Inneres Gesetzgebungsverfahren - Ausarbeitung - © 2006 Deutscher Bundestag WD 3 - 460/06 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Inneres Gesetzgebungsverfahren Ausarbeitung WD 3 - 460/06 Abschluss der Arbeit: 16.1.2007 Fachbereich WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - Zusammenfassung - Das innere Gesetzgebungsverfahren im engeren Sinne betrifft die Methodik der Willensbildung . Teile der Literatur gehen davon aus, dass die Willensbildung des parlamentarischen Gesetzgebers verfassungsrechtlichen Vorgaben unterliegt. Danach trifft das Parlament eine Pflicht zum Sondieren, Nachdenken und Abwägen, die auch justiziabel ist. Das innere Gesetzgebungsverfahren im weiteren Sinne umfasst Fragen der Transparenz bei der Entscheidungsfindung sowie Verfahrensfragen, wie sie sich beispielsweise aus der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GOBT) oder der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) ergeben. Auch diesbezüglich plädieren verschiedene Autoren für eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Einhaltung dieser Vorgaben ; eine Verletzung soll zur Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes führen können. Die Begründungen für diese Forderungen sind vielgestaltig; argumentiert wird mit der Grundrechtsrelevanz bei Eingriffsgesetzen, der ungeschriebenen Pflicht zur Organtreue, dem Demokratieprinzip und Statusrechten der Abgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 GG. Die Rechtsprechung ist hingegen zurückhaltend. Das Bundesverfassungsgericht betont die Parlamentsautonomie und damit die Freiheit des Gesetzgebers, auch in verfahrensrechtlichen Fragen eigenständig und ggf. von der Geschäftsordnung abweichend zu entscheiden . Die verfassungsrechtliche Grenze dürfte erst erreicht sein, wenn dokumentiert ist, dass eine freie und eigenständige Entscheidung des Parlaments und seiner Abgeordneten aufgrund äußerer Umstände faktisch nicht möglich war. Soweit es die inhaltliche Seite, die Methodik der Entscheidungsfindung betrifft, prüft das Gericht zumindest im Rahmen der Verhältnismäßigkeit auch mögliche Grenzen der Entscheidungsfindung durch den Gesetzgeber. Betont wird aber auch hier ein weiter Einschätzungsspielraum des Parlaments. Inhalt 1. Einleitung 4 2. Einzelausprägungen und mögliche grundgesetzliche Verankerung 5 2.1. Gebot der Rationalität 5 2.2. Gebot der Transparenz 6 2.3. Verfahrensfragen 8 2.4. Gegenpositionen 8 3. Ausgewählte Entscheidungen des BVerfG 9 3.1. BVerfGE 1, 144 – Geschäftsordnungsautonomie (Anzahl der Lesungen) 9 3.2. BVerfGE 29, 221 – Finanzänderungsgesetz (Zeitdruck im Verfahren) 10 3.3. BVerfGE 30, 250 – Absicherungsgesetz (Beurteilungsspielraum) 11 3.4. BVerfGE 36, 321 – Schallplatten (Notwendigkeit einer Anhörung) 12 3.5. BVerfGE 44, 308 – Beschlussfähigkeit (Mindestzahl von Abgeordneten) 13 3.6. BVerfGE 70, 324 – Haushaltskontrolle der Nachrichtendienste (Recht auf Information) 14 3.7. Zwischenergebnis 15 4. Literaturverzeichnis 16 - 4 - 1. Einleitung Das Gesetzgebungsverfahren ist in den Art. 76 ff. GG geregelt. Diese Vorschriften beschränken sich auf Vorgaben für das so genannte äußere Gesetzgebungsverfahren: Sie beziehen sich auf den zeitlichen und organisatorischen Ablauf der Gesetzgebung, wie er im Grundgesetz geregelt ist.1 Daneben soll das innere Gesetzgebungsverfahren existieren. Hinsichtlich der Begrifflichkeit wird überwiegend auf einen Beitrag von Schwerdtfeger rekurriert, in dem dieser versucht hat, rechtliche Parameter für die Methodik der Entscheidungsfindung im Gesetzgebungsverfahren zu entwickeln. 2 Dabei wird vom inneren Gesetzgebungsverfahren gesprochen; dieses betreffe die Willensbildung der an der Gesetzgebung beteiligten Verfassungsorgane sowie die inhaltlichen Anforderungen an diese Willensbildung .3 Gelegentlich findet sich auch die Umschreibung „Rationalität im Gesetzgebungsverfahren “4: „Das innere Gesetzgebungsverfahren versucht, den dynamischen Prozeß der Entscheidungsfindung bei der Entstehung einer gesetzgeberischen Regelung unter dem Gesichtspunkt der Rationalität als Gebot der Rechtsstaatlichkeit zu ordnen.