Die Rolle deutscher Kreditinstitute bei Steuerhinterziehung und Steuerflucht Teilbereich Aufsichts- und Steuerrecht, Amtshilfe- und Informationsabkommen - Ausarbeitung - © 2009 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 021/09 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Die Rolle deutscher Kreditinstitute bei Steuerhinterziehung und Steuerflucht Teilbereich Aufsichts- und Steuerrecht, Amtshilfe- und Informationsabkommen Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 021/09 Abschluss der Arbeit: 12.03.2009 Fachbereich WD 4: Haushalt und Finanzen Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W. Inhalt 1. Einleitung 3 2. Rechtliche Maßnahmen und Abkommen zur Vermeidung und Verfolgung der Beihilfe zur Steuerhinterziehung auf dem Gebiet der Finanzaufsicht und dem Steuerrecht 4 2.1. Nationale Maßnahmen und Meldepflichten von Banken 4 2.1.1. Allgemeine Maßnahmen 4 2.1.2. Meldepflichten von Banken an Behörden 4 2.2. Informationsaustausch auf europäischer Ebene und internationale Zusammenarbeit 7 2.2.1. Die EU-Zinsrichtlinie 7 2.2.1.1. Anwendungsbereich 8 2.2.1.2. Verfahren 8 2.2.1.3. Kritik 9 2.2.2. OECD-Standard zu Transparenz und effektivem Auskunftsaustausch 10 2.2.3. Bilaterale Abkommen 12 2.2.4. Doppelbesteuerungsabkommen 12 2.2.5. Amtshilfe 13 3. Die Bankenaufsicht in den USA 15 3.1. Finanzaufsicht und Informationsaustausch 15 3.2. Unterschiede zu Deutschland 17 4. Diskutierte Indikatoren der Steuerflucht 18 4.1. Beweggründe für Steuerflucht 18 4.2. Bevorzugte Ziele der Steuerflucht 18 4.3. Ausmaß der Steuerflucht 19 4.4. Die Abgeltungsteuer 20 - 3 - 1. Einleitung Steuerstraftaten und die Rolle von Kreditinstituten in diesem Zusammenhang tauchen in Form von Skandalen und Affären immer wieder in den Medien auf. In den 1990er Jahren wurden bereits Fälle von Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch deutsche Kreditinstitute bekannt; die Liechtensteinaffäre und nicht zuletzt der Steuerstreit zwischen der Schweizer Großbank UBS und den US-Justizbehörden treffen auf ein großes Presseinteresse und damit auf eine umfangreiche Medienberichterstattung. Die Rolle der Kreditinstitute bei Steuerhinterziehung und Steuerflucht soll daher in einem ersten Teil unter strafrechtlichen Gesichtspunkten (WD 7) und in einem hier vorliegenden zweiten Teil unter aufsichts- und steuerrechtlichen Gesichtspunkten sowie hinsichtlich der Informations - und Amtshilfeabkommen (WD 4) beleuchtet werden. Die vorliegende Bearbeitung behandelt drei Themenkomplexe. Zum einen werden die rechtlichen Maßnahmen zur Unterbindung/Vermeidung der Beihilfe zur Steuerhinterziehung 1 dargestellt. Hier werden insbesondere die Informationspflichten von Kreditinstituten gegenüber staatlichen Institutionen auf nationaler Ebene und die (Informations)- Abkommen auf europäischer und internationaler Ebene dargestellt. Ein zweiter Komplex setzt sich, um einen Vergleich mit einem anderen Land darzulegen, mit dem Bankensystem und der staatlichen Aufsicht in den USA auseinander und stellt die Unterschiede zu Deutschland dar. Als letzten Gesichtspunkt werden die Indikatoren der Steuerflucht dargelegt und aufgezeigt, warum die Erfassung der Steuerflucht und damit das Messen von Auswirkungen der Abgeltungsteuer schwierig sind. Nach telefonischer Auskunft am 27.02.2009 des Bundesvorsitzenden der Deutschen Steuergewerkschaft, , seien ihm derart spektakuläre Strafrechtsfälle wie in Deutschland in den 1990er Jahren aktuell in diesem Ausmaß nicht bekannt. Allerdings sei er überzeugt davon, dass dies nicht darauf zurückzuführen sei, dass Banken zweifelhafte Dienstleistungen für Ihre Kunden nicht mehr anböten, sondern vielmehr darauf, dass Bankmitarbeiter vorsichtiger geworden seien und wie auch die Liechtenstein -Affäre zeige, darauf bedacht seien, keine Spuren zu hinterlassen. Eine strafrechtliche Beweisführung sei daher schwierig zu führen. 1 Vgl. allgemein zum Thema Steuerhinterziehung Franzen, Was wissen wir über Steuerhinterziehung? Teil 1 in Neue Kriminalpolitik 2/2008, S. 72 ff. und Teil 2 in Neue Kriminalpolitik 3/2008, S. 94 ff. - 4 - 2. Rechtliche Maßnahmen und Abkommen zur Vermeidung und Verfolgung der Beihilfe zur Steuerhinterziehung auf dem Gebiet der Finanzaufsicht und dem Steuerrecht 2.1. Nationale Maßnahmen und Meldepflichten von Banken 2.1.1. Allgemeine Maßnahmen Zur besseren Verfolgung von Steuerhinterziehung allgemein bzw. zur Rückführung der hinterzogenen Gelder wurden folgende Maßnahmen getroffen: • Verlängerung der Verjährungsfrist bei besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung von 5 auf 10 Jahre durch das Jahressteuergesetz 20092 • Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit vom 23.12.2003, das eine Rückführung von Auslandsvermögen durch Straf- und Bußgeldbefreiung bei Abgabe einer entsprechenden Erklärung bis zum 01.04.2005 und Nachversteuerung mit 25 % der erklärten Einnahmen ermöglichte. Darüber hinaus sollen im Folgenden die aktuell geltenden Informations- und Mitteilungspflichten von Banken gegenüber staatlichen Institutionen dargestellt werden. Um im Vorhinein Steuerhinterziehung bzw. Beihilfe hierzu zu unterbinden oder strafbares Verhalten aufzudecken, dienen u.a. Informations- und Meldepflichten der Banken gegenüber staatlichen Institutionen, wodurch auch strafrechtlich relevante Vorgänge transparent werden können. 