Deutscher Bundestag Fragen zur Kompetenzverteilung im Bereich „Bildung“ Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 – 481/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 481/10 Seite 2 Fragen zur Kompetenzverteilung im Bereich „Bildung“ Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 – 481/10 Abschluss der Arbeit: 6. Dezember 2010 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 481/10 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Frage 1: Wo liegen bzw. lagen die rechtlichen Grenzen des bildungspolitischen Gestaltungsspielraums des Bundes vor und nach der Föderalismusreform I und II? 4 2.1. Konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die öffentliche Fürsorge (Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG) 5 2.2. Konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) 6 2.3. Konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Recht der Ausbildungsbeihilfen (Art. 74 Abs. 1 Nr. 13 GG) 6 2.4. Konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse (Art. 74 Abs. 1 Nr. 33 GG) 7 2.5. Gemeinschaftsaufgabe „Leistungsfähigkeit des Bildungswesens“ gemäß Art. 91b Abs. 2 GG 8 2.6. Finanzhilfen des Bundes 10 3. Frage 2: Inwiefern wirkt sich das sog. Kooperationsverbot auf die Finanzierung von Projekten mit unmittelbarem Bildungsbezug durch Bund und Länder aus? 11 4. Frage 3: Welche Möglichkeiten finden sich für den Bund, auf Wunsch der Länder gezielt Leistungen im allgemeinbildenden Schulwesen finanziell zu unterstützen? Wie verhielt sich dies vor und nach der Föderalismusreform I und II? 12 5. Frage 4: Wie stellen sich die Möglichkeiten und Grenzen einer gemeinsamen Planung von Bund und Ländern bei der Durchführung und Finanzierung von Projekten im Hochschulbereich dar? 12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 481/10 Seite 4 1. Einleitung Die Kompetenzen im Bereich des Bildungswesens liegen im Wesentlichen bei den Ländern (Art. 30, 70 Grundgesetz (GG)).1 Der Bund verfügt hier jedoch in einigen Teilbereichen über verfassungsrechtliche Zuständigkeiten. Nachdem er in der Vergangenheit zunehmend Einfluss auf diesen Gebieten insbesondere aufgrund der Gemeinschaftsaufgaben und Mischfinanzierungstatbestände des Grundgesetzes gewonnen hatte, war es u. a. Ziel der Föderalismusreform von 2006 (Föderalismusreform I2), eine Neuabgrenzung der Zuständigkeiten und wechselseitigen Kooperationsmöglichkeiten von Bund und Ländern vorzunehmen. Die am 30. Juli 2009 in Kraft getretenen Grundgesetzänderungen zur Modernisierung der Finanzbeziehungen von Bund und Ländern (Föderalismusreform II3) betreffen die Reform der nationalen Verschuldungsregeln (Art. 109, 115 und 143 d GG), die Möglichkeit zur Gewährung von Konsolidierungshilfen an bestimmte Länder (Art. 143d GG), das Verfahren zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen (Art. 109a GG) sowie neue Formen des Bund-Länder-Zusammenwirkens im Bereich der Informationstechnik und bei Leistungsvergleichen in der öffentlichen Verwaltung (Art. 91 c und d GG). Von Bedeutung für eine mögliche Einflussnahme des Bundes im Bereich des Bildungssektors ist die Regelung des Art. 104b GG (Gewährung von Finanzhilfen), die durch die Föderalismusreform I und II jeweils geändert wurde. Nachfolgend werden Einzelfragen insbesondere zu den Kompetenzen des Bundes im Bildungswesen vor und nach der Föderalismusreform I und II geklärt. 2. Frage 1: Wo liegen bzw. lagen die rechtlichen Grenzen des bildungspolitischen Gestaltungsspielraums des Bundes vor und nach der Föderalismusreform I und II? Die bildungspolitischen Gestaltungsspielräume ergeben sich aus den grundgesetzlichen Kompetenzen des Bundes in diesem Bereich.4 Hier liegen auch die jeweiligen Grenzen zur Regelung von Bildungsthemen durch den Bund. Nachfolgend werden die zentralen Bestimmungen bildungspolitischer Kompetenzen des Bundes nach dem Grundgesetz skizziert. 