“5 Die Unterscheidung inneres und äußeres Gesetzgebungsverfahren hat sich weitgehend durchgesetzt, ohne dass sich hieraus ein einheitliches Verständnis vom Gehalt der Differenzierung ergeben würde.6 Schwerdtfeger stellt – angelehnt an die Abwägungsfehlerlehre im Bauplanungsrecht7 – rechtliche Anforderungen an die Methodik der Ent scheidungsfindung auf. 8 Andere Autoren gehen hingegen davon aus, dass die Methodik der Entscheidungsfindung lediglich deskriptiv und in der Konsequenz nur „politische Tugendlehre“ 9 für den Gesetzgeber sei. 10 Dies spiegelt sich auch in folgendem Zitat aus der parlamentarischen Praxis wider: 1 Rubel, in: Umbach/Clemens, GG, Vor Art. 76 ff., Rn. 1. 2 Schwerdtfeger, S. 173 ff. 3 Rubel, in: Umbach/Clemens, GG, Vor Art. 76 ff., Rn. 6. 4 Hoffmann, ZG 1990, S. 97. 5 Jekewitz, in: AK GG, Art. 76, Rn. 6 (Hervorhebung im Original). 6 Meßerschmidt, § 9, S. 831; Raabe, S. 367. 7 Siehe dazu auch Kloepfer, DVBl. 1995, S. 443. 8 Zustimmend Mengel, ZRP 1984, S. 160. 9 Gusy, ZRP 1985, S. 298. 10 Schulze -Fielitz, JZ 2004, S. 863; zur besseren Gesetzgebung, Schneider, ZG 2004, S. 105 ff. - 5 - „Kaum ein wichtiges Gesetz, das nicht ohne Rücksicht auf gute parlamentarische Gepflogenheiten im Eilverfahren durch den Bundestag und den Bundesrat gepeitscht worden wäre!“ 11 Schließlich wird überlegt, ob in der Fragestellung nach dem inneren Gesetzgebungsverfahren nicht neben den materiellen Inhalten auch die Frage nach dem einzuschlagenden Verfahren steckt.12 Im Folgenden wird versucht, das innere Gesetzgebungsverfahren zu kategorisieren; die Aufstellung hat keine ab- bzw. ausschließende Funktion, sondern dient lediglich dazu , die hier verwandten Begriffe in eine hinreichend nachvollziehbare Struktur zu bringen .13 Überschneidungen sind denkbar und teilweise zwingend. Im Anschluss wird wichtige Judikatur des Bundesverfassungsgerichts dargestellt und auf ihre Aussagen zu den dargestellten Fragen hin untersucht. 2. Einzelausprägungen und mögliche grundgesetzliche Verankerung 2.1. Gebot der Rationalität Kontrovers diskutiert wird die Frage, ob der Gesetzgeber bei der Bearbeitung der Gesetzentwürfe intensive Überlegungen anzustellen – ob ihn also aus verfassungsrechtlichen Gründen eine „Pflicht zum Nachdenken“14 trifft. Dies wird teilweise bejaht, wobei die Begründungen für eine entsprechende Pflicht divergieren. So wird versucht, aus den Anforderungen an die kommunale Rechtssetzung durch Satzung allgemeine Prinzipien für die parlamentarische Normsetzung herzuleiten.15 Hieraus sollen folgende Pflichten resultieren: - Pflicht zur Heranziehung aller Fakten, Gesichtspunkte und Interessen, - Pflicht zur Aufbereitung dieser Daten zu Statusveränderungsideen, weiteren Ermittlungen u.s.w., - Pflicht zur Abwägung der gefundenen Lösungen.16 11 Sabine Leutheusser-Schnarrenberger im Plenum, Plenarprotokoll 16/73, 14.12.2006, S. 7261 (C), (Hervorhebung durch die Verfasserin). 12 Kloepfer, DVBl. 1995, S. 442. 13 Ähnlich wie hier auch Raabe, S. 367; Mengel unterscheidet zwischen Verfahren, inhaltlichen Anforderungen und Nebenpflichten des Gesetzgebers, ZG 1990, S. 197. 14 Hoffmann, ZG 1990, S. 97. 15 Schwerdtfeger, S. 174; Kloepfer, DVBl. 1995, S. 443, der jedoch selbst auf die grundlegenden Unterschiede zwischen Satzungsrecht und Parlamentsgesetz hinweist, vgl. DVBl. 1995, S. 444 f. 16 Schwerdtfeger, S. 173, 182. - 6 - Zentraler Grund für diese Thesen ist die Grundrechtsbindung des Gesetzgebers ; hieraus folge auch, dass Eingriffe erst dann zulässig sind, wenn das Gesetzgebungsverfahren so rational wie möglich abgelaufen ist.17 Wenn dies nicht der Fall sei, könne das Gesetz vom Bundesverfassungsgericht für nichtig oder jedenfalls unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt werden. 