Deutscher Bundestag Einsatz von Reizstoffsprühgeräten bei den Polizeibehörden Gesetzliche Regelung von Einsatz und Handhabung in ausgewählten Bundesländern Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 - 408/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 2 Einsatz von Reizstoffsprühgeräten bei den Polizeibehörden Gesetzliche Regelung von Einsatz und Handhabung in ausgewählten Bundesländern Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 - 408/10 Abschluss der Arbeit: 20. Oktober 2010 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Rechtsgrundlagen 7 2.1. Bund 7 2.2. Baden-Württemberg 8 2.2.1. Polizeigesetz (PolG) 8 2.2.2. Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (VwV PolG) 9 2.3. Bayern 10 2.3.1. Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei (Polizeiaufgabengesetz – PAG) 10 2.3.2. Vollzug des Polizeiaufgabengesetzes 11 2.4. Berlin 12 2.5. Brandenburg 14 2.6. Bremen 16 2.6.1. Bremisches Polizeigesetz (BremPolG) 16 2.6.2. Polizeiwaffenverordnung 17 2.7. Hamburg 18 2.8. Hessen 20 2.9. Mecklenburg-Vorpommern 22 2.10. Niedersachsen 24 2.11. Nordrhein-Westfalen 26 § 61 Androhung unmittelbaren Zwanges 27 2.12. Rheinland-Pfalz 28 2.13. Saarland 29 2.14. Sachsen 31 2.15. Sachsen-Anhalt 32 2.16. Schleswig-Holstein 34 2.17. Thüringen 36 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 4 3. Forderungen der Technischen Richtlinie 37 4. Einsatz und Handhabung in ausgewählten Bundesländern 38 4.1. Baden-Württemberg 38 4.2. Bayern 38 4.3. Niedersachsen 39 4.4. Nordrhein-Westfalen 39 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 5 1. Einleitung Reizstoffsprühgeräte (RSG) werden seit vielen Jahren als wirksames Einsatzmittel bei den Polizeibehörden in Deutschland als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt1 bzw. als Waffen2 zum Vorgehen gegen Personen eingesetzt.3 Es handelt sich dabei um Geräte, die eine Druckgaspackung (Spraydose) mit gelöstem Reizstoff und einem Treibmittel enthalten, deren Inhalt über eine Sprüheinrichtung in Form eines Sprühstrahlers freigesetzt werden kann.4 Durch den Einsatz von Reizstoffen in Reizstoffsprühgeräten ist es möglich, einzelne Personen gezielt und aus der Distanz in einen kampfunfähigen Zustand zu versetzen. Der Einsatz durch Polizeibeamte stellt einen Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) dar und bedarf daher der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung.5 Die Ermächtigungsgrundlage für den Einsatz dieser Geräte findet sich in den jeweiligen bundes- und landesrechtlichen Regelungen für die Ausübung unmittelbaren Zwangs sowie in den hierauf basierenden Verwaltungsvorschriften. Die Voraussetzungen für den Einsatz von Reizstoffsprühgeräten orientieren sich an dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des geringstmöglichen Eingriffs im Sinne des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (herzuleiten aus dem Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG).6 Insbesondere im Hinblick auf den zulässigen Einsatz von Hieb- und Schusswaffen soll der Einsatz von Reizstoffsprühgeräten eine ebenso geeignete, zugleich aber weniger eingriffsintensive Einwirkungsalternative darstellen. Im Juni 1999 empfahl die Innenministerkonferenz basierend auf einer Vorlage des Polizeitechnischen Institutes (PTI) der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster (DHPol) die Einführung von Reizstoffsprühgeräten mit Capsaicin bei den Polizeien des Bundes und der Länder.7 1 Vgl. Art. 61 Polizeiaufgabengesetz Bayern; § 2 des Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwangs bei der Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Landes Berlin; § 61 Brandenburgisches Polizeigesetz; § 18 Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung HH; § 102 Sicherheits- und Ordnungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern; § 69 Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung; § 58 Polizeigesetz des Landes Nordrhein- Westfalen; § 58 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz Rheinland-Pfalz; § 31 Polizeigesetz des Freistaates Sachsen; § 58 Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen- Anhalt; § 251 Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein; § 59 Thüringer Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei. 2 Vgl. § 50 Polizeigesetz BW; § 41 Bremisches Polizeigesetz; § 55 Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung;§ 49 Saarländisches Polizeigesetz. 3 Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Stokar von Neuforn (Grüne) mit Antwort vom 24. November 1999, Niedersächsischer Landtag, Drs. 14/1200 S. 2. 4 Vgl. Polizeitechnisches Institut (PTI) der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster, Technische Richtlinie (TR) „Reizstoff-Sprühgeräte (RSC) mit Oleoresin Capsicum (OC) oder Pelargonsäure-vanillylamid (PAVA), Stand: November 2008, S. 3. 5 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Niema Movassat, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE (Drs. 17/1328), Einsatz von Pfefferstaub (Wirkstoff Capsaicin II) durch Sicherheitskräfte in Deutschland, BT-Drs. 17/1483 vom 23. April 2010, S. 2. 6 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage, BT-Drs. 17/1483, S. 2. 7 Kleine Anfrage der Abgeordneten Stokar von Neuforn (Grüne) mit Antwort vom 24. November 1999, Niedersächsischer Landtag, Drs. 14/1200, S. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 6 Im November 2008 wurde die Neufassung der Technischen Richtlinie - (TR) Reizstoff- Sprühgeräte (RSG) mit Oleoresin Capsicum (OC) oder Pelargonsäure-vanillylamid (PAVA) – (Anlage 1) des PTI durch die Innenministerien der Länder und des Bundes erlassen.8 Die Richtlinie beschreibt Forderungen der Polizei für Konstruktion und Prüfung von Reizstoffsprühgeräten . Laut telefonischer Auskunft des PTI vom 11. Oktober 2010 dient die Richtlinie der Polizei als Grundlage für die Beschaffung von Reizstoffsprühgeräten. Teilweise konkretisieren zudem Dienstanweisungen den Einsatz von Reizstoffsprühgeräten. Die nachfolgende Ausarbeitung gibt zunächst einen Überblick über die Rechtsgrundlagen für den Einsatz von Reizstoffsprühgeräten bei den Polizeibehörden in Deutschland (Gliederungspunkt 2.) und über die wesentlichen Forderungen der Technischen Richtlinie (Gliederungspunkt 3.). Zuletzt sind weitergehende Informationen zu Einsatz und Handhabung von Reizstoffsprühgeräten in ausgewählten Bundesländern zusammengestellt (Gliederungspunkt 4.).9 8 Laut Internetseite des PTI unter: http://www.pfa.nrw.de/PTI_Internet/pti-intern.dhpol.local/ indexa2cd.html?rubrik_id=5. 