© 2018 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 015/18 18 Das Haushaltsrecht und das parlamentarische Haushaltsverfahren der Bundesrepublik Deutschland Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 2 Das Haushaltsrecht und das parlamentarische Haushaltsverfahren der Bundesrepublik Deutschland Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 015/18 Abschluss der Arbeit: 17. Januar 2018 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Zur geschichtlichen Entwicklung des parlamentarischen Budgetrechts 5 1.1. Gewaltenteilung als Grundvoraussetzung staatlicher Mitwirkungssysteme 5 1.2. Entwicklungslinien des öffentlichen Haushalts 5 1.2.1. Von der Naturalwirtschaft zur Geldwirtschaft 5 1.3. Herausbildung eines staatlichen Haushaltssystems bis zum Ende des 18. Jahrhunderts 5 1.3.1. Staatlicher Finanzbedarf und Parlamentsentwicklung 6 1.3.2. Entwicklung zu einem verfassungsrechtlich gesicherten Budgetrecht 7 2. Struktur und Inhalt des Haushaltsrechts 7 2.1. Systematik des Haushaltsrechts des Bundes 7 2.1.1. Verfassungsrechtliche Grundlagen (Art. 109 - 115 GG) 8 2.1.2. Gesetzliche Regelungen 8 2.1.3. Verwaltungsvorschriften 10 2.2. Haushaltsgrundsätze 10 2.2.1. Verfassungsgrundsätze 10 2.2.2. Grundsätze ohne Verfassungsrang 11 2.3. Haushaltssystematik 12 2.3.1. Gesamtplan 12 2.3.2. Einzelpläne 12 2.3.3. Kapitel 13 2.3.4. Titel 13 3. Funktion und Arbeitsweise des Haushaltsausschusses im Rahmen des parlamentarischen Haushaltsverfahrens 13 3.1. Zusammensetzung des Haushaltsausschusses 13 3.2. Funktion und Aufgaben 14 3.3. Organisation der Haushaltsberatungen im Haushaltsausschuss 16 3.3.1. Das Berichterstattersystem des Haushaltsausschusses 16 3.3.2. Struktur und Arbeitsweise der Berichterstattergruppen 16 3.3.3. Beratung in den Fraktionsgruppen 17 3.3.4. Beratung im Plenum des Haushaltsausschusses 17 3.3.5. Grenzen des Entscheidungsspielraums des Haushaltsausschusses 18 3.3.6. Abschluss der Beratungen 18 4. Beratungs- und Zustimmungsverfahren zum Haushaltsentwurf im Plenum des Deutschen Bundestages 19 4.1. Dem Parlament vorzulegende Dokumente 19 4.2. Erster Durchgang im Bundesrat 19 4.3. Erste Lesung im Bundestag 19 4.4. Beratung im Haushaltsausschuss 20 4.5. Zweite Lesung im Deutschen Bundestag 20 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 4 4.6. Dritte Lesung im Bundestag 20 4.7. Zweiter Durchgang im Bundesrat 20 4.8. Gegenzeichnung, Ausfertigung und Verkündung 21 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 5 1. Zur geschichtlichen Entwicklung des parlamentarischen Budgetrechts 1.1. Gewaltenteilung als Grundvoraussetzung staatlicher Mitwirkungssysteme Die Formulierung der Gewaltenteilung als grundlegendes Ordnungs- und Strukturprinzip moderner Verfassungen entstammt der Aufklärung und wurde zuerst von J. Locke (1632-1704) formuliert . Er trennte die Exekutive im Vollzug der Gesetze von der Legislative, kannte aber keine eigenständige dritte richterliche Gewalt. Erst Montesquieu (1689-1755) gilt als Vater der neuzeitlichen liberalen Gewaltenteilungslehre. Er weist ('De l'esprit des lois 1748') die drei Staatsfunktionen der Exekutive, Legislative und Judikative unterschiedlichen Staatsorganen zu, ordnet diese den tragenden politisch-sozialen Kräften seiner Zeit (Königtum, Adel, Bürgertum) zu und fügt sie in gegenseitiger Verschränkung und Mitbeteiligung zu einem System kontrollierenden Gleichgewichts. In der Verfassungswirklichkeit der USA (seit 1776/87) mangels monarchischer Tradition zu charakteristischer Ausprägung gelangt , erhielt die Gewaltenteilung in der Französischen Revolution 1789 im Artikel 16 der 'Déclaration des droits de l'homme et du citoyen' grundgesetzlichen Charakter. 1.2. Entwicklungslinien des öffentlichen Haushalts1 1.2.1. Von der Naturalwirtschaft zur Geldwirtschaft Ursprünglich wurde der staatliche 'Finanzbedarf', d.h. die Mittel zu Bewältigung staatlicher Aufgaben durch die Verpflichtung zu Naturalleistungen (Gestellung bewaffneter Krieger, Hand- und Spanndienste) gedeckt. Erst mit der Entstehung des Geldwesens im 14. Jhd. wurden die Naturalleistungen durch Geldleistungen ersetzt. 1.3. Herausbildung eines staatlichen Haushaltssystems bis zum Ende des 18. Jahrhunderts Die Notwendigkeit zur Schaffung eines rationalen Etatsystems ergab sich erst nach Ende des 30jährigen Krieges (1618-1648), als Wiederaufbaumaßnahmen und geistige, militärische und religiöse Wandlungen zur Erstarkung von Zentralgewalten führten. Eine zentrale Finanzbürokratie befasste sich mit der Erhebung von Steuern und der Förderung von Handel und Gewerbe auch um neue Einnahmequellen zu erschließen. Der Haushaltsplan hatte nur die Funktion eines Instruments des Souveräns zur Kontrolle der Staatsfinanzen und seiner Verwaltungsbürokratie. Dementsprechend wurde der Etat als Staatsgeheimnis behandelt, also keinesfalls veröffentlicht. Der Kampf um die Etathoheit ist das zentrale Thema der Geschichte des Haushaltsrechts. Er setzt ein, als die Landesherren sich zur Sicherung der finanziellen Ressourcen für den Ausbau von Land und Herrschaft genötigt sahen, ihren Untertanen weitere Abgaben aufzuerlegen. Ein solches Abgabenerhebungsrecht wurde den Fürsten von den Betroffenen nicht widerspruchslos eingeräumt. Von der Heftigkeit, mit der dieser Streit ausgetragen wurde, zeugen dramatische Beispiele vor allem aus der englischen und französischen Geschichte: Dem Sturz und der späte- 1 Nach Piduch, Bundeshaushaltsrecht und Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 89. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 6 ren Hinrichtung Karls I. von England, der Lossagung der amerikanischen Kolonien vom Mutterland ('No taxation without representation'), aber auch der Französischen Revolution gingen tiefgreifende Auseinandersetzungen um die Erhebung neuer oder höherer Steuern sowie um die Kontrolle von deren Verwendung voraus. 