18 Mit Blick auf so genannte „überhastete Gesetzgebung“ werden diese Gesichtspunkte durch ein Kompetenzargument ergänzt: Problematischer als oberflächliche Gesetzesberatung sei die Aushöhlung von Zuständigkeiten anderer Gewalten, die aus überhasteter Gesetzgebung folgen könne.19 2.2. Gebot der Transparenz Weitere Ausprägung im inneren Gesetzgebungsverfahren soll das Gebot der Transparenz der Entscheidungsfindung sein. 20 Dieses folgt grundsätzlich aus dem Demokratieprinzip und Art. 42 Abs. 1 S. 1 GG; es soll sichergestellt sein, dass der Bürger die Möglichkeit hat, den Weg der Entscheidungsfindung im Parlament nachzuvollziehen. Zum anderen soll „Letztentscheider“ das Parlament sein und bleiben. Unter dem Stichwort „Informalisierung des Verfahrens“ wird daher zunehmend kritisch die Einflussnahme externer Berater – Kommissionen etc. – verfolgt.21 Gleiches gilt für die Arbeit des Vermittlungsausschusses. Auch dessen Einfluss auf das Gesetzgebungsverfahren wird immer wieder neu diskutiert; zuletzt aufgrund der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. August 2006, § 8 Abs. 4 des Körperschaftssteuergesetzes 1996/1999 dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorzulegen . 22 Der BFH ist der Auffassung, dass die Vorschrift formell verfassungswidrig sei, weil der Vermittlungsausschuss im Gesetzgebungsverfahren seine verfassungsrechtlichen Kompetenzen überschritten habe.23 Zur Begründung verweist der BFH auf seinen Vortrag in einem weiteren, seit dem Jahr 2001 beim Bundesverfassungsgericht anhän- 17 Schwerdtfeger, S. 178; zustimmend Mengel, ZRP 1985, S. 160. 18 Schwerdtfeger, S. 186. 19 Ausführlich Kloepfer, Verfassung und Zeit, S. 462 f. 20 Mengel, ZRP 1985, S. 157. 21 Siehe nur Mengel, ZRP 1985, S. 156; Papier, SZ vom 18.12.2006; Interview im Deutschlandfunk vom 17.12.2006, Mitschrift abrufbar unter: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/idw_dlf/574452/, Abruf am 15.1.2007; grundlegend, Morlok, VVDStRL 2003, S. 39 ff. 22 BFH vom 22.8.2006, Aktenzeichen I R 25/06; Pressemitteilung vom 8.11.2006, unter www.bundesfinanzhof.de, Abruf am 7.12.2006. Das Verfahren wird unter 1 BvL 8/06 beim BVerfG geführt. Zur Rezeption in der Presse, Süddeutsche Zeitung, 9. November 2006, S. 25. 23 BFH vom 22.08.2006, Aktenzeichen I R 25/06, Rn. 23; www.bundesfinanzhof.de, Abruf am 7.12.2006. - 7 - gigen Verfahren. 24 Dort rügte der BFH die formelle Verfassungswidrigkeit von Änderungen im Umwandlungssteuergesetz. Das Grundgesetz trifft zur Stellung des Vermittlungsausschusses im Verfassungsgefüge nur wenige Aussagen. 25 Systematisch findet der Ausschuss, der als ständiges Organ konzipiert ist, seinen Platz in den Art. 76 ff. GG und damit im Gesetzgebungsverfahren. Bei Meinungsverschiedenheiten über Zustimmungsgesetze können der Bundesrat, der Bundestag oder die Bundesregierung verlangen, dass sich der Vermittlungsausschuss mit dem Gesetz befasst, Art. 77 Abs. 2 S. 1 und S. 4 GG. Der Vermittlungsausschuss hat grundsätzlich eine Funktion: Er soll Meinungsverschiedenheiten beseitigen, Posit ionen ausloten, Kompromisse finden. Das Bundesverfassungsgericht fo rmuliert es so: „Um der Effizienz der Gesetzgebung willen eröffnet das Grundgesetz die Möglichkeit, die Beratung von Vorlagen einem Ausschuss zu übertragen, der nach seiner Zusammensetzung und seinem Verfahren in besonderem Maße geeignet ist, einen Kompromiss zu erarbeiten.