1 Das Bundesverfassungsgericht hat die Kulturhoheit der Länder als wesentliches Element des bundesstaatlichen Aufbaus der Bundesrepublik Deutschland, (Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) 6, 309 (354)), und insbesondere das Schulrecht als „Hausgut“ der Eigenstaatlichkeit der Länder bezeichnet, (BVerfGE 43, 291 (348)); siehe zu den Kompetenzen des Bundes im Bildungswesen auch: , Kompetenzen des Bundes im Bereich des Bildungswesens – Handlungsoptionen für eine gesamtstaatliche Bildungspolitik, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, WD 3 – 126/09 vom 2. April 2009. 2 Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74a, 75, 84, 85, 87c, 91a, 91b, 93, 98, 104a, 104b, 105, 107, 109, 125a, 125b, 125c, 143c) vom 28. August 2006 (BGBl I 2006, S. 2034). 3 Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 91c, 91d, 104b, 109, 109a, 115, 143d) vom 29. Juli 2009, BGBl I 2009, S. 2248. 4 Siehe hierzu auch: Siehe auch , WD 3-126/09. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 481/10 Seite 5 2.1. Konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die öffentliche Fürsorge (Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG) Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG verfügt der Bund über eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge, auf die auch gesetzliche Regelungen im Bereich der frühkindlichen Betreuung und Erziehung gestützt werden können. Diese Kompetenz sei hier erwähnt, weil sie zumindest auch bildungsbezogen ist.5 Das Bundesverfassungsgericht hat das Bestehen einer Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG für die Tagesbetreuung von Kindern grundsätzlich bestätigt, da die bildungsbezogenen Aufgaben der Tagesbetreuung untrennbar mit dem fürsorglichen Aspekt verbunden seien und letzterer mit dem Ziel einer Förderung sozialer Verhaltensweisen den Schwerpunkt darstelle.6 Schwierig ist in diesem Regelungsbereich die Abgrenzung zur ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder im Bereich der (schulischen) Bildung.7 Der Bundesgesetzgeber hat beispielweise für die Kindertagesbetreuung von seiner konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG insbesondere durch die Regelungen im Bereich der frühkindlichen Betreuung und Erziehung in dem Gesetz zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts (KJHG) vom 26. Juni 1990 Gebrauch gemacht. Es beinhaltet u. a. das 8. Buch des SGB mit dem Titel „Kinder- und Jugendhilfe“. Die §§ 22 bis 26 SGB VIII treffen allgemeine Regelungen über die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege . Nach § 26 S. 1 SGB VIII werden die Aufgaben und Leistungen dieser Einrichtungen ihrem Inhalt und Umfang nach durch das Landesrecht geregelt. Das 8. Buch des SGB wurde mehrfach erweitert und ergänzt. Am 1. Januar 2005 trat das Gesetz zum qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder (Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG))8 in Kraft, welches eine umfassende Neuregelung im Bereich der §§ 22 ff. SGB VIII enthielt. Weiter zu nennen ist das Gesetz zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (Kinderförderungsgesetz) (KiföG)9, das u.a. den weiteren quantitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung betrifft, entsprechende Änderungen des SGB VIII beinhaltet und die Rechtsgrundlage für die Beteiligung des Bundes an den investiven Kosten im Rahmen von Finanzhilfen schafft. Zu erwähnen ist außerdem das am 3. Dezember 2010 vom Deutschen Bundestag verabschiedete Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch10 (SGB II und XII). Hierin wurden der Zweite Abschnitt SGB II und hier als Un- 5 Siehe auch § 22 Abs. 3 Sozialgesetzbuch – Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) zum Förderauftrag von Tageseinrichtungen zur Kinderbetreuung: „Der Förderungsauftrag umfasst Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes und bezieht sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes…“ 6 BVerfGE 97, 332. 