9 Hierzu wurden entsprechende Anfragen an die jeweiligen Landesinnenministerien gerichtet, da etwaige Dienstanweisungen und sonstige interne Informationen zum Einsatz von Reizstoffsprühgeräten in den einschlägigen Rechtsdatenbanken (juris, beck-online) nicht verfügbar sind. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 7 2. Rechtsgrundlagen 2.1. Bund Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes10 § 2 Begriffsbestimmungen (1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen. (…) (4) Waffen sind die dienstlich zugelassenen Hieb- und Schusswaffen, Reizstoffe11 und Explosivmittel . § 4 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1) Die Vollzugsbeamten haben bei der Anwendung unmittelbaren Zwanges unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen diejenigen zu treffen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigen. (2) Ein durch eine Maßnahme des unmittelbaren Zwanges zu erwartender Schaden darf nicht erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg stehen. 10 Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes vom 10. März 1961 (BGBl. I S. 165), zuletzt geändert durch Art. 28 der neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407, 2410). 11 Diese und alle weiteren Hervorhebungen in den Gesetzestexten durch die Verfasser. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 8 2.2. Baden-Württemberg 2.2.1. Polizeigesetz (PolG)12 § 50 Begriff und Mittel des unmittelbaren Zwangs (1) Unmittelbarer Zwang ist jede Einwirkung auf Personen oder Sachen durch einfache körperliche Gewalt, Hilfsmittel der körperlichen Gewalt oder Waffengebrauch. (2) Das Innenministerium bestimmt, welche Hilfsmittel der körperlichen Gewalt und welche Waffen im Polizeidienst zu verwenden sind. § 52 Voraussetzungen und Durchführung des unmittelbaren Zwangs (1) Unmittelbarer Zwang darf nur angewandt werden, wenn der polizeiliche Zweck auf andere Weise nicht erreichbar erscheint. Gegen Personen darf unmittelbarer Zwang nur angewandt werden, wenn der polizeiliche Zweck durch unmittelbaren Zwang gegen Sachen nicht erreichbar erscheint. Das angewandte Mittel muß nach Art und Maß dem Verhalten , dem Alter und dem Zustand des Betroffenen angemessen sein. Gegenüber einer Menschenansammlung darf unmittelbarer Zwang nur angewandt werden, wenn seine Anwendung gegen einzelne Teilnehmer der Menschenansammlung offensichtlich keinen Erfolg verspricht. (2) Unmittelbarer Zwang ist, soweit es die Umstände zulassen, vor seiner Anwendung anzudrohen . (3) Unmittelbarer Zwang darf nicht mehr angewandt werden, wenn der polizeiliche Zweck erreicht ist oder wenn es sich zeigt, daß er durch die Anwendung von unmittelbarem Zwang nicht erreicht werden kann. (…) 12 Polizeigesetz in der Fassung vom 13. Januar 1992 (Gbl. S. 1), zuletzt geändert durch Art. 11 des Gesetzes vom 4. Mai 2009 (Gbl. S. 195, 199). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 9 2.2.2. Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (VwV PolG)13 Zu § 50 Begriff und Mittel des unmittelbaren Zwangs Zu Absatz 2 (…) Waffen im Sinne von § 50 Abs. 2 sind: Hiebwaffe, Reizstoffsprühgerät, Reizstoffgewehr, Mehrzweckpistole, Pistole, Revolver, Maschinenpistole und Gewehr. 13 Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes in der Fassung vom 18. Juli 1997 (GABl. S. 406). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 10 2.3. Bayern 2.3.1. Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei (Polizeiaufgabengesetz – PAG)14 Art. 61 Begriffsbestimmung (1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen. (2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen. (3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Reiz- und Betäubungsstoffe sowie zum Sprengen bestimmte explosionsfähige Stoffe (Sprengmittel). (…) Art. 64 Androhung unmittelbaren Zwangs (1) 1 Unmittelbarer Zwang ist vor seiner Anwendung anzudrohen. 2 Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer Gefahr notwendig ist. 3 Als Androhung des Schußwaffengebrauchs gilt auch die Abgabe eines Warnschusses. (…) (3) 1 Gegenüber einer Menschenmenge ist die Anwendung unmittelbaren Zwangs möglichst so rechtzeitig anzudrohen, daß sich Unbeteiligte noch entfernen können. 2 (…) 14 Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. September 1990 (GVBl. S. 397), zuletzt geändert durch § 2 des Gesetzes vom 22. April 2010 (GVBl. S. 190). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 11 2.3.2. Vollzug des Polizeiaufgabengesetzes15 Zu Art. 61 (Begriffsbestimmung des unmittelbaren Zwangs) 61.1 Dass Reizstoffe gegenüber dem bisherigen Recht nicht mehr als Waffen, sondern als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt anzusehen sind, hat keine praktische Bedeutung. (…) 61.9 Reizstoffe (z. B. Tränengas) dürfen nur gebraucht werden, wenn der Einsatz anderer Hilfsmittel oder einfacher körperlicher Gewalt (Zurückdrängen) keinen Erfolg verspricht oder wenn durch den Einsatz von Reizstoffen die Anwendung von Waffen vermieden werden kann. Der Gebrauch von Reizstoffen kann insbesondere zulässig sein gegen eine Menschenmenge, die sich polizeilichen Anordnungen widersetzt. In geschlossenen Räumen dürfen Reizstoffe in aller Regel nur angewendet werden, wenn sich jemand gegen eine Festnahme gewaltsam, insbesondere mit Waffen, zur Wehr setzt. 61.10 In jedem Fall der Anwendung unmittelbaren Zwangs ist Art. 4 (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ) besonders zu berücksichtigen. 