2.1.2. Meldepflichten von Banken an Behörden Melde- und Informationspflichten von Banken finden sich in vielfältigen Gesetzen. Hauptaugenmerk der Meldepflichten von Banken ist die Bankenaufsicht, die durch die BaFin3 und die Deutsche Bundesbank4 durchgeführt wird. Im Bankenaufsichtsrecht gibt es zahlreiche Meldepflichten u.a. im Bereich der Eigenmittelausstattung, Liquidität, Beteiligungen, Groß- und Millionenkredite etc. Gesetzliche Grundlagen sind das WpHG und das KWG, die der BaFin umfangreiche Kompetenzen von der Anforderung von 2 Art. 10 des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794 ff. 3 Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht untersteht der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen. 4 Die Bundesbank wertet die Jahresabschlüsse sowie Prüfungsberichte, Unterlagen und Meldungen aus, die die Banken regelmäßig einreichen müssen. Außerdem ist sie für die Durchführung und Auswertung bankgeschäftlicher Prüfungen zuständig, die der Kontrolle, ob die Eigenkapitalausstattung und die Risikosteuerungsverfahren der Institute angemessen sind, dienen. Die Überwachungsergebnisse teilt die Bundesbank der BaFin mit. Nur die BaFin kann hoheitliche Maßnahmen erlassen. Dabei soll die BaFin die Vorarbeiten der Bundesbank in der Regel als Grundlage für ihre Entscheidungen nehmen. - 5 - Unterlagen bis zu Durchsuchungen von Geschäftsräumen zuweisen. Bei diesen Informationspflichten geht es jedoch nicht vornehmlich darum, Straftatbestände im Bereich der Steuerhinterziehung aufzudecken. Dennoch dienen Informationen der Transparenz und damit auch der Aufdeckung von (Steuer)-Straftaten. Geldwäschegesetz (GwG): Das Geldwäschegesetz statuiert eine Identifizierungspflicht für Kreditinstitute dahingehend , dass bei Abschluss eines Vertrages zur Begründung einer Geschäftsbeziehung der Vertragspartner zu identifizieren ist. Die dem Geldwäschegesetz unterstehenden Institute sind verpflichtet, ungewöhnlichen Transaktionen nachzugehen. Bei Verdacht auf kriminelle Geldwäsche- oder Terrorismusfinanzierungsaktivitäten haben sie Verdachtsanzeigen an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden zu erstatten und eine Kopie an die Zentralstelle für Verdachtsanzeigen beim Bundeskriminalamt zu übermitteln. Werden Konten von mutmaßlichen Terroristen mit Sitz in der EU entdeckt, kann die Gruppe Geldwäsche der BaFin diese Konten einfrieren und den jeweiligen Banken Transaktionen untersagen. Außenwirtschaftsgesetz (AWG): Banken sind zu Meldungen im Außenwirtschaftsverkehr, insbesondere nach § 26 Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und der Verordnung zur Durchführung des Außenwirtschaftsgesetzes (AWV) verpflichtet. In § 59 AWV sind die Meldepflichten gebietsansässiger Banken für die wichtigsten grenzüberschreitenden Transaktionen und die zu beachtenden Schwellenwerte geregelt. Zollverwaltungsgesetz (ZollVG): Die Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs durch den Zoll ist in § 12 a ZollVG geregelt. Dabei dürfen die Zollbehörden personenbezogene Daten an andere Finanzbehörden übermitteln, soweit ihre Kenntnis von Bedeutung sein kann zur Durchführung u.a. eines Strafverfahrens wegen einer Steuerstraftat. Die Befugnisse der Zollfahndungsämter bei der Verfolgung der internationalen organisierten Geldwäsche finden sich in § 12 b ZollVG. Kreditwesengesetz (KWG): Nach § 24 c Abs. 1 KWG ist jedes Kreditinstitut verpflichtet, eine Datei mit den sog. Kontostammdaten zu führen. Hierzu gehören die Nummer eines Kontos, Tag der Errichtung und der Auflösung, der Name, bei natürlichen Personen der Tag der Geburt des Inhabers sowie Name und Anschrift eines abweichend wirtschaftlich Berechtigten. Diese Daten darf nach § 24 c Abs. 2 KWG die BaFin für eigene Zwecke abrufen, soweit - 6 - dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Zum einen dient der Abruf der Kontoinformationen der Institutsaufsicht, zum anderen soll der Abruf ein Instrument zur Bekämpfung schwerer Straftaten, insbesondere der Geldwäsche darstellen.5 Auf Ersuchen hat die BaFin den für die Leistung der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen sowie für die Verfolgung und Ahndung von Straftaten zuständigen Behörden oder Gerichten Auskunft aus der Kontoinformationsdatei nach § 24 c KWG zu erteilen. Auch kann die Zentralstelle für Verdachtsanzeigen beim Bundeskriminalamt die BaFin um Auskünfte ersuchen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem GwG erforderlich ist. Die Verfolgung oder Ahndung von Ordnungswidrigkeiten rechtfertigt jedoch kein Auskunftsersuchen, sondern nur die Wahrnehmung solcher Aufgaben, die sich auf die Leistung der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen oder auf die Verfolgung und Ahndung von Straftaten beziehen. In diesen Grenzen steht auch den Finanzbehörden als den für Steuerstraftaten zuständigen Strafverfolgungsbehörden ein Auskunftsersuchen nach § 24 c Abs. 3 KWG offen.6 Bereits nach § 44 Abs. 1 KWG stehen der BaFin umfassende Auskunfts- und Unterlagenvorlagerechte zu, die grundsätzlich auch Informationen über Kontoinhaber, Verfügungsberechtigte , abweichend wirtschaftlich Berechtigte und Kontoübersichten umfassen . Die Zusammenarbeit der BaFin mit anderen Stellen regelt § 8 KWG; die Verschwiegenheitspflicht der Mitarbeiter gilt ausdrücklich nach § 9 Abs. 1 KWG nicht gegenüber Strafverfolgungsbehörden oder für Straf- und Bußgeldsachen zuständige Gerichte. Abgabenordnung (AO): Nach § 116 AO haben Gericht, Behörden von Bund, Ländern und kommunalen Trägern der öffentlichen Verwaltung, die nicht Finanzbehörden sind, Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die auf eine Steuerstraftat schließen lassen, dem Bundeszentralamt für Steuern mitzuteilen. Das Bundeszentralamt für Steuern leitet diese Informationen an die für die Steuerstrafverfahren zuständigen Finanzbehörden weiter, soweit diese nicht bereits erkennbar unmittelbar informiert worden sind. Daneben haben Finanzbehörden als Besteuerungsbehörden und die Steuerfahndung als Steuerermittlungsbehörde umfassende Befugnisse um sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt oder zu Unrecht erhoben werden. Zu diesen Befugnissen gehört das Recht, von den Beteiligten und anderen die Vorlage von Urkunden zu verlangen, Sach- 5 Tolani, Existiert in Deutschland ein Bankgeheimnis? BKR 2007, 275, 277. 6 Vgl. allgemein zu § 24 c KWG Kokemoor, Der automatisierte Abruf von Kontoinformationen nach § 24 c KWG, BKR 2004, 135 ff. - 7 - verständige hinzuzuziehen, Grundstücke und Räume zu betreten und nach § 93 AO von den Beteiligten und anderen Personen Auskunft zu verlangen. Nach § 93 AO besteht die Auskunftspflicht zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts auch für Kreditinstitute; ihnen steht nach § 101 ff. AO kein Auskunftsverweigerungsrecht zu. Als Zeugen sind Inhaber, Organe und Mitarbeiter von Kreditinstituten im Strafprozess verpflichtet, auszusagen. Ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht nicht, da das Bankgeheimnis nicht im Katalog des § 53 StPO aufgeführt ist. Handelt es sich jedoch um Beschuldigte, dann steht ihnen ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO zu. Auch besteht eine Kontenabrufmöglichkeit nach §§ 93, 93 b AO, die es ermöglicht, für Zwecke der Besteuerung bei den Kreditinstituten Bestandsdaten zu Konten und Depots zu ermitteln; die Voraussetzungen nach § 93 Abs. 7 und 8 AO sind zu beachten. 2.2. Informationsaustausch auf europäischer Ebene und internationale Zusammenarbeit 2.2.1. Die EU-Zinsrichtlinie Angesichts der nach dem EG-Vertrag vorgegebenen Freizügigkeit des Kapitalverkehrs und der Vereinbarungen nach dem Schengen-Abkommen7 sind der Bundesrepublik bei der Kontrolle des Bargeldverkehrs an den Außengrenzen Grenzen gesetzt. Seit einigen Jahren wird deshalb ein einheitliches Vorgehen innerhalb der EU vorangetrieben, das gleichzeitig versucht, Drittländer mit einzubeziehen, denen Fluchtkapital zufließt. Zum gemeinschaftlichen Vorgehen gegen Steuerflucht in Steueroasen soll insbesondere die EU-Zinsrichtlinie8 dienen. Sie soll durch Informationsaustausch die effektive Besteuerung von Zinserträgen natürlicher Personen in der Europäischen Union sicherstellen . Sie ist nur anwendbar auf grenzüberschreitende Zinszahlungen und lässt die innerstaatlichen Regelungen über die Zinsbesteuerung unberührt. Die Mitgliedstaaten können nun Zinserträge von Bürgern mit Wohnsitz in ihrem Staat nach eigenen nationalen Regelungen besteuern, auch wenn diese Zinserträge in anderen EU- Mitgliedstaaten bzw. in Drittstaaten, abhängigen oder assoziierten Staaten erzielt wurden. Deutschland setzte 7 Schengener Abkommen — Übereinkommen zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux- Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen vom 14. Juni 1985 (GMBl. 1986, S. 79 ff.) 8 Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 03.06.2003 über eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. L 157 vom 26.06.2003 S. 0049 - 0054). Umgesetzt in deutsches Recht durch die Zinsinformationsverordnung (ZIV) vom 26.01.2004 (BGBl I 2004, S. 128), zuletzt geändert durch Verordnung vom 05.11.2007 (BGBl. I, S. 2562), in Kraft getreten am 01.07.2005. - 8 - die Richtlinie mit Erlass der Zinsinformationsverordnung9 (ZIV) vom 16.01.2004 in deutsches Recht um. 2.2.1.1. Anwendungsbereich Die EU-Zinsrichtlinie erfasst alle Zinserträge des „wirtschaftlichen Eigentümers“. Das ist jede natürliche Person, die eine Zinszahlung vereinnahmt oder zu deren Gunsten eine Zinszahlung erfolgt (Art. 2 EU-Zinsrichtlinie). Zahlungen an Kapitalgesellschaften oder andere juristische Personen werden daher nicht vom persönlichen Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst. Räumlich gilt die Richtlinie nur für Zinszahlungen durch Zahlstellen , die in der EU niedergelassen sind. Eine Zahlstelle ist gem. Art. 4 EU- Zinsrichtlinie derjenige Wirtschaftsbeteiligte, der dem wirtschaflichten Eigentümer Zinsen zahlt oder eine Zinszahlung zu dessen Gunsten einzieht, wobei in der Regel die Zahlstelle eine Bank ist. Sachlich betrifft die Richtlinie Zinszahlungen. Als Zinszahlungen gelten dabei gezahlte oder einem Konto gutgeschrieben Zinsen, die mit Forderungen jeglicher Art zusammenhängen, unbeschadet davon, ob diese Forderungen hypothekarisch gesichert sind oder eine Teilnahme am Gewinn gegenständlich ist (Art. 6 Abs. 1 EU-Zinsrichtlinie). Dazu zählen insbesondere Erträge aus Spareinlagen, Festgeldern , Staatspapieren, Schuldverschreibungen, Anleihen oder aus bestimmten Anlagefonds mit verzinslichen Titeln.10 Ausgenommen sind Zinserträge aus Lebensversicherungen und Renten. Ferner fallen unter den Begriff Zinszahlungen auch Erträge die bei Abtretung, Rückzahlung oder Einlösung der genannten Forderungen sowie Anlagefonds realisiert werden.11 2.2.1.2. Verfahren Grundsätzlich gilt in der EU der automatische Informationsaustausch über Zinserträge von EU-Bürgern. Sog. Kontrollmitteilungen ermöglichen einen automatischen Informationsaustausch über die in anderen Ländern erzielten Zinseinkünfte von Steuer- Inländern (Art. 8 EU-Zinsrichtlinie). Die Mitgliedstaaten Luxemburg, Belgien und Österreich sind für einen Übergangszeitraum von dem System der Kontrollmitteilungen unter Wahrung ihres Bankgeheimnisses ausgenommen und verpflichten sich, eine Quellensteuer auf die von Ausländern erzielten Zinseinkünfte zu erheben. Der Steuersatz steigt ab 2008 auf 20 % und ab 2010 auf 35 % an (Art. 11 EU-Zinsrichtlinie). Der 9 Die EU-Zinsrichtlinie wurde umgesetzt in deutsches Recht durch die Zinsinformationsverordnung (ZIV) vom 26.01.2004 (BGBl I 2004, S. 128), zuletzt geändert durch Verordnung vom 05.11.2007 (BGBl. I, S. 2562), in Kraft getreten am 01.07.2005. 10 Vgl. Bundeszentralamt für Steuern unter http://www.bzst.bund.de/003_menue_links/019_eu_zinsrichtlinie/158_Allgemeines/index.html. 11 Wagner, Informationsaustausch bei Zinseinkünften. EU-Zinsrichtlinie, Zinsinformationsverordnung und verbleibende Gestaltungsmöglichkeiten, Die Steuerberatung, 2005, 437, 439. - 9 - größte Teil – 75 % der Einnahmen aus diesem Aufwand – wird (ohne Nachteilsangaben ) an den Mitgliedstaat, in dem der wirtschaftliche Eigentümer der Zinsen ansässig ist, weitergeleitet. Die von der EU abhängigen oder assoziierten Staaten führen auch einen automatischen Informationsaustausch oder eine Quellensteuer ein, wobei sich Andorra, Liechtenstein, Monaco, San Marino und die Schweiz zur Umsetzung gleichwertiger Maßnahmen wie Belgien, Luxemburg und Österreich verpflichten, um die Abwanderung des Kapitals in sog. Steueroasen zu verhindern.12 Die von der zuständigen Behörde des Quellenstaates gesammelten Informationen müssen mindestens einmal im Jahr binnen sechs Monaten nach dem Ende des Steuerjahres der zuständigen Behörde des Mitgliedstaates, in dem der wirtschaftliche Eigentümer