7 Vgl. auch , „Einführung einer allgemeinen „Vorschulpflicht“, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, WD 3 - 32/09 vom 12. Februar 2009. 8 Gesetz vom 27. Dezember 2004 (BGBl I 2004, S. 3852). 9 Gesetz vom 10. Dezember 2008 (BGBl I 2008, S. 2403). 10 Siehe gleichlautender Gesetzentwurf der Fraktion der CDU/CSU und FDP, BT-Drs. 17/3404 vom 26. Oktober 2010. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 481/10 Seite 6 terabschnitt 4 die Leistungen für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene u. .a. mit dem Ziel einer angemessenen materiellen Ausstattung für Bildung neu geregelt. 2.2. Konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) Der Kompetenztitel „Recht der Wirtschaft“ (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) verleiht dem Bund die Kompetenz nicht nur zu wirtschaftsregelnden Gesetzen im engeren Sinne, sondern auch zu berufsregelnden Gesetzen mit wirtschaftspolitischer Orientierung.11 Von dieser Gesetzgebungszuständigkeit ist auch die Regelung des betrieblichen Teils der beruflichen Bildung erfasst (außerschulische berufliche Bildung).12 Regelungen zur rein schulisch ausgestalteten Berufsbildung obliegen nach herrschender Ansicht gemäß den allgemeinen Kompetenzzuweisungen der Art. 30 und 70 GG den Ländern.13 Das Berufsbildungsgesetz etwa stützt sich – abgesehen von arbeitsrechtlichen Aspekten (Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG) - auf die Kompetenznorm Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG.14 Im Bereich der Berufsausbildung ist der Bund darüber hinaus durch zahlreiche Berufsausbildungsverordnungen tätig geworden. Für berufsbildende und sonstige Fernlehrgänge sind im Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG)15 Regelungen über ihre Zulassung und die Ausgestaltung solcher Vertragsverhältnisse enthalten. 2.3. Konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Recht der Ausbildungsbeihilfen (Art. 74 Abs. 1 Nr. 13 GG) Regelungen zur Ausbildungsförderung durch Ausbildungsbeihilfen (nach Berufsausbildungsförderungsgesetz (BAföG) und Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG)) kann der Bund auch nach der Föderalismusreform I auf den Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 13 GG stützen. Änderungen durch die Föderalismusreform sind nicht erfolgt. 11 Oeter, Stefan, in: v. Mangoldt, Hermann/Klein, Friedrich/Starck, Christian, GG-Kommentar, Bd. 2, 6. Aufl., München 2010, Art. 74 Rn. 96. 12 BVerfGE 55, 274 (309); Gesetzentwurf der Bundesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Reform der beruflichen Bildung (Berufsbildungsreformgesetz - BerBiRefG) - BT-Drs. 15/3980 vom 20. Oktober 2004, S. 40; kritisch Oeter, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 74 Rn. 101 unter Hinweis auf die bildungs- bzw. schulrechtliche Konnotation der Regelungsmaterie. 13 Zum Meinungsstand siehe auch: , Zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG in Bezug auf die berufliche Bildung, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 424/10 vom 3. November 2010. 14 Vgl. BT-Drs. 15/3980, S. 40. 15 Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht (Fernunterrichtsschutzgesetz - FernUSG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 4. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1617), zuletzt geändert durch Art. 4 Nr. 3 des Gesetzes vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 481/10 Seite 7 2.4. Konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse (Art. 74 Abs. 1 Nr. 33 GG) Durch die Föderalismusreform I sind u. a. die Rahmengesetzgebungskompetenzen des Bundes für die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens (Art. 75 Abs. 1 Nr. 1a GG) und für die Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienst der Länder stehenden Personen (Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 GG) entfallen, die in der Vergangenheit die Grundlage für die meisten Regelungen des Hochschulrahmengesetzes (HRG) bildeten. Die bisherigen rahmenrechtlichen Vorgaben des HRG in den Bereichen Hochschulzulassung und Hochschulabschlüsse sind in den Hochschulgesetzen der Länder umgesetzt worden, so dass sich das unmittelbar geltende Hochschulrecht nicht aus dem HRG, sondern aus den Landeshochschulgesetzen ergibt. Die Bundesregierung hat in der 16. Wahlperiode den Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Hochschulrahmengesetzes (HRG) in den Bundestag eingebracht. Nach erster Lesung im Bundestag am 20. September 2007 wurde der Entwurf zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen , federführend war der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, der am 12. November 2007 eine öffentliche Anhörung durchführte. Eine weitere parlamentarische Behandlung des Gesetzentwurfes zur Aufhebung des Hochschulrahmengesetzes erfolgte in der 16. Wahlperiode nicht. Der Entwurf unterlag der Diskontinuität. Die am 27. September 2009 gewählten Mehrheitsparteien CDU, CSU und FDP haben in ihrem Koalitionsvertrag die Abschaffung des Hochschulrahmengesetzes vereinbart.16 Der Bund besitzt nach der Föderalismusreform I eine nicht an die Erforderlichkeitsklausel des Art. 72 Abs. 2 GG gebundene konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse (Art. 74 Abs. 1 Nr. 33 GG). Dieser Kompetenztitel gibt ihm die Möglichkeit, detaillierte und unmittelbar geltende Reglungen für die genannten Bereiche treffen zu können, während er nach der bisherigen Rahmenkompetenz auch hierfür nur die allgemeinen Grundsätze festlegen konnte, diese allerdings weitergehend für das Hochschulwesen. So wird es dem Bund auch ermöglicht, einen Beitrag zur Verwirklichung eines einheitlichen europäischen Hochschulraums zu leisten.17 Die Zuständigkeit für die Hochschulzulassung ermöglicht es dem Bund, insbesondere bei bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen Vorgaben für die Ermittlung und Ausschöpfung der Studienkapazitäten zu machen sowie die Vergabe von Studienplätzen einheitlich zur regeln .18 16 Abzurufen unter: http://www.cdu.de/doc/pdfc/091026-koalitionsvertrag-cducsu-fdp.pdf (letzter Abruf: 29. November 2010). 17 Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes – BT-Drs. 16/813 vom 7. März 2006, S. 14. 18 Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74a, 75, 84, 85, 87c, 91a, 91b, 93, 98, 104a, 104b, 105, 107, 109, 125a, 125b, 125c, 143c), BT-Drs. 16/813 vom 7. März 2006, BT-Drs. 16/813, S. 14. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 481/10 Seite 8 Ausgenommen sind nach der Gesetzesbegründung allgemein Regelungen des Hochschulzugangs („Hochschulreife“), die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit dem Schulwesen in die Zuständigkeit der Länder fallen.19 Vom neuen Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 33 GG soll auch die Regelung von Studiengebühren nicht erfasst sein.20 Soweit der Bund von seiner neuen Gesetzgebungsbefugnis im Bereich Hochschulzulassung bzw. -abschlüsse Gebrauch macht, steht den Ländern ein Abweichungsrecht gemäß Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 GG zu. Auf den neuen Kompetenztitel gestützte Bundesgesetze treten gemäß Art. 72 Abs. 3 S. 2 GG frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung von zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates anderes bestimmt worden ist. Dabei geht gemäß Art. 73 Abs. 3 S. 3 GG im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor. Ab dem 01. August 2008 dürfen die Länder gemäß Art. 125b Abs. 1 S. 3 GG - auch ohne neu geschaffenes Bundesrecht - abweichende Regelungen treffen. 