“26 So plausibel die Aufgabe ist, die der Vermittlungsausschuss hat, so schwierig ist es im Einzelfall zu entscheiden, was der Ausschuss darf und was nicht. Denn einhellige Auffassung ist: Entscheidungskompetenzen sind dem Vermittlungsausschuss nicht eingeräumt .27 Seine Empfehlungen dürfen nicht auf ein sachlich völlig neues Gesetz hinauslaufen , sondern müssen in einem Sachzusammenhang mit der zu regelnden Materie stehen.28 Der Vermittlungsausschuss ist deshalb gemäß Art. 77 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 77 Abs. 2 GG in seiner Vermittlerrolle thematisch durch den Gesetzesbeschluss des Bundestages und das Anrufungsbegehren gebunden und damit beschränkt.29 Da eine gesetzliche Regelung für diese Beschränkung fehlt, werden Kriterien in Rechtsprechung und Literatur immer wieder diskutiert und konkretisiert.30 Fehler im Vermittlungsverfahren führen jedoch nach der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts nur dann zur Nichtigkeit, wenn sie evident sind.31 24 BFH, NJW 2002, S. 773 (774 ff.); Aktenzeichen beim Bundesverfassungsgericht 2 BvL 12/01. 25 Kluth, HdStR III, 2005, § 60, Rn. 3. 26 BVerfGE 72, S. 175, (188). 27 BVerfGE 72, S. 175, (188). 28 Dietlein, NJW 1983, S. 83; Stettner, in: Dreier, GG, Art. 77, Rn. 22. 29 Schenke, 1984, S. 21 f. 30 Kluth, HdStR III, 2005, § 60, Rn. 54 ff.; Schenke, 1984, S. 83 ff.; Dietlein, NJW 1983, S. 80 ff.; Masing, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 77, Rn. 87: „Überzeugende Lösungen (…) sind noch nicht gefunden.“ 31 Rubel, in: Umbach/Clemens, GG, Art. 77 Rn. 51. - 8 - 2.3. Verfahrensfragen Die angedeuteten Probleme um „überhastete Gesetzgebung“32 und den Einfluss des Vermittlungsausschusses lassen sich systematisch auch in die Verfahrensfragen einordnen . Weicht der Gesetzgeber von der Geschäftsordnung ab – sei es durch eine Verringerung der Anzahl der Lesungen, sei es durch eine anderweitige Verkürzung der Verfahrensdauer 33 – stellt sich regelmäßig die Frage nach der Justiziabilität solcher Abweichungen .34 Fordert man eine bestimmte Form der Entscheidungsfindung, die sich am Maßstab der Rationalität messen lassen muss, so könnte auch die Verkürzung des Verfahrens zu Lasten einzelner Abgeordneter bzw. der Opposition verfassungsrechtlich problematisch sein, da hierdurch eine hinreichende Auseinandersetzung mit deren Argumenten ggf. nicht mehr möglich ist.35 Zum anderen kann hierdurch die Informiertheit und damit die Entscheidungsfreiheit der Abgeordneten beeinträchtigt sein. 36 2.4. Gegenpositionen Gegen diese Argumentation wird angeführt, dass das Grundgesetz selbst keinerlei Vorgaben für den Gesetzgeber enthalte, die über die knappen Aussagen der Art. 76 ff. GG hinausgehen. 37 Das Bundesverfassungsgericht prüfe die Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz; dementsprechend schulde der Gesetzgeber das verfassungsgemäße Gesetz , nicht aber verfassungsgemäße Begründungen: „Normenkontrolle ist Kontrolle der Norm, nicht des optimierten Normsetzungsverfahrens .“ 38 Es gebe – anders als im Verwaltungsrecht – gerade kein „Gesetzgebungsverwaltungsverfahrensgesetz “, welches den Gesetzgeber binde; insoweit existiere auch kein theoretischer Zusammenhang zwischen richtigem Verfahren und richtigem Verfahrensziel. 39 32 Zum Problem des Zeitdrucks bei der Gesetzgebung siehe auch Schulze-Fielitz, JZ 2004, S. 864. 33 Beispiele in „Störfall Präsident“, in: Der Spiegel vom 18.12.2006. 34 Schwerin, S. 211. 35 Siehe in rechtstatsächlicher Hinsicht die Beratungen zum Gesetz zur Errichtung gemeinsamer Dateien von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder, BT-Drucksachen 16/2950, 16/3292, 16/3642, 16/3646, Plenarprotokoll 16/71, S. 7093 ff. sowie die Aktuelle Stunde vom 14.12.2006, Rechtsstaatliche Anforderungen an eine ordnungsgemäße Gesetzgebungsarbeit, Plenarprotokoll 16/73, S. 7261 (A) – 7273 (C). 36 Mengel, ZRP 1985, S. 157. 37 Schneider, Gesetzgebung, § 5, Rn 96; Gusy, ZRP 1985, S. 299, m.w.N. 38 Gusy, ZRP 1985, S. 299. 