Deutscher Bundestag Frauenquote für die Besetzung von Aufsichtsräten und Vorständen börsennotierter Unternehmen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 – 383/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 383/11 Seite 2 Frauenquote für die Besetzung von Aufsichtsräten und Vorständen börsennotierter Unternehmen Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 – 383/11 Abschluss der Arbeit: 10. Januar 2012 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 383/11 Seite 3 1. Einleitung 4 2. Vereinbarkeit einer gesetzlichen Frauenquote für den Aufsichtsrat und den Vorstand börsennotierter oder mitbestimmungspflichtiger Unternehmen mit Art. 14 GG 5 2.1. Aktienbesitz vom Schutzbereich des Art. 14 GG umfasst 5 2.2. Einführung einer Quote im Aufsichtsrat oder im Vorstand als verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung? 5 3. Vereinbarkeit einer Frauenquote mit der Vereinigungsfreiheit gemäß Art. 9 GG 12 4. Vereinbarkeit einer Frauenquote mit der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG 13 5. Vereinbarkeit einer Quote mit dem Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (Art. 3 Abs. 3 GG) 13 6. Vereinbarkeit einer Frauenquote für börsennotierte Unternehmen unabhängig von ihrer Größe mit Art. 3 Abs. 1 GG 16 7. Ergebnis 17 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 383/11 Seite 4 1. Einleitung Seit einigen Jahren wird in Deutschland, aber auch im europäischen Ausland sowie in den USA, über eine bessere Repräsentanz von Frauen auf der Führungsebene großer Konzerne diskutiert. Dem Deutschen Bundestag liegen zur Einführung einer gesetzlichen Frauenquote in den Aufsichtsräten und Vorständen von Unternehmen ein Gesetzentwurf1 sowie zwei Anträge2 vor, die bereits Gegenstand einer öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss3 waren. In Deutschland liegt der Schwerpunkt der Diskussion bei der Besetzung der Aufsichtsräte und Vorstände börsennotierter oder der Mitbestimmung unterliegender Unternehmen. In den 30 im Deutschen Aktienindex (DAX 30) notierten Unternehmen lag der Frauenanteil unter den Vorstandsmitgliedern 2009 bei 0,55 Prozent und 2010 bei 2,16 Prozent. In den Aufsichtsräten der 30 DAX-Unternehmen lag der Frauenanteil auf der Anteilseignerseite 2009 bei 6,54 Prozent und 2010 bei 7,42 Prozent.4 In den Aufsichtsräten der 200 größten Unternehmen in Deutschland nahmen Frauen im Durchschnitt des Jahres 2010 10,6 Prozent der Plätze ein; 70 Prozent dieser Frauen sind als Vertreterinnen der Arbeitnehmerschaft aufgrund der Mitbestimmungsregelungen in den Aufsichtsrat gelangt.5 Die Frage der Verfassungsmäßigkeit einer starren Frauenquote für Aufsichtsräte und Vorstände wird im Schrifttum kontrovers diskutiert. Im Folgenden wird zunächst geprüft, ob die Vorgabe einer gesetzlichen Frauenquote nicht nur für den Aufsichtsrat börsennotierter und mitbestimmungspflichtiger Unternehmen, sondern auch für den Vorstand verfassungsmäßig wäre. Dabei kommen insbesondere ein möglicher Verstoß gegen das Grundrecht auf privates Eigentum (Art. 1 Gesetzentwurf der Abgeordneten Renate Künast, Ekin Deligöz, Monika Lazar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Entwurf eines Gesetzes zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichtsräten, BT-Drucksache 17/3296. 2 Antrag der Abgeordneten Christel Humme, Caren Marks, Petra Crone, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD – Quotenregelung für Aufsichtsräte und Vorstände gesetzlich festschreiben, BT- Drucksache 17/4683; Antrag der Abgeordneten Cornelia Möhring, Diana Golze, Agnes Alpers, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Geschlechtergerechte Besetzung von Führungspositionen der Wirtschaft, BT-Drucksache 17/4842. Ferner Antrag der Abgeordneten Renate Künast, Monika Lazar, Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Führungspositionen umsetzen, BT-Drucksache 17/7953. 3 Gemeinsame Sitzung des Rechtsausschusses (48. Sitzung) mit dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (39. Sitzung) am 11.5.2011. 4 „Aktionärinnen fordern Gleichberechtigung – Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen insbesondere Aufsichtsratspositionen deutscher Unternehmen“ – Studie des Deutschen Juristinnenbundes , gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, vorgelegt am 1. Dezember 2010, im Internet abrufbar unter http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/Aktion_C3_A4rinnenfordern -Gleichberechtigung,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf (Stand aller Internet -Angaben: 6.1.2012). 5 Holst, Elke und Schimeta, Julia: „29 von 906: Weiterhin kaum Frauen in Top-Gremien großer Unternehmen “, Wochenbericht des DIW Nr. 3, 2011, S. 2-10. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 383/11 Seite 5 14 GG), die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG), die Berufsfreiheit (Art. 12 GG), sowie das Verbot der Geschlechtsdiskriminierung (Art. 3 Abs. 2 und 3 GG) in Betracht. Abschließend wird untersucht , ob die Einführung einer verbindlichen Quote für die Leitungsgremien börsennotierter Unternehmen unabhängig von ihrer Größe mit dem Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist. 2. Vereinbarkeit einer gesetzlichen Frauenquote für den Aufsichtsrat und den Vorstand börsennotierter oder mitbestimmungspflichtiger Unternehmen mit Art. 14 GG Die Einführung einer Frauenquote in den Aufsichtsräten und Vorständen börsennotierter oder der Mitbestimmung unterliegender Aktiengesellschaften könnte gegen die Garantie des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) verstoßen. Die Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums ist gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Aufgabe des Gesetzgebers. 