1.3.1. Staatlicher Finanzbedarf und Parlamentsentwicklung In der historischen Entwicklung sind zwei wesentliche Elemente der Mitbestimmung am Staatshaushalt zu unterscheiden: Der erste Schritt war das Recht, über die Erhebung von Steuern mitzubestimmen (d. h. über die Staatseinkünfte). Erst im zweiten Schritt wurde auch das Recht erstritten, auf die Verwendung der Steuergelder Einfluss zu nehmen (d. h. über die Staatsausgaben). In England der Magna Charta von 1215 wurde die Erhebung neuer staatlicher Abgaben von der Zustimmung des 'Allgemeinen Rates' abhängig gemacht, dem zunächst die großen Lehensträger, später auch Vertreter des niederen Adels und der Städte angehörten und für den sich unter Heinrich III. der Name Parlament einbürgerte. Seit etwa 1340 wirkte das Parlament an der Gesetzgebung mit, zunächst in Form von an den König gerichteten Bitten ('petition'), später in Form der vom Parlament formulierten, vom König genehmigten 'Bill'. Im 14. und 15. Jahrhundert konnten zeitweilig weitere Rechte des Parlaments, wie die Überwachung der Finanzen, durchgesetzt werden. In der Petition of Right von 1628 wurde u. a. das Steuerbewilligungsrecht des Parlaments bestätigt; in der Declaration of Rights von 1689 wurden außerdem die Aufhebung von Gesetzen und die Unterhaltung eines stehenden Heeres in Friedenszeiten an die Einwilligung des Parlaments gebunden. Das französiche Parlament war ursprünglich ein ständiger Gerichtshof, der sich im 13. Jahrhundert aus der Curia Regis entwickelt hat und als oberste Berufungsinstanz auch für die Lehensfürstentümer zuständig war. Neben dem Parlament von Paris bildeten sich im Lauf der Zeit auch in anderen Städten Parlamente; 1789 waren es insgesamt 14. Aus dem Brauch, die königlichen Erlasse in die Register des (Pariser) Parlaments einzutragen, entwickelte sich der Anspruch der Parlamente auf Überprüfung der Gesetze. Ein Parlament im modernen Sinn ist in Frankreich jedoch erst mit der Französischen Revolution durch Einberufung der Generalstände, später durch die Wahl der Nationalversammlung, dann der Kammern eingeführt worden. In Deutschland stellten die Parlamente zunächst keine Volksvertretungen, sondern Ständeversammlungen dar, in denen der Adel, der Klerus und das Stadtpatriziat vertreten waren. Der Reichstag des Hl. Röm. Reichs Deutscher Nation wie auch die Landstände (Kammern) der einzelnen Territorialstaaten konnten in den ihrer Mitwirkung unterliegenden Fragen nur gemeinsam mit dem Staatsoberhaupt (Kaiser oder Landesherr) entscheiden. Im Absolutismus gingen diese Ständeversammlungen bis auf wenige Ausnahmen unter. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 7 1.3.2. Entwicklung zu einem verfassungsrechtlich gesicherten Budgetrecht Die Forderung, den Haushaltsplan zu veröffentlichen, wurde Anfang des 19. Jahrhunderts vornehmlich im Interesse des staatlichen Kreditbedarfs erzwungen. So war 1820 eine selbständige Hauptverwaltung der Staatsschulden eingerichtet worden, mit der die absolute Regierung ihre Machtbefugnisse zugunsten einer selbständigen Kreditkontrolle beschränkte, um das Vertrauen zum Staat und zu seiner Verwaltung zu befestigen. Für die weitere Entwicklung in den deutschen Staaten wurde Preußen maßgebend, das nach der militärischen Niederlage gegen Napoleon einen entscheidenden Machtverlust der absoluten Monarchie hinnehmen musste. Der Anlass zu Reformen vollzog sich, wie häufig in der Geschichte, unter dem Druck einer finanziellen und wirtschaftlichen Notlage. Art. 99 der revidierten preußischen Verfassung vom 31. Januar 1850 markierte den Durchbruch zum Prinzip der Etathoheit des Parlaments. Diese Vorschrift übernahm aus der belgischen Verfassung von 1830 die Regelung: 'Alle Einnahmen und Ausgaben des Staates müssen für jedes Jahr im Voraus veranschlagt und auf den Staatshaushalts-Etat gebracht werden. Letzterer wird jährlich durch ein Gesetz festgestellt .' Eine entscheidende Entwicklungsstufe in Deutschland bilden auch die während des Übergangs von der absoluten zur konstitutionellen Monarchie in den süddt. Staaten nach den Freiheitskriegen erlassenen Verfassungen (Bayern und Baden 1818, Württemberg 1819), die den beiden Kammern das Recht der Steuerbewilligung und der Genehmigung von Schuldenaufnahmen einräumten . Ein Ausgabenbewilligungsrecht erhielten die Parlamente erst nach 1848. Die Volksvertretung bekam damit das Recht, auf die Gestaltung der einzelnen Einnahmen- und Ausgabenpositionen einzuwirken sowie den Haushaltsplan im Ganzen zu bewilligen oder zu verwerfen . Die Haushaltsvorschriften der preußischen Verfassung von 1850 (Art.99) wurden schließlich in die Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 (Art.69) nahezu unverändert übernommen. An die Reichsverfassung von 1871 lehnte sich wiederum Art. 85 der Verfassung von Weimar an. Damit waren die grundlegenden Auseinandersetzungen um das parlamentarische Budgetrecht im Wesentlichen entschieden und die Basis für das Haushaltsverfassungsrecht des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschlands, wie sie in Art. 110 GG niedergelegt ist, geschaffen. 2. Struktur und Inhalt des Haushaltsrechts 2.1. Systematik des Haushaltsrechts des Bundes Das Haushaltsrecht des Bundes setzt sich aus verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Regelungen sowie aus zahlreichen Verwaltungsvorschriften zusammen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 8 2.1.1. Verfassungsrechtliche Grundlagen (Art. 109 - 115 GG) Das Grundgesetz enthält zahlreiche Regelungen zum Haushaltssystem und Haushaltsverfahren. Hervorzuheben sind insbesondere: Unabhängigkeit und Selbständigkeit der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern sowie Verpflichtung zur Ausrichtung der Haushaltswirtschaft auf die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts im Rahmen der Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin aus Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft (Art. 109 GG); Pflicht der Bundesregierung zur Budgetinitiative und ausschließliche Kompetenz des Haushaltsgesetzgebers zur Feststellung des Haushaltsplanes (Art. 110 GG); Befugnis der Bundesregierung zur vorläufigen Haushaltsführung, wenn der Haushalt nicht rechtzeitig verabschiedet ist (Art. 111 GG); Notbewilligungsrecht des Bundesministers der Finanzen (BMF), über- und außerplanmäßigen Ausgaben im Haushaltsvollzug zuzustimmen (Art. 112 GG); Voraussetzung ist ein unvorhersehbares und unabweisbares Bedürfnis. Liegt es nicht vor, bedarf es der Vorlage eines Nachtragshaushaltsgesetzes (§ 33 BHO), es sei denn, die Mehrausgaben dienen der Erfüllung von Rechtsverpflichtungen. Befugnis der Bundesregierung, einnahme- oder ausgabenwirksame Gesetze von ihrer Zustimmung abhängig zu machen (Art. 113 GG); Finanzkontrolle durch unabhängige Rechnungsprüfungsbehörde (Bundesrechnungshof) und Parlament (Art. 114 GG); gesetzliche Ermächtigung als Voraussetzung zur Aufnahme von Krediten und zur Übernahme von Gewährleistungen (Art. 115 GG); Kreditaufnahme ist nur zulässig, soweit ein Bundesgesetz dazu ermächtigt. Die Kreditobergrenze bildet die Strukturkomponente in Höhe von 0,35 vom Hundert des Bruttoinlandsprodukts, die um die konjunkturabhängige Komponente erhöht bzw. reduziert wird. 2.1.2. Gesetzliche Regelungen Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StWG) Mit diesem Gesetz aus dem Jahr 1967 wurde dem grundlegenden Wandel von der herkömmlichen Bedarfsdeckungsfunktion der öffentlichen Haushalte zu einer modernen gesamtwirtschaftlichen Budgetfunktion Rechnung getragen. Danach ist die öffentliche Haushaltswirtschaft auf das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht (Vollbeschäftigung, hohes Wirtschaftswachstum, Preisstabilität und außenwirtschaftliches Gleichgewicht – so genanntes magisches Viereck) auszurichten. Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) Das Haushaltsgrundsätzegesetz verpflichtet Bund und Länder, ihr Haushaltsrecht nach den Prinzipien des Haushaltsgrundsätzegesetzes zu regeln. Einige Vorschriften (§ 49 ff.) gelten einheitlich Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 9 und unmittelbar für Bund und Länder. Das Haushaltsgrundsätzegesetz kann nur mit Zustimmung des Bundesrates geändert werden. Bundeshaushaltsordnung (BHO) Mit der Bundeshaushaltsordnung erfüllt der Bund seine Verpflichtungen aus dem Haushaltsgrundsätzegesetz und trifft ergänzende Regelungen. Die Länder haben ihre Verpflichtungen durch Erlass der Landeshaushaltsordnungen erfüllt. Die Einteilung der Vorschriften der Bundeshaushaltsordnung folgt dem Haushaltskreislauf: Aufstellung des Haushaltsplanes, Ausführung des Haushaltsplanes, Rechnungslegung, Rechnungsprüfung und Entlastung der Bundesregierung durch den Deutschen Bundestag. Haushaltsgesetz (HG) Das Haushaltsgesetz ist ein Zeitgesetz, d. h. es gilt nur für den Zeitraum, für den das Haushaltsgesetz beschlossen wird. Die Aufstellung, Beratung und Verabschiedung dieses Gesetzes ist ein den großen Teil eines Jahres bestimmender kontinuierlicher Prozess sowohl innerhalb der Regierung als auch innerhalb des Parlamentes. Mit dem Haushaltsgesetz wird der Haushaltsplan (Anlage zum Haushaltsgesetz) festgestellt. Als Einspruchsgesetz ist das Haushaltsgesetz der Bundeshaushaltsordnung gleichwertig und kann einzelne Regelungen der Bundeshaushaltsordnung zeitlich begrenzt abändern. Vorschriften des zustimmungspflichtigen Haushaltsgrundsätzegesetzes kann es nicht abändern. Neben der Feststellung des Haushaltsplanes enthält das Haushaltsgesetz besondere Vollmachten für die Regierung und besondere Rechtsvorschriften über die jährliche Haushalts- und Wirtschaftsführung . Enthalten muss das Haushaltsgesetz zwingend die Festlegung des Haushaltsvolumens , die Ermächtigung für den BMF zur Aufnahme von Krediten und zur Übernahme von Gewährleistungen sowie den Tag seines Inkrafttretens. Daneben kann das Haushaltsgesetz beinhalten : besondere Ermächtigungen zum Vollzug des Haushaltsplans, Außerkraftsetzungen haushaltsrechtlicher Vorschriften der BHO für die Geltungsdauer des Haushaltsgesetzes, allgemeine, zumeist für alle Ressorts der Bundesregierung geltende, Bewirtschaftungsregeln und Bestimmungen , die über die allgemeine Gültigkeitsdauer des Haushaltsgesetzes hinaus bis zur Verkündung des folgenden Haushaltsgesetzes weiter gelten sollen. Abweichungen bzw. Änderungen von dauergesetzlichen Vorschriften dürfen in das Haushaltsgesetz nur unter der Voraussetzung der Vereinbarkeit mit dem Bepackungsverbot des Art. 110 Abs. 4 Satz 1 GG aufgenommen werden. In zeitlicher Hinsicht besteht der Inhalt dieses Verbots darin, dass in das Haushaltsgesetz keine Vorschriften aufgenommen werden dürfen, die über den Zeitraum hinaus wirken, für den das Haushaltsgesetz beschlossen wird. Das sachliche Bepackungsverbot hat den Sinn, das Haushaltsgesetzgebungsverfahren von allen Bestimmungen freizuhalten, die nicht unmittelbar die zur Entscheidung anstehende Haushaltswirtschaft (Einnahmen und Ausgaben des Bundes) betreffen. Solche Bestimmungen können nämlich zu Auseinandersetzungen im parlamentarischen Haushaltsverfahren führen und dadurch die rechtzeitige Verabschiedung des Haushaltsgesetzes beeinträchtigen. Gleiches gilt für die Aufnahme von Vorschriften zur Änderung von Fachgesetzen (Steuergesetze, Geldleistungsgesetze etc.), die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen (Änderungen zustimmungspflichtiger Gesetze). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 10 Haushaltsplan Der Haushaltsplan wir durch das Haushaltsgesetz vom Gesetzgeber festgestellt. Hierdurch erhält der Haushaltsplan Gesetzesqualität und bindet Regierung und Verwaltung. Der Haushaltsplan dient der Feststellung und Deckung des Finanzbedarfs, der zur Erfüllung der Aufgaben des Bundes im Bewilligungszeitraum voraussichtlich notwendig ist. Er ist Grundlage für die Haushalts- und Wirtschaftsführung. Die Verwaltung wird durch den Haushaltsplan ermächtigt, Ausgaben zu leisten und Verpflichtungen einzugehen. Eine Verpflichtung der Verwaltung zur tatsächlichen Leistung der Ausgaben besteht nicht. Durch den Haushaltsplan werden Ansprüche oder Verbindlichkeiten für oder gegen Dritte weder begründet noch aufgehoben. Er hat also keine Außenwirkung. Er wirkt lediglich im Verhältnis zwischen den Staatsorganen der Legislative und der Exekutive. Haushaltsgesetz und Haushaltsplan bilden eine Einheit, nämlich den Haushalt. 2.1.3. Verwaltungsvorschriften Die Verwaltungsvorschriften zur Bundeshaushaltsordnung und die Verwaltungs-vorschriften zur Haushaltssystematik (Gruppierungsplan, Funktionenplan, Haushaltstechnische Richtlinien des Bundes) ergänzen und konkretisieren das Haushaltsrecht des Bundes. Sie sind für die Verwaltung verbindlich. 2.2. Haushaltsgrundsätze Das Grundgesetz, das Haushaltsgrundsätzegesetz und die Bundeshaushaltsordnung enthalten eine Reihe von Regelungen, deren Einhaltung für eine geordnete und wirtschaftliche Haushaltswirtschaft unerlässlich ist. Zu unterscheiden sind Grundsätze mit und ohne Verfassungsrang. 