39 Schwerin, S. 212, m.w.N. - 9 - 3. Ausgewählte Entscheidungen des BVerfG Auch die Rechtsprechung ist in der Beurteilung des inneren Gesetzgebungsverfahrens überwiegend sehr zurückhaltend.40 So sollen Verstöße gegen Art. 76 ff. GG nach der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts nur dann zur Nichtigkeit führen, wenn sie evident sind.41 Im Folgenden werden einzelne Entscheidungen auf ihre Aussagen zum inneren Gesetzgebungsverfahren hin untersucht; zu beachten ist, dass das Gericht diesen Begriff bislang nicht verwandt hat. 3.1. BVerfGE 1, 144 – Geschäftsordnungsautonomie (Anzahl der Lesungen) In einer seiner ersten Entscheidungen hatte sich das Bundesverfassungsgericht mit grundsätzlichen Fragen zur Geschäftsordnung des Bundestages zu befassen; es traf – unter anderem – Aussagen zu Rechtsnatur, Bindungswirkung und Rang der GOBT. Es wurde festgestellt, dass die Geschäftsordnung voraussetze, dass die zur Wahrnehmung bestimmter Funktionen berufenen Organe diese in vernünftigen Grenzen ausüben und nicht missbrauchen dürften. Dies sei ggf. auch justiziabel: „Wer in einem bestimmten Einzelfall durch mißbräuchliche Anwendung in seinen Rechten verletzt wird, kann sie in einem verfassungsgerichtlichen Verfahren durchsetzen.“42 Des Weiteren lassen sich aus der Entscheidung Grundsätze für die Konkretisierung der Formulierung „verhandelt öffentlich“, Art. 42 Abs. 1 S. 1 GG, herleiten. So stellte das Gericht fest, dass die Anzahl der Lesungen nicht grundgesetzlich determiniert ist.43 Es verstoße auch nicht gegen Art. 42 Abs. 1 Satz 1 GG, da diese Vorschrift nur besage, dass das Plenum des Bundestages, wenn es verhandelt, öffentlich verhandeln muss. Art. 42 Abs. 1 S. 1 GG besage aber nicht, wann im Plenum verhandelt werden muss. Hierdurch sei demnach nicht ausgeschlossen, dass die Verhandlungen in den Ausschüssen nicht öffentlich sind, und dass von den drei öffentlichen Beratungen des Plenums die erste wegfällt.44 Sichergestellt sein muss jedoch, dass die Beratung und die Beschlussfassung im Plenum nicht tatsächlich unmöglich oder praktisch verhindert wird.45 40 Kritisch Mengel, ZG 1990, S. 197; ders., Gesetzgebung und Verfahren, S. 326 ff. 41 BVerfGE 34, S. 9, (25); BVerfGE 91, S. 148, (175). 42 BVerfGE 1, S. 144, (149). 43 BVerfGE 1, S. 144, (151). 44 BVerfGE 1, S. 144, (152). 45 BVerfGE 1, S. 144, (154). - 10 - Dies hat der Saarländische Verfassungsgerichtshof ähnlich gesehen und ergänzend ausgeführt : „Gesetzesvorlagen könnten demnach verfassungskonform auch in einer einzigen Lesung an nur einem Tag erledigt werden. (…). Das Recht des Abgeordneten auf Mitwirkung an den Verhandlungen und Entscheidungen des Parlaments kann nicht weiter reichen als solche Verhandlungen verfassungsrechtlich geboten sind. Er hat daher von Verfassungs wegen keinen Anspruch auf die Durchführung mehrerer Lesungen.“46 Das Gericht räumt jedoch ein, dass die Möglichkeiten zur Einführung neuer Argumente und Gegenargumente in der dritten Lesung begrenzt sind, wenn diese unmittelbar auf die zweite Lesung folgt. Den Abgeordneten steht demnach für die dritte Lesung keine weitere Vorbereitungszeit zur Verfügung. Dadurch werde das Mitwirkungsrecht des Abgeordneten jedoch nicht in verfassungsrechtlich relevanter Weise eingeschränkt: Der Beratungsgegenstand sei in der dritten Lesung nicht neu; den Abgeordneten liege aus den ersten beiden Lesungen und einer dazwischen ggf. erfolgten Ausschussberatung eine umfassende Information über die ursprüngliche Vorlage sowie über zwischenzeitlich dazu eingebrachte Änderungsanträge vor.47 3.2. BVerfGE 29, 221 – Finanzänderungsgesetz (Zeitdruck im Verfahren) Durch das Finanzänderungsgesetz 1967 wurde unter anderem die Jahresarbeitsverdienstgrenze in der Rentenversicherung der Angestellten aufgehoben. Hiergegen richteten sich Verfassungsbeschwerden. So rügten die Beschwerdeführer die Verletzung von ungeschriebenen Verfassungsgrundsätzen .48 Der Grundsatz der „Organtreue“49 sei nicht beachtet worden50: Die Bundesregierung habe den Gesetzesentwurf erst mit Schreiben vom 20. Oktober 1967 dem Bundestag zugeleitet, obwohl das Gesetz schon am 1. Januar 1968 in Kraft treten sollte. Sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat habe für eine sachgerechte Beratung zu wenig Zeit zur Verfügung gestanden. Die übertriebene Eile habe dazu geführt, dass der Ausschuss für Sozialpolitik schon bei seinen Beratungen die technischen Änderungen , die das Finanzänderungsgesetz 1967 zu seiner Anwendung erforderlich machte, in die Wege geleitet habe. Dadurch seien die Entscheidungsfreiheit der Abgeordneten 46 SaarlVerfGH, NVwZ-RR 2006, S. 665, (666). 