ansässig ist, übermittelt werden. Dabei sind gewisse Mindestinformationen anzugeben, wie z.B. die Identität und der Wohnsitz des wirtschaftlichen Eigentümers, Name sowie Anschrift der Zahlstelle , Kontonummer des wirtschaftlichen Eigentümers oder Kennzeichen der Forderungen aus dem die Zinsen stammen und Auskünfte zur Zinszahlung. Der Wohnsitzstaat hat dafür zu sorgen, dass eine Doppelbesteuerung vermieden wird. In der Regel erfolgt dies durch die Anrechnung der Quellensteuer im Wohnsitzstaat. Insgesamt erhielt Deutschland für das Steuerjahr 2006 Quellensteuer auf Zinserträge in Höhe von 144,5 Mio. €.13 Mit 75,8 Mio. € kam über die Hälfte aus den EU- Mitgliedsaaten, 67,5 Mio. € aus den EU-Drittstaaten und der Rest aus den abhängigen und assoziierten Gebieten. Dabei kam 62,7 Mio. € aus der Schweiz, 49,5 Mio. € aus Luxemburg und 23,4 Mio. aus Österreich. Gegenüber dem Jahr 2005 (zweites Halbjahr ), indem insgesamt 38,1 Mio. € an Deutschland überwiesen wurde, hat sich das Aufkommen deutlich erhöht. Das Aufkommen von gemeldeten Zinseinkünften belief sich im Jahr 2005 auf insgesamt 1,5 Mrd. €, wobei der größte Anteil mit 1,4 Mrd. € auf die EU-Mitgliedstaaten entfiel.14 Die EU-Drittsaaten teilten Auskünfte in Höhe von 43 Mio. € mit; die abhängigen und assoziierten Gebiete kamen auf 3,1 Mio. €. Bei den Angaben kann jedoch nicht zweifelsfrei geklärt werden, welche Erträge allein aufgrund des Informationsaustausches nach der Zinsrichtlinie bekannt geworden sind. 2.2.1.3. Kritik Die EU-Zinsrichtlinie birgt jedoch einige Gestaltungs- und Ausweichmöglichkeiten. So umfasst sie nur bestimmte Kapitalerträge. Nicht der EU-Zinsrichtlinie unterliegen u.a. 12 Monatsbericht des BMF Oktober 2007. Die EU-Zinsrichtlinie zur Besteuerung ausländischer Zinserträge , S. 52. 13 Monatsbericht des BMF Oktober 2007. Die EU-Zinsrichtlinie zur Besteuerung ausländischer Zinserträge , S. 53. 14 Monatsbericht des BMF Oktober 2007. Die EU-Zinsrichtlinie zur Besteuerung ausländischer Zinserträge , S. 54. - 10 - Aktien und Aktienfonds.15 Auch Versicherungsleistungen, Zinsderivate sowie Konvertibles , Zertifikate und Ähnliches unterliegen nicht der Richtlinie.16 Des Weiteren gilt die Quellensteuer nur für natürliche Personen, mithin nicht für juristische Personen oder Stiftungen. Damit können Zinszahlungen über die Einschaltung einer juristischen Person umgangen werden. Schließlich knüpft die Richtlinie nur an die EU-Mitgliedstaaten und bestimmte Drittstaaten an, sodass mit der Verlegung der Zahlstelle aus dem Anwendungsbereich eine Ausweichmöglichkeit geschaffen werden kann. Die außereuropäischen Finanzzentren wie Singapur, Hongkong und Macao werden somit nicht vom räumlichen Anwendungsbereich erfasst. Insgesamt leiste die EU-Zinsrichtlinie einen ersten Schritt zur Gerechtigkeit im Steuerwettbewerb, jedoch erfordern nach Literaturmeinungen die aufgeführten Schwachstellen doch umfassende Korrekturen, um Steuerflucht und Steuerhinterziehung wirksam zu bekämpfen. 2.2.2. OECD-Standard zu Transparenz und effektivem Auskunftsaustausch Auf internationaler Ebene ist die OECD eine Art Schaltstelle in der Steuerzusammenarbeit – nicht nur für die 30 Mitgliedstaaten, sondern auch darüber hinaus. Sie hat im Jahre 2002 ein Musterübereinkommen für den effektiven Austausch von Informationen in Steuersachen (OECD-Standard zu Transparenz und effektivem Auskunftsaustausch, engl.: „Tax Information Exchange Agreements“ (TIEAS)) erarbeitet . Mit bilateralen Abkommen soll Steueroasen durch Verpflichtungen zu einer intensiven Zusammenarbeit, insbesondere einem Informationsaustausch in allen Steuerangelegenheiten , entgegengewirkt werden. Das OECD-Muster für diese Abkommen sieht einen Informationsaustausch auf Anfrage vor, soweit Beweismittel oder Angaben im Rahmen einer konkreten Untersuchung benötigt werden. Die Standards verlangen, dass Informationen, die für die Besteuerung relevant sind, zugänglich sind und auf Anfrage ausländischer Finanzbehörden zur Verfügung gestellt werden müssen, auch wenn noch kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Zu diesen Informationen gehören u.a. Bankinformationen und Informationen über die Eigentumsverhältnisse an Gesellschaften. Viele Jurisdiktionen machen jedoch die tatsächliche Umsetzung der OECD-Standards davon abhängig, dass auch alle OECD-Mitgliedstaaten diese Standards akzeptieren. Die Forderung nach der Herstellung eines „level playing field“, also die Durchsetzung gleicher Verhältnisse für alle, wurde bereits im Juli 2008 von den Staats- und Regierungs- 15 Rosarius/Kerpen-Brüggen, EU-Zinsrichtlinie und Zinsinformationsverordnung: Europaweiter Informationsaustausch der Finanzbehörden, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, 2005, 784, 785. 16 Fey, Zinsrichtlinie. Becksches Steuerlexikon, Edition 4/08, I. Rn.22. - 11 - chefs der G 8 artikuliert.17 Derzeit haben nahezu 40 Staaten und Gebiete die OECD- Standards formal akzeptiert, jedoch nur wenige haben diese tatsächlich umgesetzt.18 Nach Angaben der Bundesregierung in der Antwort19 der Bundesregierung zur Kleinen Anfrage der FDP zu Steueroasen lehnen von den in der dortigen Fragestellung aufgezählten Ländern aktuell die Schweiz und Luxemburg die Akzeptanz der OECD- Standards ab. Bei der Konferenz der OECD- und EU-Mitgliedstaaten zum Thema Transparenz und Auskunftsaustausch am 21.10.2008 haben die 17 Finanzminister der OECD- Mitgliedstaaten über ein entschlosseneres Vorgehen gegen Steuerparadiese beraten. Ziel war es, die rund 40 Steueroasen weltweit zur Übernahme internationaler Standards zu bringen. Die Konferenzteilnehmer waren sich einig, strenge Maßnahmen gegen diejenigen Staaten und Gebiete zu ergreifen, die nicht bereit sind, die OECD-Grundsätze für fairen Steuerwettbewerb anzuerkennen bzw. umzusetzen und so die finanzielle Stabilität des internationalen Finanzsystems zusätzlich gefährden.20 Der Bundesminister der Finanzen hat die teilnehmenden Länder noch in diesem Jahr zu einem erneuten Treffen nach Berlin eingeladen, um dazu den aktuellen Stand sowie Verbesserungsvorschläge zu diskutieren.21 Als Maßnahme, um einerseits die entsprechenden Staaten zu veranlassen, die Standards der OECD zu akzeptieren und anderseits die Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung durch die Finanzbehörden zu verbessern, dient der Referentenentwurf „Gesetz zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken und der Steuerhinterziehung“.22 Hiernach soll die • Möglichkeit der Einschränkung bestimmter steuerlicher Regelung bei Geschäftsbeziehungen zu Staaten und Gebieten, die sich nicht an die OECD-Standards halten und 17 Monatsbericht des BMF November 2008. Bekämpfung des schädlichen Steuerwettbewerbs, S. 67. 