Deutscher Bundestag Honorarberatung im Versicherungsbereich Provisionsannahmeverbot für den Versicherungsberater und Provisionsabgabeverbot für den Versicherungsvermittler Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 – 359/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 359/11 Seite 2 Honorarberatung im Versicherungsbereich Provisionsannahmeverbot für den Versicherungsberater und Provisionsabgabeverbot für den Versicherungsvermittler Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 – 359/11 Abschluss der Arbeit: 24. November 2011 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 359/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung und Fragestellung 4 2. Provisionsannahmeverbot 4 2.1. Bestehende rechtliche Regelung 4 2.2. Begründung des Provisionsannahmeverbots 5 2.3. Folgen einer Abschaffung des Provisionsannahmeverbots 5 3. Provisionsabgabeverbot 6 3.1. Bestehende rechtliche Regelung 6 3.2. Historie und Begründung des Provisionsabgabeverbots 7 3.3. Argumente für die Aufhebung des Provisionsabgabeverbots 8 3.4. Argumente gegen die Aufhebung des Provisionsabgabeverbots 9 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 359/11 Seite 4 1. Einleitung und Fragestellung In seinem Eckpunktepapier „Qualitätsoffensive Verbraucherfinanzen – Eckpunkte für eine gesetzliche Regelung des Berufsbildes der Honorarberatung“ vom 13. Juli 20111 schlägt das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gesetzliche Regelungen für die Honorarberatung vor. Für unterschiedliche Finanzdienstleistungen soll als Alternative zum Provisionsmodell die Honorarberatung gesetzlich verankert werden, wie sie bereits im Versicherungsrecht in Form des Versicherungsberaters existiert. Der Honorarberater soll nicht nur beraten dürfen, sondern auch den Erwerb eines Finanzproduktes vermitteln können, ohne allerdings vom Produktanbieter für die Vermittlung einen wirtschaftlichen Vorteil für sich behalten zu dürfen. Die Vergütung soll der Honorarberater ausschließlich vom Kunden erhalten. Allerdings sind die Vermittlungsprovisionen in der Regel bereits in den Produktpreis eingerechnet. Um eine Doppelbezahlung durch den Verbraucher zu vermeiden, müssten die Produktanbieter daher verpflichtet werden, ihre Produkte zu Nettotarifen anzubieten, oder die Honorarberater zur Durchleitung ihrer Provision an den Kunden berechtigt und verpflichtet werden. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hält es für erforderlich , hierfür das bisher bestehende Provisionsannahmeverbot für Versicherungsberater und das Provisionsabgabeverbot für Versicherungsvermittler aufzuheben. Darzustellen sind die seinerzeitigen Begründungen für diese beiden Verbote sowie die in der Diskussion befindlichen Folgeabschätzungen einer Aufhebung der Verbote. 2. Provisionsannahmeverbot 2.1. Bestehende rechtliche Regelung Nach § 34e Abs. 3 der Gewerbeordnung (GewO)2 dürfen Versicherungsberater keine Provision von Versicherungsunternehmen entgegennehmen. Dieses Verbot richtet sich nicht an Vermittler, sondern ausschließlich an Versicherungsberater. Versicherungsberater ist, wer gewerbsmäßig Dritte über Versicherungen beraten will, ohne von einem Versicherungsunternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil zu erhalten oder von ihm in anderer Weise abhängig zu sein (§ 34e Abs. 1 GewO). 1) www.bmelv.de. 2) Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBl. I S. 202), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Juli 2011 (BGBl. I S. 1341). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 359/11 Seite 5 2.2. Begründung des Provisionsannahmeverbots Die gesetzliche Regelung wurde eingefügt durch das Gesetz zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts vom 19. Dezember 20063, welches der Umsetzung der Richtlinie 2002/92/EG vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung4 diente. Die Richtlinie selbst enthält keine Vorgabe hinsichtlich eines Provisionsannahmeverbots. Nach der Gesetzesbegründung schlägt sich in dem unbedingten Provisionsannahmeverbot die das Berufsbild des Versicherungsberaters prägende Unabhängigkeit von der Versicherungswirtschaft nieder. Das Provisionsannahmeverbot sichere die Neutralität des Versicherungsberaters. Mit dem Provisionsannahmeverbot werde der entscheidende Unterschied zwischen dem Versicherungsberater und dem Versicherungsvermittler normiert.5 2.3. Folgen einer Abschaffung des Provisionsannahmeverbots Fiele das Verbot zur Annahme von Provisionen seitens des Versicherungsunternehmens weg, wäre das Berufsbild des Versicherungsberaters in Frage gestellt, da die Unabhängigkeit vom Versicherungsunternehmen das das Berufsbild des Versicherungsberaters prägende Merkmal ist.6 Die wirtschaftliche Unabhängigkeit ist Teil der Legaldefinition des Versicherungsberaters.7 Das sieht wohl auch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz so und hält daran fest, dass der Berater ausschließlich vom Kunden vergütet werden soll. Kritisiert wird aber auch der Vorschlag, vertriebskostenfreie Versicherungen (also ohne Maklergebühren vermittelte) vorzusehen, denen eine Honorarberatung voran geht. Auch eine solche Konstruktion impliziere immer eine Verbindung zwischen Beratung und Vermittlung und sei damit geeignet, die Unabhängigkeit und damit das Alleinstellungsmerkmal des Beraters aufzuweichen .8 3) BGBl. I S. 3232. 4) ABl. EG Nr. L 9. 5) Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts vom 23. Juni 2006, Drs. 16/1935, Begründung zu § 34e (S. 21). 6) Ennuschat, in: Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung, Kommentar, 8. Auflage 2011, § 34e, Rn. 38. 7) Ramos, in: Pielow, Gewerbeordnung, Stand 1. 10. 2011, § 34e, Rn. 26. 8) Schönleiter, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, 58. Ergänzungslieferung 2011, § 34e, Rn. 28. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 359/11 Seite 6 3. Provisionsabgabeverbot 3.1. Bestehende rechtliche Regelung In einzelnen Sparten des Versicherungswesens9 ist es den Versicherungsunternehmen und den Vermittlern verboten, ihren Kunden Sondervergütungen zu gewähren: Bei Versicherungsverträgen über Risiken der Schaden- und Unfallversicherung, der Kredit- und Kautionsversicherung sowie der Rechtsschutzversicherung ist es nach § 1 Abs. 1 der Verordnung über das Verbot von Sondervergütungen und Begünstigungsverträgen in der Schadenversicherung (VersSoVergV)10 unter anderem den Vermittlern „untersagt, den Versicherungsnehmern in irgendeiner Form Sondervergütungen zu gewähren.“ Sondervergütung ist nach § 1 Abs. 2 Vers- SoVergV „jede unmittelbare oder mittelbare Zuwendung neben den Leistungen auf Grund des Versicherungsvertrages, insbesondere jede Provisionsabgabe.“ In den Bereichen der Kranken- und der Lebensversicherung gilt aufgrund zweier Anordnungen des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung vom 8. März 1934 und vom 5. Juni 1934 ein Verbot für Versicherungsunternehmungen und Vermittler von Versicherungsverträgen, Versicherungsnehmern „in irgendeiner Form Sondervergütungen zu gewähren“.11 Diese Anordnungen haben nach Auffassung des Bundesgerichtshofs den Charakter einer im Rahmen der Ermächtigung des § 81 Abs. 2 Satz 3 und 4 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmungen und Bausparkassen vom 6. Juni 193112 erlassenen Rechtsverordnung und gelten fort.13 Das Verwaltungsgericht Frankfurt hat am 24. Oktober 2011 auf die Klage eines Vermittlers von Lebensversicherungen gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) festgestellt , dass dieser berechtigt sei, die ihm von Versicherungsunternehmen gewährten Provisionen an die Endkunden teilweise weiterzugeben. Das in der Verordnung vom 8. März 1934 enthaltene Verbot der Gewährung von Sondervergütungen in irgendeiner Form sei zu unbestimmt.14 Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. 9) Zur Einteilung der Versicherungsrisiken nach Sparten siehe Anlage A. zum Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992 (BGBl. 1993 I S. 2), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 1. März 2011 (BGBl. I S. 288). 