Deutscher Bundestag Terroristische Organisation Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 – 394/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 394/10 Seite 2 Terroristische Organisation Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 – 394/10 Abschluss der Arbeit: 05. Oktober 2010 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 394/10 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Begrifflichkeiten 5 2.1. Terrorismus 5 2.2. Terroristische Organisation bzw. terroristische Vereinigung 6 2.3. Weitere Regelungen im deutschen Recht 7 2.3.1. Ausländerecht 7 2.3.2. Vereinsrecht 7 2.3.3. Bundesverfassungsschutzgesetz 8 3. Hizb Allah in Deutschland 9 3.1. Strafrechtliche Ermittlungen 9 3.2. Rechtsprechung 9 3.3. Vereinsrechtliche Sanktionen 11 3.4. Bewertungen der Verfassungsschutzbehörden 11 3.4.1. Bund 12 3.4.2. Baden-Württemberg 12 3.4.3. Bayern 13 3.4.4. Berlin 13 3.4.5. Brandenburg 14 3.4.6. Bremen 14 3.4.7. Hamburg 14 3.4.8. Hessen 15 3.4.9. Mecklenburg-Vorpommern 15 3.4.10. Niedersachsen 16 3.4.11. Nordrhein-Westfalen 16 3.4.12. Rheinland-Pfalz 17 3.4.13. Saarland 17 3.4.14. Sachsen 17 3.4.15. Sachsen-Anhalt 17 3.4.16. Schleswig-Holstein 17 3.4.17. Thüringen 18 3.4.18. Zusammenfassung 18 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 394/10 Seite 4 1. Einleitung Der letzte Verfassungsschutzbericht des Bundes aus dem Jahr 20091 beschreibt die Hizb Allah (auch Hizbollah, Hisbollah) wie folgt: „Die schiitische „Hizb Allah“ wurde 1982 nach dem Einmarsch israelscher Truppen in den Libanon auf iranische Initiative hin gegründet. Vor dem Hintergrund der gemeinsamen Gegnerschaft zu Israel beabsichtigten Iran und Syrien durch ihre Unterstützung, die „Hizb Allah“ innerhalb des politischen Spektrums im Libanon fest zu etablieren. Ein finanzieller und politischer Einfluss des Iran auf die Organisation besteht bis heute. Die Organisation entwickelte sich zu einer militanten Sammelbewegung islamistischer Schiiten mit Schwerpunkten im Süd-Libanon, in den Vororten von Beirut und im Bekaa-Tal (an der Grenze zu Syrien). Die „Hizb Allah“ negiert das Existenzrecht Israels. Ihr wichtigstes Ziel ist der auch mit terroristischen Mitteln geführte Kampf gegen Israel als „unrechtmäßigen Besatzer palästinensischen Bodens“. Das ursprüngliche Ziel, die Umwandlung des Libanon in eine Republik nach iranischem Vorbild, ist inzwischen zugunsten einer eher pragmatischen, innerlibanesischen Politik in den Hintergrund getreten. Innenpolitisch konzentriert sich die „Hizb Allah“ verstärkt auf die Arbeit im libanesischen Parlament, dem sie seit 1992 angehört. Die Organisation verfügt insbesondere wegen ihres sozialen Engagements vor allem unter der schiitischen Bevölkerung über einen breiten gesellschaftlichen Rückhalt. Gleichwohl ist es der „Hizb Allah“ und dem von ihr angeführten Oppositionsbündnis bei der Parlamentswahl im Juni 2009 nicht gelungen, die pro-westliche Regierungskoalition abzulösen. Die ca. 900 Anhänger der „Hizb Allah“ in Deutschland halten sich weiterhin mit öffentlichen Aktionen zurück, um nicht in den Fokus der Sicherheitsbehörden zu geraten. Öffentlichkeitswirksame Aktivitäten von Anhängern bzw. Sympathisanten der „Hizb Allah“ anlässlich der israelischen Militäraktion gegen die HAMAS im Gazastreifen Ende 2008 bis Anfang 2009 konnten in Deutschland nicht festgestellt werden. Vereinzelt fanden auch in 2009 anlässlich des Jahrestages des Abzugs der israelischen Armee aus dem Libanon, der am 23. Mai als „Tag der Befreiung“ begangen wird, „Siegesfeiern“ in „Hizb Allah“- nahen Vereinen statt. Anhänger der „Hizb Allah“ beteiligten sich auch 2009 an der alljährlichen Demonstration zum „al-Quds“-Tag („Jerusalem“-Tag), der 1979 von Ayatollah Ruholla Khomeini ausgerufen wurde und alle Muslime an ihre Pflicht erinnern soll, Jerusalem zu befreien. Die diesjährige Demonstration mit rund 600 Teilnehmern fand in Berlin statt. Die „Hizb Allah“-nahen Vereine in Deutschland finanzieren sich in erster Linie durch Mitgliedsbeiträge und Spendengelder, die im Rahmen religiöser Feierlichkeiten gesammelt werden. Darüber hinaus unterstützen „Hizb Allah“-Anhänger aus Deutschland die Organisation im Libanon. Der in Göttingen ansässige und bundesweit tätige Verein „Waisenkinderprojekt Libanon e.V.“ (WKP) – der u.a. Patenschaften für Waisenkinder im Libanon vermittelt – überweist die in Deutschland gesammelten Gelder an die „al-Shahid Association“ („Märtyrer-Stiftung“) mit Sitz im Libanon. Die Stiftung ist Teil des Sozialnetzwerks der „Hizb Allah“ und unterstützt Programme für Familien, deren Angehörige bei Kampfhandlungen gegen Israel getötet wurden.“ 1 Bundesministerium des Innern, Verfassungsschutzbericht 2009 (Vorabfassung), abzurufen unter: http://www.verfassungsschutz.de/de/publikationen/verfassungsschutzbericht/vsbericht_2009/ (letzter Abruf: 04.Oktober 2010),S. 215 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 394/10 Seite 5 Es stellt sich die Frage, ob die Hizb Allah die Kriterien einer terroristischen Organisation erfüllt. 