© 2018 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 431/18 Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Ehrenamtes Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 431/18 Seite 2 Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Ehrenamtes Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 431/18 Abschluss der Arbeit: 28. Dezember 2018 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 431/18 Seite 3 1. Einleitung Gefragt wird, welche Möglichkeiten der Bund hat, bestehende juristische Unterschiede in der Behandlung ehrenamtlicher Helfer bei DRK, Johanniter, Malteser, ASB und DLRG sowie den Freiwilligen Feuerwehren in Deutschland abzubauen. Der folgende Sachstand gibt einen kurzen Überblick über die Gesetzgebungskompetenz von Bund und Ländern sowie über die Empfehlungen der Enquete-Kommission "Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements" des Deutschen Bundestages und deren Umsetzung durch den Bundestag. 2. Gesetzgebungskompetenz Grundsätzlich liegt die Gesetzgebungskompetenz bei den Ländern, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse zuweist, Art. 70 Grundgesetz (GG). Nach Art. 71 GG haben die Länder im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes die Befugnis zur Gesetzgebung nur, wenn und soweit sie hierzu in einem Bundesgesetz ausdrücklich ermächtigt werden. Nach Art. 72 Abs. 1 GG haben die Länder im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Ob der Bund über eine Regelungsbefugnis für die ehrenamtlich Tätigen verfügt, ist abhängig von der Frage, welches Rechtsgebiet neu geregelt werden soll. Für die Bereiche des bürgerlichen Rechts, des Vereinsrechts sowie des Arbeitsrechts macht der Bund von der Möglichkeit seiner Gesetzgebungsbefugnis im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung Gebrauch, Art. 72, 74 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 12 GG. 3. Katastrophenschutzorganisationen Im Bereich Katastrophenschutz stützen sich Bund und Länder auf freiwillige Helferinnen und Helfer, die in privaten und öffentlichen Katastrophenschutzorganisationen in der Bundesrepublik Deutschland mitwirken. Der Schutz der Zivilbevölkerung im Verteidigungsfall liegt nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG in der Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Die Gesetzgebungskompetenz für den Katastrophenschutz im Frieden und die allgemeine Gefahrenabwehr ist dagegen nach Art. 70 GG den Ländern zugeordnet . 3.1. Private Hilfsorganisationen Bei Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), Deutsches Rotes Kreuz (DRK), Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) und Malteser-Hilfsdienst (MHD) handelt es sich um gemeinnützige Vereine, die dem Vereinsrecht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) unterliegen . Vereine können aufgrund ihrer Vereinsautonomie ihre innere Ordnung im Wesentlichen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 431/18 Seite 4 selbst bestimmen. Ein eingetragener Verein kann nach § 51 Abgabenordnung durch das Finanzamt als gemeinnützig und somit steuerbegünstigt anerkannt werden.1 3.2. Freiwillige Feuerwehren Für die ehrenamtlichen Mitglieder in den Freiwilligen Feuerwehren gelten die Regelungen über Organisation und Arbeitsweise der Freiwilligen Feuerwehren in den Ländern. Diese fallen als Materie des Polizei- und Ordnungsrechts in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder (Art. 70 Abs. 1 GG). Regelungen hierzu finden sich in erster Linie in den Brandschutzgesetzen der Länder. Darin werden unter anderem die jeweiligen Zuständigkeiten für den Brandschutz auf Gemeinde-, Kreis- und Landesebene festgelegt. Neben den jeweiligen Brandschutzgesetzen gelten für die Freiwilligen Feuerwehren auch die von der (örtlichen) Verwaltung erlassenen Verordnungen und Verwaltungsvorschriften. Zudem besitzen die Freiwilligen Feuerwehren eine Satzung, in der die jeweiligen Detailregelungen zu den Rechten und Pflichten der Mitglieder enthalten sind.2 3.3. Technisches Hilfswerk Die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) ist die Bevölkerungsschutzorganisation des Bundes für technische Hilfeleistungen bei Katastrophen und Unglücksfällen. Beim THW sind über 80.000 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sowie etwa 1.300 hauptamtlich Beschäftigte tätig (Stand: März 2018). Die Rechtsgrundlagen für die Helferinnen und Helfer des THW finden sich im THW-Gesetz3. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 des THW-Gesetzes obliegt dem THW als originäre Aufgabe, technische Hilfe im Zivilschutz zu leisten. Gemäß Art. 73 Ziff. 1 des Grundgesetzes hat der Bund hierfür die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz.4 4. Enquete-Kommission "Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements" Der Deutsche Bundestag hat im Dezember 1999 die Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ eingesetzt und ihr den Auftrag erteilt, „konkrete politische Strategien und Maßnahmen zur Förderung des freiwilligen, gemeinwohlorientierten, nicht auf materiellen Gewinn ausgerichteten bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland zu erarbeiten“. Der im Juni 2002 von der Enquete-Kommission „Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements“ vorgelegte 1 Leitfaden zum Vereinsrecht, Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Stand: September 2016, abrufbar unter: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Leitfaden_Vereinsrecht.pdf?__blob=publication File&v=14. 2 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Sachstand „Rechtliche Grundlagen für die Freiwillige Feuerwehr in Deutschland“, WD 3 - 3000 - 111/08. 3 THW-Gesetz, https://www.gesetze-im-internet.de/thw-helfrg/BJNR001180990.html (Stand: 21. Dezember 2018). 4 Aufgaben des THW, https://www.thw.de/DE/THW/Bundesanstalt/Auftrag/auftrag_node.html#doc925476body- Text2 (Stand: 19. Dezember 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 431/18 Seite 5 Abschlussbericht5 enthält zahlreiche Empfehlungen zur Weiterentwicklung und Förderung des freiwilligen Engagements von Bürgern. Im Februar 2013 wurden durch den Bundestag das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes (Ehrenamtsstärkungsgesetz )6 verabschiedet und Empfehlungen der Enquete-Kommission u.a. in den Bereichen Steuerrecht, Einkommensteuerrecht und Zivilrecht umgesetzt.7 Im Steuerrecht gab es Änderungen in der Abgabenordnung, mit der für die steuerbegünstigten Körperschaften eine Rechtsund Planungssicherheit erreicht werden soll. Im Einkommensteuergesetz wurde die Haftung der ehrenamtlichen Helfer entschärft und die Freibeträge für die sog. Übungsleiterpauschale und die Ehrenamtspauschale erhöht. Im Bereich des Zivilrechts wurde die Beschränkung der zivilrechtlichen Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsmitgliedern und Mitgliedern von Vereinsorganen neu geregelt sowie die Festlegung, welche Anforderungen an die dauernde Erfüllung des Stiftungszwecks zu stellen ist. Weiterhin wurde festgelegt, unter welchen Voraussetzungen die Abkürzung „gGmbH“ verwendet werden kann. *** 5 Bericht der Enquete-Kommission, BT-Drs. 14/8900. 6 Beschlussempfehlung Ehrenamtsstärkungsgesetz, BT-Drs. 17/12123; BGBl. I 2013 Nr. 15 S. 556 - 560. 7 2./3. Lesung BT-Drs. 17/12123, BT-PlProt. 17/220, S. 27337A - 27358D.