© 2021 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 017/21 Abwicklung des Zahlungsverkehrs des Bundes über die Deutsche Bundesbank und Wirkungen auf Zentralbankguthaben und Buchgeldmenge Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Definition von Zentralbankguthaben 6 3.2. Definition, Schaffung und Vernichtung von Buchgeld 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 017/21 Seite 4 1. Fragestellung Der Auftraggeber erbittet vor dem Hintergrund der öffentlichen Debatte um das Thema Staatsverschuldung und Staatsfinanzierung anhand eines Fragenkatalogs eine Darstellung der Abwicklung der Zahlungen des Bundes über seine Konten bei der Deutschen Bundesbank und die sich ergebenden Auswirkungen auf Zentralbankguthaben und die Buchgeldmenge. 2. Abwicklung des Zahlungsverkehrs des Bundes 2.1. Ausgabeermächtigung der Bundesverwaltung Die Verwaltung des Bundes ist nur durch einen Haushaltsplan, der für ein oder zwei Rechnungsjahre durch ein Haushaltsgesetz festgestellt wird, überhaupt ermächtigt, Ausgaben zu leisten und Verpflichtungen einzugehen (§§ 1, 3 Bundeshaushaltsordnung - BHO). Zahlungen der Verwaltung dürfen gemäß § 70 BHO nur von Kassen und Zahlstellen angenommen oder geleistet werden. Grundsätzlich muss die Anordnung der Zahlung durch das zuständige Ministerium oder die von ihm ermächtigte Dienststelle schriftlich oder auf elektronischem Wege erteilt werden. 2.2. Die Kassen des Bundes und ihre Aufsicht Die Aufgaben der Kassen bei der Annahme und der Leistung von Zahlungen für den Bund werden für alle Stellen innerhalb und außerhalb der Bundesverwaltung von der Bundeskasse wahrgenommen , soweit es sich nicht um die Erhebung von Steuern handelt, die von den Landesfinanzbehörden verwaltet werden (§ 79 Abs. 1 BHO). Die Bundeskasse ist gemäß § 79 Abs. 3 BHO in der Abteilung "Zahlungsverkehr und Rechnungswesen des Bundes (ZRB)" in der Generalzolldirektion errichtet. Die Bundeskasse hat derzeit vier Standorte in Halle/Saale, Weiden/Oberpfalz, Trier und Kiel.1 Nach § 79 Abs. 2 BHO besteht die Zentralkasse beim Bundesministerium der Finanzen. Das Bundesministerium der Finanzen hat von seiner Ermächtigung nach § 79 Abs. 2 Satz BHO Gebrauch gemacht und die Zentralkasse bei einer Bundesbehörde seines Geschäftsbereichs eingerichtet. Deshalb beinhaltet die Abteilung "Zahlungsverkehr und Rechnungswesen des Bundes (ZRB)" neben der Bundeskasse das Zentrale Finanzwesen des Bundes (ZFB). In diesem wiederum befindet sich unter anderem die Zentralkasse. 1 Vgl. Zentrales Finanzwesen des Bundes, unter: https://www.zrb.bund.de/DE/Home/home_node.html, abgerufen am 11. Februar 2021. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 017/21 Seite 5 Die Zentralkasse führt die Hauptkonten des Bundes und verwaltet den zentralen Istbestand des Bundes.2 Außerdem führt sie die Hauptsachbücher des Bundes, ist zentrale Verrechnungsstelle für die Bundeskasse und wirkt bei der Liquiditätsplanung des Bundes mit.3 Darüber hinaus ist im Zentralen Finanzwesen des Bundes (ZFB) die Kassenaufsicht über die Zentralkasse und die Bundeskasse eingerichtet.4 2.3. Führung von Girokonten der Kassen des Bundes bei der Deutschen Bundesbank §§ 19, 20 Bundesbankgesetz (BBankG) erlaubt der Deutschen Bundesbank, Girokonten für den Bund, die Sondervermögen des Bundes, die Länder und andere öffentlichen Verwaltungen einzurichten . Die Deutsche Bundesbank darf nur im Verlauf eines Tages Kontoüberziehungen zulassen . Die Zentralkasse und die Bundeskasse haben mindestens ein Girokonto bei der