2.5. Gemeinschaftsaufgabe „Leistungsfähigkeit des Bildungswesens“ gemäß Art. 91b Abs. 2 GG21 Die ursprüngliche Gemeinschaftsaufgabe der gesamtstaatlichen „Bildungsplanung“ (Art. 91 b a. F. GG) wurde nach ihrer Einführung im Jahr 1969 zunächst auch genutzt. 1970 wurde durch Verwaltungsabkommen die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung (seit 1976: und Forschungsförderung ) (BLK) begründet.22 Auf der Grundlage von Vorarbeiten des Deutschen Bildungsrates legte sie 1973 den Bildungsgesamtplan vor. Diese Gemeinschaftsaufgabe hatte sämtliche Einrichtungen und Stufen des Bildungswesens zum Gegenstand, von der vorschulischen Erziehung über das gesamte allgemeinbildende Schulwesen, das Hochschulwesen bis zur Fort,- Weiter- und Erwachsenenbildung.23 Gemeint waren die Vorbereitung , Datenerfassung, Vorausschau und Evaluation von Maßnahmen im Gesamtbereich des Bildungswesens.24 Auch Modellversuche im Bildungssektor waren auf der Grundlage des Art. 91b a. F. GG als dem Erkenntnisgewinn dienende Maßnahmen zur Bildungsplanung zulässig.25 Die Kulturhoheit, besonders die Hoheit auf dem Gebiet des Schulwesens durfte aber als Kern- 19 BT-Drs. 16/813, S. 14; siehe zum Streit, ob der Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte durch den Bund auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 33 GG gestützt werden könnte: , Regelungskompetenz des Bundes für den Hochschulzugang beruflich Qualifizierter nach der Föderalismusreform I?, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Sachstand WD 3 - 3000 - 235/08 vom 26. Juni 2008. 20 BT-Drs. 16/813, S. 14. 21 Siehe zu dieser Thematik auch: , Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen einer Gemeinsamen Bildungskonferenz, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Ausarbeitung WD 3 - 460/08 vom 13. Januar 2010. 22 Mager, Ute, in: v. Münch, Ingo/Kunig, Philip, Grundgesetz-Kommentar, 5. Aufl., Bd. 3, München 2003, Art. 91b Rn. 14. 23 Siekmann, Helmut, in: Sachs, Michael, GG-Kommentar, 4. Aufl., München 2007, Art. 91b Rn. 21. 24 Stern, Klaus, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, München 1980, S. 840. 25 Mager, in: v. Münch/Kunig, Art. 91b Rn. 15. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 481/10 Seite 9 stück der Länderstaatlichkeit nicht angetastet werden.26 Demzufolge erlangte der Bund auch nie eine allgemeine „Mitfinanzierungskompetenz“ im Bereich des Bildungswesens. Bereits bei der Aufstellung des Bildungsgesamtplans erwiesen sich verschiedene bildungspolitische Fragen als schwer konsensfähig. Die politischen Spannungen einschließlich streitiger Finanzierbarkeit führten letztlich dazu, dass der Bildungsgesamtplan seit 1980 nicht mehr fortgeschrieben wurde.27 Die BLK hatte fortan schwerpunktmäßig nur noch Aufgaben in der Forschungsförderung , im Bereich der Bildungsplanung war sie im Wesentlichen auf die Erarbeitung von Stellungnahmen und Empfehlungen zu Einzelfragen beschränkt. Durch die Föderalismusreform I wurde die nach dem Scheitern des Bildungsgesamtplans grundsätzlich weiter bestehende Möglichkeit der Mitwirkung des Bundes auch in Angelegenheiten des Schulwesens ersetzt und zugleich begrenzt durch die neue Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern, aufgrund von Vereinbarungen zur Feststellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im internationalen Vergleich und bei diesbezüglichen Berichten und Empfehlungen zusammenwirken zu können (Art. 91 b Abs. 2 GG).28 Art. 91b Abs. 2 GG ermöglicht etwa die Mitwirkung des Bundes bei der Durchführung und Auswertung künftiger PISA-Studien. Für die daraus zu treffenden Folgerungen sind allein die Länder zuständig.29 Die Streichung der Gemeinschaftsaufgabe „Bildungsplanung“ betont die Kulturhoheit der Länder und stellt klar, dass der Bund keinen allgemeinen Einfluss auf das Schulwesen haben soll.30 Als Folge der Grundgesetzänderung wurde die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung (seit 1976: und Forschungsförderung) (BLK) abgeschafft