2.1. Aktienbesitz vom Schutzbereich des Art. 14 GG umfasst Art. 14 GG schützt auch das Anteilseigentum, das in einer Aktie verkörpert ist. Dieses vermittelt dem Aktionär im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Gesellschaftssatzung sowohl Leitungsbefugnisse als auch vermögensrechtliche Ansprüche.6 Dieses Anteilseigentum ist allerdings gesellschaftsrechtlich vermitteltes Eigentum, das im sozialen Bezug steht. 2.2. Einführung einer Quote im Aufsichtsrat oder im Vorstand als verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung? Gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG werden Inhalt und Schranken des Eigentums durch die Gesetze bestimmt. Das BVerfG hat bereits in seinem Urteil zur Mitbestimmung ausgeführt, dass die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung um so weiter ist, je mehr das Eigentumsobjekt – also hier die Anteile an dem Unternehmen – in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht.7 In diesem Urteil erklärte das BVerfG die Bestimmungen über die Einführung der unterparitätischen Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten großer Kapitalgesellschaften außerhalb des Montanbereichs im Mitbestimmungsgesetz 1976 für verfassungsgemäß . Aus der Sozialgebundenheit des Eigentums folgert zum einen das Gebot der Rücksichtnahme auf den Nichteigentümer, die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG fordert jedoch andererseits die Erhaltung des Zuordnungsverhältnisses. Der Gestaltungsbereich des Gesetzgebers ist bei 6 BVerfGE 100, 289, 301f. 7 BVerfGE 50, 290, 340 f. (Mitbestimmung); Wieland, Joachim, in Dreier, Horst, Grundgesetz- Kommentar, Band 1, 2. Aufl. 2004, Art. 14, Rn. 49; kritisch Wendt, Rudolf in Sachs, Michael (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 5. Aufl., München 2009, Art. 14 Rn. 118. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 383/11 Seite 6 sozialem Bezug und sozialer Funktion des Eigentums relativ weit; er verengt sich, wenn diese Voraussetzung nicht oder nur in begrenztem Umfang vorliegen.8 Eine gesetzliche Vorgabe für eine Frauenquote im Aufsichtsrat würde sich ähnlich wie die vom Bundesverfassungsgericht für verfassungsmäßig erkannten Vorschriften über die Mitbestimmung in Unternehmen in erster Linie auf die mittelbaren Verfügungsbefugnisse der Anteilseigner auswirken , da deren gesellschaftsrechtlich begründete Einflussmöglichkeit auf die Besetzung des Aufsichtsrats betroffen wäre. So wäre die Auswahl der Anteilseigner bei Wahl der Aufsichtsratsmitglieder in der Hauptversammlung beschränkt, weil jeweils auf eine Besetzung des Aufsichtsrats mit einer bestimmten Anzahl an Frauen geachtet werden müsste. Dabei würden die Anteilseigner nicht die Kontrolle über die Führungsauswahl verlieren, sondern wären in der Entscheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrates frei, solange sie die entsprechende Vorgabe zur Geschlechterverteilung der Mitglieder beachten. Die Frauenquote würde auch keine Strukturveränderung des Anteilseigentums darstellen9: Zwar wäre die Hauptversammlung in ihrer Wahlfreiheit in der Weise eingeschränkt, dass die den Aktionären zustehenden Posten im Aufsichtsrat zum Teil mit Frauen besetzt werden müssten. Jedoch würden keine Personen von unternehmensfremden Stellen bestimmt und auch keine einzelnen Personen als Mitglieder vorgegeben . Bei entsprechender Anwendung der Grundsätze des Bundesverfassungsgerichts aus der Entscheidung zur Mitbestimmung handelt es sich bei den Vorgaben zur Besetzung des Aufsichtsrates um Inhaltsbestimmungen des Eigentums und nicht um einen Eingriff in das Eigentum.10 Diese Überlegungen lassen sich auch auf die Einführung von Vorgaben zur Geschlechterverteilung für den Vorstand einer Aktiengesellschaft anwenden. Dem Vorstand obliegt gemäß § 76 Abs. 1 AktG11 die Leitung einer Aktiengesellschaft unter eigener Verantwortung; er kann aus einer oder mehreren Personen bestehen. Er wird gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 AktG vom Aufsichtsrat für höchstens fünf Jahre bestellt. Die gesetzliche Vorgabe einer Frauenquote würde das Bestimmungsrecht des von der Hauptversammlung gewählten Kontrollorgans Aufsichtsrat einschränken . Zwar würden damit die Entscheidungsbefugnisse der Hauptversammlung mittelbarer eingeschränkt als bei der Wahl des Aufsichtsrats, da sie selber nicht den Vorstand bestimmt. Auf der anderen Seite leitet der Vorstand das operative Geschäft des Unternehmens, seine Entscheidungen können damit höheren Einfluss auf das Unternehmen – und damit den Wert des Anteileigentums – ausüben, als der kontrollierende Aufsichtsrat. Dennoch werden auch in diesem Fal- 8 BVerfGE 50, 290, 341. 9 So aber wohl Redenius-Hövermann, Julia, Zur Frauenquote im Aufsichtsrat, ZIP 2010, S. 660, 665. 10 So auch Raasch, Sibylle: Erhöhung der Frauenrepräsentanz in Aufsichtsräten: Norwegen – ein Modell ?, ZfRV 2009, S. 216 – 223, 220; Wieland, Joachim: Ist eine Quotenregelung zur Erhöhung des Anteils der Frauen in Aufsichtsräten mit dem Grundgesetz und Europarecht vereinbar?, NJW 2010, S. 2408 – 2410, 2409; Frost, Anne/Linnainmaa, Leena: Corporate Governance: Frauen im Aufsichtsrat – Können wir von unseren skandinavischen Nachbarn lernen? in: AG 2007, S. 610-610; 610; Papier , Hans-Jürgen/ Heidebach, Martin, Die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote für die Aufsichtsräte deutscher Unternehmen unter verfassungsrechtlichen Aspekten, ZGR 2011, 305, 324. 