SACHSTAND Thema: Die Informationsrechte des Abgeordneten Fachbereich III Verfassung und Verwaltung Tel.: Verfasser/in: Abschluss der Arbeit: 2. März 2006 Reg.-Nr.: WF III - 91/06 Ausarbeitungen von Angehörigen der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung des einzelnen Verfassers und der Fachbereichsleitung. Die Ausarbeitungen sind dazu bestimmt, das Mitglied des Deutschen Bundestages, das sie in Auftrag gegeben hat, bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 2 - Inhaltsverzeichnis Seite 1. Parlamentarische Informationsrechte 3 1.1 Allgemeine Erläuterung des parlamentarischen Informationsrechts 3 1.2 Informationsrechte bezüglich atomrechtlicher Fragen 3 1.2.1 Gesetzliche Grundlagen des Atomrechts 3 1.2.2 Aufgabenverständnis der Bundesaufsicht 4 1.3 Schlussfolgerung für die Informationsrechte des Abgeordneten bezüglich atomrechtlicher Fragen 5 2. Weitere Informationsrechte 5 Anlagen 6 - 3 - 1. Parlamentarische Informationsrechte 1.1 Allgemeine Erläuterung des parlamentarischen Informationsrechts Das parlamentarische Regierungssystem wird grundlegend durch die Kontrollfunktion des Parlaments geprägt. Der Grundsatz der Gewaltenteilung, der zu den tragenden Organisationsprinzipien des Grundgesetzes gehört, gebietet gerade im Hinblick auf die starke Stellung der Regierung eine Auslegung des Grundgesetzes dahin, die parlamentarische Kontrolle wirksam vornehmen zu können.1 Ohne ausreichende Kenntnis der relevanten Fakten kann der Bundestag die ihm verfassungsrechtlich obliegenden Pflichten , zu verhandeln und Beschlüsse zu fassen, nicht ordnungsgemäß erfüllen. Dem einzelnen Abgeordneten erwächst aus seinem in Art. 38 Abs. 1 GG gewährleisteten Status ein Recht darauf, dass ihm grundsätzlich diejenigen Informationen nicht vorenthalten werden, die eine sachverständige Beurteilung ermöglichen. 2 Gemäß § 105 GO BT ist jedes Mitglied des Bundestages berechtigt kurze Einzelfragen zur mündlichen oder schriftlichen Beantwortung an die Bundesregierung zu richten. Zulässig sind nach Anlage 4 der GO BT Fragen aus den Bereichen, für die die Bundesregierung unmittelbar oder mittelbar verantwortlich ist. 1.2 Informationsrechte bezüglich atomrechtlicher Fragen 1.2.1 Gesetzliche Grundlagen des Atomrechts Die Sicherheit von Kernanlagen in Deutschland wird durch ein Bundesgesetz, das Atomgesetz (AtG) geregelt. Vorrangiger Zweck des Gesetzes ist der Schutz von Leben, Gesundheit und Sachgütern vor den Gefahren der Kernenergie und ionisierenden Strahlen . Das Atomgesetz sieht als Regelfall gemäß § 24 AtG vor, die gesetzlichen Aufgaben im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung3 durch die Länder im Auftrag des Bundes zu 1 BVerfGE 67, 100 (130). 2 BVerfGE 70, 324 (355). 3 Vgl. Art. 85 GG. - 4 - vollziehen. Demnach besteht in Deutschland ein zweistufiges Verwaltungssystem zum Vollzug des Atomgesetzes4: - Die staatliche atomrechtliche Aufsicht wird durch die Länder im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung wahrgenommen. Oberste Landesbehörden (Landesministerien ) sind die zuständigen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden für Kernanlagen. Den Ländern steht damit die Wahrnehmungskompetenz zu, die das Handeln und die Verantwortlichkeit nach außen im Verhältnis zu Dritten umfasst. Die Kompetenz zur Sachbeurteilung und die Sachentscheidung im Einzelfall liegt grundsätzlich ebenfalls bei den Ländern, kann aber durch den Bund an sich gezogen werden. - Der Bund kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen und übt über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit eine Gesetz- und Zweckmäßigkeitsaufsicht gegenüber den Ländern aus. Die Bundesaufsicht verfügt zu diesem Zweck über verfassungsrechtlich verankerte Informationsrechte. Die Landesbehörden unterstehen weiterhin den Weisungen des BMU und stellen den Vollzug dieser Weisungen sicher. 