und hinsichtlich ihres die Forschungsförderung betreffenden Tätigkeitsbereichs Ende 2007 in die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) überführt. Auf der Grundlage des Art. 91b Abs. 2 GG (neu) haben sich die Bundesregierung und die Regierungen der Länder auf ein „Verwaltungsabkommen über das Zusammenwirken von Bund und Ländern gemäß Artikel 91 b Abs. 2 des Grundgesetzes“ (Abkommen zur Feststellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im internationalen Vergleich) verständigt.31 Gerade die Offenheit des neuen Art. 91b GG gestattet weiterhin die Gründung und Einrichtung gemeinsamer Bund-Länder-Kommissionen, in denen die Kooperation organisatorisch-institutionell verfestigt wird. 26 BVerfGE 6, 309, (346 f.); BVerfGE 86, 148 (267); Siekmann, Helmut, in: Sachs, Michael, GG, Grundgesetz, Kommentar , 5. Aufl., München 2009, Art. 91b Rn. 21. 27 Mager, in: v. Münch/Kunig, Art. 91b Rn. 16. 28 Suerbaum, Joachim, in: Epping, Volker/Hillgruber, Christian, GG, Grundgesetz, Kommentar, München 2009, Art. 91b Rn. 16. 29 BT-Drs. 16/813, S. 17. 30 Siekmann, in: Sachs, Art. 91b Rn. 21. 31 Nagel, Werner, Sekretariat der Kultusministerkonferenz (KMK), Entflechten- Überleiten- Neu gestalten. Das Zusammenwirken von Bund und Ländern in Bildung, Wissenschaft und Forschung nach der Föderalismusreform I, Januar 2007, S. 25, abzurufen auf der Homepage der KMK unter: http://www.kmk.org/aktuell/Entflechten_Ueberleiten_Neu_Gestalten.pdf. (letzer Abruf: 30. November 2010). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 481/10 Seite 10 Zu den wesentlichen Aufgaben zählen entsprechend Art. 4 des Verwaltungsabkommens und der dazugehörigen Protokollnotiz: - die Koordinierung der Teilnahme Deutschlands an Vorhaben zur Feststellung der Leistungsfähigkeit des deutschen Bildungswesens im internationalen Vergleich; - die Koordinierung und Begleitung der Bildungsberichterstattung (einschließlich der regelmäßigen Berichterstattung über die Bildungsfinanzen unter Einbeziehung der Finanzseite ); - die Koordinierung und Begleitung anderer Berichte bzw. Aktivitäten im Bildungsbereich gem. Art. 91 b Abs. 2 GG; - die Vorbereitung von Empfehlungen unter Berücksichtigung der Zuarbeiten des wissenschaftlichen Beirates; - die Befassung mit Vorhaben der Bildungsforschung, die im gemeinsamen Interesse von Bund und Ländern durchgeführt werden. In der Praxis erfolgt die Bund-Länder-Zusammenarbeit in der neuen Gemeinschaftsaufgabe „Feststellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im internationalen Vergleich“ sowie in der Bildungsforschung seit 1. Januar 2007 durch – Zusammenkünfte der Bundesministerin/des Bundesministers für Bildung und Forschung mit der Kultusministerkonferenz; – eine Bund-Länder-Steuerungsgruppe "Feststellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im internationalen Vergleich"; – einen wissenschaftlichen Beirat und – inhaltliche und organisatorische Unterstützung durch die jeweils zuständigen Arbeitseinheiten im Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Sekretariat der KMK (Geschäftsstellenfunktion). 2.6. Finanzhilfen des Bundes Vor der Föderalismusreform I konnte der Bund den Ländern nach Art. 104a Abs. 4 S. 1 GG a. F. Finanzhilfen für besonders bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden gewähren, die zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet oder zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums erforderlich waren. Die Zulässigkeit von Finanzhilfen war nicht davon abhängig, dass der Bund die Gesetzgebungszuständigkeit innehatte. Der Bund konnte somit auch Finanzhilfen auf dem Gebiet ausschließlicher Landeskompetenz wie z. B. im Bereich des allgemeinen Schulwesens gewähren. Dies ist beispielsweise mit dem in der 15. Legislaturperiode beschlossene Programm zur Förderung der Ganztagsschulen geschehen. Mit diesem sog. Investitionsprogramm "Zukunft Bildung und Betreuung" (IZBB) hat die Bundesregierung die Länder beim bedarfsge- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 481/10 Seite 11 rechten Auf- und Ausbau von Ganztagsschulen unterstützt. Von 2003 bis 2009 wurden mit den IZBB-Mitteln bundesweit fast 7.200 Schulen gefördert.32 Nach der Föderalismusreform I waren Finanzhilfen des Bundes ausschließlich auf den Sachgebieten zulässig, für die der Bund eine Gesetzgebungskompetenz besitzt, Art. 104b Abs. 1 GG (in der Fassung des 52. Änderungsgesetzes). Das IZBB konnte noch fortgeführt werden, weil insoweit die Übergangsregelung des Art. 125c Abs. 2 S. 2 GG eingreift. Neue Programme dieser Art sollten dagegen nicht zulässig sein.33 Auch die Föderalismusreform II hat für Finanzhilfen im Bildungssektor letztlich keine Lockerung dieser restriktiven Regelung bewirkt, denn eingefügt wurde in Art. 104b Abs. 1 S. 2 GG lediglich ein Ausnahmetatbestand, der es dem Bund ermöglicht hat, abweichend von Satz 1 im Fall von Naturkatastrophen oder außergewöhnlicher Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, auch ohne Gesetzgebungsbefugnisse Finanzhilfen zu gewähren. Dort, wo der Bund im Bildungsbereich Kompetenzen besitzt (außerschulische berufliche Bildung und Weiterbildung, Hochschulzulassung und Hochschulabschlüsse), sind unter den Voraussetzungen des Art. 104b GG Finanzhilfen auch nach Föderalismusreform I und II weiterhin zulässig .34 Wegen der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes im Bereich der Kindertagesbetreuung (öffentliche Fürsorge nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG, siehe oben 2.1) kann der Bund Finanzhilfen auch auf diesem Gebiet gewähren. Auf der Grundlage von Art. 104b GG ist ein Sondervermögen durch Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Kinderbetreuungsausbau “ und zur Entfristung des Kinderzuschlags35 geschaffen worden. 3. Frage 2: Inwiefern wirkt sich das sog. Kooperationsverbot auf die Finanzierung von Projekten mit unmittelbarem Bildungsbezug durch Bund und Länder aus? Durch den Wegfall der in Art. 91b S. 1 1. Alt. GG a.F. niedergelegten Gemeinschaftsaufgabe „Bildungsplanung “ wurde die Möglichkeit des Bundes beseitigt, im Bereich sämtlicher Einrichtungen und Stufen des Bildungswesens, von der vorschulischen Erziehung über das gesamte allgemeinbildende Schulwesen, das Hochschulwesen bis zur Fort-, Weiter- und Erwachsenenbildung, mit den Ländern zu kooperieren und sich an der Finanzierung (Art. 91b S. 2 GG) zu beteiligen.36 Diese Möglichkeit der Mitwirkung des Bundes ist begrenzt durch die neue Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern, aufgrund von Vereinbarungen zur Feststellung der Leistungsfähigkeit 32 Siehe auch Bundesministerium der Finanzen: http://www.bmbf.de/de/3735.php (letzter Abruf: 30. November 2010). 33 BT-Drs. 16/813, S. 19. 34 BT-Drs. 16/813, S. 19. 35 Gesetz vom 18. Dezember 2007 (BGBl. I 2007, S. 3022). 36 , WD 3 - 126/09, S. 8. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 481/10 Seite 12 des Bildungswesens im internationalen Vergleich und bei diesbezüglichen Berichten und Empfehlungen zusammenwirken zu können, Art. 91 b Abs. 2 GG (siehe oben 2.5.).37 Eine Finanzierung von Projekten mit unmittelbarem Bildungsbezug ist ferner über das Instrument der Finanzhilfe nach Art. 104b GG möglich, allerdings beschränkt auf die Bereiche, in denen der Bund die Gesetzgebungskompetenz besitzt (siehe oben 2.6). Ein über die genannten, grundgesetzlich normierten Möglichkeiten hinausgehendes Zusammenwirken von Bund und Ländern im Bereich der Finanzierung von Maßnahmen des Bildungswesens ist ausgeschlossen (Kooperationsverbot). 