11 Aktiengesetz vom 6. September 1965 (BGBl. I S. 1089), das durch Art. 2 Absatz 49 des Gesetzes vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 3044) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 383/11 Seite 7 le keine Personen von unternehmensfernen Personen bestimmt, soweit eine entsprechende gesetzliche Regelung die Anzahl der Vorstandsmitglieder berücksichtigt. Die vorgenannten Aspekte spielen bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer Inhalts- und Schrankenbestimmung eine Rolle. Diese Inhaltsbestimmung des Eigentums müsste zum Erreichen des verfolgten Ziels verhältnismäßig sein, d.h. sie müsste ein geeignetes Mittel sein, um ein legitimes Ziel zu erreichen, und hierfür erforderlich und angemessen sein. Als legitimes zu verfolgendes Ziel kommt die Förderung der tatsächlichen Gleichberechtigung der Geschlechter auch im Bereich der Privatwirtschaft – insbesondere bei Unternehmen, die der Mitbestimmung unterliegen – in Betracht. Aber auch Unternehmen, deren Aktien an der Börse notiert und frei gehandelt werden, nehmen eine besondere Stellung ein: Diese Aktiengesellschaften werden zu den gesamtwirtschaftlich sichtbarsten Unternehmen gehören, denen eine erhöhte Sozialbindung und Vorbildfunktion vergleichbar den Unternehmen, die der Mitbestimmung unterliegen , zugemutet werden könnte.12 Entsprechend sind sie gemäß § 161 AktG zur Abgabe einer Erklärung zur Umsetzung des Deutschen Corporate Governance Kodex‘ (DCGK)13 verpflichtet. Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG verpflichtet als Staatsziel14 den Staat, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen auch in der gesellschaftlichen Wirklichkeit zu fördern. Art. 3 Abs. 2 GG zielt auf die Angleichung der Lebensverhältnisse; Frauen müssen die gleichen Erwerbschancen haben wie Männer. 15 Die Beseitigung geschlechtsbedingter gesellschaftlicher Nachteile ist dabei nach dem Willen der Verfassunggeber Aufgabe nicht nur des Staates.16 Wie in der Einleitung ausgeführt, sind Frauen in Aufsichtsräten und in Vorständen börsennotierter Unternehmen nur in geringem Umfang vertreten. Eine Erhöhung der Anzahl von Frauen in den Aufsichtsräten und Vorständen von Unternehmen, die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen, wäre ein Zeichen für gleiche Berufs- und Karrierechancen von Männern und Frauen. Die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung zwischen Männern und 12 So Langenbucher, Katja, Frauenquote und Gesellschaftsrecht, JZ 2011, 1038, 1040 f. 13 Mit der Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger am 2.Juli 2010 in Kraft getretenen Änderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK), eBAnz AT68 2010 B1, im Internet abrufbar unter https://www.ebundesanzeiger.de/ebanzwww/wexsservlet?page.navid=toofficialpublication. Ausführlich zu den Änderungen Hecker, Andreas und Peters, Marc Die Änderungen des DCGK im Jahr 2010, BB 2010, 2251 (2253f.) sowie Ringleb, Henrik-Michael; Kremer, Thomas; Lutter, Marcus und v. Werder, Die Kodex-Änderungen vom Mai 2010, NZG 2010, 1161 (Rn. 661a ff.). 14 Vgl. Gesetzesbegründung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP vom 20. Januar 1994, BT-Drs. 12/6633, S. 5, und die Bezugnahme in: Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 28. Juni 1994, BT-Drs. 12/8165, S. 28. 15 BVerfGE 109, 64, 89 (Mutterschaftsgeld) m.w.N. 16 Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission 1992 vom 5. November 1993, BT-Drs. 12/6000, S. 50. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 383/11 Seite 8 Frauen ist, da es bereits ein von der Verfassung vorgegebenes Staatsziel ist, ein legitimes Ziel des Gesetzgebers.17 Das Argument, Ziel und Zweck der Aufsichtsratswahl sei die Vertretung der Aktionäre und deren Interessen in der AG und keine allgemeinpolitische Frauenförderung18, überzeugt nicht. Es ist gerade typisch für Maßnahmen der Frauenförderung, diese mit Mitteln durchzusetzen, die nicht in erster Linie der Frauenförderung dienen. Ferner sollen die Frauen im Aufsichtsrat auch weiterhin die Interessen des Unternehmens, der Aktionäre und Aktionärinnen vertreten; dieser Verpflichtung steht eine Geschlechterquote nicht entgegen.19 Auch die Verpflichtung des Vorstandes , das Unternehmen verantwortlich zu leiten, wird durch die Vorgabe einer Frauenquote nicht berührt. Die Einführung einer Frauenquote muss zur Erreichung der tatsächlichen Gleichberechtigung von Männern und Frauen geeignet sein. Jedenfalls scheint es nicht ausgeschlossen, dass durch die Einführung einer gesetzlichen Quote von Frauen in Aufsichtsrat und Vorstand die tatsächliche Gleichberechtigung der Geschlechter im Berufsleben gefördert wird. Zugleich verbessert nach zahlreichen Studien eine Besetzung von Führungspositionen und damit auch der Aufsichtsräte mit Frauen das wirtschaftliche Ergebnis der Unternehmen.20 Die Frauenquote muss erforderlich zur Durchsetzung der Gleichberechtigung in diesem Teil des Berufslebens sein, das heißt, es darf dem Gesetzgeber kein milderes Mittel zur Verfügung stehen. Als milderes Mittel kommt zunächst eine freiwillige Verpflichtung der entsprechenden Unternehmen in Frage. Die im Jahre 2001 geschlossene „Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft“21, die auf Freiwilligkeit beruhte, hat bisher keine überzeugende Wirkung, da der Anteil von Frauen in Aufsichtsräten immer noch weit unter 10 % liegt. Im Mai 2010 wurde eine Empfehlung in den Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) aufgenommen, bei der Besetzung von Führungspositionen Frauen verstärkt zu berücksichtigen .22 Unter die genannten Führungspositionen fallen auch die Posten im Aufsichtsrat von Aktiengesellschaften. Empfehlungen des DCKG sind rechtlich nicht bindend; die Gesellschaften können hiervon abweichen, sind dann aber verpflichtet, dies gemäß § 161 AktG und § 289a 17 So auch Wieland (Fn. 10), S. 2409, sowie Raasch (Fn. 10), S. 220. 18 Redenius-Hövermann (Fn. 9), S. 665. 19 So auch Raasch (Fn.10), S. 220. 20 Nachweise bei Holst und Schimeta (Fn. 5), S. 8 f.; so auch Wieland (Fn. 10), S. 2409. 21 Siehe http://www.dihk.de/ressourcen/downloads/chancengleichheit.pdf . 