Die Rolle und Bedeutung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags im internationalen Vergleich - Sachstand - © 2006 Deutscher Bundestag WD 3 - 402/06 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Die Rolle und Bedeutung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags im internationalen Vergleich Sachstand WD 3 - 402/06 Abschluss der Arbeit: 24. Oktober 2006 Fachbereich WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: + Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 3 - 1. Die Bedeutung der Ergebnisse der Wissenschaftlichen Dienste für die jeweilige wissenschaftliche Disziplin und deren Rezeption außerhalb des Parlamentsbetriebes Die Wissenschaftlichen Dienste haben die Aufgabe, Erkenntnisse der wissenschaftlichen Forschung in einer für die parlamentarische Arbeit der Bundestagsabgeordneten geeigneten Form aufzuarbeiten. Sie greifen dafür auf vielfältige Quellen, darunter oft wissenschaftliche Publikationen, aber auch Originaldokumente zurück. Im Regelfall betreiben die Wissenschaftlichen Dienste somit keine eigenständige Forschungsarbeit, sondern sind im Sinne von Wissensmanagement und angewandter Wissenschaft tätig. Gleichwohl werden Ausarbeitungen, die von Interesse für einen breiteren Kreis von Abgeordneten und eine breitere Öffentlichkeit sein könnten, sowie Produkte der Aktiven Information ins Intranet und Internet gestellt. Sie bilden damit Publikationen des Deutschen Bundestages, die auch von der wissenschaftlichen Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Es gibt eine Reihe von Indizien dafür, dass diese Publikationen auch in der Wissenschaft Anerkennung finden. Das Erste ist die Vielzahl von elektronischen Abfragen der ins Internet gestellten Arbeiten, die zunächst einmal auf ein breites Interesse der publizistischen, wissenschaftlichen usw. Öffentlichkeiten hindeuten. Zum Zweiten gibt es immer wieder Anfragen auch aus dem Bereich der Wissenschaft, ob Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste in Papierform bereitgestellt werden können. Nicht selten wenden sich Wissenschaftler schließlich direkt an die Wissenschaftlichen Dienste, indem sie sich auf den Inhalt von Infobriefen und Aktuellen Begriffen beziehen und dazu Anmerkungen machen oder Rückfragen stellen. Insbesondere in Bezug auf die Aktuellen Begriffe gibt es begründete Hinweise dafür, dass diese in der Wissenschaft breit wahrgenommen werden und u. a. auch im Lehrbetrieb Verwendung finden. 2. Die organisatorische Verknüpfung und der wissenschaftliche Austausch mit wissenschaftlichen Einrichtungen außerhalb des Parlamentes Um ihre zentrale Aufgabe, die schnelle, parlamentsgerechte und wissenschaftlich fundierte Bearbeitung der Aufträge von Bundestagsabgeordneten, erfüllen zu können, stehen die Wissenschaftlichen Dienste in ständiger Verbindung mit verschiedensten Wissenschaftsinstitutionen . Da die einzelnen Fachbereiche von ihrer Struktur und Aufgabenstellung her keine eigene Forschungsarbeit leisten, ist es für sie unerlässlich, durch Wissensmanagement die erforderlichen Informationen von Universitäten und Forschungszentren , Ressortforschungseinrichtungen und Fachinstituten einzuholen. Die Kontakte zu Wissenschaft und Forschung werden aber auch über die jeweilige Auftragsbearbeitung weiterentwickelt. Die Mitarbeiter der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages nehmen regelmäßig an Kongressen, Fachtagungen usw. teil und stehen in ständiger Verbindung zu den Wissenschaftsorganisationen. Weiterhin werden Kontakte zu großen Dienstleistungsunternehmen geknüpft, die sich in ähnlicher Weise mit Informationsbeschaffung und Wissensmanagement beschäftigen. Durch diesen Erfahrungsaustausch kann die Arbeit der Wissenschaftlichen Dienste neue Entwicklungen im Bereich von Informationsverarbeitung und -technologie umgehend aufgreifen und für die Auftragsbearbeitung nutzen. Verbindungen zu Forschung und Wissenschaft bestehen auch auf personeller Ebene. Verschiedene Mitarbeiter der Wissenschaftlichen Dienste sind in ihren Fachgebieten als Hochschullehrer tätig. Das