18 Monatsbericht des BMF November 2008, Bekämpfung des schädlichen Steuerwettbewerbs, S. 66. 19 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der FDP zu Steueroasen vom 20.02.2009, Drs. 16/12028, S. 8. 20 BMF unter http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_53848/sid_130A67089FB87EB68F5938D23C41EEE0/ DE/Wirtschaft__und__Verwaltung/Steuern/Internationales__Steuerrecht/006__Steuerkonferenz__P aris.html?__nnn=true 21 Monatsbericht BMF November 2008, Bekämpfung schädlichen Steuerwettbewerbs, S 68. 22 Referentenentwurf Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz, Bearbeitungsstand 13.01.2009, zu finden unter http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_82/DE/BMF__Startseite/Aktuelles/Aktuelle__Gesetze/Refer entenentwuerfe/Ref__Steueroasen__anl,templateId=raw,property=publicationFile.pdf - 12 - • die Verbesserung der Möglichkeit der Finanzbehörden zur Aufklärung steuerlicher Sachverhalte durch erweiterte Mitwirkungs- und Aufbewahrungspflichten natürlicher Personen in Bezug auf Kapitalanlagen in Ausland sowie erweiterte Prüfungsrechte der Finanzbehörden gegeben sein. Schwarze Liste der OECD (List of Unco-operative Tax Havens): Seit Jahren führt die OECD eine sog. Schwarze Liste mit Steueroasen. Kriterien sind a) keine oder kaum Steuern, b) fehlende Transparenz bei den Steuerregeln, c) kein Austausch von Finanzinformationen mit anderen Staaten und d) die Zulassung von Briefkastenfirmen . Zur Zeit sind dort Liechtenstein, Monaco und Andorra aufgelistet. Laut OECD gibt es allerdings 38 Länder mit einem stark ausgeprägten Bankgeheimnis und niedrigen oder gar keinen Steuern. Diese Staaten wurden allerdings gegen Versprechen besserer Zusammenarbeit von der Liste gestrichen. Bis zum Sommer 2009 will die OECD eine neue Liste veröffentlichen. 2.2.3. Bilaterale Abkommen Auf Basis des OECD-Standard zu Transparenz und effektivem Auskunftsaustausch hat das BMF bislang zwei bilaterale Abkommen geschlossen. Am 04.07.2008 wurde das Abkommen mit Jersey unterzeichnet; am 02.03.2009 ein Abkommen mit der Isle of Man. Die Abkommen berechtigen jede Partei, die andere Partei um Auskünfte in Steuersachen zu ersuchen. Die Abkommen bestätigen die Verpflichtung beider Parteien zu einem offenen und fairen Steuerwettbewerb und insbesondere zur Umsetzung der Standards der OECD. Das bedeutet konkret23: - Für die Besteuerung relevante Informationen müssen zugänglich sein (das gilt auch für Bankinformationen), und zwar auch dann, wenn noch keine strafrechtlichen Ermittlungen eingeleitet sind und - diese Informationen müssen auf Ersuchen ausländischen Steuerbehörden zur Verfügung gestellt werden können. 2.2.4. Doppelbesteuerungsabkommen Doppelbesteuerungsabkommen sind völkerrechtliche Verträge im Sinne von Art. 59 GG und haben Vorrang vor nationalen Steuervorschriften. Primäres Ziel ist es, eine Doppel- 23 Vgl. Pressemitteilung des BMF vom 02.03.2009 unter http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_54090/DE/Presse/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2009/03/ 20090203__PM9.html - 13 - besteuerung zu vermeiden. Jedoch gewinnt auch immer mehr das Ziel an Bedeutung, durch diese Abkommen den Missbrauch steuerlicher Regelungen zu verhindern und Besteuerungslücken, die sich aus den Unterschieden in den nationalen Rechtssystemen ergeben, zu schließen. Eine aktuelle tabellarische Übersicht zu dem Stand der Doppelbesteuerungsabkommen (Stand 01.01.2009) findet sich auf der Homepage des BMF24 nebst BMF-Schreiben25. 2.2.5. Amtshilfe Amtshilfe ist die verwaltungsmäßige nationale und internationale Unterstützung einer Behörde durch eine andere Behörde. Deutsche Finanzbehörden können ausländische Finanzbehörden um Amtshilfe bitten, § 117 Abs. 1 AO. Allerdings ergibt sich daraus allein grundsätzlich keine Verpflichtung ausländischer Behörden, Amtshilfe zu leisten. Dies kann sich lediglich aufgrund einer völkerrechtlichen Vereinbarung oder aufgrund europäischen Gemeinschaftsrechts ableiten . Zu nennen sind Verpflichtungen in Doppelbesteuerungsabkommen, die Konvention über gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen des Europarates und der OECD vom 25.01.1988 und die EG-Amtshilferichtlinie. Am 17.04.2008 hat Deutschland das Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen des Europarates und der OECD unterzeichnet. Das Übereinkommen , welches bereits am 25.01.1988 erstellt wurde, erlaubt den Vertragsparteien, auf gemeinsamer Grundlage eine umfassende verwaltungsmäßige Zusammenarbeit zu entwickeln . Es sieht neben dem Auskunftsaustausch für Zwecke der Steuerfestsetzung auch die Amtshilfe bei der Beitreibung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen vor. Hierin wird ein Werkzeug gesehen, zukünftig noch effektiver Steuerhinterziehung und Steuervermeidung zu bekämpfen.26 Gegenseitig Hilfe leisten sich die Mitgliedstaaten der EU bei der Festsetzung von Steuern vom Einkommen, Ertrag und Vermögen und bei der Festsetzung und Erhebung der 24 Homepage des BMF unter http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_290/DE/Wirtschaft__und__Verwaltung/Steuern/Interna tionales__Steuerrecht/009__1,templateId=raw,property=publicationFile.pdf 25 Homepage des BMF unter http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_290/DE/BMF__Startseite/Service/Downloads/Abt__IV/ BMF__Schreiben/011,templateId=raw,property=publicationFile.pdf 26 Siehe Pressemitteilung des BMF vom 17.04.2008 unter http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_53848/DE/Presse/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2008/04/ 20081704__PM14.html?