47 SaarlVerfGH, NVwZ-RR 2006, S. 665, (666). 48 Gutachten von Hans Schneider, vgl. BVerfGE 29, S. 221, (226). 49 Zum Grundsatz der Organtreue, Schenke, S. 33 ff.; Lorz, S. 139 ff. 50 BVerfGE 29, S. 221, (225). - 11 - bei der späteren Parlamentsdebatte eingeengt und der Entscheidung des Parlaments vorgegriffen worden.51 Das Bundesverfassungsgericht folgte dieser Argumentation nicht. Alleine die große Eile bei den Beratungen begründe für sich genommen keinen Verfassungsverstoß, da es jedem Gesetzgebungsorgan frei gestanden habe, die Vorlage abzulehnen, wenn es sich durch den Zeitdruck an einer sachgemäßen Behandlung behindert fühlte.52 Die Grenze soll erst erreicht sein, wenn im laufenden Verfahren schon vollendete Tatsachen in dem Sinne geschaffen werden, dass von einer freien und unabhängigen Entsche idung des Parlaments nicht mehr gesprochen werden kann.53 Im Übrigen stellte das Bundesverfassungsgericht fest: „Soweit die Beschwerdeführer und vor allem der Gutachter das Gesetzgebungsverfahren darüber hinaus unter politischen Gesichtspunkten beanstanden , hat das Bundesverfassungsgericht nicht darüber zu entscheiden; Konsequenzen daraus hätten nur die beteiligten Gesetzgebungsorgane ziehen können.“54 3.3. BVerfGE 30, 250 – Absicherungsgesetz (Beurteilungsspielraum) Knapp ein halbes Jahr später entschied das Gericht über mehrere Verfassungsbeschwerden gegen das so genannte Absicherungsgesetz. Dieses war innerhalb weniger Tage beraten und verabschiedet worden: Auf einer vom 20. bis 22. November 1968 stattfindenden Tagung des so genannten Zehner-Clubs55 erklärte sich die Bundesregierung bereit, durch steuerliche Begünstigung der Einfuhren und steuerliche Belastungen der Ausfuhren, die außenwirtschaftliche Konjunktur zu dämpfen. Ziel war die Vermeidung der Aufwertung der D-Mark zum damaligen Zeitpunkt . Am 21. November 1968 brachten, einer Bitte der Bundesregierung entsprechend , die Fraktionen der damaligen Koalitionsparteien im Bundestag den Entwurf eines entsprechenden Gesetzes ein. Am 28. November 1968 wurde das Absicherungsgesetz in zweiter und dritter Lesung angenommen, am 29. November 1968 – unmittelbar 51 BVerfGE 29, S. 221, (226). 52 BVerfGE 29, S. 221, (233). 53 BVerfGE 29, S. 221, (234). 54 BVerfGE 29, S. 221, (235). 55 Im „Zehner-Club“ haben sich die zehn wirtschaftlich wichtigsten Mitgliedstaaten des Internationalen Währungsfonds (IWF) zusammengeschlossen; zur Zusammensetzung vgl. BVerfGE 30, S. 250, (253). - 12 - nach abschließender Behandlung im Bundesrat – ausgefertigt und am 30. November 1968 verkündet. Es trat am 1. Dezember 1968 in Kraft.56 Die Rüge der Beschwerdeführerinnen betraf auch die Verhältnismäßigkeit, insbesondere die Geeignetheit des Gesetzes sowie die Frage, ob die Zusage der Bundesregierung im Hinblick auf die Entscheidungsfreiheit des Parlaments problematisch sei. 57 Außerdem wurde die ungewöhnliche zeitliche Komponente gerügt.58 Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschwerden abgewiesen. Das Rechtsstaatsprinzip verbiete allein belastende Gesetze, die zur Erreichung der Gesetzeszwecke schlechthin untauglich seien. 