2. Begrifflichkeiten 2.1. Terrorismus Der Begriff des Terrorismus ist nicht einheitlich.2 Es existieren unterschiedliche Definitionen von Terrorismus und unterschiedliche politische Sichtweisen, was Terrorismus und was Freiheitskampf ist. Die Grenze zwischen diesen Begriffen ist oft fließend. Daher ist es schwer, eine allgemein akzeptierte Definition zu finden. Auf europäischer Ebene werden im Rahmenbeschluss des Rates zur Terrorismusbekämpfung vom 13. Juni 20023 eine im Einzelnen aufgezählte Reihe von Straftaten als terroristische Straftaten eingestuft, wenn sie - „durch die Art ihrer Begehung oder den jeweiligen Kontext ein Land oder eine internationale Organisation ernsthaft schädigen können“ und - „mit dem Ziel begangen werden, — die Bevölkerung auf schwer wiegende Weise einzuschüchtern oder — öffentliche Stellen oder eine internationale Organisation rechtswidrig zu einem Tun oder Unterlassen zu zwingen oder — die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Landes oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu destabilisieren oder zu zerstören.“ In Deutschland lassen sich verschiedene Anhaltspunkte für eine Definition finden: Laut dem Zweiten Periodischen Sicherheitsbericht der Bundesregierung vom 15. November 2006 ist Terrorismus „nicht Ausdruck einer spezifischen Kultur, er ist zunächst ein extremes politisches Kampfmittel. Terrorismus ist eine Strategie des Kampfes, die Staatsgewalt bzw. Besatzungsmacht herauszufordern und dadurch Solidarisierungswellen in den Bevölkerungsgruppen zu provozieren , als deren Avantgarde sich die Akteure verstehen. Unmittelbares Ziel ist nicht der Sieg, sondern die Verbreitung von Schrecken und Furcht...“4 Seit der Föderalismusreform I wird auch im Grundgesetz die Erscheinung des Terrorismus erwähnt . Was darunter zu verstehen ist, wird jedoch nicht bestimmt. Art. 73 Abs. 1 Nr. 9a Grundgesetz (GG) weist dem Bund die Kompetenz zur Gesetzgebung über die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus zu. In der Begründung ihres Gesetzentwurfs zur Änderung des Grundgesetzes vom 7. März 2006 (Föderalismusreform I), mit dem der Terrorismus erstmals be- 2 Siehe zum Begriff des Terrorismus auch: , Terrorismus: Definitionen, Rechtsgrundlagen und Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Ausarbeitung WD 3 – 3000- 417/09 vom 25. November 2009, S. 4 f. 3 ABl. L 164/3 vom 22. Juni 2002. 4 BT-Drs. 16/3930, S. 174. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 394/10 Seite 6 grifflich ins Grundgesetz aufgenommen wurde, formulierten die Fraktionen der CDU/CSU und SPD: „Der Begriff des internationalen Terrorismus ist durch das internationalen und nationalen Normen zugrunde liegende Verständnis vorgeprägt, aber zugleich für künftige Entwicklungen offen. Der Begriff des Terrorismus wird insbesondere auch in den Regelungen des EU-Vertrags (Artikel 29 Abs. 2 und Artikel 31 Abs. 1 Buchstabe e verwendet und im EU-Rahmenbeschluss vom 13. Juni 2002 (ABl. EU Nr. L 164 S. 3)) näher ausgefüllt. Die dortige Definition greift das nationale Recht durch die terrorismusqualifizierenden Merkmale des § 129a Abs. 2 StGB auf.“5 2.2. Terroristische Organisation bzw. terroristische Vereinigung Die Einordnung einer Organisation als terroristische Organisation bzw. terroristische Vereinigung erscheint vor dem Hintergrund der bereits schwierigen Fassbarkeit des Begriffs „Terrorismus “ ebenso problematisch.6 Auf Ebene der EU definiert Art. 2 des soeben genannten Rahmenbeschlusses von 2002 „terroristische Vereinigung“ als „einen auf längere Dauer angelegten organisierten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen, die zusammenwirken, um terroristische Straftaten zu begehen. Der Begriff „organisierter Zusammenschluss“ bezeichnet einen Zusammenschluss, der nicht nur zufällig zur unmittelbaren Begehung einer strafbaren Handlung gebildet wird und der nicht notwendigerweise förmlich festgelegte Rollen für seine Mitglieder, eine kontinuierliche Zusammensetzung oder eine ausgeprägte Struktur hat.“ Des Weiteren wird auf EU-Ebene eine Liste geführt als Anlage zur Durchführungsverordnung (EU) Nr. 619/2010 des Rates vom 12. Juli 2010 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1285/2009.7 Auch die Vereinten Nationen (UN) verfügen über eine Liste als terroristisch eingestufter Personen und Personenzusammenschlüsse . Erfasst sind Individuen und Gruppen, die Verbindungen zu den Taliban und Al-Qaida unterhalten.8 Weder auf der aktuellen Liste der EU noch der UN ist die Hizb Allah erwähnt. Bestimmte Länder, z. B. Großbritannien, Kanada und die USA, führen die „Hizb Allah“ auf der Liste der „Foreign Terrorist Organizations“.9 In Deutschland hält das Strafrecht in § 129a Strafgesetzbuch (StGB) – basierend auf dem oben genannten EU-Rahmenbeschluss des Rates zur Terrorismusbekämpfung vom 13. Juni 2002 - eine Definition vor: Danach ist eine Vereinigung terroristisch, wenn deren Zwecke oder deren Tätig- 5 BT-Drs. 16/813, S. 12. 6 Alexy, Hans, in Hofmann, Rainer/Hoffmann, Holger, HK-AuslR, 1. Auflage 2008, abzurufen unter: http://beckonline .beck.de, § 54 Rn. 15. 7 AB L 178/ 2 vom 13. Juli 2010. 8 The Consolidated List established and maintained by the 1267 Committee with respect to Al-Qaida, Usama bin Laden, and the Taliban and other individuals, groups, undertakings and entities associated with them, Stand: 30. September 2010 , abzurufen unter: http://www.un.org/sc/committees/1267/pdf/consolidatedlist.pdf. 9 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlin, Verfassungsschutzbericht 2009, abzurufen unter: http://www.berlin.de/imperia/md/content/seninn/verfassungsschutz/endfassung_jahresbericht_2009.pdf?start& ts=1279623209&file=endfassung_jahresbericht_2009.pdf (letzter Abruf: 04. Oktober 2010), S. 161. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 394/10 Seite 7 keit darauf gerichtet sind, Mord und andere schwerste Verbrechen zu begehen (Abs. 1). Sind die Zwecke oder Tätigkeiten der Vereinigung auf weniger gravierende Straftaten gerichtet (Abs. 2), so ist die Vereinigung nur dann terroristisch, wenn eine der in der Norm aufgezählten Taten - bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen , und - durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann. Nach § 129b StGB gilt § 129a StGB unter bestimmten Voraussetzungen auch im Hinblick auf terroristische Vereinigungen im Ausland. Der Generalbundesanwalt ist Ermittlungsbehörde bei Zuwiderhandlungen gegen das Vereinigungsverbot gemäß § 129 a StGB, auch i. V. m § 129b Abs. 1 StGB (§ 142a Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) i. V. m. § 120 Abs. 1 Nr. 6 StPO). 2.3. Weitere Regelungen im deutschen Recht 2.3.1. Ausländerecht Nach deutschem Recht findet sich der Begriff der terroristischen Organisation bzw. Vereinigung beispielsweise auch in Bestimmungen des Ausländerrechts wie z. B.: − § 54 Abs. 1 Nr. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG): Regelausweisung eines Ausländers, bei Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer „Vereinigung“ angehört /angehörte bzw. unterstützt oder unterstützte, „die den Terrorismus unterstützt“ − § 104a Abs. 1 Nr. 5 AufenthG: Altfallregelung hinsichtlich Aufenthaltserlaubnis bei Duldung , u. a. sofern Ausländer keine Bezüge zu “terroristischer Organisation“ hat. 2.3.2. Vereinsrecht Nach der Art. 9 Abs. 2 GG sind Vereinigungen verboten, wenn ihre Zwecke oder ihre Tätigkeit − den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder − sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder − gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten.10 Die Einzelheiten regelt das Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz)11. Der Begriff der terroristischen Organisation wird im Vereinsgesetz nicht ausdrücklich verwendet . Nach § 3 Abs. 1 S. 1 VereinsG bedarf das Vereinsverbot der Feststellung durch die Verbots- 10 Siehe zu den vereinsrechtlichen Ausführungen auch: Bundesministerium des Innern, Extremismus, Vereinsverbote , abzurufen unter: http://www.bmi.bund.de (Letzter Abruf: 29. September 2010). 11 Vom 5. August 1964 (BGBl. I S. 593, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 2007, BGBl. I S. 3198). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 394/10 Seite 8 behörde. Dies ist für über die Grenzen eines Bundeslandes hinaus agierende Vereine das Bundesministerium des Innern (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VereinsG). Nach dem Vereinsgesetz können Ausländervereine (Vereine, deren Mitglieder oder Leiter sämtlich oder überwiegend Ausländer sind) über diese Verbotsgründe hinaus auch nach den in § 14 Abs. 2 Vereinsgesetz genannten Tatbeständen verboten werden. Diese Tatbestände zielen im Wesentlichen darauf ab, gegen Ausländervereine vorzugehen, die im Bundesgebiet z. B. Spenden für ihre ausländische terroristische "Heimatorganisation" sammeln, Kämpfer rekrutieren oder die Organisation auf sonstige Weise unterstützen. Dies gilt entsprechend für ausländische Vereine (§ 15 Abs. 1 VereinsG). Anstelle eines Organisationsverbots kann die Verbotsbehörde gegenüber Ausländervereinen bzw. ausländischen Vereinen Betätigungsverbote erlassen, die sie auch auf bestimmte Handlungen oder bestimmte Personen beschränken kann (§ 14 Abs. 3 VereinsG). Auch Religionsgemeinschaften fallen seit der Abschaffung des "Religionsprivilegs" im Jahre 2001 unter das Vereinsgesetz. 2.3.3. Bundesverfassungsschutzgesetz Das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Verfassungsschutzbehörden der Länder sammeln und werten gemäß § 3 Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) Informationen über − Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben, − sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des BVerf SchG für eine fremde Macht − Bestrebungen im Geltungsbereich des BVerfSchG, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, − Bestrebungen im Geltungsbereich des BVerfSchG, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung , insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind.12 In den Verfassungsschutzberichten des Bundes und der Länder werden u. a. unter der Rubrik „islamistischer Terrorismus“ Bewertungen zur Einordnung bestimmter Gruppierungen als terroristische Organisation abgegeben. Eine Definition wird hier allerdings nicht vorgenommen. 12 Bundesministerium des Innern, Verfassungsschutzbericht 2009 (Vorabfassung), abzurufen unter: http://www.verfassungsschutz.de/de/publikationen/verfassungsschutzbericht/vsbericht_2009/ (letzter Abruf: 04.Oktober 2010), S. 11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 394/10 Seite 9 3. Hizb Allah in Deutschland 3.1. Strafrechtliche Ermittlungen Verfahren gegen Mitglieder der Hizb Allah wegen Bildung bzw. Unterstützung einer terroristischen Vereinigung nach § 129a bzw. b StGB sind auf der Homepage des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof (GBA) nicht aufgeführt.13 Eine ergänzende Anfrage bei der Pressestelle des GBA14 blieb unbeantwortet. 