15 Vollzug des Polizeiaufgabengesetzes, Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren vom 28. August 1978 (MABl S. 629), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 2. Dezember 2002 (AllMBl 2003 S. 4). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 12 2.4. Berlin Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwangs bei der Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Landes Berlin (UZwG-Bln)16 § 2 Begriffsbestimmungen (1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, durch Hilfsmittel der körperlichen Gewalt und durch Waffen. (2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen. (3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Reiz- und Betäubungsstoffe , Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Wasserwerfer und technische Sperren sowie zum Sprengen bestimmte explosionsfähige Stoffe (Sprengmittel). (…) § 4 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1) Bei der Anwendung unmittelbaren Zwanges sind von den möglichen und geeigneten Maßnahmen diejenigen zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigen. Jede Maßnahme darf nur so lange und so weit durchgeführt werden, wie ihr Zweck es erfordert. (2) Eine Maßnahme des unmittelbaren Zwanges darf nicht durchgeführt werden, wenn der durch sie zu erwartende Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. § 19 Allgemeine Vorschriften Der Gebrauch von Hiebwaffen und der in § 2 Abs. 3 einzeln genannten Hilfsmittel der körperlichen Gewalt ist nur den Vollzugsbeamten gestattet, die dienstlich damit ausgerüstet sind. 16 Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwangs bei der Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Landes Berlin vom 22. Juni 1970 (GVBl. S. 921), zuletzt geändert durch Artikel XII Nr. 8 des Gesetzes vom 19. März 2009 (GVBl. S. 70). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 13 § 21 Androhung gegenüber einer Menschenmenge Der Gebrauch von Hiebwaffen und Hilfsmitteln der körperlichen Gewalt mit Ausnahme der technischen Sperren gegen eine Menschenmenge ist wiederholt anzudrohen. § 21b Reizstoffe Als Reizstoffe werden Capsaicin und verwandte Stoffe (Pfefferspray) eingesetzt, sofern nicht der Einsatz herkömmlicher Reizstoffe (Tränengas) zwingend erforderlich ist. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 14 2.5. Brandenburg Gesetz über die die Aufgaben, Befugnisse, Organisation und Zuständigkeit der Polizei im Land Brandenburg (Brandenburgisches Polizeigesetz – BbgPolG)17 § 3 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat die Polizei diejenige zu treffen , die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt . (2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. (3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, daß er nicht erreicht werden kann. § 58 Unmittelbarer Zwang (1) Die Polizei kann unmittelbaren Zwang anwenden, wenn andere Zwangsmittel nicht in Betracht kommen oder keinen Erfolg versprechen oder unzweckmäßig sind. Für die Art und Weise der Anwendung unmittelbaren Zwanges gelten die §§ 60 bis 69. (2) Unmittelbarer Zwang zur Abgabe einer Erklärung ist ausgeschlossen. § 61 Begriffsbestimmungen, zugelassene Waffen (1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen. (2) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Reiz- und Betäubungsstoffe sowie zum Sprengen bestimmte explosionsfähige Stoffe (Sprengmittel). (…) 17 Gesetz über die Aufgaben, Befugnisse, Organisation und Zuständigkeit der Polizei im Land Brandenburg vom 19. März 1996 (GVBl. S. 74), zuletzt geändert durch das sechste Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes vom 18. Dezember 2008 (GVBl. I S. 355). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 15 § 64 Androhung unmittelbaren Zwanges (1) Unmittelbarer Zwang ist vor seiner Anwendung anzudrohen. Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist. Als Androhung des Schußwaffengebrauchs gilt auch die Abgabe eines Warnschusses. (…) (3) Gegenüber einer Menschenmenge ist die Anwendung unmittelbaren Zwanges möglichst so rechtzeitig anzudrohen, daß sich Unbeteiligte noch entfernen können. (…) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 16 2.6. Bremen 2.6.1. Bremisches Polizeigesetz (BremPolG)18 § 3 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat die Polizei diejenige zu treffen , die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt . (2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. (3) Die Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann. § 41 Unmittelbarer Zwang (1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, durch ihre Hilfsmittel und durch Waffen. (2) Die körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen. (3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, technische Sperren, Wasserwerfer, Diensthunde, Dienstfahrzeuge sowie zum Sprengen bestimmte Explosivstoffe (Sprengmittel). (4) Als Waffen sind Schlagstock, Distanz-Elektroimpulsgerät, Reizstoffe, Pistole, Revolver, Gewehr und Maschinenpistole zugelassen. Art, Wirkungsweise, Zweckbestimmung und Munition der polizeilichen Waffen sind in einer Rechtsverordnung des Senats zu beschreiben . (5) Die Polizei kann unmittelbaren Zwang anwenden, wenn andere Zwangsmittel nicht in Betracht kommen oder keinen Erfolg versprechen oder unzweckmäßig sind. Unmittelbarer Zwang zur Durchsetzung des Gebots, eine Erklärung abzugeben, ist unzulässig. (…) 18 Bremisches Polizeigesetz in der Fassung vom 6. Dezember 2001 (Brem. GBl. S. 441), zuletzt geändert durch Art. 14 des Gesetzes vom 22. Dezember 2009 (Brem. GBl. S. 17). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 17 § 44 Androhung unmittelbaren Zwangs (1) Unmittelbarer Zwang ist vor seiner Anwendung mündlich oder auf andere Weise anzudrohen , es sei denn, dass dies die Umstände nicht zulassen, insbesondere, wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zu Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist. Als Androhung des Schusswaffengebrauchs gilt auch die Abgabe eines Warnschusses. (…) (3) Gegenüber einer Menschenmenge ist die Anwendung unmittelbaren Zwangs so rechtzeitig anzudrohen, dass jedermann sich noch entfernen kann, es sei denn, dass die sofortige Anwendung des unmittelbaren Zwangs zur Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr notwendig ist. (…) (…) 2.6.2. Polizeiwaffenverordnung19 § 2 Reizstoffe (1) Zugelassene Reizstoffe sind Capsaicin und Pelargonsäurevanillylamid (Pfefferreizstoffe ), Chloracetophenon (CN) und Chlorbenzylidenmalondinitril (CS). CS und Pfefferreizstoffe dürfen nicht mittels Wasserwerfer eingesetzt werden. (2) Reizstoff kann geworfen, versprüht oder verschossen werden. (3) Reizstoff bewirkt eine Reizung der Haut, insbesondere der Schleimhäute, und kann Übelkeit hervorrufen. (4) Der Reizstoffeinsatz dient dem Zweck, Personen angriffs- oder fluchtunfähig zu machen oder eine Menschenmenge abzudrängen oder aufzulösen. Durch die Verwendung von Reizstoff soll der Einsatz stärker wirkender Waffen vermieden werden. 19 Verordnung über Art, Wirkungsweise, Zweckbestimmung der polizeilichen Waffen und Munition vom 12. November 1985 (Brem.GBl. S. 208). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 18 2.7. Hamburg Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG)20 § 4 Verhältnismäßigkeit (1) 1 Eine Maßnahme muss zur Gefahrenabwehr geeignet sein. 2 Sie ist auch geeignet, wenn sie die Gefahr nur vermindert oder vorübergehend abwehrt. 3 Sie darf gegen dieselbe Person wiederholt werden. (2) 1 Kommen für die Gefahrenabwehr im Einzelfall mehrere Maßnahmen in Betracht, so ist nach pflichtgemäßem Ermessen diejenige Maßnahme zu treffen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit am wenigsten belastet. 2 Bleibt eine Maßnahme wirkungslos, so darf in den Grenzen der Absätze 1 bis 3 eine stärker belastende Maßnahme getroffen werden. (3) Maßnahmen zur Gefahrenabwehr dürfen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. (4) 1 Ist jemand aufgefordert worden, eine bevorstehende Gefahr abzuwehren oder eine Störung zu beseitigen, so ist ihm auf Antrag zu gestatten, ein von ihm angebotenes anderes Mittel anzuwenden, durch das der beabsichtigte Erfolg ebenso wirksam herbeigeführt und die Allgemeinheit nicht stärker beeinträchtigt wird. 2 Der Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt gestellt werden, in dem die Voraussetzungen für die Anwendung von Verwaltungszwang vorliegen, spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Aufforderung. § 18 Formen des unmittelbaren Zwangs (1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, durch Hilfsmittel der körperlichen Gewalt und durch Waffen. (2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen. (3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstfahrzeuge, Reiz- und Betäubungsstoffe sowie zum Sprengen bestimmte Explosivstoffe (Sprengmittel). (…) 20 Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vom 14. März 1966 (HmbGVBl. S. 77), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 15 Dezember 2009 (HmbGVBl. S. 405, 433). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 19 § 22 Androhung unmittelbaren Zwanges (1) 1 Unmittelbarer Zwang ist vor seiner Anwendung anzudrohen. 2 Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer unmittelbar bevorstehenden Gefahr notwendig ist. 3 Als Androhung des Schusswaffengebrauchs gilt auch die Abgabe eines Warnschusses. (…) (3) 1 Gegenüber einer Menschenmenge ist die Anwendung unmittelbaren Zwanges möglichst so rechtzeitig anzudrohen, dass sich Unbeteiligte noch entfernen können. 2 (…) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 20 2.8. Hessen Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG)21 § 4 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen haben die Gefahrenabwehr- und die Polizeibehörden diejenigen Maßnahmen zu treffen, die die einzelne Person und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen. (2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. (3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann. § 52 Unmittelbarer Zwang (1) Unmittelbarer Zwang kann von den Polizeibehörden sowie nach Maßgabe des § 63 von Vollzugsbediensteten, die nicht Polizeivollzugsbeamtinnen oder Polizeivollzugsbeamte sind, und sonstigen Personen, denen die Anwendung unmittelbaren Zwanges gestattet ist, angewendet werden, wenn andere Zwangsmittel nicht in Betracht kommen oder keinen Erfolg versprechen oder unzweckmäßig sind. Für die Art und Weise der Anwendung unmittelbaren Zwanges gelten die §§ 54 bis 63. Für die Kosten gilt § 8 Abs. 2 entsprechend. (2) Unmittelbarer Zwang zur Abgabe einer Erklärung ist ausgeschlossen. § 55 Begriffsbestimmung, zugelassene Waffen (1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, durch ihre Hilfsmittel und durch Waffen. (…) (4) Als Waffen sind Reiz- oder Betäubungsstoffe, Schlagstock, Pistole, Revolver, Gewehr und Maschinenpistole zugelassen. Andere Waffen können durch Verwaltungsvorschriften zugelassen werden, wenn sie keine größeren Wirkungen als Schusswaffen nach Satz 1 haben . 21 Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Fassung vom 14. Januar 2005 (GVBl. I S. 14), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 14. Dezember 2009 (GVBl. I S. 635). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 21 § 58 Androhung unmittelbaren Zwanges (1) Unmittelbarer Zwang ist vor seiner Anwendung anzudrohen. Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände dies nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer Gefahr notwendig ist. Als Androhung des Schusswaffengebrauchs gilt auch die Abgabe eines Warnschusses. (…) (3) Gegenüber einer Menschenmenge ist die Anwendung unmittelbaren Zwanges möglichst so rechtzeitig anzudrohen, dass sich Unbeteiligte noch entfernen können. (…) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 22 2.9. Mecklenburg-Vorpommern Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern (Sicherheitsund Ordnungsgesetz – SOG M-V)22 § 102 Begriffsbestimmung (1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch 1. körperliche Gewalt, 2. Hilfsmittel der körperlichen Gewalt, 3. Waffen. (2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen. (3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Reizstoffe und Sprengmittel; Sprengmittel dürfen nicht gegen Personen angewandt werden. (…) § 103 Vollzugsbeamte (1) Unmittelbarer Zwang darf nur durch Vollzugsbeamte ausgeübt werden. (2) Vollzugsbeamte sind 1. Polizeivollzugsbeamte und 2. andere Beamte und sonstige Bedienstete, die durch Verordnung der Landesregierung ermächtigt sind, unmittelbaren Zwang auszuüben. (3) Vollzugsbeamte der Ämter und amtsfreien Gemeinden bedürfen der Bestätigung der Kreisordnungsbehörde. 