Deutschen Bundesbank zu führen, das in die Kontenhierarchie des Bundes eingebunden ist. Darüber hinaus können die Kassen mit vorheriger Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen weitere Girokonten, Girokonten bei anderen Kreditinstituten oder Girokonten in fremder Währung (Fremdwährungskonten) führen.5 Reicht bei der Bundeskasse das Guthaben auf den Girokonten der Deutschen Bundesbank zur Leistung der Auszahlungen nicht aus, werden die Konten automatisch aus dem (Zentral)Konto der Zentralkasse verstärkt. Guthaben werden täglich auf das von der Zentralkasse bei der Deutschen Bundesbank geführte Girokonto automatisch abgeliefert (Cash Concentration).6 Die Deutsche Bundesbank kann somit eine Zahlung verweigern, wenn das entsprechende Girokonto der Verwaltung mehr als einen Tag kein ausreichendes Guthaben ausweist, aber keine inhaltliche Verweigerung aussprechen, weil die Bundesverwaltung mit den Zahlungen ihren Verpflichtungen aus dem Haushaltsgesetz nachkommt. Nach Art. 114 GG hat der Bundesminister der Finanzen dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat die Haushaltsrechnung und die Vermögensrechnung für das abgelaufene Rechnungsjahr im Laufe des nächsten Rechnungsjahres zur Erlangung der Entlastung der Bundesregierung vorzulegen. Nach § 3 BBankG ist die Deutsche Bundesbank als Zentralbank der Bundesrepublik Deutschland integraler Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken und wirkt an der Erfüllung 2 Gemäß Abschnitt 3.2 der Verwaltungsvorschrift für Zahlungen, Buchführung und Rechnungslegung (§§ 70 bis 72 und 74 bis 80 BHO) - VV-ZBR BHO - - Stand 11/2017 -. 3 Abschnitte 2.1.1 und 3.1.1 der Kassenbestimmungen für die Bundesverwaltung (KBestB), Stand 10/2019. 4 Abschnitt 3.1.2 der Kassenbestimmungen für die Bundesverwaltung (KBestB), Stand 10/2019. 5 Abschnitt 6.2.1 der Kassenbestimmungen für die Bundesverwaltung (KBestB), Stand 10/2019. 6 Abschnitt 9.2.2 der Kassenbestimmungen für die Bundesverwaltung (KBestB), Stand 10/2019. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 017/21 Seite 6 seiner Aufgaben mit dem vorrangigen Ziel mit, die Preisstabilität zu gewährleisten. Ihr ist es somit gesetzlich untersagt, Geld zu drucken. 2.4. Wirkung von Einnahmen auf den Girokonten der Kassen des Bundes Die meisten Steuern werden durch die Landesfinanzbehörden verwaltet (§ 108 Abs. 2 Grundgesetz -GG). Gemäß Art. 106 Abs. 3 GG steht das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer dem Bund und den Ländern gemeinsam zu. Am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer sind der Bund und die Länder je zur Hälfte beteiligt . Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer werden durch das Finanzausgleichsgesetz (FAG) festgesetzt, der (vorläufige) Vollzug der Umsatzsteuerverteilung erfolgt nach §§ 14, 15 FAG durch Verordnungen des Bundesministeriums der Finanzen. Danach überweisen die zuständigen Landeskassen nach dem Zugang der Steuerzahlungen die vorläufigen Einnahmen des Bundes aus der Umsatzsteuer zeitnah an die zuständige Bundeskasse.7 Bundeswertpapiere werden durch die „Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH“ im Namen und für Rechnung des Bundes in der Regel im Tenderverfahren begeben. Bietungsberechtigt im Tenderverfahren sind die Mitglieder der „Bietergruppe Bundesemissionen“, mit Stand vom 14. Januar 2021 33 Geschäftsbanken.8 Nach Abschluss des Tenderverfahrens sinkt das Guthaben auf dem Zentralbankkonto des oder der Mitglieder der „Bietergruppe Bundesemissionen“, die Bundeswertpapiere gekauft haben. Im gleichen Umfang steigt das Guthaben des Bundes bei der Deutschen Bundesbank. 