3.2. Rechtsprechung Eine Recherche in der Datenbank „beck-online“15 zur Rechtsprechung betreffend die Hizb Allah hat ergeben, dass diese z. T. ausdrücklich als terroristische Organisation eingestuft wird. Eine ausführliche Bewertung findet sich beispielsweise in einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 23. Dezember 200416. In Bezug auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Versagung einer Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis stellt das Gericht in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes fest, dass die Hizb Allah bei summarischer Prüfung eine Vereinigung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 5 Ausländergesetz (AuslG)17 sei. In Auszügen stellt sich die Argumentation des Gerichts wie folgt dar: Der Ausdruck „terroristische Vereinigung“ bezeichne einen auf längere Dauer angelegten organisierten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen , die in Verabredung handeln, um terroristische Handlungen zu begehen. Der Ausdruck „organisierter Zusammenschluss“ meine einen Zusammenschluss, der nicht zufällig zur unmittelbaren Begehung einer terroristischen Handlung gebildet werde und der nicht notwendigerweise förmlich festgelegte Rollen für seine Mitglieder, eine kontinuierliche Mitgliedschaft oder eine ausgeprägte Struktur habe. Dies könne für die Hizb Allah nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen angenommen werden. Der Zusammenschluss und die Zielrichtung der Hizb Allah seien als hinreichend organisiert und als auf hinreichende Dauer angelegt anzusehen. Sie bestehe nach Verfassungsschutzinformationen seit 1982, sei (ständig) im Bekaa-Tal, Südlibanon und den Vororten Beiruts tätig und bediene sich dabei verfestigter organisatorischer Strukturen, die z. B. durch die Ernennung eines „Generalsekretärs“ und die Einrichtung eines „Büros für Außenbeziehung “ ihren Ausdruck fänden. 13 Abzurufen unter: http://www.generalbundesanwalt.de/de/ausl.php (letzter Abruf: 29. September 2010). 14 Per E-Mail vom 27. September 2010. 15 Abzurufen unter: http://www.beck-online.de. 16 Az. 24 L 3189/04, Beck-Rechtsprechungssammlung (BeckRS) 2005,25108. 17 § 8 Abs. Nr. 5 AuslG ist seit 1. Januar 2005 außer Kraft. Er lautete: „Die Aufenthaltsgenehmigung wird auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruches nach diesem Gesetz versagt, wenn… 5. er die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet oder sich bei der Verfolgung politischer Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zu Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder wenn Tatsachen belegen, dass er einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 394/10 Seite 10 Weiter stellt das Verwaltungsgericht fest, dass die die Hizb Allah nach den vorliegenden Erkenntnissen und bei summarischer Prüfung den „internationalen Terrorismus“ in einer Form unterstütze, wie sie für die Erfüllung der genannten Alternative des § 8 I Nr. 5 AuslG tatbestandsmäßig sei. Insoweit sei zunächst festzustellen, dass es an einer gesetzlichen Definition des „internationalen Terrorismus“ fehle. Nach der gesetzgeberischen Intention würden aber als terroristische Handlungsmittel jedenfalls „Anschläge gegen Personen und Sachen“ angesehen. Als Auslegungshilfe hinsichtlich einer als terroristisch anzusehenden Zweck- Mittel-Relation zieht das Gericht die europarechtliche Definition der terroristischen Handlung, konkret die „Gemeinsame Position des Rates vom 27. Dezember 2001 betreffend terroristische Aktivitäten „über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus18 (vergleichbar der Definition des unter 2.1. zitierten Rahmenbeschlusses vom 13. Juni 2002) heran. Ergänzend wird auf einen Aufsatz von Reinhard Marx19 verwiesen, nach dem es sich bei terroristischen Aktionen um planmäßig vorbereitete, schockierende Gewaltanschläge gegen die politische Ordnung aus dem Untergrund zwecks Verbreitung allgemeiner Unsicherheit und von Schrecken in der Bevölkerung handele. Als Mittel der Durchsetzung werden in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts beispielhaft aufgeführt: Anschläge auf das Leben einer Person, die zum Tode führen können, die Anschläge auf die körperliche Unversehrtheit einer Person, Herstellung, Besitz, Erwerb, Beförderung, Bereitstellung oder Verwendung von Schusswaffen, Sprengstoffen, Kernwaffen, biologischen und chemischen Waffen sowie die Forschung und Entwicklung in Bezug auf biologische und chemische Waffen. Ausreichend sei auch die Drohung mit solchen Handlungen. Diese Kriterien dürfte die „Hizb Allah“ nach Einschätzung des Gerichts erfüllen. Nach Auskunft des Verfassungsschutzes führe sie gegen Israel „mit menschenverachtender Brutalität“ einen Kampf mit Bombenattentaten , auch auf zivile Einrichtungen. Israelische Einrichtungen seien dabei nicht nur im Südlibanon , sondern auch im Ausland - u.a. in Istanbul, Ankara und Buenos Aires Ziel gewesen. Diese Taten würden nach dem erklärten Zweck der „Hizb Allah“ zur Vernichtung des Staates Israel durchgeführt. Nach alledem stellt das Gericht fest, dass es sich bei der „Hizb Allah“ um eine Vereinigung handele , die den Terrorismus nicht nur unterstütze, sondern i.S. des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG betreibe. Auf den Umstand, dass die „Hizb Allah“ nicht auf der aktualisierten EU-Liste terroristischer Organisationen aufgeführt sei, komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Denn Ausgangslage seien hier die unterschiedlichen politischen Interessen der Mitgliedsstaaten; es handele sich nicht um eine verbindliche rechtliche Bewertung. 