2.2.1. Verfassungsgrundsätze Grundsatz der Einheit und Vollständigkeit (Art. 110 Abs. 1 Satz 1 GG) Alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes sind in den Haushaltsplan einzustellen. Es dürfen keine Mittel ohne Haushaltsermächtigung ausgegeben werden. Sonderhaushalte sind nur für Bundesbetriebe und Sondervermögen zugelassen. Die Entwicklung der Sonderhaushalte wird im Einzelnen in den jährlichen Finanzberichten dargestellt. Sonderhaushalte sind beispielsweise der Energie- und Klimafonds und das Bundeseisenbahnvermögen. Grundsatz des Haushaltsausgleichs (Art. 110 Abs. 1 Satz 2 GG) Der Haushaltsplan ist in Einnahmen und Ausgaben auszugleichen. Er muss für den Gesamtbetrag der eingestellten Ausgaben die erforderliche Deckung ausweisen. Anderenfalls wäre die Vollzugsfähigkeit des Haushaltsplans nicht gewährleistet. Als Deckung sind auch Kredite im Rahmen der Kreditermächtigung nach Art. 115 GG zulässig. Jährlichkeitsgrundsatz (Art. 110 Abs. 2 GG) Der Haushaltsplan wird für ein Rechnungsjahr oder mehrere Rechnungsjahre, nach Jahren getrennt , durch Haushaltsgesetz festgestellt. Auch bei mehrjährigen Haushalten wird damit ein Jahreshaushalt aufgestellt, um eine jährliche Rechnungslegung und -kontrolle zu gewährleisten. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 11 Grundsatz der Vorherigkeit (Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG) Der Haushaltsplan wird vor Beginn des Haushaltsjahres festgestellt. Die rechtzeitige Haushaltsbewilligung ist für eine geordnete wirtschaftliche Haushaltsführung wichtig. Bepackungsverbot (Art. 110 Abs. 4 Satz 1 GG) In das jährliche Haushaltsgesetz dürfen nur Vorschriften aufgenommen werden, die sich auf die Einnahmen und Ausgaben des Bundes und auf den Zeitraum beziehen, für den das Haushaltsgesetz beschlossen ist. Zum zeitlichen und sachlichen Inhalt des Bepackungsverbots vgl. die Ausführungen zum Haushaltsgesetz unter Ziffer 2.1.2. 2.2.2. Grundsätze ohne Verfassungsrang Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 6 HGrG, § 7 BHO) Die Grundsätze sind bei Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplanes zu beachten. Wirtschaftlichkeit bedeutet, ein bestimmtes Ergebnis mit geringstmöglichen Mitteleinsatz (Sparsamkeitsprinzip ) oder mit einem bestimmten Mitteleinsatz das bestmögliche Ergebnis (Ergiebigkeitsprinzip ) zu erreichen. Gebot der Gesamtdeckung (§ 7 HGrG, § 8 BHO) Alle Einnahmen dienen grundsätzlich als Deckungsmittel für alle Ausgaben. Damit wird eine bevorzugte Deckung bestimmter Ausgaben verhindert. Andererseits müssen wichtige Ausgaben nicht zurückgestellt werden, bis für sie zweckbestimmte Einnahmen eingegangen sind. Fälligkeitsprinzip (§ 8 HGrG, § 11 BHO) Im Haushalt dürfen nur die Ausgaben veranschlagt werden, die im Haushaltsjahr voraussichtlich fällig und damit kassenwirksam werden. Trennung von Ausgabeermächtigungen und Verpflichtungsermächtigungen (§§ 16, 38 BHO) Verpflichtungsermächtigungen werden für Maßnahmen in den Haushaltsplan eingestellt, die den Bund zur Leistung von Ausgaben nicht im Planungsjahr, sondern in künftigen Haushaltsjahren verpflichten können. Durch das Institut der Verpflichtungsermächtigung soll das parlamentarische Budgetrecht im Hinblick auf Vorbelastungen künftiger Haushalte gesichert werden. Bruttoprinzip (§ 12 HGrG, § 15 Abs. 1 BHO) Die Einnahmen und Ausgaben sind in voller Höhe und getrennt voneinander zu veranschlagen. Es dürfen also weder Ausgaben von Einnahmen vorweg abgezogen noch Einnahmen auf Ausgaben vorweg angerechnet werden. Soweit in Ausnahmefällen eine Saldierung zweckmäßig und zulässig ist, ist aus Kontrollgründen die Berechnung des Saldos in den Erläuterungen des Haushaltsplans darzustellen. Durch das Bruttoprinzip wird die Zusammensetzung der einzelnen Haushaltspositionen transparent gemacht. Grundsatz der Einzelveranschlagung (§ 12 Abs. 4 HGrG, § 17 Abs. 1 BHO) Zur Haushaltsklarheit gehört die Spezifizierung der Haushaltsansätze. Demnach sind die Einnahmen nach dem Entstehungsgrund, die Ausgaben und die Verpflichtungs-ermächtigungen nach Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 12 Zwecken getrennt zu veranschlagen. Je stärker der Grundsatz der Einzelveranschlagung beachtet wird, desto stärker ist die Einflussmöglichkeit des Parlaments auf den Haushaltsplan und die Bindung der Regierung daran im Haushaltsvollzug. Grundsätze der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit Aus dem Grundsatz des Haushaltsausgleichs folgen das ungeschriebene materielle Gebot der Haushaltswahrheit und das formelle Gebot der Haushaltsklarheit. Nach dem Grundsatz der Haushaltswahrheit sind die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben mit größtmöglicher Genauigkeit zu schätzen. Nach dem Grundsatz der Haushaltsklarheit sind Haushaltsansätze nach einem durchgängigen System klar zu gliedern. Dies erleichtert die Kontrolle der Einhaltung des Grundsatzes der Haushaltswahrheit. 2.3. Haushaltssystematik Eine sinnvolle Haushaltssystematik hat die Funktion, eine abgestimmte Finanzplanung und Haushaltswirtschaft der öffentlichen Gebietskörperschaften zu erleichtern, die Kontrolle der Einhaltung der Haushaltsgrundsätze zu ermöglichen und den personellen und zeitlichen Aufwand im Zusammenhang mit der Haushaltsführung, Rechnungslegung und Rechnungsprüfung in Grenzen zu halten. Mindestanforderungen an die Haushaltssystematik sind in den §§ 10 und 11 HGrG sowie in den §§ 13 und 14 BHO aufgestellt. 2.3.1. Gesamtplan Der Haushaltsplan besteht aus dem Gesamtplan und den Einzelplänen. Der Gesamtplan dient der Transparenz und der Vergleichbarkeit des Haushalts in finanzwirtschaftlicher und gesamtwirtschaftlicher Sicht. Er besteht aus der Haushaltsübersicht (Summen der Einzelpläne), der Finanzierungsübersicht (Gegenüberstellung von Ausgaben und Einnahmen ), dem Kreditfinanzierungsplan (Kreditaufnahme und Schuldentilgung) und einer Übersicht über die flexibilisierten Ausgaben (gegenseitige Deckungsfähigkeit). Hinter dem Gesamtplan werden weitere Übersichten als Anlagen zum Haushaltsplan beigefügt: Gruppierungsübersicht, Funktionenübersicht, Haushaltsquerschnitt, Übersicht über den Haushalt durchlaufende Posten sowie eine Personalübersicht. Sie haben die Funktion, den Haushaltsplan statistisch zu erläutern. 2.3.2. Einzelpläne Die Einzelpläne enthalten alle veranschlagten Haushaltseinnahmen und -ausgaben, Verpflichtungsermächtigungen , Planstellen und Stellen einer obersten Bundesbehörde. Sie bestehen aus einem Inhaltsverzeichnis, einem Vorwort und verschiedenen Kapiteln. In diesen Kapiteln sind die maßgeblichen Haushaltstitel, die ihrerseits teilweise aus Gründen der Übersichtlichkeit in Titelgruppen zusammengefasst sind. Für die Einzelpläne gilt das Ministerialprinzip, d.h. jedem Ressort ist ein Einzelplan zugewiesen. Für bestimmte Aufgabenbereiche wird das Realprinzip angewandt. So bilden die Bundesschuld Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 13 und die allgemeine Finanzverwaltung (Steuereinnahmen) jeweils einen eigenen Einzelplan (Epl. 32 bzw. 60). 