10) Vom 17. August 1982 (BGBl. I S. 1243). 11) VerAfP 1934, S. 99 f. 12) RGBl. I S. 315. 13) BGHZ 93, 177. 14) Az. 9 K 105/11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 359/11 Seite 7 3.2. Historie und Begründung des Provisionsabgabeverbots Das Provisionsabgabeverbot wurde erstmals mit der Novelle der Versicherungsaufsicht von 1923 als Möglichkeit für die Aufsichtsbehörde vorgesehen.15 Dem wegen der Inflation schwer belasteten privaten Versicherungswesen sollte dessen Geschäftsbetrieb unter anderem dadurch erleichtert werden, „daß Unkosten, die mit der Aufsichtsführung und der bisherigen gesetzlich vorgeschriebenen Art des Betriebes verbunden sind, vermieden werden…“16 Die Ermächtigung der Aufsichtsbehörde, den Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittlern die Gewährung von Sondervergütungen untersagen zu können, hielt der Gesetzgeber wohl auch für geboten, weil die Versicherer behaupteten, sich der Forderung von Versicherungsnehmern nach Preisnachlässen nicht entziehen zu können.17 Zur Historie und zum Sinn und Zweck des Verbots der Sondervergütung heißt es in der Entscheidung des Bundesgerichthofs vom 19. Dezember 1984:18 „Bereits vor der Neufassung des Gesetzes über die privaten Versicherungsunternehmungen vom 12. Mai 1901 (RGBl. S. 139) durch das Gesetz über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen vom 6. Juni 1931 (RGBl. I S. 315; BGBl. III 7631-1) war § 64 Abs. 2 des vorgenannten Gesetzes vom 12. Mai 1901 (jetzt § 81 Abs. 2 VAG) auf Grund des Art. I Nr. 9 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die privaten Versicherungsunternehmungen vom 19. Juli 1923 (RGBl I S. 684, 685) durch Vorschriften ergänzt worden (§ 64 Abs. 2 Satz 2 und 3, jetzt § 81 Abs. 2 Satz 3 und 4 VAG), die es der Aufsichtsbehörde gestatteten, Versicherungsunternehmungen und Vermittlern von Versicherungen die Gewährung von Sondervergütungen allgemein zu untersagen . Durch diese Neuregelung, die bereits am 10. August 1923 zu einem ersten, bis zum Inkrafttreten der Anordnung vom 8. März 1934 geltenden Verbot der Gewährung von Sondervergütungen durch das Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung geführt hatte (Deutscher Reichsanzeiger Nr. 186 vom 14. August 1923; Rundschreiben des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung vom 31. Juli 1923, VerAfP 1924, 19, 20), sollte – wie in der Gesetzesbegründung ausgeführt ist – verhindert werden, daß einzelne Versicherungsnehmer durch Gewährung von Sondervergütungen auf Kosten der übrigen bevorzugt würden, um so die Belange der Versicherten insgesamt vor Gefahren aus einer übermäßigen Belastung der Versicherungsunternehmen mit Provisions- und Verwaltungskosten infolge Sondervergütungen an einzelne und aus einer sich daraus ergebenden Nichterfüllbarkeit der Ansprüche der Versicherungsnehmer zu schützen 15) Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die privaten Versicherungsunternehmungen vom 19. Juli 1923 (RGBl. I S. 684). 16) Begründung zum Regierungsentwurf, Motive, S. 323, zitiert nach: Tigges, Geschichte und Entwicklung der Versicherungsaufsicht , 1985, S. 100. 17) Tigges, Geschichte und Entwicklung der Versicherungsaufsicht, 1985, S. 100, dort Fußnote 88. 18) s.o. Fn. 13. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 359/11 Seite 8 (s. die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die privaten Versicherungsunternehmungen, Verhandlungen des Reichstags, I. Wahlperiode 1920 Bd. 378, Anl. zu den Stenographischen Berichten, Aktenstück Nr. 6023, S. 7284 ff., 7291, 7292).