18 Gemeinsamer Standpunkt 2001/931/GASP, ABL L 344, S. 93. 19 Marx, Reinhard, Terrorismusvorbehalte des Zuwanderungsgesetzes, in: Zeitschrift für Ausländerrecht (ZAR) 2004, S. 275 ff., S. 276. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 394/10 Seite 11 Zu nennen ist des Weiteren ein Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 9. Oktober 200820, in dem die Klage eines Libanesen auf Einbürgerung unter Berufung auf Grundlage des § 11 Abs. 1 S. 1 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) abgewiesen wird. Nach dieser Vorschrift besteht ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 StAG unter anderem dann nicht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat. Im Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg heißt es zur Hizb Allah u.a., dass für das vorliegende Einbürgerungsverfahren davon auszugehen sei, dass die Hizb Allah zur Durchsetzung ihrer politischen Zeile auch terroristische Mittel, insbesondere Gewalt gegen die Zivilbevölkerung, einsetze . 3.3. Vereinsrechtliche Sanktionen Das Bundesministerium des Innern hat am 11. November 2008 ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot gegen den libanesischen Hizb Allah - Fernsehsender „Al Manar TV“ („Leuchtturm“) verhängt, da mit dessen Sendeinhalten das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Ausländern sowie von verschiedenen Ausländergruppen im Bundesgebiet, die öffentliche Sicherheit und Ordnung und sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet sei. Zuvor war „Al-Manar TV“ bereits in Frankreich und den USA verboten worden.21 3.4. Bewertungen der Verfassungsschutzbehörden Hinsichtlich der Frage, ob die Hizb Allah eine terroristische Organisation darstellt, sind nachfolgend die Bewertungen der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder in Bezug auf die Hizb Allah auf der Basis der neuesten Verfassungsschutzberichte aus dem Jahr 200922 zusammengetragen . Zunächst ist allgemein anzumerken, dass sich nach der Terminologie des Verfassungsschutzes drei Kategorien islamistischer Organisationen unterscheiden lassen: 23 Erstens zählen hierzu die 20 Az. 4 K 1984/06, BeckRS 2009, 30518. 21 Siehe etwa Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlin, Verfassungsschutzbericht 2009, abzurufen unter: http://www.berlin.de/imperia/md/content/seninn/verfassungsschutz/endfassung_jahresbericht_2009.pdf?start& ts=1279623209&file=endfassung_jahresbericht_2009.pdf (letzter Abruf: 04. Oktober 2010), S. 161. 22 Alle Verfassungsschutzberichte sind abzurufen auf der Homepage des Bundesamtes für Verfassungsschutz: http://www.verfassungsschutz.de/de/publikationen/verfassungsschutzbericht/ (letzter Abruf: 04. Oktober 2010). 23 Bundesamt für Verfassungsschutz „Islamismus aus der Perspektive des Verfassungsschutzes“, März 2008, S. 10. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 394/10 Seite 12 internationalen islamistische Terroristen; als Beispiel wird „al-Qaida“ genannt. Zweitens sind regionale „Mujahidin“-Gruppierungen erwähnt - nicht dem internationalen Terrorismus zugehörig seien, in der Mehrzahl aber regional terroristisch agierend bzw. mit einem taktischen Verhältnis zur Gewalt - wie Ansar al-Islam – AAI, die Islamische Jihad-Unlon (IJU), Hizb ut Tahir (HuT), Hamas und auch die Hizb Allah. Drittens zählen zu den islamistischen Organisationen die „legalistischen “ islamistische Organisationen wie die Islamistische Gemeinschaft Milli Görus (IGMG) und die Islamistische Gemeinschaft in Deutschland (IGD), die nicht in dem Verdacht stünden, für den „Dschihad“ zu rekrutieren. 3.4.1. Bund Im aktuellen Verfassungsschutzbericht aus dem Jahre 2009 lautet die Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz wie folgt:24 „Auch islamistische Organisationen, die zwar in Deutschland nicht terroristisch agieren, Gewalt aber als Mittel zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele befürworten, stellen eine Gefahr für die innere Sicherheit dar. Diese Organisationen zielen grundsätzlich darauf ab, die in ihren Herkunftsländern bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnungen durch ein an der islamischen Rechtsordnung (Scharia) ausgerichtetes Staatswesen zu ersetzen....Auch die palästinensische „Islamische Widerstandsbewegung“ (HAMAS) sowie die libanesische „Hizb Allah“ („Partei Gottes“) sind diesem Spektrum zuzurechnen. Beide Organisationen wenden sich gewaltsam gegen den Staat Israel, dessen Existenzrecht sie ablehnen . Ihre Anhänger in Deutschland halten sich derzeit weitgehend mit öffentlichen Aktivitäten zurück...“ 3.4.2. Baden-Württemberg Die Einschätzung des Verfassungsschutzberichts des Landes Baden-Württemberg von 2009 lautet: „Zur Verfolgung ihrer Ziele greift die Organisation auf terroristische Methoden zurück, da sie nicht ausschließlich militärische Ziele angreift. Terroristische Taten werden als sogenannte Märtyreroperationen bezeichnet, die in „Hizb Allah“-Kreisen als islamisch legitimierte Form der Gewaltanwendung (Jihad) gelten.25“ …Unter den Begriff „Märtyrer“ fasst die „Hizb Allah“ vor allem Personen, die in gewaltsamen, gegen den Bestand des Staates Israel gerichteten Aktionen ihr Leben verloren haben. Dies umschließt auch die „Selbstmordaktionen“ als terroristische Taten klassifiziert werden müssen, da sie nicht ausschließlich gegen militärische Ziele gerichtet sind.