22 Ziffer 4.1.5 lautet: Der Vorstand soll bei der Besetzung von Führungsfunktionen im Unternehmen auf Vielfalt (Diversity) achten und dabei insbesondere eine angemessene Berücksichtigung von Frauen anstreben. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 383/11 Seite 9 HGB23 jährlich zu veröffentlichen und zu begründen. Der Kodex soll über die gesetzlichen Vorgaben hinaus zur Flexibilisierung der Unternehmensverfassung beitragen.24 Ob die Nichtbeachtung der Empfehlungen des DCKG eine Sorgfaltspflichtverletzung des Vorstandes und des Aufsichtsrats begründet, ist umstritten.25 Die Empfehlung des DCKG verfügt jedenfalls durch die Pflicht zur Veröffentlichung und Begründung von Abweichungen von der Empfehlung zu einer stärkeren Berücksichtigung von Frauen in den Führungsposition in Unternehmen und über eine größere Bindungswirkung als die Vereinbarung von 2001. Damit wäre die Empfehlung im DCGK ein milderes Mittel zur stärkeren Berücksichtigung von Frauen in Aufsichtsräten. Deren Eignung zum Erreichen des Ziels der Gleichberechtigung könnte zunächst abgewartet werden. Der deutsche Gesetzgeber könnte durch Übergangsvorschriften und eine spätere Inkraftsetzung eines entsprechenden Gesetzes einerseits abwarten, ob die Empfehlungen das gewünschte Ergebnis erzielen, andererseits aber durch die Aussicht auf eine baldige gesetzliche Verpflichtung den freiwilligen Prozess der Frauenförderung in Unternehmen unterstützen. 26 Allerdings steht dem Gesetzgeber nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) bei der Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit des gewählten Mittels zur Erreichung der erstrebten Ziele sowie bei den notwendigen Prognosen und Einschätzungen ein Spielraum zu.27 Innerhalb dieses Spielraumes könnte der Gesetzgeber zu dem Ergebnis kommen, dass die nicht verpflichtenden Empfehlungen des DCGK nach den bisherigen Erfahrungen mit einer freiwilligen Verpflichtung zur Durchsetzung der tatsächlichen Gleichberechtigung von Männern und Frauen nicht ausreichen, zumal die Empfehlungen hinsichtlich des Ziels sehr vage bleiben. Dann könnte eine gesetzliche Regelung auch erforderlich sein. Die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote für Aufsichtsräte müsste ferner verhältnismäßig im engeren Sinne sein, d.h. dem Einzelnen zumutbar. Hier wird von einigen Autoren eingewandt , den Aktionären stünden keine ausreichende Anzahl an entsprechend qualifizierten Bewerberinnen für Posten im Aufsichtsrat zur Verfügung.28 Um diesem Einwand zu begegnen, bie- 23 Handelsgesetzbuch in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das durch Artikel 2 Absatz 39 des Gesetzes vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 3044) geändert worden ist. 24 Windbichler, Christine, Gesellschaftsrecht – Ein Studienbuch, 22. Aufl., München 2009, § 25 Rn. 40. 25 Zum Meinungsstand und eine Sorgfaltspflichtverletzung ablehnend Hüffer, Uwe in ders., Kommentar zum Aktiengesetz, 9. Aufl., München 2010, Rn. 26 f. zu § 161. 26 Mielke, Birgit K., Frauen in Aufsichtsräten, Magazin Mitbestimmung 10/2005 (im Internet abrufbar unter: http://www.boeckler.de/163_45099.html) weist gleichfalls auf eine Empfehlung im DCGK als Alternative zu einer gesetzlichen Regelung hin. Ebenso Stellungnahme des DGB für die Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages am 7. Mai 2008 zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Quoten für Aufsichtsratsgremien börsennotierter Unternehmen einführen auf BT- Drs. 16/5279, S. 70 des Protokolls. Skeptisch, ob eine solche Verankerung ausreichend wäre insb. Raasch (Fn. 10), S. 222 f. 27 St. Rspr., vgl. Nachweise bei BVerfGE 90, 145, 173. 28 Redenius-Hövermann (Fn. 9), S. 665; wohl auch Windbichler, Stellungnahme zur Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages (Fn. 26), S. 80; Schladebach, Marcus, Stefanopoulou, Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 383/11 Seite 10 tet der Verband deutscher Unternehmerinnen, finanziert durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds im Rahmen des Projekts „Stärkere Präsenz von Frauen in Aufsichtsgremien“ zum einen gezielte Weiterbildungsmaßnahmen für die Vorbereitung einer Tätigkeit im Aufsichtsrat an, zum anderen baut sie eine Datenbank mit qualifizierten Kandidatinnen für einen entsprechenden Aufsichtsratsposten an. In diese Datenbank können sich Kandidatinnen seit Dezember 2010 eintragen; am 5. Januar 2012 enthielt die Datenbank bereits rund 400 Einträge.29 Erfahrungen in Norwegen, das gesetzlich eine Frauenquote von durchschnittlich 40 % im Führungsgremium („board“) einer Aktiengesellschaft vorsieht30, zeigen, dass in der Kombination aus einer zentralen Datenbank, der gezielten Schulung weiblicher Führungskräfte und der Erweiterung der Kandidatenauswahl auf die zweite Führungsebene und auf ausländische Bewerberinnen eine ausreichende Anzahl an Kandidatinnen aufgebaut werden können .31 Etwaigen Bedenken kann durch Übergangs- und Inkrafttretensregelungen begegnet werden. Ferner könnte eine starre Regelung unzumutbar sein, wenn aufgrund der sonstigen gesetzlichen Vorgaben für die Aufsichtsratsbesetzung die Auswahlmöglichkeiten der Hauptversammlung zu sehr beschränkt werden.32 Zunächst betrifft dies die Besetzung von Aufsichtsräten kleiner Aktiengesellschaften , die entsprechend der gesetzlichen Mindestvorgabe in § 95 Satz 1 AktG nur drei Mitglieder haben. Auch bestehen teilweise weitere gesetzliche Vorgaben zur Besetzung des Aufsichtsrates . Um in diesen Fällen die Auswahlfreiheit der Hauptversammlung zu erhalten, wäre zu erwägen, eine verbindliche Quote von über 30% erst ab einer Besetzung des Aufsichtsrates mit einer bestimmten Mindestanzahl – bspw. neun Mitgliedern – einzuführen. Fraglich ist, ob auch eine Frauenquote für den Vorstand verhältnismäßig im engeren