“ Im Rahmen der gesetzlichen Neufassung des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG)19 im Jahre 1994 wurde die Aufhebung des Provisionsabgabeverbots diskutiert. Entgegen dem Regierungsentwurf 20 beließ es der Bundestag auf Empfehlung des Finanzausschusses beim Provisionsabgabeverbot .21 3.3. Argumente für die Aufhebung des Provisionsabgabeverbots Der Regierungsentwurf 1994, in dem die Aufhebung des Provisionsabgabeverbots zuletzt vorgeschlagen wurde, hielt das Verbot für überholt. Anlass für das Verbot sei die Notsituation des Jahres 1923 gewesen; der Gesetzgeber habe eine weitere Steigerung der Verwaltungskosten der Versicherungsunternehmen vermeiden wollen. Inzwischen habe sich gezeigt, dass Verwaltungskosten durch ein Begünstigungsverbot nicht in nennenswertem Umfang gesenkt werden könnten. Später sei das Verbot mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz bzw. mit der „versicherungstechnischen Prämiengerechtigkeit“ begründet worden. In einer wettbewerbsorientierten Wirtschaft könne es nicht Aufgabe der Versicherungsaufsicht sein, für „gerechte“ Prämien zu sorgen. Das Verbot wirke sich vielmehr wettbewerbshemmend aus. Die Gefahr, dass nachfragemächtige Organisationen nicht gerechtfertigte Preisnachlässe durchsetzen könnten, sei überzeichnet und könne mit dem Kartellrecht beantwortet werden. Dem Argument, die Aufhebung des Verbots gefährde den Berufsstand des selbständigen Versicherungsvermittlers, sei entgegenzuhalten, Aufgabe des VAG sei es ausschließlich, die Belange der Versicherten zu wahren; die Sicherung der Provisionseinkünfte der Versicherungsvermittler sei nicht Ziel des VAG.22 Der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv) hält das Provisionsabgabeverbot für anachronistisch und wettbewerbsfeindlich.23 Dass Beratung gegen Provision zum besten Produkt führe, sei zweifelhaft. Ohne das Abgabeverbot bekämen Berater, die für ein fixes Honorar arbeiten , mehr Auswahl. Wegen des Verbots fristeten die heutigen „Honorarvermittler“ auf dem Vermittlermarkt lediglich ein Nischendasein. Da ihnen eine Verrechnung nicht erlaubt sei, könnten sie lediglich so genannte „Nettotarife“, d.h. ohne Abschlussprovision kalkulierte Tarife anbieten, 19) Damalige Fassung des Gesetzes über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG): Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992 (BGBl. 1993 I S. 2). Zuletzt geändert worden ist das VAG durch Artikel 3 des Gesetzes vom 1. März 2011 (BGBl. I S. 288). 20) Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften (Drittes Durchführungsgesetz/EWG zum VAG), Drs. 12/6959. 21) Beschlussempfehlung und Bericht vom 18. Mai 1994, Drs. 12/7595, Begründung zu § 81 Abs. 2 Satz 3 und 4 VAG (S. 109). 22) Regierungsentwurf, Drs. 12/6959 (Fn. 20), Begründung zur Streichung von § 81 Abs. 2 Satz 3 und 4 VAG, S. 83. 23) Sachverständigenanhörung, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie vom 25. Oktober 2006, Drs. 16/3162, S. 6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 359/11 Seite 9 die aber auf dem Versicherungsmarkt kaum vorkämen. Für die Versicherer lohne es sich nur dann, Nettotarife anzubieten, wenn dies zu einem nennenswerten Zusatzgeschäft führte. Das sei aber gerade bei den sehr niedrigen Zahlen von Honorarvermittlern bzw. -beratern nicht der Fall.24 Nach Auffassung des Verbundes Deutscher Honorarberater seien provisionsfreie Produkte besser, da auch andere versteckte Gebühren wegfielen.25 Einige Autoren halten das Provisionsabgabeverbot für unvereinbar mit europäischen Wettbewerbsrecht .26 3.4. Argumente gegen die Aufhebung des Provisionsabgabeverbots Mit seinem Gesetzesbeschluss vom 19. Mai 1994 lehnte der Deutsche Bundestag eine Aufhebung des Provisionsabgabeverbotes ab.27 In der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses heißt es dazu, eine Aufhebung des Provisionsabgabeverbotes verbessere trotz verstärkten Wettbewerbs nicht unbedingt die Lage der Versicherungskunden. Zu besorgen sei vielmehr eine Verminderung der Markttransparenz und dass Versicherungsvermittler bei Abgabe eines Teils ihrer Provision nicht mehr die gleiche Mühe für eine kundenorientierte Beratung aufwenden würden.28 Die Versicherungswirtschaft spricht sich gegen die Aufhebung des Provisionsabgabeverbots aus. Ohne Verbot würde sich der Fokus des Verbrauchers weg vom besten Produkt hin zum billigsten Vermittler verlagern.29 Ohne das Verbot stehe in einem