“26 „Die „Hizb Allah“ ist in ihrer ideologischen Ausrichtung stark islamistisch geprägt, da sie zentrale Glaubensinhalte der Religion des Islam für ihre politischen Zwecke instrumentalisiert. Terroristische Aktionen bezeichnet sie als legitime Form des Jihad wobei auch die karitativen und 24 Verfassungsschutzbericht Bund 2009, S. 186 f. 25 Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2009, abzurufen unter: http://www.verfassungsschutzbw .de/images/stories/public_files/jabe2009/vsbericht_bw_2009.pdf (letzter Abruf: 04.Oktober 2010), S. 75. 26 Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2009, S. 79. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 394/10 Seite 13 sozialen Betätigungsfelder der „Hizb Allah“ dazu dienen, den bewaffneten Kampf finanziell, personell und ideologisch zu unterstützen.“27 3.4.3. Bayern Der Verfassungsschutz Bayern bewertet die Hizb Allah in seinem Bericht von 2009 wie folgt: „Seit Jahren ist sie für Terroranschläge in Israel verantwortlich. In Deutschland hat sie bislang keine gewaltsamen Aktionen durchgeführt, nutzt aber das Bundesgebiet als Ruhe- und Rückzugsraum . Die Bestrebungen der Hizb Allah gefährden damit auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland und richten sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung.“28 Weiter ist im bayerischen Verfassungsschutzbericht 2009 in der Übersicht über erwähnenswerte islamistische/islamistisch-terroristische Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse auch die Hizb Allah aufgeführt sowie die wöchentliche Zeitschrift „al-Intiqad“ (Die Kritik ).29 3.4.4. Berlin Im Verfassungsschutzbericht Berlin 2009 heißt es zur Hizb Allah: „Regional gewaltausübende Organisationen agieren vor allem in ihren Heimatländern terroristisch – etwa durch terroristische Aktivitäten gegen den Staat Israel. In Berlin zählen dazu die arabischen Organisationen „Hizb Allah“ und HAMAS. Die Angehörigen dieser Gruppen verhalten sich in Deutschland in der Regel zurückhaltend und gewaltfrei.“30 „Die zweite Kategorie bilden die gewaltorientierten Islamisten, die sich wiederum in drei Unterkategorien einteilen lassen. Zur ersten Unterkategorie gehören Gruppen, die Gewalt zur Durchsetzung ihrer Ziele zwar befürworten, selbst aber vorrangig keine Gewalt ausüben. Dies betrifft etwa die in Deutschland seit Januar 2003 mit einem Betätigungsverbot belegte „Hizb ut-Tahrir“ („Partei der Befreiung“, HuT). Zur zweiten Unterkategorie gehören Gruppen, die ihre terroristischen Aktivitäten vorrangig auf den Nahen Osten beschränken Dies gilt etwa für die libanesische „Hizb Allah“ („Partei Gottes“) und die palästinensische „Bewegung des Islamischen Widerstands “ (HAMAS).“31 27 Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2009, S. 82. 28 Bayerisches Staatsministerium des Innern, Verfassungsschutzbericht 2009, abzurufen unter: http://www.verfassungsschutz.bayern.de/imperia/md/content/lfv_internet/service/vsb_2009_20druckfassung_i nternet.pdf (letzter Abruf: 04. Oktober 2010), S. 59. 29 Verfassungsschutzbericht Bayern 2009, S. 78. 30 Verfassungsschutzbericht Berlin 2009, S. 2. 31 Verfassungsschutzbericht Berlin 2009, S. 146. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 394/10 Seite 14 3.4.5. Brandenburg Im Verfassungsschutzbericht Brandenburg 201032 findet die Hizb Allah keine Erwähnung. 3.4.6. Bremen Im Verfassungsschutzbericht Bremen 2009 wird die Hizb Allah nicht unter der Rubrik „Islamistischer Terrorismus“, sondern im Abschnitt „Islamistischer Extremismus“ geführt.33 Es heißt dort: „Die Anhänger der „Hizb Allah“ setzen sich in Deutschland sowohl aus Deutschen mit libanesischem Migrationshintergrund als auch aus libanesischen Staatsangehörigen zusammen . In Bremen beschränken sich ihre Aktivitäten überwiegend auf die Teilnahme an religiösen Veranstaltungen und an verschiedenen Demonstrationen.“34 3.4.7. Hamburg Aus dem Verfassungsschutzbericht Hamburg 2009 geht hervor: „Auch in Hamburg gibt es Islamisten, die der Jihad-Ideologie anhängen. Im Fokus des Verfassungsschutzes stehen darüber hinaus die Anhänger Gewalt befürwortender Gruppen wie die palästinensische HAMAS, die libanesische HIZB ALLAH und die „Türkische Hizbullah“ wie auch die Anhänger der Hizb-ut Tahrir“.35 „In Deutschland existieren ca. 30 Kultur- und Moscheevereine, in denen sich regelmäßig Sympathisanten der HIZB ALLAH treffen. Die Vereinsaktivitäten beschränken sich im Wesentlichen auf interne Treffen, Diskussionsveranstaltungen und religiöse Feiern (z. B. Ramadan und Ashura ), die die Bindungen der hier lebenden Libanesen an ihre Heimat und an die Organisation festigen sollen. Darüber hinaus gehört das Sammeln von Spendengeldern zu den wichtigsten Aufgaben der Vereine. Der Organisation werden bundesweit etwa 900 Anhänger zugerechnet… Die Anordnung des HIZB ALLAH-Generalsekretärs Hassan NASRALLAH, sich in Deutschland gesetzeskonform zu verhalten, um keine Angriffsfläche für staatliche Maßnahmen zu bieten, wird weiterhin befolgt. Als Konsequenz treten viele HIZB ALLAH-Anhänger kaum mehr politisch in Erscheinung.