22 Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. März 1998 (GVOBl. M-V S. 335), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 17. Dezember 2009 (GVOBl. M-V S. 687, 720). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 23 § 111 Warnung (1) Bevor unmittelbarer Zwang gegen Personen angewendet wird, ist zu warnen. Von der Warnung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer im einzelnen Falle bevorstehenden Gefahr notwendig ist. Als Warnung vor dem Schusswaffengebrauch gilt auch die Abgabe eines Warnschusses. (…) (3) Gegenüber einer Menschenmenge ist vor Anwendung unmittelbaren Zwangs möglichst so rechtzeitig zu warnen, daß sich Unbeteiligte noch entfernen können. (…) § 112 Verwaltungsvorschriften Die allgemeinen Verwaltungsvorschriften über die Anwendung unmittelbaren Zwangs erlässt das Innenministerium für seinen Geschäftsbereich; die anderen Ministerien erlassen sie für ihren Geschäftsbereich im Einvernehmen mit dem Innenministerium. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 24 2.10. Niedersachsen Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG)23 § 4 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat die Verwaltungsbehörde oder die Polizei diejenige zu treffen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. (2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. (3) Eine Maßnahme ist nur so lange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder es sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann. § 69 Unmittelbarer Zwang (1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, durch ihre Hilfsmittel und durch Waffen. (2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen. (3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Reiz- und Betäubungsstoffe sowie zum Sprengen bestimmte explosionsfähige Stoffe (Sprengmittel). (…) (8) 1 Unmittelbaren Zwang dürfen die mit polizeilichen Befugnissen betrauten Personen anwenden, wenn sie hierzu ermächtigt sind. (…) (…) 23 Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Fassung vom 19. Januar 2005 (Nds. GVBl. S. 9), zuletzt geändert durch Artikel 14 des Gesetzes vom 25. März 2009 (GVBl. S. 72). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 25 § 74 Androhung unmittelbaren Zwangs (1) 1 Unmittelbarer Zwang ist vor seiner Anwendung anzudrohen. 2 Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist. 3 Als Androhung des Schusswaffengebrauchs gilt auch die Abgabe eines Warnschusses . (…) (3) 1 Gegenüber einer Menschenmenge ist die Anwendung unmittelbaren Zwangs möglichst so rechtzeitig anzudrohen, dass sich Unbeteiligte noch entfernen können. 2 Der Gebrauch von Schusswaffen gegen Personen in einer Menschenmenge ist stets anzudrohen; die Androhung ist vor dem Gebrauch von Schusswaffen zu wiederholen. (…) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 26 2.11. Nordrhein-Westfalen Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) 24 § 2 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat die Polizei diejenige zu treffen , die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt . (2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. (3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann. § 58 Begriffsbestimmungen, zugelassene Waffen (1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen. (2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen. (3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Reiz- und Betäubungsstoffe sowie zum Sprengen bestimmte explosionsfähige Stoffe (Sprengmittel). (…) 24 Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juli 2003 (GV. NRW. S. 441), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 09. Februar 2010 (GV. NRW. S. 132). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 27 § 61 Androhung unmittelbaren Zwanges (1) Unmittelbarer Zwang ist vor seiner Anwendung anzudrohen. Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist. Als Androhung des Schusswaffengebrauchs gilt auch die Abgabe eines Warnschusses. (…) (3) Gegenüber einer Menschenmenge ist die Anwendung unmittelbaren Zwanges möglichst so rechtzeitig anzudrohen, dass sich Unbeteiligte noch entfernen können. Der Gebrauch von Schusswaffen gegen Personen in einer Menschenmenge ist stets anzudrohen; die Androhung ist vor dem Gebrauch zu wiederholen. Bei dem Gebrauch von technischen Sperren und dem Einsatz von Dienstpferden kann von der Androhung abgesehen werden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 28 2.12. Rheinland-Pfalz Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG)25 § 2 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen haben die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei diejenige zu treffen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. (2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. (3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann. § 58 Begriffsbestimmung (1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen. (2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen. (3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Reiz- und Betäubungsstoffe sowie zum Sprengen bestimmte explosionsfähige Stoffe (Sprengmittel). (…) § 61 Androhung unmittelbaren Zwanges (1) Unmittelbarer Zwang ist vor seiner Anwendung anzudrohen. Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer Gefahr notwendig ist. Als Androhung des Schusswaffengebrauchs gilt auch die Abgabe eines Warnschusses. (...) (3) Gegenüber einer Menschenmenge ist die Anwendung unmittelbaren Zwanges möglichst so rechtzeitig anzudrohen, dass sich Unbeteiligte noch entfernen können. (…) 25 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz in der Fassung vom 10. November 1993 (GVBl. S. 595), zu letzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 25. Juli 2005 (GVBl. S. 320). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 29 2.13. Saarland Saarländisches Polizeigesetz (SPolG)26 § 2 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat die Polizei diejenige zu treffen , die die Betroffene oder den Betroffenen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt . (2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. (3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann. § 49 Unmittelbarer Zwang (1) Die Polizei kann unmittelbaren Zwang anwenden, wenn andere Zwangsmittel nicht in Betracht kommen, keinen Erfolg versprechen oder unzweckmäßig sind. Unmittelbarer Zwang zur Abgabe einer Erklärung ist ausgeschlossen. (2) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen. (…) (5) Als Waffen sind Schlagstöcke, Reizstoffe, Pistole, Revolver, Gewehr und Maschinenpistole zugelassen. Andere Waffen dürfen nur zugelassen werden, wenn sie eine geringere Wirkung als Schusswaffen haben. Das Nähere bestimmt das Ministerium für Inneres, Familie , Frauen und Sport. (6) Der Gebrauch von Hilfsmitteln der körperlichen Gewalt und von Waffen ist nur Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten gestattet. Abweichend von Satz 1 kann die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister Bediensteten der Ortspolizeibehörde den Gebrauch von Diensthunden gestatten. (…) 26 Saarländisches Polizeigesetz vom 8. November 1989 (Amtsbl. S. 1074), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 21. November 2007 (Amtsbl. S. 2393). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 30 § 54 Androhung unmittelbaren Zwanges (1) Unmittelbarer Zwang ist vor seiner Anwendung anzudrohen. Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist. Als Androhung des Schusswaffengebrauchs gilt auch die Abgabe eines Warnschusses. (…) (3) Gegenüber einer Menschenmenge ist die Anwendung unmittelbaren Zwanges möglichst so rechtzeitig anzudrohen, dass sich Unbeteiligte noch entfernen können. (…) (…) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 31 2.14. Sachsen Polizeigesetz des Freistaates Sachsen (SächsPolG)27 § 31 Begriff und Mittel des unmittelbaren Zwangs (1) Unmittelbarer Zwang ist jede Einwirkung auf Personen oder Sachen durch einfache körperliche Gewalt, Hilfsmittel der körperlichen Gewalt oder Waffengebrauch. (2) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Reizstoffe sowie zum Sprengen von Sachen bestimmte explosive Stoffe (Sprengmittel). Das Staatsministerium des Innern kann weitere Hilfsmittel der körperlichen Gewalt zulassen. (…) § 32 Voraussetzungen und Durchführung des unmittelbaren Zwangs (1) Unmittelbarer Zwang darf nur angewandt werden, wenn der polizeiliche Zweck auf andere Weise nicht erreichbar erscheint. Unmittelbarer Zwang darf nicht mehr angewandt werden, wenn der Zweck erreicht ist. Gegen Personen darf unmittelbarer Zwang nur angewandt werden, wenn der polizeiliche Zweck durch unmittelbaren Zwang gegen Sachen nicht erreichbar erscheint. Das angewandte Mittel muss nach Art und Maß dem Verhalten, dem Alter und dem Zustand des Betroffenen angemessen sein. Gegenüber einer Menschenansammlung darf unmittelbarer Zwang nur angewandt werden, wenn seine Anwendung gegen einzelne Teilnehmer der Menschenansammlung offensichtlich keinen Erfolg verspricht. (2) Unmittelbarer Zwang ist vor seiner Anwendung anzudrohen. Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist. Als Androhung des Schusswaffengebrauchs gilt auch die Abgabe eines Warnschusses. (…) (4) Gegenüber einer Menschenmenge ist die Anwendung unmittelbaren Zwangs möglichst so rechtzeitig anzudrohen, dass sich Unbeteiligte noch entfernen können. (…) (5) Für die Anwendung unmittelbaren Zwangs zur Vollstreckung von Verwaltungsakten der Polizei gelten im Übrigen die Vorschriften des Sächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes . 27 Polizeigesetz des Freistaates Sachsen vom 13. August 1999 (SächsGVBl. S. 466), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 8. Dezember 2008 (SächsGVBl. S. 940, 941). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 32 2.15. Sachsen-Anhalt Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen- Anhalt (SOG LSA)28 § 5 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen haben die Sicherheitsbehörden oder die Polizei diejenigen Maßnahmen zu treffen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen. (2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. (3) Eine Maßnahme ist nur so lange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann. § 58 Unmittelbarer Zwang (1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, durch ihre Hilfsmittel und durch Waffen. (2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen. (3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Reiz- und Betäubungsstoffe sowie zum Sprengen bestimmte explosionsfähige Stoffe (Sprengmittel). (…) (6) Die Sicherheitsbehörden oder die Polizei können unmittelbaren Zwang anwenden, wenn andere Zwangsmittel nicht in Betracht kommen oder keinen Erfolg versprechen oder unzweckmäßig sind. (7) Unmittelbarer Zwang zur Abgabe einer Erklärung ist ausgeschlossen. (8) Unmittelbaren Zwang dürfen die Polizeibeamten, Verwaltungsvollzugsbeamten und sonstigen Personen, denen die Anwendung unmittelbaren Zwanges durch ein Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes gestattet ist, anwenden, wenn sie hierzu ermächtigt sind. Die Ermächtigung zum Gebrauch von Maschinenpistolen und Sprengmitteln darf nur Polizeibeamten , die Ermächtigung zum Gebrauch anderer Waffen im Sinne von Absatz 4 nur Polizeibeamten , Forstbeamten, bestätigten Jagdaufsehern oder Personen erteilt werden, denen der Gebrauch solcher Waffen durch ein Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes gestattet ist. Zuständig für die Erteilung der Ermächtigung sind das Ministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Fachministerium oder die von ihnen bestimmten Stellen. 