59 Dem Gesetzgeber stehe aber ein weiter Spielraum für die Beurteilung der Zwecktauglichkeit eines Gesetzes zu; eine gesetzliche Maßnahme könne daher nicht schon deshalb als verfassungswidrig angesehen werden, weil sie auf einer Fehlprognose des Gesetzgebers beruhe.60 Zur Frage der zeitlichen Komponente und des Gesetzgebungsverfahrens äußerte sich das Bundesverfassungsgericht diesmal nur knapp: „Das Absicherungsgesetz ist – worauf im Gutachten Lerche besonders hingewiesen wird – im Gesetzgebungsverfahren mit ungewöhnlicher Beschleunigung behandelt worden. Verfassungsrechtliche Bedenken ergeben sich hieraus indessen nicht. Der Bundesrat hat, ohne die ihm vorbehaltene Frist auszuschöpfen, ordnungsgemäß auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses verzichtet. Von einer verfassungswidrigen ’Überspielung der Einlassungsfrist des Bundesrates’ kann keine Rede sein.“61 3.4. BVerfGE 36, 321 – Schallplatten (Notwendigkeit einer Anhörung) In diesem Verfahren ging es um die fehlende Befreiung vom vollen Mehrwertsteuersatz für Schallplatten. Neben materiellrechtlichen Fragen rügten die Beschwerdeführer, dass ihnen im Gesetzgebungsverfahren – anders als anderen Verbänden – keine Möglichkeit eingeräumt worden sei, in einer Anhörung Stellung zu beziehen. 62 Auch hier sah das Bundesverfassungsgericht keinen Verfassungsverstoß: 56 Ablauf in BVerfGE 30, S. 250, (253); weitere Nachweise bei Kloepfer, Verfassung und Zeit, S. 465. 57 Gutachten von Friedrich Klein, Peter Lerche und Konrad Zweigert, BVerfGE 30, S. 250, (256f.). 58 Vgl. Kloepfer, Verfassung und Zeit, S. 466. 59 BVerfGE 30, S. 250, (263). 60 BVerfGE 30, S. 250, (263). 61 BVerfGE 30, S. 250, (261 f.). 62 BVerfGE 36, S. 321, (325). - 13 - „Eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG scheidet hier von vornherein aus, da diese Verfassungsbestimmung nach ihrem eindeutigen Wortlaut einen Anspruch auf rechtliches Gehör nur ’vor Gericht’ gewährt. Die Gestaltung des Gesetzgebungsverfahrens im Rahmen der durch die Verfassung vorgegebenen Regeln ist Sache der gesetzgebenden Organe (…). Welche Verbände und Sachverständige bei einem nicht in der Verfassung vorgeschriebenen Anhörungsverfahren zu Wort kommen sollen, ist grundsätzlich dem Ermessen der Gesetzgebungsorgane und ihrer Ausschüsse überlassen.“63 3.5. BVerfGE 44, 308 – Beschlussfähigkeit (Mindestzahl von Abgeordneten) Die Verfassungsbeschwerde betraf die Frage, ob das Zustandekommen eines Gesetzes davon abhängig ist, dass bei der Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf eine Mindestzahl von Abgeordneten im Sitzungssaal anwesend ist.64 Das hat das Bundesverfassungsgericht im Ergebnis abgelehnt, was im Wesentlichen auf die Geschäftsordnungsautonomie des Parlaments gestützt wurde.65 Maßgeblich waren die folgenden Erwägungen: Das Prinzip der repräsentativen Demokratie wirke auf das parlamentarische Entscheidungsverfahren ein, indem es grundsätzlich die Mitwirkung aller Abgeordneten bei der Willensbildung des Parlaments erfordere .66 Allerdings müsse dem einzelnen Abgeordneten die Möglichkeit belassen werden , sich bestimmten Sachgebieten besonders eingehend zu widmen: „Dies erfordert nicht nur die auch auf Arbeitsteilung gegründete Funktionstüchtigkeit des Parlaments, sondern vor allem das parlamentarische System selbst, für dessen Bestand das politische Engagement und der Sachverstand des einzelnen Abgeordneten unverzichtbar sind.“67 Da das Volk bei parlamentarischen Entscheidungen nur durch das Parlament als Ganzes angemessen repräsentiert wird, so muss nach Auffassung des Gerichts die Mitwirkung aller Abgeordneten bei derartigen Entscheidungen sichergestellt sein. Daraus folgt, dass eine Regelung so beschaffen sein muss, die dem einzelnen Abgeordneten eine solche Mitwirkung in dem von der Sache her gebotenen Umfang ermöglicht.68 Was die Rechte der Opposition betrifft, so hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt: 63 BVerfGE 36, 321, S. (330), Bezugnahme auf BVerfGE 1, S. 144, (148 ff.); BVerfGE 29, S. 221, (234). 64 BVerfGE 44, S. 308, (309). 65 BVerfGE 44, S. 308, (314 ff.). 