Sinne ist. Nach Ansicht einiger Autoren sei die Anzahl für qualifizierte Kandidatinnen für einen Vorstandsposten noch geringer als für Aufsichtsräte, weil das Vorstandsamt volles Engagement und langjährige Führungserfahrung erfordere. Die persönliche Eignung könne nicht vom Geschlecht abhängig gemacht werden. Hinzu komme, dass ein Großteil der Unternehmen die Mitglieder ih- Georgia, Frauenquote in Aufsichtsräten - Überlegungen zur Änderung des Aktienrechts, BB 2010, S. 1042, 1046. Auch Raasch (Fn. 10), S. 221, sieht dieses Problem, stellt aber die Lösungen in Norwegen dar. Für Spindler, Gerald/ Brandt, Kathrin, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Gleichstellungsquote im Aufsichtsrat der börsennotierten AG, NZG 2011, 401, 402, würde eine starre Quote, die die Erreichung des Ziels ohne weitere Berücksichtigung der Eignung der Kandidatinnen, bereits kein legitimes Ziel verfolgen. 29 Telefonische Auskunft Nico Mantzke, Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU). Die Datenbank findet sich im Internet unter http://www.vdu.de/aufsichtsgremien/datenbank/esf . 30 Dazu im Einzelnen Frost/Linnainmaa (Fn. 10), S. 603 ff. 31 Raasch (Fn.10), S. 222. 32 So Hirte, Heribert, Stellungnahme zur Frage einer Geschlechterquote im Aufsichtsrat, öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses und des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 11.5.2011, S. 10 f., im Internet abrufbar unter: http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a06/anhoerungen/archiv/09_Aufsichtsraete/04_ Stellungnahmen/Stellungnahme_Hirte.pdf . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 383/11 Seite 11 res Vorstandes aus dem eigenen Unternehmen rekrutiere; eine Unterrepräsentanz von Frauen auch auf der Führungsebene unterhalb des Vorstandes würde sich hier besonders negativ bemerkbar machen.33 Aus anderer Sicht34 spreche gerade diese besondere Unterrepräsentanz von Frauen auch auf der Führungsebene unmittelbar unter dem Vorstand für eine strukturelle Diskriminierung der Frauen und erfordere damit eine besondere Förderungspolitik und damit eine Frauenquote. Das AktG stellt bisher nur wenige persönliche Anforderungen an Vorstandsmitglieder (vgl. § 76 Abs. 3 AktG) und überlässt dem Aufsichtsrat ein höheres Auswahlermessen als der Hauptversammlung bei der Bestellung des Aufsichtsrates zukommt (vgl. § 100 AktG). Auch der DCGK empfiehlt dem Aufsichtsrat, bei der Auswahl der Vorstandsmitglieder auf Diversität und insbesondere auf eine angemessene Beteiligung von Frauen zu achten, scheint seine Anforderungen an die Besetzung des Vorstandes aber weicher zu formulieren als im Hinblick auf die Besetzung des Aufsichtsrats.35 Empfehlungen oder Verpflichtungen, den Vorstand (nur) mit Mitarbeitern des eigenen Unternehmens zu besetzen, bestehen hingegen nicht. Empirische Aussagen zur möglichen Anzahl von Kandidatinnen für Vorstandsposten sind schwer zu treffen. Auch hier steht dem Gesetzgeber ein Beurteilungsspielraum zu. Jedenfalls wäre eine Frauenquote auch für den Vorstand börsennotierter Unternehmen angemessen , wenn entsprechende Übergangsvorschriften eingehalten werden, um eine auch längerfristige Förderung von weiblichen Nachwuchskräften auf den mittleren Ebenen zu ermöglichen. Ferner müsste bei der gesetzlichen Ausgestaltung die Größe des Vorstandes berücksichtigt werden, um die Auswahlmöglichkeiten des Aufsichtsrats nicht unzulässig zu verkürzen. Hier finden die gleichen Überlegungen Anwendung wie bei der Anwendung der Frauenquote im Aufsichtsrat. Bei einer Frauenquote von über 30 % wäre die Anwendung der Frauenquote auf ein Unternehmen , dessen Vorstand mit mindestens vier Posten besetzt ist, angemessen. Im Ergebnis wäre eine gesetzliche Regelung, die eine Frauenquote für den Aufsichtsrat und den Vorstand von Aktienunternehmen vorsieht, die der Mitbestimmung unterliegen oder börsennotiert sind, eine verhältnismäßige Inhaltsbestimmung des Eigentumsrechts der Aktionäre, wenn die Quote erst auf Unternehmen Anwendung findet, deren Aufsichtsrat mit einer höheren Zahl als der Mindestzahl der gesetzlichen Mitglieder besetzt ist und wenn entsprechend mehrere Vor- 33 Bachmann, Gregor, Zur Umsetzung einer Frauenquote im Aufsichtsrat, ZIP 2011, 1131, 1138f.; Bauer , Hubertus, Gesetzliche Quote: Verfassungsrechtlich kaum haltbar!, BB 2011, Nr. 48, Die erste Seite . 34 Laskowski, Silke Ruth, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses und des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 11.5.2011, S. 21, im Internet abrufbar unter : http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a06/anhoerungen/archiv/09_Aufsichtsraete/05_ Wortprotokoll.pdf (letzter Abruf 5.1.2012). Langenbucher (Fn. 12), S. 1043 f., spricht sich eher aus gesetzessystematischen Gründen für eine Fokussierung auf den Aufsichtsrat aus, scheint eine Quote für die Besetzung des Vorstandes aber nicht für verfassungswidrig zu halten. 35 Hierauf weist Langenbucher (Fn. 12), S. 1043, hin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 383/11 Seite 12 standspositionen zu besetzen sind. Ferner wäre für besondere Ausnahmefälle36 eine Härtefallregelung vorzusehen. 