1.2.2 Aufgabenverständnis der Bundesaufsicht Das Bundesumweltministerium gewährleistet und verantwortet als Bundesaufsichtsbehörde den recht- und zweckmäßigen Vollzug des Atomrechts im Hinblick auf die kerntechnische Sicherheit, den Strahlenschutz sowie die Entsorgung und Transporte radioaktiver Stoffe. Aufgabe des Bundes ist es, die Genehmigungs- und Aufsichtstätigkeit der Länder zu überwachen und einen einheitlichen Vollzug des Atomgesetzes zu gewährleisten .5 Darüber hinaus kann die Bundesregierung gemäß Art. 85 Abs. 4 S. 2 GG im Zuge ihrer bundesauftragsverwaltungsrechtlichen Befugnisse Bericht und Vorlage der Akten verlangen und Beauftragte zu allen Behörden entsenden. 4 Vgl. hierzu den Bericht „Zukunftsfähigkeit der Bundesauftragsverwaltung im Bereich des Atomrechts “ im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 2004, S.13, http://www.bmu.de/atomenergie/doc/6725.php. 5 Vgl. hierzu den Bericht „Zukunftsfähigkeit der Bundesauftragsverwaltung im Bereich des Atomrechts “ im Auftrag des Bundesministeriums für Umwe lt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 2004, S. 14, http://www.bmu.de/atomenergie/doc/6725.php. - 5 - 1.3 Schlussfolgerung für die Informationsrechte des Abgeordneten bezüglich atomrechtlicher Fragen Die staatliche atomrechtliche Aufsicht wird durch die Länder im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung wahrgenommen. Der Bund hat eine Aufsichtspflicht im Rahmen der Bundesauftragverwaltung. Somit hat der einzelne Abgeordnete das Recht, z.B. im Wege einer Einzelfrage gemäß § 105 GO BT, betreffend atomrechtliche Zusammenhänge, Informationen zu verlangen, da die Bundesauftragsverwaltung bzw. die daraus resultierende Aufsichtspflicht i.S.d. Anlage 4 der GO BT6 zumindest mittelbar in den Verantwortungsbereich der Bundesregierung bzw. des Bundesumweltministeriums fällt. Wegen der Befugnis des Bundes aus Art. 85 Abs. 4 S. 2 GG, Bericht und Vorlage der Akten zu verlangen und Beauftragte zu allen Behörden zu entsenden, kann sich die Bundesregierung gegenüber dem fragenden Abgeordneten auch nicht darauf berufen, dass sie nicht genügend Informationen zu diesem Themenkomplex zur Verfügung hätte. Eine Informationspflicht der Bundesregierung bzw. des Bundesumweltministeriums ist gegeben. 2. Weitere Informationsrechte Abgesehen von den parlamentarischen Informationsrechten hat ein Abgeordneter des Bundestages keine speziellen Informationsrechte, die der „normale“ Bürger nicht auch hat. Im Rahmen z.B. umweltrechtlicher Fragen hat jedoch jede Person nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen (§ 3 UIG). ( ) ( ) 6 Zu beachten ist hier, dass Fragen von offenbar lokaler Bedeutung (nur ein Wahlkreis betroffen) der Bundesregierung zur schriftlichen Beantwortung übermittelt werden (Anlage 4 Nr. 2 Abs. 3). - 6 - Anlagen - , Informationszugang der Abgeordneten des Deutschen Bundestages, Reg.-Nr. FB I – 1/92, Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages, Fachbereich I - Anlage 1 - - Bericht im Auftrag des Umweltministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit mit dem Thema: „Zukunftsfähigkeit der Bundesauftragsverwaltung im Bereich des Atomrechts - Anlage 2 - - Umweltinformationsgesetz - Anlage 3 - - Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes - Anlage 4 - - Stollmann, Informationsfreiheitsgesetze in den Ländern, Verwaltungsrundschau 9 / 2000, S. 309 f. - Anlage 5 -