© 2019 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 – 012/19 Auswirkung von eSport-Angeboten auf die Anerkennung der Gemeinnützigkeit Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Gemeinnützigkeit des Sports Die Rechtsgrundlage für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit eines Vereins ist in der Abgabenordnung (§§ 51–68 AO) niedergelegt. Danach wird für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit vorausgesetzt, dass - eine Körperschaft - ausschließlich und unmittelbar - steuerbegünstigte Zwecke selbstlos verfolgt. Als steuerbegünstigter Zweck wird die Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke anerkannt. § 52 Abs. 2 AO enthält die abschließende Aufzählung gemeinnütziger Zwecke . Der Förderung des Sports wird nach § 51 Abs. 2 Nr. 21 AO die Gemeinnützigkeit zuerkannt. 2.1. eSport als gemeinnütziger Zweck Den Begriff des „Sports“ im Sinne des Gemeinnützigkeitsrechts der Abgabenordnung hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 29. Oktober 1997 näher umschrieben. Im Wesentlichen sei es Kennzeichen sportlicher Aktivität, dass sie auf „körperliche Ertüchtigung“ gerichtet sei, bei der nicht vorausgesetzt werde, dass dies durch Leibesübungen erfolge1. Erforderlich sei jedoch eine körperliche, über das ansonsten übliche Maß hinausgehende Betätigung, die durch äußerlich zu beobachtende Anstrengungen oder durch die einem persönlichen Können zurechenbare Kunstbewegung gekennzeichnet sei2. Von der Finanzverwaltung wird die Auffassung vertreten, dass eSport den damit geforderten Voraussetzungen für die Anerkennung als Sport im Sinne des § 51 Abs. 2 Nr. 21 AO nicht entspreche . Bisher erfülle der eSport keines der für die Aufnahme in den Anwendungserlass der Abgabenordnung relevanten Kriterien in vollem Umfang.3 Höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Frage liegt nicht vor. Die Beurteilung, ob das eSport-Angebot eines Vereins die Voraussetzungen eines begünstigten Sportangebots erfüllt, ist in der Praxis anhand des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen. Die Bundesregierung hat die Anerkennung der Gemeinnützigkeit aufgrund der bestehenden Regelungen nicht ausgeschlossen. Sie weist darauf hin, dass Vereine mit einem eSport-Angebot, das auch für 1 BFH-Urteil vom 29. Oktober 1997 – I R 13/97, BStBl II 1998, 9 ff. 2 BFH-Urteil vom 29. Oktober 1997, aaO. 3 Vgl. BT-Drs. 19/4060, S. 5 (Antwort zu Frage 16). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 012/19 Seite 5 diese konkrete Betätigung die Kriterien der Gemeinnützigkeit erfülle, bereits nach geltendem Recht auch für diesen Bereich steuerbegünstigt seien.4 Vereine mit eSport-Angeboten kommen - nach den geltenden gesetzlichen Vorschriften - in nur stark eingeschränktem Umfang in den Genuss der Gemeinnützigkeit. Bisher ist nur der Fall eines eSport-Vereins bekannt, der als gemeinnützig anerkannt wurde. Die Anerkennung bezog sich dabei jedoch nicht auf das Kriterium der Förderung des Sports, sondern auf eine solche im Bereich der Jugendhilfe.5 2.2. Ausschließliche Zweckverfolgung Für die Ausübung von eSport-Aktivitäten kommt nach dem bisher Dargestellten eine Anerkennung der Gemeinnützigkeit nur im Ausnahmefall in Betracht. Zudem wird mit § 56 AO bestimmt , dass eine gemeinnützige Körperschaft verpflichtet ist, die gemeinnützigen Zwecke ausschließlich zu verfolgen. Die Steuerbegünstigung entfällt, wenn der Grundsatz der Ausschließlichkeit verletzt wird. Es ist mit dem Gebot der Ausschließlichkeit unvereinbar, einen anderen Zweck als den in der Satzung genannt zu verfolgen oder einen Zweck zu fördern, der nicht steuerbegünstigt ist.6 Vor diesem Hintergrund soll nachfolgend der Frage nachgegangen werden, ob das Vorhalten von einzelnen eSport-Angeboten die Gemeinnützigkeit eines Vereins insgesamt infrage stellt. Die Abgabenordnung enthält eine Reihe von Ausnahmen vom strikten Gebot der Ausschließlichkeit . Insbesondere die Voraussetzungen des Zweckbetriebs und die Einrichtung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs sind in dem hier interessierenden Zusammenhang zu betrachten. Das Einrichten von einzelnen eSport-Angeboten wird in der Regel zunächst zu den vom Sportverein vorgehaltenen Sportangeboten als Nebenzweck hinzutreten. Wird das Angebot mit der Absicht der Einnahmeerzielung unterbreitet, handelt es sich um eine wirtschaftliche Tätigkeit zur Erhöhung der Einkünfte. Ein solcher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb wird nach § 14 AO als eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht, definiert. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich. Für die dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Besteuerungsgrundlagen verliert der Verein die Steuervergünstigungen. In Erweiterung der Ausschließlichkeitsregel lässt § 64 AO jedoch zu, dass ein gemeinnütziger Verein einen solchen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält, ohne die Gemeinnützigkeit im Ganzen zu verlieren. Andererseits kann im Einzelfall ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, der für die Tätigkeit des Vereins prägend ist, 4 Vgl. BT-Drs. 19/4060, S. 4 (Antwort zu Frage 13). 5 Vgl. BT-Drs. 19/5545, S. 4. 6 Gersch in: Klein, AO, 14. Aufl. 2018, § 56 Rn. 1. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 012/19 Seite 6 die Steuerbegünstigung nicht nur partiell, sondern insgesamt ausschließen.7 Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist danach nur schädlich, wenn er in der Gesamtschau zum Selbstzweck wird und damit eigenständig neben den steuerbegünstigten Zweck tritt bzw. diesen verdrängt.8 Des Weiteren bestehen Sondervorschriften für sportliche Veranstaltungen. Nach § 67a AO sind sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins ein Zweckbetrieb, wenn die Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer insgesamt 45.000 Euro im Jahr nicht übersteigen. Dabei gehören der Verkauf von Speisen und Getränken sowie die Werbung nicht zu den sportlichen Veranstaltungen . Für Zweckbetriebe gilt, dass die steuerlichen Vergünstigungen für diesen Bereich der Betätigung nicht entfallen. Soweit die genannte Zweckbetriebsgrenze Anwendung findet, wird nicht zwischen bezahltem und nicht bezahltem Sport unterschieden. Die Sportvereine können wählen, ob die Zweckbetriebsgrenze für sie gelten soll. Liegen die Einnahmen aus sportlichen Veranstaltungen über der Zweckbetriebsgrenze, liegt insgesamt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor.9 Die vorstehende Darstellung macht deutlich, dass die steuerlichen Rechtsfolgen, die aus der Einrichtung eines eSport-Angebots eines Sportvereins zu ziehen sind, entscheidend von der Gestaltung des jeweiligen Einzelfalles abhängen. Allgemeingültige Aussagen konnten daher im Rahmen dieser Ausführungen nur in einem eng begrenzten Umfang getroffen werden. *** 7 BFH-Urteil vom 10. April 1991 – I R 77/87, BStBl. II 1992, S. 41. 8 Gersch in: Klein, AO, 14. Aufl. 2018, § 56 Rn. 3 m.w.N. 9 Gersch in: Klein, AO, 14. Aufl. 2018, § 67a Rn. 1.