2.3.3. Kapitel Ein Kapitel untergliedert einen Einzelplan nach Verwaltungsbehörden bzw. Aufgabenbereichen innerhalb eines Einzelplans. Das erste Kapitel des Einzelplans eines jeden Ressorts lautet Bundesministerium. Hierin sind die Einnahmen und Ausgaben, die unmittelbar das Ministerium betreffen, veranschlagt. Als zweites Kapitel folgen die „Allgemeinen Bewilligungen“ mit den Veranschlagungen für die verschiedenen Aufgaben im Geschäftsbereich dieses Ministeriums. Es folgen weitere Kapitel für besondere Aufgabenbereiche und für nachgeordnete Behörden. 2.3.4. Titel Die Titel stellen die unterste Stufe des Haushaltsplanes dar. Entsprechend dem Gruppierungsplan werden die Einnahmen nach ihrem Entstehungsgrund und die Ausgaben nach ihrem Zweck titelweise veranschlagt. Die gesetzliche Feststellung erstreckt sich auf das sog. Dispositiv. Dieses setzt sich zusammen aus: der Zweckbestimmung, dem Betrag für das Haushaltsjahr, den Verpflichtungsermächtigungen und den Haushaltsvermerken. Hinzu kommen die unverbindlichen Erläuterungen. Sie können durch Haushaltsvermerk für verbindlich erklärt werden. Den Titeln sind eine fünfstellige Titelnummer (dreistellige Gruppierungsnummer und zweistellige Zählnummer) sowie eine dreistellige Funktionenkennzahl zugeordnet. Durch Zusammenfassung von Titeln zu einer Titelgruppe mit einer übergeordneten Zweckbestimmung wird die Übersicht über sachlich zusammenhängende Titel erleichtert. 3. Funktion und Arbeitsweise des Haushaltsausschusses im Rahmen des parlamentarischen Haushaltsverfahrens 3.1. Zusammensetzung des Haushaltsausschusses Die Einsetzung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages ist weder in der Verfassung noch in den Vorschriften des Haushaltsgrundsätzegesetzes oder der BHO zwingend vorgesehen . ( Anders z.B. der Verteidigungsausschuss nach Art. 45a oder der Petitionsausschuss nach Art. 45c GG) Die Existenz des Haushaltsausschusses wird vielmehr durch die jährlichen Haushaltsgesetze und die jeweils für eine Legislaturperiode erneut zu verabschiedende Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (§§ 94 - 96 GOBT) vorausgesetzt. Der Haushaltsausschuss ist mit gegenwärtig 44 Mitgliedern einer der größten aller (23) ständigen Ausschüsse des Deutschen Bundestages. Die Zusammensetzung des Haushaltsausschusses entspricht der Mitgliederstärke der im Plenum des Bundestages vertretenen Fraktionen und Gruppen . Der Vorsitz im Haushaltsausschuss kommt nach parlamentarischem Brauch immer einem Mitglied der stärksten Oppositionsfraktion zu. Hierin spiegelt sich sehr stark die hervorgehobene Kontrollaufgabe des Haushaltsausschusses gegenüber der Bundesregierung wider. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 14 Zur Optimierung seiner eigenen Arbeit hat der Haushaltsausschuss zwei Unterausschüsse eingesetzt , nämlich den Rechnungsprüfungsausschuss und den Unterausschuss zu Fragen der Europäischen Union. Die Mitglieder dieser Unterausschüsse sind zugleich Mitglieder des Haushaltsausschusses . Während der Hauptausschuss vor allem für die Bewilligung der Mittel zuständig ist, vollzieht der Rechnungsprüfungsausschuss das Ausgabeverhalten der Regierung nach, prüft die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes und bereitet die Entlastung der Bundesregierung durch das Plenum des Deutschen Bundestages auf der Grundlage der Bemerkungen des Bundesrechnungshofs vor. Der Unterausschuss zu Fragen der Europäischen Union hat die Aufgabe, die Vorberatung der ihm überwiesenen Vorlagen der europäischen Gemeinschaftsorgane (Rat, Europaparlament und Kommission ) durchzuführen. Zur Wahrnehmung bestimmter Aufgaben hat der Gesetzgeber Gremien vorgesehen, die im Haushaltsausschuss angesiedelt sind. Dazu gehören das Gremium nach § 10a Abs. 2 BHO (Vertrauensgremium ), das parlamentarische Kontrollgremium gemäß § 10a des Finanzmarktstabilsierungsfondsgesetzes und § 16 des Restrukturierungsfondsgesetzes (Finanzmarktgremium) und das Gremium gemäß § 3 Abs. 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes und § 6 Abs. 2 des ESM-Finanzierungsgesetzes (Sondergremium). Das Vertrauensgremium hat die Aufgabe, der Geheimhaltung unterliegende Ausgaben (z. B. Wirtschaftspläne der Nachrichtendienste) zu bewilligen. Das Finanzmarktgremium überwacht das im Oktober 2008 aufgrund der Finanzmarktkrise verabschiedete Bankenrettungspaket des Bundes im Volumen von 480 Mrd. Euro und berät über grundsätzliche und strategische Fragen sowie langfristige Entwicklungen der Finanzmarktpolitik. Das Sondergremium ist mit der Wahrnehmung der Beteiligungsrechte des Bundestages betraut, wenn nach Artikel 18 des Vertrages zur Errichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) Aufkäufe von Staatsanleihen eines Mitgliedsstaates der Europäischen Währungsunion auf dem Sekundärmarkt geplant sind und die Bundesregierung die besondere Vertraulichkeit dieser Maßnahme geltend macht. 3.2. Funktion und Aufgaben Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages ist der Treuhänder des parlamentarischen Budgetrechts. Diese besondere Prestigefunktion des Haushaltsausschusses im Vergleich zu anderen Ausschüssen liegt in der Bedeutung und der Art der Wahrnehmung der ihm obliegenden Aufgaben begründet: Der Haushaltausschuss nimmt das neben der Petition älteste parlamentarische Recht wahr. Die Beratung der jährlichen Haushalte im Haushaltsausschuss aufgrund des Überweisungsbeschlusses des Plenums an den Ausschuss findet in einer weitreichenden Selbständigkeit gegenüber dem Plenum statt. Das Plenum übernimmt die zahlreichen detaillierten Beschlüsse zu den Einzeletatposten fast völlig unverändert, so dass Beschlüsse des Haushaltsausschusses inhaltlich oft Plenarbeschlüsse des Deutschen Bundestages vorwegnehmen. Die Entscheidungen des Haushaltsausschusses über die jährlichen Haushalte bilden damit die finanzielle Grundlage für die gesamte Staatstätigkeit. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 15 Nicht zuletzt deshalb zählen die Mitglieder des Haushaltsausschusses zu den einflussreichsten Parlamentariern des Deutschen Bundestages. Der Haushaltsausschuss hat im Wesentlichen folgende Aufgaben: Federführende Beratung des jährlichen Haushaltsentwurfes. Sie stellt die vornehmste Aufgabe des Haushaltsausschusses dar. Gegenstand der Beratung sind insbesondere die Einzelpläne . Daneben werden der Haushaltsgesetzentwurf und der Finanzplan beraten. Die Beratungen beginnen nach der Überweisung des Haushaltsentwurfes an den Haushaltsausschuss im Anschluss an die erste Lesung im Plenum des Bundestages. Den Abschluss der Beratungen im Haushaltsausschuss bilden die Beschlussempfehlungen zum Entwurf des Haushaltsgesetzes und zu jedem Einzelplan. Befassung mit Finanzvorlagen (§ 96 GOBT). Der Haushaltsausschuss hat bei Finanzvorlagen, d.h. bei Gesetzentwürfen mit finanziellen Auswirkungen, deren Vereinbarkeit mit dem laufenden und künftigen Haushalt zu prüfen und darüber an das Plenum des Deutschen Bundestages zu berichten. Beratung sonstiger Haushaltsvorlagen. Hierzu gehören Anträge auf Einwilligung zur Veräußerung von Bundesgrundstücken von erheblichem Wert (ab 15 Mio. Euro) bzw. von besonderer Bedeutung. Einen breiten Raum nehmen auch die Unterrichtungen über außer- und überplanmäßige Ausgaben ein. Über- und außerplanmäßige Ausgaben, die im Einzelfall den Betrag von 5 Mio. Euro oder im Falle der Erfüllung von Rechtsverpflichtungen den Betrag von 50 Mio. Euro überschreiten, sind vor Einwilligung des BMF dem Haushaltsausschuss des Bundestages unverzüglich vorzulegen (§ 4 der jährlichen Haushaltsgesetze). Durch diese Unterrichtungspflicht wird die laufende parlamentarische Kontrolle der Anwendung des Notbewilligungsrechts des BMF nach Art. 112 GG sichergestellt. Beteiligung am Haushaltsvollzug (qualifizierte Sperren). Die Ausführung des Haushaltsplans ist nach dem Prinzip der Gewaltenteilung die Aufgabe der Exekutive. Ausnahmsweise kann der Haushaltsausschuss auf die konkrete Verwendung von Haushaltsmitteln Einfluss nehmen , indem er bei der Beratung des Haushaltsplanes die Verfügung über die Ausgabe- bzw. Verpflichtungsermächtigungen oder Planstellen im Einzelfall durch Ausbringung eines qualifizierten Sperrvermerks im Haushaltsplan beschränkt (§ 22 BHO). Qualifizierte Sperrvermerke werden ausgebracht, wenn die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Haushaltsermächtigungen zum Zeitpunkt der Veranschlagung noch nicht erfüllt sind, aber während des Haushaltsverlaufes eintreten. Insbesondere aber bei Großvorhaben (Bauvorhaben, Entwicklungs- und Beschaffungsvorhaben wie z.B. militärische Beschaffungen nach § 24 BHO) besteht das Bedürfnis, an bestimmten Abschnitten, z.B. beim Übergang von der Planungsphase in die Entwicklungsphase oder bei der Überschreitung eines bestimmten Geldvolumens, ein Kontroll- und Mitspracherecht auch außerhalb des jährlichen Haushaltsbewilligungsverfahrens sicherzustellen. Die Inanspruchnahme der gesperrten Haushaltsermächtigungen bedarf der Einwilligung des Haushaltsausschusses. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 16 3.3. Organisation der Haushaltsberatungen im Haushaltsausschuss 3.3.1. Das Berichterstattersystem des Haushaltsausschusses Der Haushaltsausschuss führt die Beratung der Einzelpläne und des Haushaltsgesetzentwurfs nach einem bereits im Frühjahr beschlossenen Zeitplan aus. Er muss von September bis November in fünf bis sechs Sitzungswochen und damit nur in zehn bis zwölf Beratungstagen das gesamte Beratungspensum bestehend aus aktuell 22 Einzelplänen und Haushaltsgesetzentwurf abgeschlossen haben. Dieses gewaltige Programm setzt eine straffe Rationalisierung der Beratung voraus, deren Grundlage das Berichterstattersystem bildet. Im Haushaltsausschuss werden in der Regel am Beginn einer Wahlperiode für deren gesamte Dauer aus jeder Fraktionsarbeitsgruppe je ein Berichterstatter für einen der Einzelpläne bzw. für das Haushaltsgesetz benannt. Auf das Stärkeverhältnis der Fraktionsarbeitsgruppen kommt es dabei nicht an. Insbesondere die kleinen Fraktionen müssen oft einen einzigen Abgeordneten für mehrere Berichterstattungen benennen, wenn sie nicht, wie bei weniger bedeutsamen Einzelplänen , ganz davon absehen. Das Element der Berichterstatterfunktion ist notwendig, damit der Berichterstatter eine eingehende Kenntnis „seines“ Einzelplans erwirbt, um seine Aufgaben der Gestaltung und Kontrolle sachkundig wahrnehmen zu können. Die Benennung der Berichterstatter für die Einzelpläne ist den sog. 'Obleuten' vorbehalten, die quasi die Fraktionsvorsitzenden ihrer Arbeitsgruppe im Ausschuss sind und von Amtswegen auch in Verantwortung gegenüber ihrer Fraktionsführung stets die Gesamtschau des Haushalts nach den politischen Vorstellungen der Fraktionen im Auge halten. 3.3.2. Struktur und Arbeitsweise der Berichterstattergruppen Innerhalb einer jeweiligen Berichterstattergruppe werden Hauptberichterstatter und Mitberichterstatter unterschieden. Die Hauptberichterstatter werden von den Obleuten unter Berücksichtigung der Stärkeverhältnisse unter den Fraktionsarbeitsgruppen aufgeteilt. Der Hauptberichterstatter ist sogleich Sprecher seiner Berichterstattergruppe und vereinbart die Termine und den Ablauf der sog. 'Berichterstattergespräche' mit den Vertretern der einzelnen Ministerien auf Arbeitsebene . Die Berichterstatter sind eine Gemeinschaft der Gleichen. Es gehört zu den wichtigsten Grundsätzen des Haushaltsausschusses, dass alle Berichterstatter eines Einzelplans in gleicher Qualität von dem betreffenden Ressort unterrichtet werden müssen. Die Möglichkeit einer jeden Fraktionsarbeitsgruppe , unabhängig von der Mitgliederstärke in einer Berichterstattergruppe vertreten zu sein und dort völlig gleichrangig informiert zu werden, ist ein zentrales Element der parlamentarischen Budgetkontrolle. Etwas anderes verhält es sich jedoch bei der Budgetgestaltung auf politisch umstrittenen Feldern (Programmausgaben). Hier verlaufen die Entscheidungen ganz überwiegend, wenn auch nicht ausschließlich, nach den Entscheidungsstrukturen des parlamentarischen Regierungssystems, das von der grundsätzlichen Unterstützung der Regierung durch die Parlaments- bzw. Ausschussmehrheit geprägt ist. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 17 Aufgabe der Berichterstatter ist es, die Beratungen im Haushaltsausschuss zu den Einzelplänen vorzubereiten und Vorschläge für die Beschlussfassung vorzulegen. Die Berichterstatter führen zu diesem Zweck je nach Umfang des Einzelplanes ein- oder mehrtätige Berichterstattergespräche mit den Vertretern der betroffenen obersten Bundesbehörden unter Beteiligung des BMF und des Bundesrechnungshofes. Damit steht den Berichterstattern der konzentrierte Sachverstand der Exekutive zur Verfügung, um auf der Grundlage geklärter Sachverhalte dem Haushaltsausschuss Vorschläge zu den Titeln und Ansätzen zu unterbreiten. Die Berichterstatter sind jedoch nicht darauf beschränkt, ihr Votum ausschließlich von Regierungsinformationen abhängig zu machen. Als freie Abgeordnete haben und nutzen sie das Recht, sich auch durch Verbände, Interessengruppen , die fachkundigen Mitarbeiter ihrer Fraktionen und Parteien sowie verschiedene Experten informieren zu lassen. Die Berichterstatter orientieren sich bei ihren Vorschlägen in der Regel an den Vorjahreshaushalten und am Haushaltsentwurf der Regierung. Hinzu kommen die, allerdings nicht bindenden, gutachtlichen Stellungnahmen der Fachausschüsse. Die Ergebnisse der Berichterstattergespräche werden vom jeweiligen Haushalts-referatsleiter der Fachministerien protokolliert, synoptisch dem Entwurf der Bundesregierung mit stichwortartiger Begründung gegenübergestellt, von den Berichterstattern unterschrieben und anschließend als Ausschussdrucksachen an alle Ausschussmitglieder verteilt. Sie sind neben dem Regierungsentwurf des Einzelplans die maßgebliche Beratungsunterlage in der Sitzung des Haushaltsausschusses . 