlungen werden in einem Bericht an den Haushaltsausschuss zusammengefasst und von diesem dem Parlament zugeleitet. Der Bericht und die Beschlussempfehlungen des RPA zu den Bemerkungen dienen als Beratungsgrundlage für das Entlastungsverfahren im Parlament. Die Entlastung der Bundesregierung, über die Bundestag und Bundesrat unabhängig voneinander beschließen, hat keine rechtsgestaltende Bedeutung. Die vom RPA gefassten und vom Parlament mitgetragenen Beschlüsse sind allerdings von der betreffenden Verwaltung zu beachten und - soweit vorgesehen - auch umzusetzen. In der Regel Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 022/20 Seite 7 wird mit der jeweiligen Beschlussempfehlung der betreffenden Verwaltung auch eine zeitlich genau festgelegte Berichtspflicht vorgegeben. Diese Berichte werden jedoch - anders als die Bemerkungen des BRH - nicht dem Parlament direkt, sondern seinem Haushaltsausschuss bzw. RPA zugeleitet und dort behandelt. 2. Wahrnehmung der Haushaltsanalyse und Wirtschaftsprüfung durch die Parlamentsverwaltung Es gibt keine parlamentarischen Verwaltungsorgane, die die vorstehend genannten Aufgaben wahrnehmen. _________________________________________________________________________________________ _____ ***