__nnn=true - 14 - Steuern auf Versicherungsprämien nach der EG-Amtshilferichtlinie27. Basierend auf der EG-Amtshilferichtlinie 77/799/EWG wurde in Deutschland das EG- Amtshilfegesetz implementiert. Damit soll vor allem die Koordinierung der Ermittler bei grenzüberschreitendem Steuerbetrug und die Arbeit der Steuerbehörden bei Steuersachen mit Auslandsbezug erleichtert werden. So sollen nach § 2, wenn die zuständige Finanzbehörde eines Mitgliedstaates darum ersucht, Auskünfte erteilt werden, u.a. wenn Gründe für die Vermutung bestehen, dass im anderen Mitgliedstaat der objektive Tatbestand einer Steuerverkürzung erfüllt ist oder erfüllt wird. Am 02.02.2009 hat die Europäische Kommission zwei neue Richtlinienvorschläge angenommen , mit der die gegenseitige Amtshilfe der Steuerbehörden in den Mitgliedstaaten bei der Festsetzung und Beitreibung von Steuern effizienter werden soll.28 Ein Vorschlag für eine Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung (KOM(2009)29) enthält genauere Regeln für die Zusammenarbeit , etwa gemeinsame Verfahrensregeln, Formulare, Formate und Kanäle für den Informationsaustausch. Außerdem sollen künftig Vertreter von Steuerverwaltungen eines Mitgliedstaates mit denselben Prüfbefugnissen auch im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates aktiv an behördlichen Ermittlungen teilnehmen dürfen. Wichtigste Neuerung wäre eine Bestimmung, wonach ein um Auskunft ersuchter Staat einem anderen Mitgliedstaat Auskünfte nicht allein deshalb verweigern kann, weil diese Information sich im Besitz einer Bank oder eines anderen Geldinstituts befindet. Damit wäre bei der Zusammenarbeit der Steuerbehörden das Bankgeheimnis aufgehoben, wenn ein Mitgliedstaat bei der Prüfung der steuerlichen Lage eines in seinem Hoheitsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen ein Amtshilfeersuchen stellt. Der zweite Vorschlag für eine Richtlinie über die Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen (KOM(2009)28) sieht u.a. vor, die Verfahren zur Beantragung oder Leistung von Amtshilfe zu vereinfachen und zu rationalisieren. Zu erwähnen ist auch das EU-Rechtshilfeabkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen 29 zwischen den Mitgliedstaaten der EU vom 29.05.2000. Hiernach ist es möglich, nach Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens europaweit Konten- 27 EG-Amtshilferichtlinie vom 19.12.1977 (77/799/EWG) über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern und der Mehrwertsteuer (ABl. EG Nr. L 336 S. 15) zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/98/EG des Rates vom 20.11.2006. 28 Siehe hierzu die Pressemitteilung der Kommission IP/09/201 vom 02.02.2009. 29 Rechtsakt des Rates vom 16. Oktober 2001 über die Erstellung — gemäß Artikel 34 des Vertrags über die Europäische Union — des Protokolls zu dem Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ABl. C 326 vom 21.11.2001, S. 1-1. Umgesetzt in deutsches Recht mit dem Gesetz zur Umsetzung des Protokolls vom 02.02.2006 (BGBl. 2005 II, S. 661). - 15 - abfragen vorzunehmen. Dabei wird nach einem dreistufigen Eingriffsverfahren vorgegangen : Auf erster Ebene werden Bankkonten im EU-Ausland gesucht, auf zweiter Ebene werden diese Bankkonten durchsucht und schließlich auf dritter Ebene einer weitergehenden Überwachung unterworfen.30 Die Steuerfahndung muss zudem dem betroffenen Steuerpflichtigen nicht vorher die Gelegenheit zu freiwilligen Auskünften geben. Nach kritischer Ansicht von Hillenbrand und Brosig31 sei jedoch der Informationsaustausch zwischen in- und ausländischen Finanzverwaltungen nicht geeignet, Steuerflucht gezielt zu bekämpfen. Die Gestaltungen zur Steuerumgehung und Steuerhinterziehung seien meist zu kompliziert oder zu verschleiert, als dass die Finanzverwaltung sie durch Informationsaustausch mit anderen Staaten aufklären könnte. 3. Die Bankenaufsicht in den USA Die Bankenaufsicht der Vereinigten Saaten von Amerika zeichnet sich durch eine sehr komplexe Struktur aus. Sie ist auf viele nationale und bundesstaatliche Behörden verteilt , die sich teilweise in ihrer Zuständigkeit überschneiden. Die gegenseitige Kontrolle der Institutionen entspricht dem historischen Prinzip der „Checks and Balances“, welches das gesamte politische System der Vereinigten Saaten prägt. 3.1. Finanzaufsicht und Informationsaustausch Die Beaufsichtigung der Geschäftsbanken auf Bundesebene erfolgt im Wesentlichen durch die Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) dem Office of the Comptroller of the Currency (OCC) sowie dem Federal Reserve System (FRS)32 Auf der bundesstaatlichen Ebene nehmen spezielle Regulierungsbehörden die Aufsichtsaufgaben wahr. Für die US-Sparkassen ist das Office of Thrift Supervision (OTS) zuständig und auf einzelstaatlicher Ebene unterliegen sie der Kontrolle der einzelstaatlichen Behörde. Die Investmentbanken werden von der Securities and Exchange Commission (SEC) kontrolliert , welche die Kapitalmärkte überwacht. Die Verflechtung von zahlreichen bundesund einzelstaatlichen Behörden führt oftmals zu einer Doppelzuständigkeit, was eine gute Kooperation zwischen den einzelnen Institutionen erfordert. Wichtiger Bestandteil der Bankenaufsicht in den USA ist eine umfassende Informationsgewinnung . Erkenntnisquelle sind die laufenden Mitteilungspflichten, die bilanzähn- 30 Kutzner, „Kontenabfragen“ im Rahmen des Rechtshilfeverkehrs in der Europäischen Union, DStR 2006, 639. 31 Hillenbrand/Brosig, Steuerflucht und ihre Bekämpfung, BB 1997, 445, 450. 