3.3.3. Beratung in den Fraktionsgruppen Vor der Sitzung des Ausschusses erläutern die Berichterstatter in ihren jeweiligen Fraktionsarbeitsgruppen die Grundzüge und Schwerpunkte des Einzelplans, die Ergebnisse ihrer formellen und informellen Gespräche sowie die Vorschläge zur Abänderung. Es findet eine Diskussion statt, bei der die Änderungsvorschläge der Berichterstatter in der Regel von ihrer Gruppe übernommen und in der Sitzung des Haushaltsausschusses zum Antrag erhoben werden. Die Fraktionsarbeitsgruppen der Regierungsmehrheit führen ihre Sitzung gemeinsam mit den Vertretern des betreffenden Ressorts und des BMF durch. Dabei geht es letztlich darum, eine einheitliche Willensbildung zwischen Mehrheit im Haushaltsausschuss und Bundesregierung sicherzustellen . Die Mehrheitsfraktionen nutzen diese Sitzungen wegen ihres internen Charakters zu einer intensiven sachlichen Auseinandersetzung mit den Ressorts, so dass über wichtige Bereiche der parlamentarischen Haushaltsgestaltung und -kontrolle bereits vor der eigentlichen Ausschusssitzung vorentschieden wird. Auch den Oppositionsfraktionen dienen die Arbeitsgruppensitzungen dazu, auf der Grundlage der Berichterstattervorschläge eine geschlossene Haltung für die Ausschusssitzung herbeizuführen , die politischen Angriffspunkte herauszuarbeiten und in Anträge umzusetzen. 3.3.4. Beratung im Plenum des Haushaltsausschusses In der Sitzung des Haushaltsausschusses selbst ist durch die Vorarbeit der Berichterstatter und der Fraktionsarbeitsgruppen in aller Regel eine vergleichsweise zügige Beratung möglich. Der Vorsitzende ruft die Einzelpläne seitenweise auf. Zunächst die Berichterstatter, anschließend Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 18 aber auch jedes Mitglied des Ausschusses haben die Möglichkeit, jeden Titel anzusprechen sowie Fragen und Anträge zu stellen, auch wenn sie in den Berichterstattervorschlägen nicht enthalten sind. In der Regel entzünden sich die Erörterungen zumeist an kontroversen Berichterstattervorschlägen und Anträgen. Übereinstimmende Berichterstattervorschläge oder Titel, die wie im Regierungsentwurf belassen werden sollen, werden ansonsten ohne Diskussion akzeptiert. Zu einer Erörterung im Haushaltsausschuss kommt es nur dann, wenn die Berichterstatter über einzelne Punkte kein Einvernehmen erzielen konnten oder eine Frage wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung im Haushaltsausschuss behandelt werden soll. Punkte, die bei der Beratung der Einzelpläne im Haushaltsausschuss nicht abschließend behandelt wurden, stellt der Ausschuss bis zu den sog. Bereinigungssitzungen (in der Regel zwei) zurück. Das BMF legt für die Bereinigungssitzungen Beschlussunterlagen vor, in denen alle zurückgestellten Punkte sowie weitere aus BMF-Sicht noch zu entscheidenden Fragen zusammengefasst sind (sog. Bereinigungsvorlagen ). 3.3.5. Grenzen des Entscheidungsspielraums des Haushaltsausschusses Im Rahmen der Mitwirkung des Haushaltsausschusses am parlamentarischen Haushaltsverfahren sind seinem Entscheidungsspielraum Grenzen gesetzt. Dies gilt auf der Ausgabenseite für alle Ansätze, bei denen gesetzliche oder vertragliche Ansprüche zu erfüllen sind. Das Volumen dieser Ansätze ist erheblich. Dazu gehören vor allem die Ausgaben im Bereich der sozialen Sicherung. Keinen Entscheidungsspielraum hat der Haushaltsausschuss auch über die dem Haushaltsplan zugrunde gelegte Annahme über die zu erwartenden Steuereinnahmen. Die Ansätze für die Steuereinnahmen werden verbindlich für den Haushaltsgesetzgeber durch den Arbeitskreis Steuerschätzungen vorgegeben. Der Arbeitskreis nimmt die Steuerschätzungen zweimal im Jahr vor (in der Regel im Mai und November). Der Haushaltsausschuss kann die von der Bundesregierung im Entwurf eingestellten Schätzwerte allenfalls aktualisieren. Dies erfolgt in der zweiten Bereinigungssitzung . 3.3.6. Abschluss der Beratungen Der Haushaltsausschuss schließt seine Einzelplanberatungen mit der Beschlussfassung zum Haushaltsgesetz ab. Seine Beschlussempfehlungen zum Haushaltsgesetz und zu den Einzelplänen bilden die Grundlage der weiteren Beratungen (zweite und dritte Lesung) und der Beschlussfassung im Plenum des Deutschen Bundestages. Durch das Haushaltsgesetz werden der Haushaltsplan mit Übersichten sowie die Einzelpläne festgestellt. Der Haushaltsausschuss geht davon aus, dass von den erteilten Ermächtigungen Gebrauch gemacht wird. Er erwartet insbesondere im investiven Bereich des Haushalts, dass die bewilligten Ansätze voll ausgeschöpft werden, und zwar sowohl im Bereich der öffentlichen Aufträge als auch bei der Förderung der privatwirtschaftlichen Investitionen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 19 4. Beratungs- und Zustimmungsverfahren zum Haushaltsentwurf im Plenum des Deutschen Bundestages 4.1. Dem Parlament vorzulegende Dokumente Für die Beratung des Haushaltsausschusses werden zeitgleich den gesetzgebenden Organen – Bundesrat und Bundestag – durch die Bundesregierung der Entwurf des Haushaltsgesetzes und des Haushaltsplanes sowie der mittelfristige Finanzplan zugeleitet. Damit geht die Sachherrschaft über den Haushaltsentwurf von der Bundesregierung auf das Parlament und die Länderkammer über. Falls die Bundesregierung noch Änderungen am eingebrachten Haushaltsentwurf wünscht, werden entsprechende Änderungsanträge von den Mitgliedern des Haushalts-ausschusses der Regierungskoalition gestellt. 