4. Frage 3: Welche Möglichkeiten finden sich für den Bund, auf Wunsch der Länder gezielt Leistungen im allgemeinbildenden Schulwesen finanziell zu unterstützen? Wie verhielt sich dies vor und nach der Föderalismusreform I und II? Eine finanzielle Unterstützung des Bundes von Leistungen der Länder im Bereich des allgemeinbildenden Schulwesen ist im Grundgesetz grundsätzlich nicht mehr vorgesehen (siehe zur Entwicklung vor und nach der Föderalismusreform I und II schon die Ausführungen zu den Finanzhilfen 2.6.). Nur dort, wo der Bund die Gesetzgebungszuständigkeit besitzt, kann er gemäß Art. 104b Abs. 1 S. 1 GG finanziell fördern. Das allgemeine Schulwesen liegt aber in Landeszuständigkeit . Denkbar sind dagegen Maßnahmen mit Bezug zum allgemeinen Schulwesen etwa im Bereich der Sozialgesetzgebung, für die der Bund die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG besitzt. Hier ist das bereits unter 2.1 genannte Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch zu erwähnen. Die Leistungen für Bildung und Teilhabe werden im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende vollständig vom Bund getragen.38 Allerdings ist dies keine Leistung des Bundes „auf Wunsch der Länder“, sondern sie beruht auf bundesgesetzlicher Verpflichtung. 5. Frage 4: Wie stellen sich die Möglichkeiten und Grenzen einer gemeinsamen Planung von Bund und Ländern bei der Durchführung und Finanzierung von Projekten im Hochschulbereich dar? Mit der Föderalismusreform I von 2006 wurde die bisherige Gemeinschaftsaufgabe „Hochschulbau “, die den Aus- und Neubau von Hochschulen einschließlich der Hochschulkliniken umfasste , gestrichen (Aufhebung des Art. 91a Abs. 1 Nr. 1 GG). Nach dem Fortfall der Gemeinschaftsaufgabe „Hochschulbau“ sieht eine neue Gemeinschaftsaufgabe nur noch die Möglichkeit einer Beteiligung des Bundes für Forschungsbauten an Hochschulen einschließlich Großgeräten (Art. 37 WD 3 - 126/09, S. 8. 38 Siehe auch BT-Drs. 17/3404, S. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 481/10 Seite 13 91 b Abs. 1 Nr. 3 GG) vor.39 Beim Begriff „Forschungsbauten“ kann es zu Abgrenzungsschwierigkeiten kommen, da viele Hochschulbauten sowohl zu Forschungs- als auch Lehrzwecken dienen sollen. Bei der Bewertung kommt es auf den Schwerpunkt der geplanten Nutzung, wobei Förderungsmöglichkeiten durch den Bund dann vorliegen, wenn das Gebäude in seinem Hauptzweck der Forschung dient.40 Ausgeschlossen ist damit die Förderung z. B. reiner Verwaltungsgebäude, Mensen und Wohnheime. Für die Beschaffung von Großgeräten einschließlich notwendiger Investitionsmaßnahmen gilt eine Bagatellgrenze (Orientierungsgröße 5 Mio. Euro).41 Des Weiteren können Bund und Länder auf Grund von Vereinbarungen in Fällen überregionaler Bedeutung nach Art. 91b Abs.1 Nr. 2 GG bei Vorhaben der Wissenschaft und Forschung an Hochschulen zusammenwirken.42 Der Bereich der Wissenschaft wird ausdrücklich einbezogen, so dass auch die Lehre hiervon erfasst ist.43 Überregionale Bedeutung von Fällen ist zu bejahen, wenn sich um eine Förderung handelt, die Ausstrahlungskraft über das einzelne Land hinaus hat und bedeutend ist im nationalen oder internationalen Kontext.44 39 Siehe zum Ganzen auch: , Kompetenzen in Forschungs- und Bildungsbereich vor und nach der Föderalismusreform, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Sachstand WD 3 474/07 vom 13. Dezember 2007. 40 Suerbaum, in: Epping/Hillgruber, Art. 91b Rn. 15. 41 BT-Drs. 16/813, S. 17; Suerbaum, in: Epping/Hillgruber, Art. 91b Rn. 12. 42 Daneben ist außerhalb des Hochschulbereichs ein Zusammenwirken bei der Förderung von Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung (Art. 91b Abs. 1 Nr. 1 GG) möglich. Einrichtungen im Sinne dieser Vorschrift sind sowohl solche, die selbst forschen (z. B. Max-Planck-Institut, Fraunhofer-Gesellschaft), als auch solche , deren Aufgabe selbst in der Forschungsförderung besteht. Der Begriff des Vorhabens bezeichnet abgegrenzte Sachaufgaben mit konkreten wissenschaftlichen Zielen. 43 Suerbaum, in: Epping/Hillgruber, Art. 91b Rn. 13. 44 BT-Drs. 16/813, S. 17.