66 BVerfGE 44, S. 308, (316). 67 BVerfGE 44, S. 308, (316). 68 BVerfGE 44, S. 308, (316). - 14 - „Das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition (…) umfaßt den Anspruch der oppositionellen Minderheit, ihre eigenen politischen Ansichten im Plenum vorzutragen und die Vorstellungen der Mehrheit zu kritisieren.“69 3.6. BVerfGE 70, 324 – Haushaltskontrolle der Nachrichtendienste (Recht auf Information) Gegenstand dieser Verfahren war die Frage, ob die Bewilligung der Haushalt smittel für vier dem Geheimschutz unterliegende Aufgabenbereiche durch die Haushaltsgesetze 1984 und 1985 verfassungsmäßige Rechte der Antragsteller verletzt hat.70 In dieser Entscheidung wurden die Rechte der Abgeordneten weiter konkretisiert; insbesondere hinsichtlich der Frage, welche Informationen dem Abgeordneten zur Verfügung stehen müssen. Hiernach habe der Abgeordnete im Gesetzgebungsverfahren nicht nur das Recht, im Bundestag abzustimmen, sondern vielmehr auch das Recht zu beraten: „Öffentliches Verhandeln von Argument und Gegenargument, öffentliche Debatte und öffentliche Diskussion sind wesentliche Elemente des demokratischen Parlamentarismus. Gerade das im parlamentarischen Verfahren gewährleistete Maß an Öffentlichkeit der Auseinandersetzung und Entscheidungssuche eröffnet Möglichkeiten eines Ausgleichs widerstreitender Interessen , die bei einem weniger transparenten Vorgehen sich nicht so ergäben (…). Eine Beratung verfehlt ihren Zweck, wenn über den Beratungsgegenstand keine oder nur unzureichende Informationen zur Verfügung stehen. Abgeordnete bedürfen daher grundsätzlich einer umfassenden Information, um ihren Aufgaben genügen zu können; das gilt insbesondere für parlamentarische Minderheiten.“71 Das Gebot, parlamentarische Minderheiten zu schützen, sowie das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung der Opposition wurzeln im demokratischen Prinzip . Dieser Schutz geht allerdings nicht dahin, die Minderheit vor Sachentsche idungen der Mehrheit zu bewahren (Art. 42 Abs. 2 GG), wohl aber dahin, der Minderheit zu ermöglichen, ihren Standpunkt in den Willensbildungsprozess des Parlaments 69 BVerfGE 44, S. 308, (321), (Hervorhebung durch die Verfasserin). 70 BVerfGE 70, S. 324, (326). 71 BVerfGE 70, S. 324, (355). - 15 - einzubringen. 72 Es muss also praktisch die Möglichkeit bestehen, politische Bedenken grundsätzlicher Art gegen strittige Fragen anzubringen. 73 3.7. Zwischenergebnis Betreffend das innere Gesetzgebungsverfahren beschränkt sich das Bundesverfassungsgericht auf eine Willkür- bzw. Evidenzprüfung. Im Übrigen wägt es grundsätzlich ab, ob Rechte der Abgeordneten durch ein bestimmtes Verhalten der Mehrheit im Parlament von der Geschäftsordnungsautonomie gedeckt ist. Das soll jedenfalls dann der Fall sein, wenn jeder Abgeordnete faktisch die Möglichkeit hatte, sich inhaltlich mit der Gesetzesvorlage zu beschäftigen. Allein der Umstand, dass hierfür die Zeit knapp bemessen ist, führt nicht zu einem Verfassungsverstoß, wenn das Parlament dem Entwurf letztendlich zustimmt. Die Grenze dürfte erreicht sein, wenn eine Beratung, d.h. eine Auseinandersetzung mit einem Entwurf überhaupt nicht stattfindet bzw. stattfinden kann. Alle weiteren Fragen sind dementsprechend der politischen Ebene zuzuordnen. 72 BVerfGE 70, S. 324, (363); siehe aber auch die Sondervoten, S. 366 ff. und 380 ff. 73 BVerfGE 70, S. 324, (356). - 16 - 4. Literaturverzeichnis - Dietlein, Max Josef, Der Dispositionsrahmen des Vermittlungsausschusses, NJW 1983, S. 80 – 89. (zit.: Dietlein, NJW 1983) - Dreier, Horst, in: Dreier, Horst (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Band II, 2. Auflage 2006. (zit.: Dreier, in: Dreier, GG) - Gusy, Christoph, Das Grundgesetz als normative Gesetzgebungslehre, Zeitschrift für Rechtspolitik 1985, S. 291 – 299. 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