32 Hütz, Die Bankenaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in den USA, 1999, S. 69. - 16 - lichen call-reports.33 Darüber hinaus können jederzeit weitergehende Informationen angefordert werden, soweit die Aufsichtsbehörde diese für erforderlich hält. Der Informationsaustausch zwischen der US-Finanzverwaltung (IRS) und den ausländischen Banken erfolgt seit 2001 durch das Qualified Intermediary Agreement (QIA). Dieses Verfahren verfolgt zwei Absichten. Einerseits kommen bestimmten ausländischen Anlegern , welche US-Wertpapiere über die Banken und andere Vermögensverwalter halten , in den Genuss der mit ihrem Status als beschränkt Steuerpflichtige verbundenen Vorteile. Andererseits verfolgen die US-Steuerbehörden das Ziel, diejenigen Kapitalerträge unbeschränkt steuerpflichtiger Personen (US-Personen) zu erfassen, welche bislang hinter ausländischen Banken unentdeckt blieben.34 Das QIA verpflichtet dabei die Banken, ihre Kunden mit US-Wertpapieren zu dokumentieren, zu melden sowie den geforderten Quellensteuerabzug einzubehalten.35 In Deutschland erklärten sich aus geschäftlichen Gründen alle Finanzinstitute bereit, den QI- Standard zu übernehmen. Damit gelangen die Kunden in den Vorteil von Zins- und Dividendenerträgen mit geringerem Quellensteuerabzug. Des Weiteren wird die einbehaltende Quellensteuer des nicht US-amerikanischen Kunden anonym an die Steuerbehörde abgegeben und gemeldet.36 Für die US-Steuerinländer, die unbeschränkt steuerpflichtigen Personen, gelten verschärfte Regelungen. Hier ist die ausländische Bank verpflichtet, die Identität des Kunden offenzulegen. Mit diesem Verfahren ging es der IRS primär um die Aufdeckung der Steuerhinterziehung durch die unbeschränkt steuerpflichtigen Personen. Ob die anonym bleibenden ausländischen Anleger unter Umständen Steuerhinterziehung in ihren Heimatländern betreiben, ist für die USA unerheblich.37 Barack Obama forderte zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise eine strengere staatliche Aufsicht über Banken und Finanzmärkte.38 Er kündigte an, das Regulierungs- und Aufsichtssystem in den Vereinigten Staaten weiter zu reformieren. Zu diesem Zweck möchte er ein Gesetz einführen, dass vor allem mehr Transparenz der Finanzmärkte garantiert .39 Seine Initiative entspricht den Vereinbarungen der G20-Länder, die sich am 33 Hütz, Die Bankenaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in den USA, 1999, S. 206. 34 Pinkernell, Zuckerbrot und Peitsche: Änderung des US-Quellensteuerabzugs durch Einführung des Qualified Intermediary Agreement (QIA), IStR, 242, 242. 35 KPMG, Financial Services Tax, Qualified Intermediary Agreement. http://www.kpmg.de/docs/070316_qualified_intermediary_agreement.pdf 36 KPMG, Financial Services Tax, Qualified Intermediary Agreement. http://www.kpmg.de/docs/070316_qualified_intermediary_agreement.pdf 37 Pinkernell, Zuckerbrot und Peitsche: Änderung des US-Quellensteuerabzugs durch Einführung des Qualified Intermediary Agreement (QIA), IStR, 242, 244. 38 Handelsblatt vom 27.03.2008, Obama will Bankenaufsicht stärken, http://www.handelsblatt.com/politik/news/obama-will-bankenaufsicht-staerken;1409109. 39 Handelsblatt vom 26.02.2009, Obama will Finanzsektor gesetzlich neu ordnen, http://www.handelsblatt.com/politik/international/obama-will-finanzsektor-gesetzlich-neuordnen ;2174338. - 17 - 02.April 2009 zu einem Gipfel der Staats- und Regierungschefs in London treffen wollen . 3.2. Unterschiede zu Deutschland Durch die zunehmende Harmonisierung des Bankenaufsichtsrechts im Europäischen Wirtschaftsraum ist in Deutschland für die Bekämpfung von Steuerhinterziehung die EU-Zinsrichtlinie von Bedeutung. Sie hat mit dem US-amerikanischen Qualified Intermediary Verfahren gemeinsam, das Kapitalerträge, bzw. Zinserträge, die im Ausland bezogen werden, erfasst werden sollen. Es bestehen jedoch erhebliche inhaltliche Unterschiede zwischen den beiden Verfahren. Das Qualified Intermediary Verfahren ist freiwillig , selbst wenn die Banken oftmals durch den drohenden Ausschluss aus dem US- Finanzmarkt gezwungen sind, als Qualified Intermediary zu agieren.40 Bei der EU- Zinsrichtlinie sind hingegen alle Zahlstellen in den EU-Mitgliedstaten verpflichtet, über Zinszahlungen natürlicher Personen, welche im Gebiet der EU ansässig sind, die Finanzbehörden zu informieren. Für einen Übergangzeitraum sind dabei lediglich Belgien , Luxemburg und Österreich ausgenommen. Ferner geht es der USA mit dem QIA ausschließlich um ihre eigenen steuerpflichtigen Personen. Ein automatischer Informationsaustausch , wie er bei der Zinsrichtlinie vorgesehen ist, ist nicht das Ziel und wegen der anonymisierten Datenmitteilung durch die ausländischen Banken auch ausgeschlossen .41 Des Weitern erfasst der persönliche Anwendungsbereich des QI- Verfahrens auch juristische Personen, sodass ein größerer Anwendungsbereich betroffen ist als bei der Zinsrichtlinie. Dagegen sind im QI- Verfahren die Meldepflichten der ausländischen Banken auf Kapitalerträge beschränkt, welche von US-Bürgern gezahlt werden. Bei der Zinsrichtlinie wiederum sind Zinserträge unabhängig von der Herkunft von der Zahlstelle zu melden. Schließlich wird bei dem QI- Verfahren der Nachweis des wirtschaftlich Berechtigten gefordert, soweit Zinsauszahlungen ohne Steuerabzug erfolgen. In der EU dagegen sind Zinsen die aus einem EU-Mitgliedstaat an einen Drittstaat gezahlt werden, nicht steuerpflichtig. Nach Ansicht des Wiesbadener Steuerexperten Lorenz Jarass, würden durch das Qualified Intermediary Verfahren die Banken in sog. Steueroasen wirksam daran gehindert, 40 Schreiben des Bundesministerium der Finanzen, Aufzeichnung zum Qualifed Intermediary Verfahren der USA mit ergänzenden Hinweisen zur EU-Zinsrichtlinie und zum OECD-Standard zu Transparenz und effektivem Auskunftsaustausch, Finanzausschussdrucksache 16(7)0335, S. 4. 41 Schreiben des Bundesministerium der Finanzen, Aufzeichnung zum Qualifed Intermediary Verfahren der USA mit ergänzenden Hinweisen zur EU-Zinsrichtlinie und zum OECD-Standard zu Transparenz und effektivem Auskunftsaustausch, Finanzausschussdrucksache 16(7)0335, S. 4. - 18 - US-Steuerpflichtigen bei Steuerhinterziehung zu helfen.42 In Deutschland bestünde hingegen noch Handlungsbedarf. 4. Diskutierte Indikatoren der Steuerflucht Unter Steuerflucht versteht man landläufig den Transfer von Vermögenswerten ins Ausland , um eine inländische Besteuerung zu umgehen. 