28 Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2003, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 18. Mai 2010 (GVBl. LSA 340). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 33 § 63 Androhung unmittelbaren Zwanges (1) Unmittelbarer Zwang ist vor seiner Anwendung anzudrohen. Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände dies nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer Gefahr notwendig ist. Als Androhung des Schusswaffengebrauchs gilt auch die Abgabe eines Warnschusses. (…) (3) Gegenüber einer Menschenmenge ist die Anwendung unmittelbaren Zwanges möglichst so rechtzeitig anzudrohen, dass sich Unbeteiligte noch entfernen können. (…) (…) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 34 2.16. Schleswig-Holstein Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz – LVwG -)29 § 251 Begriffsbestimmung (1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch 1. körperliche Gewalt, 2. Hilfsmittel der körperlichen Gewalt, 3. Waffen. (2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen. (3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Reizstoffe und Sprengmittel; Sprengmittel dürfen nicht gegen Personen angewandt werden. (…) § 252 Vollzugsbeamtinnen und Vollzugsbeamte (1) Unmittelbarer Zwang darf nur durch Vollzugsbeamtinnen und Vollzugsbeamte ausgeübt werden. (2) Vollzugsbeamtinnen und Vollzugsbeamte sind 1. Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte und 2. andere Personen, die vom Träger der Aufgabe ermächtigt sind, unmittelbaren Zwang auszuüben. (3) Das Innenministerium kann durch Verordnung bestimmen, daß einzelne Gruppen von Vollzugsbeamtinnen und Vollzugsbeamten der Ermächtigung nach Absatz 2 Nr. 2 nicht bedürfen. 29 Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juni 1992 (GVOBl. S. 243, 534), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 09. März 2010 (GVOBl. S. 356). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 35 § 259 Warnung (1) Bevor unmittelbarer Zwang gegen Personen angewendet wird, ist zu warnen. Von der Warnung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer im einzelnen Falle bevorstehenden Gefahr notwendig ist. Als Warnung vor dem Schußwaffengebrauch gilt auch die Abgabe eines Warnschusses. (…). (3) Gegenüber einer Menschenmenge ist vor Anwendung unmittelbaren Zwanges möglichst so rechtzeitig zu warnen, daß sich Unbeteiligte noch entfernen können. (…) (…) § 260 Verwaltungsvorschriften Die allgemeinen Verwaltungsvorschriften über die Anwendung unmittelbaren Zwanges erlässt das Innenministerium für seinen Zuständigkeitsbereich; die anderen Ministerien erlassen sie für ihren Zuständigkeitsbereich im Einvernehmen mit dem Innenministerium. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 36 2.17. Thüringen Thüringer Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei (Polizeiaufgabengesetz – PAG-)30 § 4 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat die Polizei diejenige zu treffen , die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt . (2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. (3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, daßer nicht erreicht werden kann. § 59 Begriffsbestimmung (1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen, Sachen oder Tiere durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel oder durch Waffen. (2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen, Sachen oder Tiere. (3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Reiz- und Betäubungsstoffe sowie zum Sprengen bestimmte explosionsfähige Stoffe (Sprengmittel). (…) § 62 Androhung unmittelbaren Zwanges (1) Unmittelbarer Zwang ist vor seiner Anwendung anzudrohen. Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer Gefahr notwendig ist. Als Androhung des Schußwaffengebrauchs gilt auch die Abgabe eines Warnschusses. (…) (3) Gegenüber einer Menschenmenge ist die Anwendung unmittelbaren Zwanges möglichst so rechtzeitig anzudrohen, daß sich Unbeteiligte noch entfernen können. (…) 30 Thüringer Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei vom 04. Juni 1992 (GVBl. S. 199), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 09. September 2010 (GVBl. S. 291). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 37 3. Forderungen der Technischen Richtlinie Die TR führt aus, dass Reizstoff-Sprühgeräte als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt bzw. als Waffen zum Vorgehen gegen Personen und Tiere eingesetzt werden. Durch die Verwendung von Reizstoffen sollen diese auf Distanz gehalten werden und ggf. in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt werden (vgl. 1.2 TR). Aufgrund unterschiedlicher Einsatzanforderungen können verschiedene Ausführungsformen von Reizstoff-Sprühgeräten gefordert werden: Reizstoff-Sprühgerät 1 (RSG 1) Reizstoff-Sprühgerät 2 (RSG 2) Reizstoff-Sprühgerät 3 (RSG 3) Reizstoff-Sprühgerät 4 (RSG 4) Folgende technische Daten müssen je nach Gerät erfüllt werden. RSG 1 RSG 2 RSG 3 RSG 4 Einsatzreichweite L 4 m 2,5 m 4 m 4 m/7 m Sprühbilddurchmesser D 10-20 cm 10-20 cm 10 – 20 cm 10-20 cm/ 20-40 cm Mindestanzahl von 1-s-Strahlstöße 11 4 5-8 11 Die Geräte enthalten je nach den Forderungen des Auftraggebers die Reizstoffe: Oleoresin Capsicum (OC) in Lebensmittelqualität, CAS: 8023-77-6 Der Anteil des Reizstoffs wir als Summe folgender drei Wirkstoffe von OC bestimmt: - Capsaicin, CAS31: 404-86-4, Reinheitsgrad > 95 % - Dihydrocapsaicin, CAS: 19408-84-5, Reinheitsgrad > 95 % - Nordhydrocapsaicin, CAS: 28789-35-7, Reinheitsgrad > 95 % - Pelargonsäure-vanillylamid (PAVA), CAS 2444-46-4, Reinheitsgrad > 95 %. Der Anteil des Reizstoffs (Capsaicinioide) in der Spraydose (Gesamt-Nettofüllung) muss 0,3 ± 0,03 Gew.-% betragen. 