3. Vereinbarkeit einer Frauenquote mit der Vereinigungsfreiheit gemäß Art. 9 GG In Frage kommt ferner ein Verstoß gegen die Vereinigungsfreiheit gemäß Art. 9 Abs. 1 GG. Art. 9 Abs. 1 GG schützt auch die „wirtschaftliche Vereinigungsfreiheit“, d.h. das Recht, sich in Personen - und Kapitalgesellschaften zusammenzuschließen. Ob sich auch Aktiengesellschaften auf die Vereinigungsfreiheit berufen können, wird teilweise wegen des abgeschwächten „personalen Elements“ bezweifelt und vom BVerfG offengelassen.37 Bei Anwendbarkeit der Vereinigungsfreiheit auf Aktiengesellschaften führt nach Ansicht der Befürworter die Entfernung vom „personalen Ausgangspunkt“ wegen des „sozialen Bezugs“ der Grundrechtsausübung zu einer Erweiterung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums.38 Eine gesetzliche Regelung zur Besetzung des Aufsichtsrats und des Vorstands greift allenfalls in die Selbstbestimmung der Gesellschaft über ihre innere Organisation und Willensbildung ein. Nach der Rechtsprechung des BVerfG tritt das personale Element in Kapitalgesellschaften zurück ; die Vereinigungsfreiheit ist von vorneherein umfassender und detaillierter Ausgestaltung zugänglich und verpflichtet den Gesetzgeber nicht, jegliche Fremdbestimmung bei der Organbestellung von Gesellschaften auszuschließen. Eine entsprechende Ausgestaltung darf nur nicht sachfremd sein, sondern muss im Interesse schutzwürdiger Belange stehen.39 Eine gesetzliche Vorgabe zur Besetzung des Aufsichtsrats und des Vorstands mit Vertretern beiderlei Geschlechts soll die tatsächliche Gleichberechtigung der Geschlechter verwirklichen, die gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG Staatsziel und damit ein schutzwürdiger Belang ist. Nach internationalen Studien verbessert die Mitgliedschaft von Frauen in Führungsgremien darüberhinaus die Erfolgsaussichten von Unternehmen.40 Eine Frauenquote für den Aufsichtsrat ist damit kein sachfremder Eingriff in die Vereinigungsfreiheit.41 36 Beispiele finden sich bei Weller, Marc Philippe, Wie Quoten juristisch durchgesetzt werden können, FAZ vom 8.6.2011. 37 BVerfGE 50, 290, 355 f.; weitere Nachweise bei Bauer, Hartmut in: Dreier, Horst, Grundgesetz- Kommentar, Band 1, 2. Aufl. 2004, Art. 9 Rn. 35. 38 Bauer (Fn. 37), Rn. 35 m.w.N. 39 BVerfGE 50, 290, 359f. 40 Vgl. Nachweise bei Holst/Schimeta (Fn. 5), S. 8, Fn. 18. 41 Im Ergebnis ebenso Wieland (Fn. 10), S. 2410. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 383/11 Seite 13 4. Vereinbarkeit einer Frauenquote mit der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG Nach der Grundsatzentscheidung des BVerfG zur Mitbestimmung42 können auch juristische Personen wie Aktiengesellschaften Träger des Grundrechts auf Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG sein, soweit ihre Unternehmerfreiheit – die freie Gründung und Führung von Unternehmen – betroffen ist. Bei Großunternehmen ist dies wiederum nicht Ausformung der Persönlichkeit des Menschen, sondern die grundrechtliche Gewährleistung eines Verhaltens, dessen Wirkungen weit über das wirtschaftliche Schicksal des eigenen Unternehmens hinausreicht. Da den Aktiengesellschaften Vorschriften über die Besetzung des Aufsichtsrats und des Vorstands gemacht werden, könnte es sich um eine Einschränkung der Freiheit der Berufsausübung handeln. Deren verfassungsrechtliche Zulässigkeit richtet sich nach den gleichen Maßstäben wie Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentumsrechts, da die Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG funktionell aufeinander bezogen sind.43 Im Ergebnis muss die verfassungsrechtliche Beurteilung einer Bestimmung unter Art. 12 GG die gleiche sein wie unter Art. 14 GG. Ein Verstoß gegen Art. 14 GG ist daher nach den oben angegebenen Gründen nicht gegeben. 5. Vereinbarkeit einer Quote mit dem Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (Art. 3 Abs. 3 GG) Die Einführung einer Frauenquote könnte gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter verstoßen, da die Frage, ob und auf welchem Platz eine Person auf die Vorschlagsliste für die Wahl zum Aufsichtsratsrat der betroffenen Unternehmen gelangt, (auch) an sein Geschlecht anknüpft. Art. 3 Absatz 3 GG verbietet eine Benachteiligung oder Bevorzugung aufgrund des Geschlechts und ist damit ein Abwehrrecht gegen unmittelbare rechtliche Diskriminierung von Männern und Frauen.44 Die Quotenregelung knüpft an das Geschlecht der Kandidaten an. Wenn die Quote derart ausgestaltet ist, dass sie lediglich die gleichmäßige Berücksichtigung beider Geschlechter etwa in Form einer Drittelparität in den Gremien vorgibt, behandelt sie Männer und Frauen gleich. In diesem Fall läge keine Ungleichbehandlung der Geschlechter vor, sie würde nicht gegen Art. 3 Abs. 3 GG verstoßen. Eine Ungleichbehandlung der Geschlechter läge daher überhaupt nur vor, wenn die Regelung einen Mindestanteil an Frauen in den zu besetzenden Gremien vorsieht, sich Männer auf eine entsprechende Quote jedoch nicht berufen können. 42 BVerfGE 50, 290, 362 ff. 43 So das BVerfG in BVerfGE 50, 290, 356. 44 BVerfGE 85, 191, 207; 114, 357, 370 f., Osterloh, Lerke in: Sachs, Michael (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar (Fn. 7), Art. 3 Rn. 259. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 383/11 Seite 14 Diese Ungleichbehandlung könnte durch das Förderungsgebot des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG gerechtfertigt sein.45 Art. 3 Abs. 2 GG beinhaltet nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zugleich die Pflicht des Gesetzgebers, vor Geschlechterdiskriminierung privater Dritter zu schützen.46 Die Quotenregelung wäre auf die Besetzung der Aufsichtsräte von börsennotierten Aktienunternehmen, also privater Dritter, anwendbar. Nach zahlreichen Studien stoßen hochqualifizierte Frauen beim Aufstieg in die oberste Führungsebene von Unternehmen an die „gläserne Decke“, obwohl sie die gleichen Leistungen erbringen wie ihre männlichen Kollegen.47 Das Ergebnis zeigt sich in der stark unterrepräsentativen Vertretung von Frauen und Männern in Vorständen und Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen von unter 10 %. Hieraus lässt sich auf eine Diskriminierung der Frauen durch die Männer in den Leitungsebenen der Unternehmen aufgrund unterschwelliger Vorurteile und Verhaltensprägungen schließen. Dies ist ein geschlechtsbedingter gesellschaftlicher Nachteil