3. Wirkungen der Zahlungen des Bundes auf Zentralbankguthaben und Buchgeldmenge 3.1. Definition von Zentralbankguthaben Grundsätzlich sind Zentralbankguthaben Guthaben der Banken auf Konten beim Eurosystem. Bei diesen Guthaben handelt es sich um Sichteinlagen des Bankensektors, die zur Erfüllung der Mindestreserveverpflichtung , für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs und als Liquiditätsreserve bei der Zentralbank gehalten werden, sowie um die Einlagefazilität. Diese Zentralbankguthaben verbleiben in der Regel im Sektor der Monetären Finanzinstitute, das heißt auf Konten von Banken und Zentralbanken, weil - von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen - nur Banken Konten bei der Zentralbank unterhalten können. Zu diesen Ausnahmen gehört, wie oben dargestellt, der Bund. Somit sind auch die Sichteinlagen des Bundes bei der Zentralbank Zentralbankgeld.9 7 Vgl. zum Beispiel § 1 Abs. 2 Verordnung des Bundesministeriums der Finanzen: Erste Verordnung zur Durchführung des Finanzausgleichsgesetzes im Ausgleichsjahr 2021, Bundesrats-Drucksache 110/21. 8 Deutsche Bundesbank Eurosystem: Tenderverfahren, unter: https://www.bundesbank.de/de/service/bundeswertpapiere /tenderverfahren/tenderverfahren-608740, abgerufen am 23. Februar 2020. 9 Bestätigung durch die Deutsche Bundesbank auf Nachfrage der Wissenschaftlichen Dienste. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 017/21 Seite 7 Im Übrigen verwendet ein Großteil der Zahlungsverkehrssysteme, insbesondere zur Abwicklung von Großbetragszahlungen, Zentralbankguthaben für die geldliche Verrechnung, weil bei Zentralbanken praktisch keine Kredit- und Liquiditätsrisiken bestehen.10 3.2. Definition, Schaffung und Vernichtung von Buchgeld Unter Buchgeld versteht man Einlagen bei Banken, die durch Buchungsakte in den Kontobüchern der Banken entstanden sind. Da das Buchgeld im bargeldlosen Zahlungsverkehr von einem Bankkonto zum anderen kreist, wird das Buchgeld auch als Giralgeld bezeichnet (von giro, italienisch : Drehung, Rundreise).11 Das klassische Beispiel für die Buchgeldschöpfung einer Bank ist die Buchkreditgewährung an eine inländische Nichtbank, bei der der Kreditbetrag dem Kreditnehmer nicht bar ausbezahlt, sondern auf seinem Konto als Sichteinlage gutgeschrieben wird. Die Vernichtung von Buchgeld erfolgt - spiegelbildlich - mit der Ausbuchung der zuvor geschaffenen Sichteinlage. Sowohl Buchgeldschöpfung als auch -vernichtung basieren somit immer auf Transaktionen, an denen Banken und Nichtbanken aus dem Inland beteiligt sein müssen.12 Bei der Durchführung der Zahlungen des Bundes (Ausgaben oder Steuereinnahmen) finden Umbuchungen zwischen Konten des Staates und der Banken bei der Zentralbank statt, das heißt, es wird Zentralbankgeld umgeschichtet. Bei der Gutschrift beziehungsweise Belastung durch die Geschäftsbank auf dem Konto des Geschäftsbankkunden verändert sich die Menge an Buchgeld entsprechend.13 * * * 10 Deutsche Bundesbank: Die Rolle von Banken, Nichtbanken und Zentralbanken im Geldschöpfungsprozess, Monatsbericht April 2017, Seite 16ff. 11 Deutsche Bundesbank: Glossar, unter: https://www.bundesbank.de/de/startseite/glossar, abgerufen am 11. Februar 2021. 12 Deutsche Bundesbank: Die Rolle von Banken, Nichtbanken und Zentralbanken im Geldschöpfungsprozess, Monatsbericht April 2017, Seite 18ff. 13 Antwort der Deutschen Bundesbank auf Nachfrage der Wissenschaftlichen Dienste.