Interesse der Universitäten, Fachhochschulen und Weiterbil- - 4 - dungseinrichtungen, Mitarbeiter der Verwaltung des Deutschen Bundestages als Lehrbeauftragte und Dozenten zu gewinnen, zeigt ebenfalls das Ansehen der Wissenschaftlichen Dienste im Hochschulbereich. Die Kontakte zu Forschung und Publizistik werden auch durch die regelmäßige Verleihung verschiedener Preise und die jeweils vorausgehende Zusammenarbeit mit den Mitgliedern der zuständigen Jury vertieft. So erfreut sich der „Wissenschaftspreis des Deutschen Bundestages“ für Arbeiten zum Parlamentarismus in Wissenschaftskreisen eines ausgezeichneten Rufes, wie sich an der Anzahl der Bewerbungen zeigt, die auf die im Zweijahresrhythmus erfolgende Ausschreibung eingehen. Ebenso angesehen ist der jährlich verliehene „Deutsch-französische Parlamentspreis“, der herausragende wissenschaftliche Arbeiten würdigt, die zum besseren gegenseitigen Verständnis beider Länder beitragen. Der „Medienpreis des Deutschen Bundestages“ schließlich, der alle zwei Jahre vergeben wird, zeichnet herausragende publizistische Arbeiten zu parlamentarischen Fragestellungen aus. Die Wissenschaftlichen Dienste betreuen die Jurys der drei Parlamentspreise und nutzen die Zusammenarbeit mit den Mitgliedern der Jurys, um Kontakte zu den Wissenschaftlern und Publizisten zu pflegen. Die regelmäßig stattfindende Vortragsveranstaltung „W-Forum – Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags im Gespräch“ dient als Diskussionsplattform zwischen Politik und Wissenschaft. Neben Fachgutachtern aus den Wissenschaftlichen Diensten referieren vor allem externe Referenten aus Forschung und Wissenschaft. „W- Forum“ zieht regelmäßig zwischen 100 und 200 Zuhörer an, insbesondere aus dem Berliner Wissenschafts- und Forschungsbereich. Die Veranstaltung wird zugleich im Parlamentsfernsehen live übertragen. Obwohl keine Honorare gezahlt werden können, hat bereits eine ganze Reihe von renommierten Wissenschaftlern, Politikern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens bei W-Forum vorgetragen. Es besteht weiterhin großes Interesse in den Reihen der Wissenschaft, bei den Wissenschaftlichen Diensten des Deutschen Bundestages einen Vortrag zu halten. 3. Die Inanspruchnahme der Wissenschaftlichen Dienste durch die Parlamentarier Die Wissenschaftlichen Dienste sind nur ein Element in einem pluralistischen Gefüge von Institutionen und Organisationen, auf die Parlamentarier in Ausübung ihres Mandates zurückgreifen können. Sie konkurrieren daher mit anderen Anbietern wie persönlichen Mitarbeitern, Fraktionsmitarbeitern, Universitäten, Forschungseinrichtungen, Parteizentralen , Ministerien, Interessenverbänden u. a., die ebenfalls wichtige Informationsquellen für Parlamentarier darstellen. Die grundlegende Aufgabe der Wissenschaftlichen Dienste besteht darin, sich in diesem Umfeld zu behaupten und sich dem Wandel der Nachfrage, wie er sich aus einem sich verändernden Informationsverhalten der Abgeordneten , aber auch aufgrund neuer gesellschaftlicher und politischer Problemlagen ergibt, anzupassen. Aussagen über die Inanspruchnahme der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages durch die Parlamentarier lassen sich nur bedingt treffen, da aus datenschutzrechtlichen Gründen über die Auftraggeber keine Statistiken geführt werden und die Auftragsdaten nur kurzfristig für eventuelle Rückfragen gespeichert werden. Aussagen lassen sich daher nur über die Anzahl und Art der in den Fachbereichen bearbeiteten Aufträge treffen bzw. durch stichprobenartige Erhebungen ermitteln. Die Auftrags- - 5 - zahlen für die Jahre 2004 bis erstes Halbjahr 2006 sind, aufgelistet nach Produktarten, als Anlage 1 beigefügt. Auf einen längeren Zeitraum hin betrachtet ist ein durchschnittliches Niveau von etwa 2000 Aufträgen zu verzeichnen. Allerdings unterliegt die Zahl der Aufträge pro Kalenderjahr großen Schwankungen, die vor allem mit dem Wahlzyklus zu tun haben. Die Tiefpunkte liegen meist in Wahljahren, wenn die Abgeordneten ihre Aktivitäten auf die Wahlkreise konzentrieren, danach steigt die