der Frauen , dessen Beseitigung Ziel des staatlichen Handelns darstellen soll.48 Zum Abbau einer solchen Diskriminierung ist der Gesetzgeber nach Art. 3 Abs. 2 GG ermächtigt.49 Auch bei einer solchen Fördermaßnahme müssen die Grundrechtspositionen der benachteiligten Männer mit den Positionen der geförderten Frauen in Abwägung gebracht werden.50 Nach herrschender Meinung sind leistungsunabhängige starre Quoten für Bewerber im öffentlichen Dienst unzulässig,51 da sie insbesondere mit Art. 33 Abs. 2 GG und dem Erfordernis der gleichen fachlichen Leistung unvereinbar wären. Fraglich ist allerdings, ob diese Kriterien auf den vorliegenden 45 Auch das BVerfG (zuletzt in BVerfGE 114, 357, 370) sieht Art. 3 Abs. 2 GG als möglichen Rechtfertigungsgrund für eine Ungleichbehandlung an. Ebenso Heun, Werner, in: Dreier, Horst (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar (Fn. 7), Art. 3, Rn. 104 m.w.N. 46 BVerfGE 89, 276, 286; so auch Heun in: Dreier, GG-Kommentar (Fn.7), Rn. 114; Osterloh in: Sachs (Fn.7), Art. 3, Rn. 261. 47 Vgl. Osterloh, Margit/ Littmann-Wernli, Sabina, Die „gläserne Decke“: Realität und Widersprüche; abrufbar unter http://www.iou.unizh.ch/orga/downloads/publikationen/C79glaesernedecke.pdf und die im Auftrag des BMFSFJ Studie „Frauen in Führungspositionen - Barrieren und Brücken“ der Sinus Sociovision GmbH, Heidelberg, März 2010, abrufbar unter: http://www.kim.nrw.de/fileadmin/Bilder/PDF/Frauen_in_Fuehrungspositionen.pdf. 48 Vgl. Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission 1992 (Fn. 16), S. 50. 49 So ausdrücklich auch Raasch (Fn.10), S. 221, die anregt, angesichts des Beharrungsvermögens der Unternehmen in Fragen der Gleichberechtigung und der Schutzpflicht des Staates vor Diskriminierung sogar von einer Handlungspflicht des Staates zu sprechen. Im Ergebnis ebenso Wieland (Fn. 10), S. 2409; wohl auch Redenius-Hövermann (Fn. 9), S. 665, die die Quote insgesamt aber für verfassungswidrig hält; ähnlich BAG vom 16.3.2005, 7 ABR 40/04 unter B II.3a, BeckRS 2005, 42470 zu einer Mindestquote für jedes Geschlecht in § 15 Abs. 2 BetrVG, § 4 Abs. 1 Satz 2 WahlO Post. 50 Heun in: Dreier, GG-Kommentar (Fn.7), Rn. 112; Starck, Christian in v. Mangoldt, Hermann/Klein, Friedrich/Starck, Christian, Kommentar zum Grundgesetz, Band 1, 6. Aufl., München 2010, Art. 3 Abs. 2, Rn. 315. 51 Vgl. Nachweise bei Osterloh in: Sachs, GG-Kommentar (Fn.7), Art. 3, Rn. 286. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 383/11 Seite 15 Fall einer Quote für die Wahl in einen Aufsichtsrat anwendbar sind.52 Dagegen spricht, dass es sich bei der Wahl zum Aufsichtsrat nicht wie bei den entschiedenen Fällen um direkte Konkurrenzsituationen zweier Bewerber handelt; vielmehr kann die Hauptversammlung aus allen potentiell geeigneten Kandidaten beiderlei Geschlechts eine Auswahl treffen und muss nur im Ergebnis eine angemessene Berücksichtigung von Frauen entsprechend der vorgegebenen Quote gewährleisten . Es wird also nicht ein einzelner Kandidat gegen eine Kandidatin ausgespielt, vielmehr muss aus einer großen Gruppe von Kandidaten nach verschiedenen Kriterien – unter anderem auch dem des Geschlechts – ausgewählt werden.53 Das Aktiengesetz stellt in § 100 auch keine Anforderungen hinsichtlich der Eignung der zur Wahl stehenden Aufsichtsratskandidaten54; eine Wahl in den Aufsichtsrat ist nicht an die Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG gebunden. Eine entsprechend gestaltete Frauenquote lässt der Hauptversammlung ausreichend Spielraum, zwischen verschiedenen Kandidaten zu wählen, ohne von vorneherein ein starres Listensystem vorzuschreiben. So können bei der Aufstellung der Wahlvorschläge andere Kriterien als das Geschlecht berücksichtigt werden. Die gleichen Erwägungen sind bei der Wahl der Mitglieder des Vorstandes durch den Aufsichtsrat anzustellen. Eine Abwägung der Grundrechtspositionen der benachteiligten Männer mit denen der Frauen führt wohl ebenfalls nicht zu dem Ergebnis, dass eine entsprechende Frauenquote eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung wäre. In Frage kommt eine Verletzung des Grundrechts der Männer – wie der Frauen – auf allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG. Art. 12 GG ist nur für die männlichen Bewerber um einen Vorstandsposten, nicht jedoch um ein Aufsichtsratsmandat einschlägig, da es sich bei der Wahrnehmung eines Aufsichtsratsmandats nicht um einen Beruf im Sinne des Art. 12 GG handelt. „Beruf“ im Sinne des Art. 12 GG ist jede auf Dauer angelegte Tätigkeit, die der Schaffung und Erhaltung der Lebensgrundlage dient.55 Zwar handelt es sich evtl. um eine auf Dauer angelegte Tätigkeit, allerdings dient sie nicht grundsätzlich der Schaffung oder Erhaltung der Lebensgrundlage; so ist eine Vergütung nicht per Gesetz vorgesehen , kann aber durch die Hauptversammlung oder in der Satzung beschlossen werden, § 113 Abs. 1 AktG. Im vorliegenden Fall sind die Grundrechtspositionen beider Geschlechter gleich strukturiert. Dies spricht für eine grundsätzlich gleiche Gewichtung beider Rechtsgüter. Das Staatsziel der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen ge- 52 So wohl Redenius-Hövermann (Fn. 9), S. 665, aus ihrer Sicht würde es aber auch nicht an ausreichend qualifizierten Frauen mangeln; ferner François-Poncet, Raphaële/ Deilmann, Barbara/ Otte, Sabine, Frauenquote in französischen Aufsichts- und Verwaltungsräten – ist eine Quote auch in Deutschland zulässig?, NZG 2011, 450, 454. 53 So auch Wieland (Fn. 10), S. 2409. 54 Ein Zustand, der immer wieder bemängelt wird und nun auch Eingang in eine Empfehlung des DCGK (Nr. 5.4) gefunden hat, vgl. Windbichler (Fn. 24), § 28 Rn. 3. 55 St. Rspr. BVerfG seit E 7, 377, 397, vgl. Mann, Thomas in Dreier, Horst, Grundgesetz-Kommentar (Fn. 7) Art. 12, Rn. 45 m.w.N. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 383/11 Seite 16 mäß Art. 3 Abs. 2 GG gibt daher den Ausschlag für die Zulässigkeit der Einführung einer die Frauen zunächst begünstigenden Geschlechterquote. Eine Quote für die gleichmäßige Berücksichtigung der Geschlechter bei der Besetzung der Posten im Aufsichtsrat ist damit wohl mit Art. 3 Abs. 2 und 3 GG vereinbar. 6. Vereinbarkeit einer Frauenquote für börsennotierte Unternehmen unabhängig von ihrer Größe mit Art. 3 Abs. 1 GG Fraglich ist ferner, ob eine einheitliche Frauenquote für börsennotierte Unternehmen unabhängig von ihrer Größe mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren ist. Der Gleichheitssatz gebietet nach der Rechtsprechung des BVerfG, „weder wesentlich Gleiches willkürlich ungleich, noch wesentlich Ungleiches wesentlich gleich“ zu behandeln.56 Allerdings ist die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei Fällen der Gleichbehandlung größer als bei einer Ungleichbehandlung. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege bei einer Gleichbehandlung nur vor, wenn die Verschiedenheit der geregelten Sachverhalte so bedeutsam ist, dass ihre Gleichbehandlung „nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist“.57 Es ist also zu prüfen, ob die Unterschiede zwischen den einheitlich geregelten Sachverhalten so erheblich sind, dass der Gesetzgeber sie unterschiedlich behandeln müsste. Hierfür prüft das BVerfG ferner, ob sich der Gesetzgeber bei der Gleichbehandlung von einem legitimen Ziel leiten lässt und die entsprechende Maßnahme nicht von vorneherein ungeeignet ist, das entsprechende Ziel zu erreichen. Das Gericht prüft allerdings nicht, ob es sich um die sachgerechteste und zweckmäßigste Lösung handelt, da dies im Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers liegt.58 Eine gesetzliche Frauenquote für die Aufsichtsräte und Vorstände sämtlicher börsennotierter Aktiengesellschaften unabhängig von deren Mitarbeiterzahl würde alle börsennotierten Aktiengesellschaften gleichbehandeln. Die Rechtsform der betroffenen Unternehmen – ihre Verfasstheit als Aktiengesellschaft – ist ein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Bildung einer Vergleichsgruppe und für eine Ungleichbehandlung gegenüber Unternehmen, die in einer anderen Rechtsform verfasst sind. Fraglich ist, ob die unterschiedliche Mitarbeiterzahl von Unternehmen der gleichen Rechtsform ein geeignetes Kriterium für eine Ungleichbehandlung dieser Unternehmen bieten würde. Grundsätzlich ist das Anknüpfen an die Arbeitnehmerzahl eines Betriebes ein geeignetes Differenzierungskriterium , das auch bei der Festlegung der betrieblichen Mitbestimmung in Gesetzen 56 BVerfGE 4, 144, 155; 81, 81, 87. 57 BVerfGE 55, 261, 270. 58 BVerfGE 55, 261, 272 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 383/11 Seite 17 herangezogen wird.59 Allerdings stellt sich die Frage, ob zwischen den börsennotierten Unternehmen wegen ihrer unterschiedlichen Mitarbeiterzahl ein so bedeutsamer Unterschied besteht, dass zwischen größeren und kleineren Unternehmen differenziert werden muss. Eine Frauenquote, die zur Erreichung des legitimen Ziels Frauenförderung nicht von vorneherein ungeeignet ist60, könnte Unternehmen mit einer geringeren Mitarbeiterzahl erheblich stärker treffen als größere Unternehmen. Soweit sich die Hauptversammlung aufgrund der Größe des Unternehmens für eine Besetzung des Aufsichtsrates mit der gesetzlichen Mindestanzahl von drei Mitgliedern entschieden hat, würde beispielsweise eine Frauenquote von 40% die Hauptversammlung zwingen, diese Quote überzuerfüllen; zwei Drittel ihrer Aufsichtsratsmitglieder müssten weiblich sein. Größere Unternehmen wären – soweit sie sich per Satzung einen größeren Aufsichtsrat gegeben haben –zu dieser Übererfüllung und damit Einschränkung ihrer Auswahlfreiheit nicht verpflichtet. Diese Auswirkung könnte – wie bereits unter 2.2 dargelegt – es erforderlich machen, eine Frauenquote erst für eine bestimmte Größe des Aufsichtsrats festzulegen. Allerdings wird die Größe des Aufsichtsrats außerhalb der Montan-Mitbestimmung von der Satzung der AG bestimmt und ist unabhängig von der Mitarbeiterzahl des Unternehmens; § 95 AktG legt gesetzlich lediglich die Höchstzahl der Mitglieder des Aufsichtsrats fest, die vom Grundkapital des Unternehmens abhängt. Auch im Bereich der Besetzung des Vorstandes könnten Unternehmen mit einem kleineren Stamm an Mitarbeitern durch eine Frauenquote stärker belastet sein als größere Unternehmen, wenn die Zahl der zur Auswahl stehenden Bewerber beiderlei Geschlechts für eine Position im Vorstand innerhalb des Unternehmens gering ist. Allerdings besteht keine Verpflichtung, den Vorstand (nur) aus dem Personalreservoir des eigenen Unternehmens zu rekrutieren. Auch ist es eine tatsächliche Frage, ob es in dem jeweiligen Unternehmen geeignete Bewerber gibt. Dem Gesetzgeber steht für solcherart Fragen grundsätzlich ein Beurteilungsspielraum zu. Eine ungerechtfertigte Gleichbehandlung börsennotierter Unternehmen mit unterschiedlich hohen Mitarbeiterzahlen läge daher wohl nicht vor. 7. Ergebnis Die Einführung einer Frauenquote für Aufsichtsrat und Vorstand börsennotierter Unternehmen wäre – abhängig von der Ausgestaltung im Einzelfall – mit dem Grundgesetz vereinbar. 59 § 1 Drittelbeteiligungsgesetz vom 18. Mai 2004 (BGBl. I S. 974), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 114 des Gesetzes vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 3044) geändert worden ist; § 1 Mitbestimmungsgesetz vom 4. Mai 1976 (BGBl. I S. 1153), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 113 des Gesetzes vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 3044) geändert worden ist. 60 Hierzu ausführlich oben unter 2.2.