31 CAS (Chemical Abstracts Service) ist ein internationaler Bezeichnungsstandard für chemische Stoffe . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 38 4. Einsatz und Handhabung in ausgewählten Bundesländern 4.1. Baden-Württemberg Laut schriftlicher Auskunft des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 12. Oktober 2010 (Anlage 2) ist der Einsatz von Reizstoffsprühgeräten lediglich in den oben aufgeführten Vorschriften des baden-württembergischen Polizeigesetzes (Gliederungspunkt 2.2.1 der Ausarbeitung ) und der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (Gliederungspunkt 2.2.2 der Ausarbeitung) geregelt. Jeder Beamte und jede Beamtin werde in der sicheren Handhabung, den rechtlichen Voraussetzungen und den taktischen Belangen des Einsatzes von Reizstoff-Sprühgeräten aus- bzw. fortgebildet. Der Polizeivollzugsdienst in Baden-Württemberg ist laut Auskunftsschreiben mit Reizstoff- Sprühgeräten der polizeilichen Bezeichnungen RSG 1, RSG 2, RSG 3 und RSG 4 ausgestattet. Die Bezeichnungen und die Spezifikationen der Reizstoffsprühgeräte richten sich nach der zitierten Technischen Richtlinie des Polizeitechnischen Instituts (Gliederungspunkt 3. der Ausarbeitung ). 4.2. Bayern Mit Innenministerialschreiben (IMS) vom 08. Mai 2000 (Anlage 3)32 wurde Pfefferspray mit dem natürlichen Wirkstoff Oleoresin Capsicum (OC) ergänzend zu den bisher verwendeten Reizstoffen mit sofortiger Wirkung für den polizeilichen Einsatz in Bayern zugelassen. Für die Anwendung dieses Reizstoffes gelten die einschlägigen Bestimmungen des Polizeiaufgabengesetzes und der hierzu erlassenen Vollzugsbekanntmachung (siehe Gliederungspunkt 2.3. der Ausarbeitung). Die bisher verwendeten Reizstoffsprühgeräte mit den Wirkstoffen Chloracetophenon (CN) oder Chlorbenzylidenmalononitril (CS) werden laut schriftlicher Auskunft des Bayerischen Staatsministeriums vom 18. Oktober 2010 nicht mehr beschafft.33 Die Handhabung bzw. Dosierung der Geräte im technischen Sinne richtet sich nach den Anforderungen der Anlage 1 der Technischen Richtlinie des PTI. Derzeit wird das Reizstoffsprühgerät „RSG 3“ der Hersteller IDC (Modell Curd‘s Police und Curd‘s Police RSG 2000) und Hoernecke (Modell TW 100 RSG 6)34 mit einer Füllmenge von jeweils 60 ml verwendet. Für die „verdeckte“ Tragweise (z. B. im kriminalpolizeilichen Dienst) wird zudem das kleinere Reizstoffsprühgerät 32 Siehe dazu auch die „Erläuterungen zu dem von der Bayerischen Polizei eingesetzten Pfefferspray“ (Anlage 4). 33 Die nachfolgenden Ausführungen geben die schriftliche Auskunft des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren, Sachgebiet IC1 (Haushalt, Ausrüstung, Versorgung), vom 18. Oktober 2010 wieder. 34 Siehe dazu Hoernecke Sicherheitstechnik unter: http://www.tw1000.com/index.cgi?sid=49084644602&action=frontpage::load_plain&template=pro dukte_rsg6 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 39 „RSG 2“ des Herstellers Hoernecke (Modellbezeichnung TW 1000 RSG 2)35 mit einer Füllmenge von nur 20 ml angeboten. 4.3. Niedersachsen In Niedersachsen ist der Runderlass des Ministeriums „Reizstoffe in der Polizei des Landes Niedersachsen “ vom 03. Februar 2009 (Anlage 5) für den polizeilichen Einsatz von Reizstoffsprühgeräten maßgeblich. Zur Verwendung in Reizstoffsprühgeräten (RSG), Reizstoffwurfkörpern (RW) und Reizstoffpatronen (RP) als Distanzmittel für den allgemeinen polizeilichen Gebrauch sind danach die Reizstoffe Capsaicin (Pfefferspray), Chloracetophenon (CN) und Chlorbenzylidenmalononitril (CS) zugelassen . Der Einsatz von Reizstoffen als Beimischung in Wasserwerfern oder Wasserarmaturen ist hingegen unzulässig (vgl. Ziff. 1 des Erlasses). Die dienstlich zugewiesenen Reizstoffe werden als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt i.S. des § 69 Abs. 3 Nds. SOG (siehe Gliederungspunkt 2.10) beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen über die Anwendung des unmittelbaren Zwangs unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch die Polizei eingesetzt (vgl. Ziff. 2 des Erlasses). Die Einsatzmittel mit Reizstoffen für den polizeilichen Einsatz werden ausschließlich durch die Zentrale Polizeidirektion (ZPD) beschafft; dabei sind die jeweils gültigen „Technischen Richtlinien “ des PTI zu berücksichtigen (vgl. Ziff. 4 des Erlasses). Laut schriftlicher Auskunft des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 18. Oktober 2010 werden die Reizstoffsprühgeräte RSG 2, RSG 3 und RSG 4 entsprechend der zitierten Technischen Richtlinie des Polizeitechnischen Instituts eingesetzt. 4.4. Nordrhein-Westfalen In Nordrhein-Westfalen regelt der Runderlass vom 10. Januar 1983 (Anlage 6) die Verwendung von Reizstoffsprühgeräten bei der Polizei.36 Dieser hat in der Fassung vom 04. Februar 1998 weiterhin Gültigkeit.37 Reizstoffsprühgeräte sind danach Hilfsmittel der körperlichen Gewalt, die im Regelfall den Einsatz des Schlagstocks, in Einzelfällen auch den Schusswaffengebrauch erübrigen sollen (vgl. Ziff. 1.1 des Erlasses). In dem Erlass heißt es, dass Reizstoffsprühgeräte das Reizmittel Chloracetophenon (CN) in einer Konzentration von 0,9 bis 1,1 % gelöst in einer Trägerflüssigkeit enthalten. 35 Siehe dazu Hoernecke Sicherheitstechnik unter: http://www.tw1000.com/index.cgi?sid=49084644602&action=frontpage::load_plain&template=pro dukte_rsg2. 36 Runderlass des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen „Verwendung von Reizstoffsprühgeräten bei der Polizei“ vom 10. Januar 1983 - IV C 2 – 8222 -, in der Fassung vom 04. Februar 1998 - IV C2/A2-8222 - ( SMBl. NRW S. 2054). 37 Laut schriftlicher Auskunft des Ministeriums für Inneres und Kommunales Nordrhein-Westfalen vom 13. Oktober 2010. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 408/10 Seite 40 Der Reizstoff CN wurde mittlerweile durch Capsaicin (Pfefferspray) ersetzt38 und wird laut telefonischer Auskunft des Ministeriums für Inneres und Kommunales Nordrhein-Westfalen vom 13. Oktober 2010 auf Grundlage der jeweils gültigen Technischen Richtlinie des Polizeitechnischen Instituts beschafft. 38 Vgl. Anlage 7.