Beratungsgespräch nicht mehr das Produkt oder der Vorsorgebedarf des Kunden im Vordergrund, sondern die zu zahlende Provision. Es bestehe die Gefahr, dass der Kunde eine weniger leistungsfähige Police kaufe, nur weil die Provision niedriger liegt.30 Auch der Verbund Deutscher Honorarberater spricht sich gegen die Abschaffung des Provisionsabgabeverbots aus. Das Provisionsabgabeverbot zwinge die Versicherer zur Schaffung echter verbraucherfreundlicher Honorartarife. Würde es abgeschafft, könnten die Versicherer sich leicht 24) Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv), Stellungnahme zur Neugestaltung des Rechts der Versicherungsvermittlung und des Berufs „Versicherungsberater“ vom 26. März 2006, S. 7. 25) Dieter Rauch, Verbund Deutscher Honorarberater, zitiert in: Die Wirtschaftswoche vom 17. November 2011, „Provisionserstattung erlaubt“. 26) Überblick über die Literatur bei: Saller, Verstößt das Provisionsverbot für Lebensversicherungen gegen Wettbewerbsrecht ?, VersR 2010, 1249 ff. 27) Plenarprotokoll 12/228, S. 19807 (B); Drs. 12/6959, 12/7595. 28) Beschlussempfehlung und Bericht vom 18. Mai 1994, Drs. 12/7595, Begründung zu § 81 Abs. 2 Satz 3 und 4 VAG (S. 109). 29) Jörg von Fürstenwerth, Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V., zitiert in: Die Wirtschaftswoche vom 17. November 2011, „Provisionserstattung erlaubt“. 30) Markus Rieß, Vorsitzender des Vorstands der Allianz Beratungs- und Vertriebs-AG, Börse Online vom 10. November 2011, „Kein übermäßiger Handlungsdruck“. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 359/11 Seite 10 aus der Verantwortung stehlen, indem sie es den Versicherungsvermittlern überließen, einen Teil der erhaltenen Courtage an den Verbraucher auszukehren.31 Eine Zusammenstellung der „gewöhnlich genannten Vorteile“ des Provisionsabgabeverbots mit kritischen Anmerkungen findet sich bei Saller:32 – Senkung der Verwaltungskosten, was aber „nicht in nennenswerter Weise“ eingetreten sei. – Markttransparenz: Teils werde angeführt, dem Kunden werde der Vergleich zwischen Konkurrenzangeboten erschwert, wenn er bei der Auswahl nicht nur die zuweilen nur schwer zu durchschauenden Tarife, sondern auch den Umfang der Provisionsweitergabe der Vermittler mit berücksichtigen müsse. Dem stehe jedoch entgegen, dass das Problem der Unübersichtlichkeit grundsätzlich in den nur schwer vergleichbaren Tarifen, nicht jedoch in der Weitergabe der von der Provision abzuziehenden festen Summe liege. – Sicherung der Beratungsqualität: Es werde vorgebracht, das Provisionsabgabeverbot sei erforderlich , gerade weil die umfassende, sorgfältige und damit zeitaufwändige Beratung des Versicherungsnehmers in der Lebensversicherung von besonderer Bedeutung sei. Dem könne entgegengehalten werden, dass ein Nettosystem es den Versicherten erlauben würde, selbst zu wählen, ob er eine Beratung will oder ob er auf diese aufgrund der Rückgabe eines Teils der Provision verzichten möchte. – Gleichbehandlungsgebot: Schließlich werde vorgetragen, dass die (erwünschte) Gleichbehandlung der Versicherungsmakler zumindest eine mittelbare Folge des Verbots sei. Teils werde sogar ausgeführt, das Provisionsabgabeverbot sei „zum Schutz der Versicherungsvermittler vor dem Druck der Kunden nötig“ oder dass ohne das Verbot „mancher kleiner Vermittler in Hartz IV ins Aus abgedrängt“ werde . Auch diese Argumente überzeugten aus kartellrechtlicher Sicht nicht. Bereits im Regierungsentwurf zur 3. VAG-Novelle werde darauf hingewiesen, dass es in einer wettbewerbsorientierten Wirtschaft nicht Aufgabe der Versicherungsbehörde sein könne, für eine gerechte Prämie/Provision für den Versicherungsvermittler zu sorgen. Zudem schalte verordnete Gleichbehandlung mögliche Wettbewerbsparameter und damit Leistungsanreize aus. 31) Verbund Deutscher Honorarberater und des BVDH e.V., Thesenpapier, www.verbund-deutscherhonorarberater .de. 32) Saller, Verstößt das Provisionsverbot für Lebensversicherungen gegen Wettbewerbsrecht?, VersR 2010, 1249 [1250].