© 2018 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 436/18 Politische Planung der Bundesregierung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 436/18 Seite 2 Politische Planung der Bundesregierung Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 436/18 Abschluss der Arbeit: 20. Dezember 2018 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 436/18 Seite 3 1. Zuständigkeit für die politische Planung Das Grundgesetz enthält keine Umschreibung des Aufgabenbereiches der Bundesregierung. Bis auf einige ausdrücklich benannte Kompetenzen werden die Aufgaben der Regierung vielfach aus ungeschriebenem Verfassungsrecht abgeleitet.1 Zu den ungeschriebenen Aufgaben der Bundesregierung gehört die Staatsleitung, die im Vordergrund der Regierungstätigkeit steht.2 Ein Instrument der Staatsleitung ist die sog. politische oder staatsrechtliche Planung.3 Dazu wird in der Literatur ausgeführt: „Vorausschau und Planung werden mit Recht als Wesenszug der Regierung im materiellen Sinne herausgestellt. Sie bezeichnen formelhaft ein Aufgabenfeld, das – wiederum nicht im Sinne eines Monopols – doch zunächst einmal Sache der Regierung ist. Von dieser erwartet man die Aufstellung und Verwirklichung eines Aktionsprogramms und die Vorsorge für unerwartete Fälle.“4 „In den Programmen und Plänen schlagen sich die Zielvorstellungen nieder, wie sie von der politischen Führung formuliert werden, und finden sich die konkreten Mittel und Maßnahmen angegeben, die zur Erreichung des Sollzustandes einzusetzen sind.“5 Für die ressortübergreifende Planung der Bundesregierung sind der Bundeskanzler und das Bundeskanzleramt zuständig; im Übrigen wird die Planung von den einzelnen Ministerien durchgeführt.6 Die politische Planung wird zum Teil Art. 65 GG zugerechnet, der die Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers und die Leitung der Geschäftsbereiche durch die Bundesminister bestimmt.7 Für ihre Erstellung gibt es keine speziellen Verfahrensvorschriften. Ein verfassungsrechtliches Mitwirkungsrecht des Gesetzgebers an der Planung der Bundesregierung besteht nicht.8 Mit Ausnahme der Haushaltsplanung nach Art. 110 Abs. 2 GG stehen Planungsakte nicht unter dem Vorbehalt des Gesetzes.9 Von Teilen der Literatur wird es aber zumindest für den Bereich der „hochpolitischen“ Planung als wünschenswert erachtet, dass die Bundesregierung, 1 Vgl. Detterbeck, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band III, 3. Aufl. 2005, § 66 Rn. 8. 2 Vgl. Schröder, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band III, 3. Aufl. 2005, § 64 Rn. 4. 3 Siehe dazu vertiefend Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 65 GG Rn. 81 ff. 4 Schröder, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band III, 3. Aufl. 2005, § 64 Rn. 28. 5 Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, 1979, S. 86. 6 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Fragen zu längerfristiger Planung der Bundesregierung, WD 3 - 3000 - 269/16, S. 3. 7 So etwa Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 65 GG Rn. 83 ff. 8 Vgl. Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 65 GG Rn. 82. 9 Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 65 GG Rn. 82. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 436/18 Seite 4 wenn die Planung einen bestimmten Grad der Konkretisierung erreicht, die Zustimmung des Parlaments einholt.10 2. Rechtswirkung der politischen Planung Zur Rechtswirkung der politischen Planung wird in der Literatur ausgeführt: „Politische Planung ist keine Planung, die etwa nach Art der Bebauungs- oder Verkehrswegeplanung mit exakten Festlegungen arbeitet oder arbeiten kann. Sie umfasst wesentlich Entscheidungen über allgemein gehaltene Zielsetzungen, die Bereinigung von Zielkonflikten und die Operationalisierbarkeit der Ziele/Aufgaben im Hinblick auf die verfügbaren Mittel und die erforderliche Koordination. [...] Die Bindung, die von ihr ausgehen kann, ist aus der Sache heraus nur eine Art Rahmen- oder Richtlinienbindung.“11 „Planung spielt sich zunächst im Bereich des Politischen ab. Erst in ihrer Realisierungsphase tritt Planung in den Bereich des Rechts. [...] Erst wenn die politische Planung sich in rechtlicher Form, wie etwa in Planungsgesetzen [...] konkretisiert, kommt Rechtsschutz in Frage.“12 Die politische Planung wirkt demnach bis zur Umsetzung konkreter Maßnahmen nur als Selbstverpflichtung der Bundesregierung. 3. Einzelne „Aktionspläne“ Der Bundesregierung ist es nach den vorstehenden Ausführungen unbenommen, ihre politischen Vorstellungen zu einzelnen Politikbereichen (wie z.B. Wohnungsbau, Verkehr, Integration) in Form von „Aktionsplänen“ darzulegen. *** 10 So Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 65 GG Rn. 82. 11 Böckenförde, Planung zwischen Regierung und Parlament, in: Der Staat 1972, 429 (441). 12 Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, 1979, S. 89.