4.2. Erster Durchgang im Bundesrat Über den Bundesrat haben die Länder Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Aufstellung des Bundeshaushaltes . Der Bundesrat ist berechtigt, innerhalb von sechs Wochen zum Haushaltsentwurf Stellung zu nehmen (Art. 110 Abs. 3 GG). Das Haushaltsgesetz bedarf aber nicht der Zustimmung des Bundesrates. Die Stellungnahme des Bundesrates wird als Beschlussempfehlung vom Finanzausschuss des Bundesrates vorbereitet. Die Stellungnahme des Bundesrates wird dem Bundeskanzler zugeleitet. Zur Stellungnahme des Bundesrates erarbeitet das BMF gegebenenfalls den Entwurf einer Gegenäußerung und sendet ihn dem Bundeskanzleramt als Kabinettvorlage zu. Die Gegenäußerung wird von der Bundesregierung beschlossen. Die Stellungnahme des Bundesrates und die Gegenäußerung der Bundesregierung reicht der Bundeskanzler unverzüglich dem Präsidenten des Bundestages nach. Der Bundestag kann seine Beratungen beginnen, bevor eine Äußerung des Bundesrates vorliegt. 4.3. Erste Lesung im Bundestag Der Haushaltsentwurf wird – wie jeder Gesetzentwurf – dreimal im Plenum des Bundestages beraten . Die erste Lesung – in der Regel Anfang September – wird mit der Einbringungsrede des Bundesministers der Finanzen eröffnet, der zu den Eckwerten des von der Bundesregierung vorgelegten Haushaltsentwurfs spricht und ihn in die politischen Zusammenhänge und Perspektiven einordnet. Darauf antwortet üblicherweise noch nicht der Oppositionsführer sondern der finanzpolitische Sprecher der größten Oppositionsfraktion. Daran schließen sich die Redebeiträge der Obleute des Haushaltsausschusses an, die die Haltung ihrer Fraktionsarbeitsgruppen zum Haushaltsentwurf darlegen. Alsdann wird vor dem Hintergrund des Haushaltsentwurfs die politische Generalaussprache über die Schwerpunkte der Politik der Bundesregierung unter Beteiligung des Bundeskanzlers, der Bundesminister, des Oppositionsführers, gegebenenfalls der Regierungschefs der Länder und von Abgeordneten aus den Fachausschüssen geführt, um abschließend mit einer zusammenfassenden Wertung des Bundesfinanzministers und eines Oppositionssprechers aus dem Haushaltsausschuss wider auf dem Haushaltsentwurf im engeren Sinne überzuleiten . Am Ende der ersten Lesung im Plenum wird der Haushaltsgesetzentwurf mit Haushaltsplan und Finanzplan dem Haushaltsausschuss zur federführenden Beratung überwiesen. Eine formale Mitberatung durch die Fachausschüsse, wie sie bei praktisch allen anderen Gesetzen und Vorlagen Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 20 erfolgt, findet hier nicht statt. Es bleibt den Fachausschüssen allein überlassen, ob sie von sich aus dem Haushaltsausschuss zu dem Einzelplan ihres Fachressorts eine gutachtliche Stellungnahme zuleiten wollen. Der Grund für die Sonderstellung des Haushaltsausschusses liegt vor allem darin, dass der Haushaltsausschuss anders als die Fachausschüsse nicht über Politikausschnitte entscheidet, sondern über ein Gesamttableau der Politik. Er muss deshalb die Freiheit haben, die verschiedenen Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen. 4.4. Beratung im Haushaltsausschuss Zum Beratungsverfahren im Haushaltsausschuss vgl. oben Ziff. 3. Den Abschluss der Beratungen des Haushaltsausschusses bilden die Beschluss-empfehlungen zu den Einzelplänen und dem Haushaltsgesetzentwurf an das Plenum des Deutschen Bundestages. 4.5. Zweite Lesung im Deutschen Bundestag Gegenstand der zweiten Lesung im Plenum des Deutschen Bundestages ist die Beratung der Einzelpläne . Sie bietet den Mitgliedern des Haushaltsausschusses als Berichterstattern die Möglichkeit , ihre Sicht der jeweiligen Einzelpläne darzustellen und öffentlich zu dokumentieren. In der Regel werden aus den Reihen der Oppositionsfraktionen erneut die politisch wichtigeren der Einzelanträge wiederholt, die im Haushaltsausschuss gestellt wurden. Die Mehrheitsfraktionen beschränken sich dagegen weitgehend auf die Begründung ihrer Haltung. Über jeden Einzelplan beschließt der Bundestag in einer eigenen Abstimmung. 4.6. Dritte Lesung im Bundestag Die dritte Lesung ist die Schlussaussprache zum Kern des Haushalts, bei der sich der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Haushaltsausschusses, die Obleute der Fraktionsarbeitsgruppen und der Bundesfinanzminister äußern. Häufig werden insbesondere von den Oppositionsparteien allgemein gehaltene Entschließungsanträge zum Haushalt insgesamt oder zu bestimmten Bereichen gestellt. Nach Erledigung von Änderungsanträgen und von Entschließungsanträgen wird über den Haushaltsentwurf insgesamt abgestimmt. 4.7. Zweiter Durchgang im Bundesrat Der Präsident des Bundestages übersendet den Beschluss über den Haushalt unverzüglich dem Bundesrat für den zweiten Durchgang (Art. 77 Abs. 1 Satz 2 GG). Der Beschluss des Bundesrates wird wiederum von seinem dortigen Finanzausschuss vorbereitet. Das weitere Verfahren entspricht der üblichen Gesetzgebung: Wenn der Bundesrat mit dem Haushalt nicht einverstanden ist, kann er binnen drei Wochen nach Eingang des Gesetzesbeschlusses den Vermittlungsausschuss anrufen (Art. 77, 78 GG). Über mögliche Änderungsvorschläge des Vermittlungsausschusses muss der Bundestag gegebenenfalls erneut beschließen. Danach hat der Bundesrat nur die Möglichkeit, binnen zwei Wochen Einspruch gegen den Haushalt einzulegen (Art. 77 GG). Der Bundestag kann den Einspruch allerdings mit entsprechender Stimmenzahl zurückweisen (Art. 77 Abs. 4 GG). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 21 4.8. Gegenzeichnung, Ausfertigung und Verkündung Der Haushalt wird Gesetz, wenn er nach der Behandlung im Bundestag und im Bundesrat vom BMF und vom Bundeskanzler gegengezeichnet, vom Bundespräsidenten ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt – in der Regel Ende Dezember – verkündet wird. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 015/18 Seite 22 Anhang Historische Zitate: Jean Bodin (1529-1596), franz. Staatstheoretiker 'Es gibt sieben Möglichkeiten, eine finanzielle Basis für den Staat zu erstellen: 1. Die Domänen(Staatsgüter)-einkünfte. 2. Die Einkünfte aus Eroberungen von Feindesland. 3. Schenkungen von Fremden. 4. Tributzahlungen von Verbündeten. 5. Einnahmen aus dem Handel. 6. Einfuhr- und Ausfuhrzölle. 7. Steuereinnahmen. Zur siebten Möglichkeit staatlicher Einkunftspolitik, die die Untertanen direkt berührt, sollte erst gegriffen werden, wenn alle anderen Mittel versagt haben und eine Zwangslage es erforderlich macht, für den Staat zu sorgen.' Freiherr Lorenz v. Stein, Staatsrechtler und Sozialwissenschaftler (1815 - 1890) (nicht: Heinrich v. St., der preußische Reformer !): 'Das Haushaltsrecht ist der Hauptausdruck und Träger der verfassungsmäßigen Freiheit überhaupt .' ****