“36 32 Land Brandenburg, Ministerium des Innern, Verfassungsschutzbericht Brandenburg 2009, http://www.verfassungsschutz.brandenburg.de/sixcms/media.php/4055/VS_Bericht%202009_web.pdf (letzer Abruf: 04. Oktober 2010). 33 Senator für Inneres und Sport, Verfassungsschutzbericht Bremen 2009, S. 7. 34 Verfassungsschutzbericht Bremen, S. 61. 35 Landesamt für Verfassungsschutz, Verfassungsschutzbericht Hamburg 2009, abzurufen unter: http://www.hamburg.de/contentblob/2235784/data/verfassungsschutzbericht-2009-nur-text-fassung.pdf (letzter Abruf 04. Oktober 2010), S. 26. 36 Verfassungsschutzbericht Hamburg 2009, S. 58. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 394/10 Seite 15 3.4.8. Hessen Der Verfassungsschutzbericht Hessen 2009 enthält insbesondere zum Sender Al-Amar die folgenden Ausführungen: „Der von der Hizb Allah betriebene Fernsehsender Al-Manar TV (Der Leuchtturm-TV) unterliegt in Deutschland seit November 2008 einem vereinsrechtlichen Betätigungsverbot. Der Sender, dessen Sitz sich in Beirut (Libanon) befindet und der in Deutschland über keine Strukturen verfügt , wird weiterhin über arabische Satelliten und das Internet nach Europa und nach Deutschland übertragen. Damit können auch in Hessen lebende Anhänger der Hizb Allah den Sender empfangen. In der Verbotsverfügung des Bundesministeriums des Innern heißt es, die Programminhalte seien volksverhetzend und permanent von aggressiv-hetzerischer Agitation gegen Angehörige des jüdischen Glaubens, den Staat Israel sowie die USA geprägt. Dem Staat Israel werde in den Filmbeiträgen das Existenzrecht abgesprochen und es werde zu seiner Vernichtung aufgerufen. Der jüdische Glauben und seine Anhänger würden als minderwertig und verbrecherisch dargestellt. Sendungen mit derartigen Botschaften richteten sich auch an Kinder: Juden werden als gewalttätig, geldgierig, habsüchtig und machthungrig beschrieben. Der Aufruf zur Vertreibung und Vernichtung des jüdischen Volkes sei im Programm von Al- Manar TV omnipräsent. Terrorismus werde glorifiziert, angebliche „Märtyrer“ heroisiert. Hizb Allah-Anhänger in Deutschland und in Hessen, die in Moscheevereinen vertreten sind, sehen als wichtige Aufgabe das Sammeln von Spenden. Ebenso stellt die Ausrichtung von religiösen Festen, wie anlässlich des Ramadan oder schiitischer Feiertage, eine Hauptaktivität der in Deutschland und in Hessen ansässigen Hizb Allah Mitglieder und Anhänger dar.“37 3.4.9. Mecklenburg-Vorpommern Im Verfassungsschutzbericht Mecklenburg-Vorpommern 2009 wird die Hizb Allah wird unter dem Titel „national-islamistischer Terrorismus“ aufgeführt.38 Im Bericht heißt es: „Formell ebenfalls öffentlich sind die allwöchentlichen Freitagsgebete, die aber auch hierzulande noch in jüngster Vergangenheit in einzelnen Moscheen für die Verbreitung islamistischer und jihadistischer Propaganda missbraucht wurden. In manchen Fällen wurden die Freitagsgebete zudem auch für die Durchführung von Spendensammlungen für islamistische und terroristische 37 Hessisches Ministerium des Innern und für Sport, Verfassungsschutz in Hessen, Bericht 2009, http://www.verfassungsschutz.hessen.de/ (letzter Abruf: 04. Oktober 2010), S. 54 f. 38 Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern, Verfassungsschutzbericht 2009, http://www.verfassungsschutzmv .de/cms2/Verfassungsschutz_prod/Verfassungsschutz/content_downloads/Verfassungsschutzberichte/VS- Bericht_2009.pdf (letzter Abruf: 04 Oktober 2010), S. 74. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 394/10 Seite 16 Organisationen genutzt, so z. B. zugunsten der „HAMAS“ (dem palästinensischen Zweig der „Muslimbruderschaft“) und der schiitisch-libanesischen „Hizb Allah“.39 3.4.10. Niedersachsen Der Verfassungsschutz Niedersachsen beschreibt die Hizb Allah in seinem Bericht 2009 wie folgt: „Die libanesisch-schiitische Organisation Hizb Allah (Partei Gottes) bekämpft mit terroristischen Mitteln den Staat Israel, richtet ihre Propaganda aber auch gegen westliche Institutionen. Mit diesem Bestreben gefährdet die Hizb Allah auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland und wird daher nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 NVerfSchG beobachtet.“40 „Ungeachtet einer verbreiteten Sympathie unter den hier lebenden Libanesen für die politischen und ideologischen Ziele der Hizb Allah tritt diese Organisation in der deutschen Öffentlichkeit kaum mit Aktivitäten in Erscheinung.