4.1. Beweggründe für Steuerflucht Zunächst dürfte die schlichte Verbesserung der Renditeerwartung durch Vermeidung der Ertragsbesteuerung (Abgeltung- bzw. Einkommensteuer) und der Vermögensbesteuerung (Erbschaftsteuer) die wesentlichste Begründung für die Kapitalflucht sein. Daneben spielen aber auch eher subjektive Beweggründe eine Rolle. Eines der grundlegenden Prinzipien des deutschen Einkommensteuerrechts ist die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Dies hat zur Konsequenz, dass Steuerpflichtige mit hohem Einkommen mit höheren Steuersätzen belastet werden als Bezieher kleinerer Einkommen. Da Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5 EStG als eine der sieben Einkunftsarten einkommensteuerpflichtig sind, werden sie von der Steuerprogression erfasst und ggf. bis zum Spitzensteuersatz belastet. Wenn auch das Bundesverfassungsgericht mit seinem Vermögensteuerbeschluss vom 22.06.1995 zum einen mit der Begrenzung der Besteuerung auf die Ertragsfähigkeit des Vermögens die Substanz dieses Vermögens unangegriffen lässt und zum anderen den Halbteilungsgrundsatz manifestiert hat, d.h. die steuerliche Gesamtbelastung muss nach oben hin in der Nähe einer hälftigen Teilung zwischen privater und öffentlicher Hand verbleiben, kann vom Einzelnen eine Besteuerung in dieser Höhe subjektiv als Überforderung angesehen werden und zu Steuervermeidungsstrategien führen. Im Sinne der o.g. (steuer-) politischen Unsicherheiten könnten auch die Erwartungen einer künftigen Steuererhöhung (Wiedereinführung der Vermögensteuer, Erhöhung der Erbschaftsteuer) zu Umgehungshandlungen führen. 4.2. Bevorzugte Ziele der Steuerflucht Bevorzugte Ziele sind sogenannte Steueroasen oder Steuerparadiese. In Europa werden hierunter gemeinhin neben Liechtenstein auch Luxemburg, Österreich, Schweiz, Andorra und die Kanalinseln sowie außerhalb Europas die britischen Kolonien Gibraltar, die 42 Engelen, USA zwingen Liechtenstein auf Steuer-Linie, Handelsblatt vom 20.02.2008, http://www.handelsblatt.com/politik/international/usa-zwingen-liechtenstein-auf-steuerlinie ;1393515. - 19 - Cayman Islands und zunehmend im asiatischen Raum Hongkong oder Singapur gezählt .43 Die Anziehungskraft dieser Länder beruht insbesondere auf zwei Kriterien: • Zum einen gilt oftmals ein strenges Bankgeheimnis. Dabei findet eine Kontrolle über die Vermögenshöhe oder die gutgeschriebenen Zinserträge unter Wahrung der Anonymität des Anlegers kaum statt. • Zum anderen werden in diesen Staaten entweder keine oder nur sehr geringe Vermögen-, Einkommen- bzw. Ertragsteuern erhoben.44 4.3. Ausmaß der Steuerflucht Über das Ausmaß des im Ausland liegenden Schwarzgelds liegen naturgemäß keine genauen Zahlen vor.45 Der Vertreter der Bundesbank hat in der Anhörung des Finanzausschusses zum „Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit“ zwar einerseits abgeleitet, „dass also das tatsächliche Hinterziehungspotential doch letztlich viel geringer ist, als in manchen Pressemeldungen so suggeriert wird“, aber andererseits auch keinerlei Spekulation über dessen Höhe abgeben wollen. „Weder die Zahlungsbilanzstatistik der Deutschen Bundesbank noch andere Statistiken (z. B. seitens der Bank für internationalen Zahlungsausgleich) bieten eine hinreichende Basis für eine fundierte Schätzung der von deutschen Steuerpflichtigen im Ausland gehaltenen und bisher widerrechtlich unversteuert gebliebenen Kapitalbestände. Auch die Bundesregierung kann keine Schätzung über den Umfang der im Ausland erzielten Kapitalerträge abgeben. Nach Schätzungen der Deutschen Steuergewerkschaft haben die Deutschen auf Konten in den sogenannten Steueroasen rund 300 Mrd. € Schwarzgeld; in Pressemeldungen angesichts der Steueraffäre um Klaus Zumwinkel wird sogar von bis zu 400 Mrd. € gesprochen .46 Das Ausmaß des jährlichen Steuerschadens ist naturgemäß schwer zu beziffern ; wird aber von der Deutschen Steuergewerkschaft auf rund 4 Mrd. € geschätzt47. 43 Brandstetter/Eckert/Stocker, Steueroptimierung im Ausland ist eine Gratwanderung, in: Die Welt vom 05.02.2008. 44 Eine Übersicht über den Einkommensteuerspitzensatz in verschiedenen Ländern findet sich in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der FDP zu Steueroasen vom 20.02.2009, Drs. 16/12028, S. 4, 5. 45 So schreibt Franzen, Was wissen wir über Steuerhinterziehung, in: NK 3/2008, S. 94 zu dem quantitativen Ausmaß von Steuerhinterziehung insgesamt : „Vor allem aufgrund der Dunkelfeldproblematik gibt es keine verlässlichen Angaben zur Gesamthöhe der Steuerhinterziehung; die gelegentlich kursierenden Schätzungen sind aufgrund ihrer Messmethoden und der Ambiguität der Steuergesetze fragwürdig und kaum miteinander vergleichbar.“ 46 Dams, Volkssport Steuerhinterziehung, in: Die Welt vom 20.02.2008. 47 In einem Telefonat am 27.02.09 wurde diese Schätzung vom Bundesvorsitzenden der Deutschen Steuergewerkschaft , , bestätigt. - 20 - 4.4. Die Abgeltungsteuer Mit der Einführung einer Abgeltungsteuer zum 01.01.2009 durch das Unternehmensteuerreformgesetz 48 vom 14.08.2007 wird die Hoffnung verbunden, die Steuerflucht ins Ausland zu reduzieren. Durch die Abgeltungsteuer in Höhe von 25 % soll die Steuerbelastung der Steuerpflichtigen von derzeit bis zu 42 % annähernd halbiert und damit der Anreiz zur Steuerflucht ins Ausland reduziert werden. So teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort49 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Troost, Höll, Lötzer und der Fraktion Die Linke mit: „Der attraktive Abgeltungsteuersatz von 25 Prozent bietet einen wirksamen Anreiz für steuerehrliches Verhalten. […] Unter Berücksichtigung dieser Umstände geht die Bundesregierung von einer nicht quantifizierbaren Reduzierung der Steuerflucht aufgrund der Einführung einer Abgeltungsteuer aus.“ Seriöse Berechnungen zur Reduzierung der Steuerflucht aus Deutschland durch die Abgeltungsteuer sind daher schwierig und nicht zuletzt angesichts der Geltung erst seit dem 01.01.2009 nicht vorhanden. 48 BGBl. I 2007, S. 1912. 49 Antwort vom 25.06.2008, Drs. 16/9827, S. 2.