© 2018 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 017/18 Einzelfragen zur Grundsteuer Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 017/18 Seite 2 Einzelfragen zur Grundsteuer Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 017/18 Abschluss der Arbeit: 24. Januar 2018 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 017/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Vorschlag der Bundesländer Niedersachsen und Hessen 4 3. Mögliche Auswirkungen des Reformvorschlags 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 017/18 Seite 4 1. Einführung Der Auftraggeber bittet um Aktualisierung des Aktuellen Begriffs „Grundsteuer(-reform)“ vom 16. Mai 2014 hinsichtlich des Reformvorschlags der Bundesländer Niedersachsen und Hessen. Zudem ist eine detaillierte Beschreibung der Ermittlung der Grundsteuer anhand von Beispielrechnungen erwünscht. 2. Vorschlag der Bundesländer Niedersachsen und Hessen Der Reformvorschlag wurde am 04.11.2016 durch den Bundesrat mehrheitlich beschlossen.1 Nach Ansicht des hessischen Finanzministers hat die Nichtbefassung durch den Deutschen Bundestag zur Folge, dass nun das Bundesverfassungsgericht entscheiden muss.2 Nach dem Vorschlag der Länder Hessen und Niedersachsen soll auch künftig die Grundsteuer wertabhängig ausgestaltet werden. Jedoch wird keine Verkehrswertermittlung angestrebt. 3 Folglich bedarf es einer Erfassung der Gebäudewerte. Bei unbebauten Grundstücken wird auf die Bodenrichtwerte abgestellt, die die örtlichen Gutachterausschüsse festlegen. Bei bebauten Grundstücken wird zudem noch das Gebäude erfasst, wobei nach der Art des Gebäudes und dem Baujahr differenziert wird. Angeknüpft wird dabei an aktuelle Baukosten. 4 Bei der Bewertung der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft kommt künftig ein typisierendes Ertragswertverfahren zum Einsatz. Auf einzelbetriebliche Differenzierungen und Abgrenzungen kann dabei weitgehend verzichtet werden. Die erste Bewertung soll auf den Stichtag 01.01.2022 erfolgen. Doch selbst wenn die neuen Werte umfassend vorliegen, wird es noch nicht möglich sein, daraus die Höhe der neuen Grundsteuer für ein einzelnes Grundstück abzuleiten.5 Künftig würde dann nur noch zwei Arten von Vermögen unterschieden werden: Grundvermögen sowie land- und forstwirtschaftliches Vermögen . Die bisherige Aufteilung in drei Vermögensarten (land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Grundvermögen und Betriebsvermögen) entfällt damit forthin.6 1 BR-Drs. 515/16 vom 12. September 2016. 2 Hessisches Finanzministerium: Hessens Finanzminister Dr. Thomas Schäfer: „Der Politik hat es an Mut und Willen gefehlt, deshalb muss nun das Verfassungsgericht entscheiden. Das ist nicht mein Anspruch an Politik.“, Pressemitteilung, 11.01.2018, im Internet unter: https://finanzen.hessen.de/presse/pressemitteilung/hessensfinanzminister -dr-thomas-schaefer-der-politik-hat-es-mut-und-willen [19.01.2018]. 3 Vgl. Schäfer, Thomas: Eine Frage der Gerechtigkeit, in: ifo Schnelldienst 18/2016, S. 5. 4 Schäfer, Thomas: Eine Frage der Gerechtigkeit, in: ifo Schnelldienst 18/2016, S. 6. 5 Ebenda. 6 Vgl. Löhr, Dirk: Zum neuen Grundsteuer-Reformmodell der Länderfinanzminister – gerecht und verlässlich?, in: BetriebsBerater 35/2016, S. 2075. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 017/18 Seite 5 Die bisherige Berechnungsmethode bleibt erhalten. Der Einheitswert wird mit einer gesetzlich festgelegten Steuermesszahl multipliziert. Dies ergibt den Steuermessbetrag. Hierauf findet dann der jeweilige Hebesatz Anwendung.7 Erst wenn die Neubewertung der rund 35 Mio. Einheiten abgeschlossen ist, wird ein entsprechendes »Eintakten« der Steuermesszahlen möglich sein, um die angestrebte bundesweite Aufkommensneutralität zu erreichen. Die neuen Steuermesszahlen werden daher erst in einem zweiten Reformschritt gesetzlich festgelegt. Wenn in diesem Zusammenhang das Grundsteuergesetz angepasst wird, ist auch der Zeitpunkt gekommen, über Änderungen bei den Steuerbefreiungen und Steuerermäßigungen nachzudenken.8 Im Bundesgebiet sind die Verhältnisse keineswegs einheitlich. Auf bundesweiter Basis ermittelte Steuermesszahlen werden daher nicht in jedem Land genau passen. Daher wird den Ländern erlaubt , eigene Steuermesszahlen festzulegen. Nach der Einschätzung von Schäfer erhalten Länder und Kommunen damit alle notwendigen Instrumente , um die Reform in ihrem Gebiet aufkommensneutral auszugestalten. Aufkommensneutralität bedeutet aber nicht, dass jeder Bürger genau die gleiche Grundsteuer zahlen wird wie bisher. Vielmehr geht es darum, das jeweilige Gesamtaufkommen konstant zu halten. Veränderungen der Belastung eines einzelnen Grundstückes oder eines Betriebes der Land-und Forstwirtschaft sind hingegen unausweichlich. Sie sind die zwingende Folge der sich seit der letzten Bewertung veränderten Wertrelationen. Einer Mehrbelastung einzelner Grundbesitzer steht bei Aufkommensneutralität immer eine entsprechende Entlastung anderer Grundbesitzer gegenüber.9 3. Mögliche Auswirkungen des Reformvorschlags Löhr hat anhand einer Beispielrechnung die intrakommunalen Belastungsverschiebungen und Verzerrungen versucht herauszuarbeiten:10 7 Vgl. Scheffler, Wolfram: Werden die Bürger, die für 2027 geplante Grundsteuerreform akzeptieren?, in: ifo Schnelldienst 18/2016, S. 9. 8 Schäfer, Thomas: Eine Frage der Gerechtigkeit, in: ifo Schnelldienst 18/2016, S. 6. 9 Schäfer, Thomas: Eine Frage der Gerechtigkeit, in: ifo Schnelldienst 18/2016, S. 7. 10 Löhr, Dirk: Zum neuen Grundsteuer-Reformmodell der Länderfinanzminister – gerecht und verlässlich?, in: Betriebs Berater 35/2016, S. 2076. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 017/18 Seite 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 017/18 Seite 7 Der Grafik ist zu entnehmen, dass die steuerlichen Kostenwerte weder Struktur noch Niveau der Verkehrswerte reflektieren. Die Spanne reicht zwischen 54% und 181%. Auch wenn Löhr weitere Berechnungen als notwendig ansieht, um eine Allgemeingültigkeit seiner Aussagen zu untermauern , konstatiert er:11 - Neubauten werden vergleichsweise stärker belastet als Altbauten. - Einfamilienhäuser werden ebenso stärker belastet als Geschosswohnungen. - Immobilien in der Peripherie werden auch stärker belastet als solche im Zentrum. Nach Löhr belastet das Modell der Landesfinanzminister (LFM-Modell) langfristig schwerpunktmäßig die Mieter und die mobilen Produktionsfaktoren, eine Bodenwertsteuer hingegen eher die Eigentümer und den Produktionsfaktor Boden.12 Erläuterung: EFH: Einfamilienhaus; GWB: Geschosswohnungsbau. Quelle: Löhr, Dirk: Die Belastungsverschiebungen im Kostenwertmodell: Gerecht?, in: ifo- Schnelldienst 18/2016, S. 16. *** 11 Löhr, Dirk: Zum neuen Grundsteuer-Reformmodell der Länderfinanzminister – gerecht und verlässlich?, in: Betriebs Berater 35/2016, S. 2077. 12 Löhr, Dirk: Die Belastungsverschiebungen im Kostenwertmodell: Gerecht?, in: ifo-Schnelldienst 18/2016, S. 16.