“41 3.4.11. Nordrhein-Westfalen Im Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen 2009 heißt es: „In Deutschland und in Nordrhein-Westfalen hält sich eine Reihe Personen auf, die von hier aus die zum Teil terroristisch agierenden Gruppierungen logistisch und propagandistisch unterstützen . Dazu zählen Anhänger der HAMAS, der ‘Muslimbruderschaft‘ und der ‘Hizb-Allah‘. Terroristische Anschläge außerhalb des Herkunftslandes gehören nicht zur Strategie dieser Gruppen; bei der HAMAS gilt dies ausdrücklich, bei den übrigen ist es faktisch so.42 In der Folge des 11 . September 2001 reduzierte die ‘Hizb Allah‘ ihre öffentlichen Aktivitäten deutlich. ‘Hizb Allah‘-Funktionäre forderten ihre Anhänger immer wieder dazu auf, öffentlich keine Freude über die Anschläge in den USA zu zeigen und die in Deutschland geltenden Gesetze und Regeln zu beachten. Die Anhänger sind seither öffentlich kaum mehr in Erscheinung getreten . Hierzu hat sicherlich auch die sporadisch aufkommende Diskussion über ein mögliches Verbot von ‘Hizb Allah‘-Vereinen und -Einrichtungen beigetragen.43 39 Verfassungsschutzbericht Mecklenburg-Vorpommern 2009, abzurufen unter: http://www.verfassungsschutzmv .de/cms2/Verfassungsschutz_prod/Verfassungsschutz/content_downloads/Verfassungsschutzberichte/VS- Bericht_2009.pdf (letzter Abruf: 04. Oktober 2010) S. 76 f. 40 Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport, Verfassungsschutzbericht 2009, abzurufen unter: http://www.verfassungsschutz.de/ (letzter Abruf: 04. Oktober 2010), S. 63. 41 Verfassungsschutzbericht Niedersachsen 2009, S. 64. 42 Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2009 (Pressefassung - März 2010), abzurufen unter: http://www.im.nrw.de/imshop/shopdocs/Verfassungsschutzbericht_2009.pdf (letzter Abruf: 04. Oktober 2010), S. 106. 43 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2009, S. 111. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 394/10 Seite 17 3.4.12. Rheinland-Pfalz Im Verfassungsschutzbericht Rheinland-Pfalz 2009 heißt es zur Hizb Allah: „In Rheinland-Pfalz tritt die „Hizb Allah“ öffentlich nur wenig in Erscheinung. Es gibt gleichwohl Erkenntnisse über Aktivitäten zur Unterstützung der Organisation, u.a. in Form von Spendensammlungen .“44 3.4.13. Saarland Auf Grund der Überschaubarkeit des Landes und der strukturellen Gegebenheiten der einzelnen Beobachtungsbereiche erscheint im Saarland kein jährlicher Verfassungsschutzbericht; Extremisten soll keine Gelegenheit gegeben werden, Rückschlüsse auf die Arbeitsweise und die Erkenntnistiefe des Landesamtes ziehen zu können. Die Auswertungsergebnisse des LfV fließen aber in die jährliche Berichterstattung des Bundes mit ein.45 3.4.14. Sachsen Der Verfassungsschutzbericht Sachsen 2009 enthält keine Bewertung zu der Frage, ob die Hizb Allah eine terroristische Organisation ist.46 3.4.15. Sachsen-Anhalt Der Verfassungsschutzbericht Sachsen-Anhalt 2009 enthält keine Informationen über die Hizb Allah.47 3.4.16. Schleswig-Holstein Der Verfassungsschutzbericht Schleswig-Holstein 2009 trifft folgende Feststellungen: „Islamistisch-terroristische Strukturen sind in Schleswig-Holstein auch 2009 nicht feststellbar gewesen.48 44 Ministerium des Innern und für Sport des Landes Rheinland-Pfalz, Verfassungsschutzbericht 2009, abzurufen unter: http://www.ism.rlp.de/fileadmin/ism/bilder/sicherheit/verfassungsschutz/Verfassungsschutzbericht_2009.pdf (letzter Abruf: 04. Oktober 2010), S.80. 45 Laut Information des Ministeriums für Inneres und Europaangelegenheiten des Saarlandes, abzurufen unter: http://www.saarland.de/4492.htm (letzter Abruf: 04. Oktober 2010). 46 Staatsministerium des Innern, Verfassungsschutzbericht 2009, http://www.verfassungsschutz.sachsen.de/download/VS-Bericht_2009.pdf (letzter Abruf: 04. Oktober 2010). 47 Ministerium des Innern Sachsen-Anhalt, Verfassungsschutzbericht 2009, abzurufen unter: http://www.sachsenanalt .de/LPSA/fileadmin/Elementbibliothek/Bibliothek_Politik_und_Verwaltung/Bibliothek_Ministerium_des_I nnern/PDF_Dokumente/Verfassungsschutz/verfbe_09_Endfassung.pdf (letzter Abruf: 04. Oktober 2010). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 394/10 Seite 18 „In ihren Anfangsjahren verübte die „Hizb Allah“ inner- und außerhalb Libanons eine Reihe von Aufsehen erregenden Terrorakten und setzte dabei Selbstmord-Attentäter ein. Auf internationaler Ebene hat sie sich seit den 1990er-Jahren nicht mehr zu Gewalttaten bekannt und erachtet offensichtlich den Libanon als ausschließliches Operationsgebiet.“49 In Deutschland verfügt die „Hizb Allah“ über keine einheitliche Organisationsstruktur. Von den rund 55.000 in der Bundesrepublik lebenden Libanesen werden ihr etwa 900 zugerechnet. In (fast) jedem Bundesland existieren „Hizb-Allah“-nahe Vereine, die weitgehend unabhängig voneinander agieren. Die Aktivitäten der Mitglieder sind überwiegend religiöser Natur.50 3.4.17. Thüringen Der Verfassungsschutzbericht Thüringen 2009 enthält keine Informationen über die Hizb Allah.51 3.4.18. Zusammenfassung Die Hizb Allah wird von den deutschen Verfassungsschutzbehörden vielfach als mit terroristischen Mitteln arbeitende Organisation eingeordnet. Aus den Verfassungsschutzberichten 2009 geht aber auch hervor, dass sich dies nicht auf Deutschland bezieht. Hier verhalten sich ihre Mitglieder größtenteils unauffällig. Die Hizb Allah bzw. ihnen nahestehende Vereine treten in Deutschland überwiegend durch religiöse Veranstaltungen und Spendenaktionen in Erscheinung . 48 Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein, Verfassungsschutzbericht 2009, http://www.schleswigholstein .de/cae/servlet/contentblob/902608/publicationFile/Verfassungsschutzbericht_2009.pdf (letzter Abruf: 04. Oktober 2010), S. 143. 49 Verfassungsschutzbericht Schleswig-Holstein 2009, S. 146. 50 Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein, Verfassungsschutzbericht 2009, S. 148. 51 Verfassungsschutzbericht Freistaat Thüringen 2009, http://www.verfassungsschutz.thueringen.de/vsberichte/2009/vsb2009.pdf (letzter Abruf: 04. Oktober 2010).