Zahl der Anfragen langsam an und erreicht dann im zweiten und dritten Jahr der Wahlperiode ihren Höhepunkt. Aufgrund des höchst unterschiedlichen Anspruchsniveaus der Anfragen sind diese Daten jedoch nur begrenzt aussagefähig. Demgegenüber lässt sich mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass der Kreis der Nutzer der Wissenschaftlichen Dienste größer geworden ist. So ergab eine statistische Auswertung von Daten über die Beanspruchung der Wissenschaftlichen Dienste in den siebziger Jahren das Resultat, dass ein Drittel der Abgeordneten die Dienste überhaupt nicht und die überwiegende Mehrzahl nur sporadisch in Anspruch nahm. Als intensive Nutzer wurden lediglich drei Prozent der Abgeordneten identifiziert. Nur relativ wenige Anfragen kamen von Funktionsträgern. Eine stichprobenartige Erhebung im Jahr 2005 (15. Wahlperiode) hat hingegen ergeben, dass die Wissenschaftlichen Dienste von über 80 Prozent der Abgeordneten des Deutschen Bundestages genutzt werden, darunter eine erhebliche Anzahl von Funktionsträgern. Eine weitere stichprobenartige Erhebung für das laufende Jahr 2006 bestätigt dieses Ergebnis : wiederum rund 80 Prozent der Abgeordneten sowie rund 89 Prozent der Funktionsträger haben die Wissenschaftlichen Dienste im Jahr 2006 bisher ein- oder mehrmalig in Anspruch genommen. Darüber hinaus steht den Abgeordneten des Deutschen Bundestages seit dem Jahr 2002 über das Intranetangebot der Wissenschaftlichen Dienste in der Rubrik „Wissen“ eine Vielzahl von Ausarbeitungen und Gutachten im direkten Zugriff online zur Verfügung, ohne dass sie dafür selbst einen Auftrag erteilen müssen. Die Zugriffszahlen auf diese Seiten und die Dokumente der Wissenschaftlichen Dienste liegen bisher im Jahr 2006 zwischen ca. 1.200 und ca. 5.900 Anfragen pro Monat. Die Nachfrage nach Informationen aus den Wissenschaftlichen Diensten hat nicht nur quantitativ zugenommen, sondern auch eine starke qualitative Veränderung erfahren. Aufgrund der neuen Recherchemöglichkeiten im Intranet und Internet sind die Erwartungen und Anforderungen an die Mitarbeiter der Wissenschaftlichen Dienste in zeitlicher wie fachlicher Hinsicht stark gestiegen. Außerdem hat sich die Zahl der Anfragen mit international vergleichenden Themenstellungen stark erhöht. Diese Veränderungen entsprechen einem europäischen Trend. In einem Vergleich der am EZPWD (Europäisches Zentrum für Parlamentarische Wissenschaft und Dokumentation) beteiligten Länder hat sich gezeigt, dass vor allem zwei Faktoren, nämlich die Revolution in der Informationstechnologie und die Globalisierung politischer Probleme, erhebliche Auswirkungen auf die Anforderungen der Parlamentarier an ihre Wissenschaftlichen Dienste gehabt haben. 4. Vergleichende Informationen über die Einbindung der Wissenschaftlichen Dienste in die Verwaltung, die personalrechtliche Stellung der wissenschaftlichen Mitarbeiter, Konzepte zur Personalentwicklung, die Bedingungen und Möglichkeiten für den beruflichen Aufstieg Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags bilden organisatorisch die Unterabteilung WD in der Abteilung W (Wissenschaft und Außenbeziehungen). Die personalrechtliche Stellung der wissenschaftlichen Mitarbeiter unterscheidet sich nicht - 6 - von der Stellung der anderen Mitarbeiter des höheren Dienstes in der Bundestagsverwaltung . Besonderheiten im Hinblick auf die Bedingungen und Möglichkeiten für den beruflichen Aufstieg bestehen nicht. Die Mitarbeiter des höheren Dienstes gehören in der Regel im Laufe ihres Berufslebens verschiedenen Abteilungen der Verwaltung (einschließlich des Wehrbeauftragten) an. Ein spezifisches Problem der Fachbereiche des Wissenschaftlichen Dienstes ist die hohe Personalfluktuation. Die Fachbereiche dienen als Personalreservoir der Bundestagsverwaltung , aus dem bei Bedarf Mitarbeiter für andere Organisationseinheiten (z. B. Untersuchungsausschüsse und Enquete-Kommissionen) abgezogen werden. Infolgedessen ist es kaum möglich, dass sich einzelne Mitarbeiter spezialisieren. Es hat daher immer wieder Überlegungen gegeben, einen Stamm von Spezialisten mit besonders hoher Qualifikation zu etablieren. Dabei ging es auch darum, das Renommee der Wissenschaftlichen Dienste zu steigern und Mitarbeitern mit einer starken fachwissenschaftlichen Orientierung Aufstiegsmöglichkeiten zu bieten. Konkret wurde daran gedacht, nach dem Vorbild des US-amerikanischen Congressional Research Service die Position von „Senior Specialists“ einzuführen. Sie sollten dafür zuständig sein, besonders anspruchsvolle und umfangreiche Aufgaben zu erledigen. Die Zahl der Stellen der Mitarbeiter des höheren Dienstes in den Fachbereichen ist vom Beginn der siebziger Jahre bis zur Mitte der neunziger Jahre von ca. 40 auf ca. 55 gestiegen und stagniert seitdem. Von diesen Stellen sind gegenwärtig ca. 15 unbesetzt. Das Personal besteht etwa zur Hälfte aus Juristen, die andere Hälfte verteilt sich auf Politologen, Historiker, Wirtschaftswissenschaftler und wenige Naturwissenschaftler. Innerhalb des EZPWD-Verbundes, dem die Parlamente aller Mitgliedsländer des Europarates angehören, verfügten im Jahre 2002 nur 13 von insgesamt 49 Parlamentskammern nicht über eine eigene Einheit mit speziellen wissenschaftlichen Aufgaben; die meisten dieser 13 Kammern hatten aber zumindest Zugang zu irgendeiner Art von Wissenschaftlichem Dienst. Die Größenordnungen der entsprechenden Einheiten sind jedoch sehr unterschiedlich. Die meisten Wissenschaftlichen Dienste sind recht klein. Die Mitarbeiterzahl betrug zum Zeitpunkt der Erhebung 3 bis 10 in zwölf Kammern, 11 bis 20 in sieben Kammern. Weitere fünf Kammern hatten einen Stab, der zwischen 21 und 30 Mitarbeitern liegt. Über die größten Wissenschaftlichen Dienste verfügten der Deutsche Bundestag (86) (dabei wurden allerdings die Mitarbeiter des gehobenen und mittleren Dienstes mitgezählt), der polnische Sejm (79), die italienischen Abgeordnetenkammer (45) und das britischen Unterhaus (39). Die französische Assemblée Nationale unterhält einen wissenschaftlichen Dienst, der bis vor kurzem eine eigene Unterabteilung („Service d’études“) in der Parlamentsverwaltung bildete. Im Sommer 2006 wurde dieser Dienst in der Weise umgestaltet, dass die jeweiligen Fachgutachter nun zusammen mit den korrespondierenden Ausschusssekretariaten so genannte Kompetenzzentren („pôles de compétence“) bilden. Diese Umstrukturierung erfolgte u. a. mit dem Ziel, die Zahl der Einzelanfragen von Abgeordneten zu beschränken. Auch die italienische Camera dei Deputati unterhält einen Wissenschaftlichen Dienst („servizio studi“). Zu seinen Aufgaben zählt es, die Verbindungen zu Wissenschaft, Instituten und Forschungszentren zu halten und auf Anfrage von Fraktionen oder – in seltenen Fällen – auch einzelnen Abgeordneten hin wissenschaftlich fundierte Ausarbeitungen und Dokumentationen zu parlamentarisch relevanten Themen, insbesondere aber zu den jeweils in der Beratung befindlichen Gesetzesvorhaben zu erstellen. - 7 - Das britische House of Commons unterhält mit dem „Parliamentary Office of Science and Technology (POST)“ eine Einrichtung, die fachlich enger ausgerichtet ist: Die Arbeiten des POST, die in Form von kurzen „Notes“ oder längeren Berichten auch im Internet veröffentlicht werden, konzentrieren sich auf die vier Bereiche Biomedizin, Energie und Umwelt, Physik und Technik sowie Wissenschaftspolitik. Im Vergleich zu Deutschland nimmt das POST damit eine Zwischenstellung zwischen den Wissenschaftlichen Diensten des Bundestages und dem Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag ein. Auch das Europäische Parlament unterhält mit der „Scientific Technology Options Assessment unit (STOA)“ eine ähnliche Einrichtung, die jedoch nur von den Ausschüssen, nicht hingegen von einzelnen Abgeordneten genutzt werden kann. Seine Aufgaben umfassen die Technik- und Gesetzesfolgenabschätzung sowie die Darlegung politischer Handlungsoptionen. Da STOA mit weniger Personal ausgestattet ist als die Einrichtungen der meisten nationalen Parlamente, führt es keine eigenen Untersuchungen durch, sondern fungiert vor allem als Koordinierungs- und Vergabestelle für Untersuchungsprojekte , deren Durchführung nach außen an Forschungsinstitute oder andere Expertengremien vergeben wird. Der US-Kongress unterhält als gemeinsame Dienstleistungseinrichtung für beide Kammern seit 1914 einen wissenschaftlichen Dienst, der seit 1970 den Namen "Congressional Research Service (CRS)" trägt. Zu seinem Tätigkeitsbereich zählen nicht nur wissenschaftlich fundierte Studien zu politikrelevanten Themenfeldern und die parlamentsgerechte Aufbereitung von aktuellen Forschungsergebnissen. Im Unterschied zu den meisten europäischen Schwesterinstitutionen übernimmt der CSR auch weitere Aufgaben wie die Analyse konkreter politischer Handlungsoptionen, Gesetzesfolgenabschätzung sowie Mitwirkung und Beratung bei der Formulierung von Gesetzentwürfen. Als Mitarbeiter rekrutiert der CRS Experten aus den Gebieten Recht, Wirtschaft, Verwaltung , Sozial-, Politik- und Naturwissenschaften. Das Budget des CRS geht mit 91 Mio. US-Dollar (2004) – davon 88 Prozent Personalausgaben für 729 Mitarbeiter-Stellen – weit über das der verschiedenen Wissenschaftlichen Dienste in Europa hinaus. 5. Qualitätssicherung bei den Wissenschaftlichen Diensten Als Instrument zur Qualitätssicherung von Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste, die ins Intranet oder ins Internet eingestellt werden, dient die Redaktionsgruppe W. Sie wurde von der Abteilungsleiterin W am 31. Oktober 2005 eingerichtet. Ihr Ziel ist es, das Verfahren der Freigabe von Ausarbeitungen zur Veröffentlichung im Intranet und Internet zu beschleunigen und die redaktionelle Arbeit auf eine breitere Basis zu stellen. Aufgabe der Redaktionsgruppe ist es, alle Arbeiten (Ausnahmen: Aktuelle Begriffe, Europa-Begriffe, Arbeiten in Dossiers) zu redigieren, deren Veröffentlichung im Intranet oder Internet vorgesehen ist. Durch die Veröffentlichung in Intranet und Internet rücken die Publikationen der Wissenschaftlichen Dienste in den Blickpunkt sowohl der parlamentsinternen als auch der allgemeinen Öffentlichkeit. Dies verlangt von allen am Prozess der Veröffentlichung Beteiligten verstärkte Anstrengungen zur Einhaltung von Qualitätskriterien. In diesem Prozess besteht die Aufgabe der Redaktionsgruppe darin, zum Gelingen dieser Publikationen beizutragen. Die Redaktionsmitglieder nehmen eine redaktionelle und inhaltliche Prüfung der eingereichten Texte vor und erarbeiten Voten dazu, ob der Text in der vor- - 8 - gelegten Form für eine Veröffentlichung geeignet ist. Die bisherigen Erfahrungen zeigen , dass die wissenschaftliche Qualität der Publikationen in der Öffentlichkeit auf Anerkennung stößt. Ein weiteres Element der Qualitätssicherung stellt im internationalen Bereich das bereits erwähnte, 1977 gegründete Netzwerk des EZPWD dar, in das die Parlamente aller im Europarat vertretenen Staaten jeweils einen Korrespondenten entsenden. Dieses Netzwerk erlaubt es den darin mitwirkenden Wissenschaftlichen Diensten nicht nur, international vergleichende Fragestellungen durch schnellen Kontakt – durch E-mail oder telefonische Rücksprache – fundiert bearbeiten zu können, sondern es eröffnet auch die Möglichkeit, im Rahmen der jährlich stattfindenden Korrespondententreffen oder von eigens anberaumten Sonderveranstaltungen die Arbeit der Wissenschaftlichen Dienste selbst und Möglichkeiten zu deren Qualitätssicherung eingehend zu diskutieren. Literatur Robinson, William H. (2002): Knowledge & Power. The Essential Connection between Research and the Work of Legislation, Brussels. von Winter, Thomas (2006): Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages , in: Svenja Falk, Dieter Rehfeld, Andrea Römmele und Martin Thunert (Hrsg.), Handbuch Politikberatung, Wiesbaden, 2006, S. 198-214. - 9 - Anlage 1 Statistik der Arbeiten der Unterabteilung Wissenschaftliche Dienste 2004 bis 2006 Art der Arbeit 2004 2005 2006 – 1. Halbjahr Ausarbeitungen 594 502 306 Dokumentationen 574 741 369 Aktive Informationen (z.B. Aktueller Begriff) 190 307 72 Redeentwürfe 3 1 1 Sachstände (neues Produkt ab 04/05) --- 269 319 Kurzinformationen 777 802 541 insgesamt 2138 2622 1608