© 2018 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 354/18 Materialien zur Ausgestaltung des Asylgrundrechts als objektive Gewährleistung Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 354/18 Seite 2 Materialien zur Ausgestaltung des Asylgrundrechts als objektive Gewährleistung Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 354/18 Abschluss der Arbeit: 11. Oktober 2018 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 354/18 Seite 3 1. Fragestellung Die Dokumentation befasst sich mit den objektiven Gewährleistungen des Grundgesetzes und stellt Materialien zur Möglichkeit der Umwandlung des Asylgrundrechts in eine objektive Gewährleistung und zum Asylrecht in anderen Staaten zusammen. 2. Objektive Gewährleistungen des Grundgesetzes Im Gegensatz zu subjektiven Gewährleistungen, die dem Bürger einen Anspruch gegenüber dem Staat vermitteln,1 verpflichten die objektiven Gewährleistungen den Staat dazu, den Bestand bestimmter Institutionen zu schützen (sog. Einrichtungsgarantien) oder dazu, sein Handeln an bestimmten Richtlinien und Grundsätzen auszurichten (sog. Staatszielbestimmungen). 2.1. Einrichtungsgarantien Die Einrichtungsgarantien werden danach unterteilt, ob sie privatrechtliche (sog. Institutsgarantien) oder öffentliche-rechtliche Einrichtungen (sog. institutionelle Garantien) darstellen.2 Sie verpflichten den Staat dazu, die jeweilige Institution zu gewährleisten und ihren Bestand zu schützen. Die nähere rechtliche Ausgestaltung bleibt dem Gesetzgeber überlassen, solange nicht die Einrichtung durch die Ausgestaltung so ausgehöhlt wird, dass nicht mehr von einer Gewährleistung gesprochen werden kann.3 Dem Gesetzgeber ist es somit untersagt, die Kernbereiche der Institution anzutasten. Zugleich ist es ihm geboten, Gesetze zu erlassen, durch die das Rechtsinstitut Wirksamkeit erlangt.4 Die Einrichtungsgarantien sind in einer Vielzahl der Fälle Bestandteile von Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten5, also von Rechten, die überwiegend subjektiv wirken. So ist etwa Art. 6 Abs. 1 GG eine Einrichtungsgarantie, die dem Staat vorschreibt, den Bestand des Instituts der Ehe zu gewährleisten.6 Zugleich verleiht die Vorschrift als Grundrecht dem Einzelnen ein subjektives Recht auf Schutz gegen staatliche Eingriffe.7 Einrichtungsgarantien können aber auch losgelöst von Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten bestehen. So gewährt etwa Art. 95 1 Vgl. Schmidt-Kötters, in: Posser/Wolff (Hrsg.), BeckOK VwGO, 46. Edition Stand 1. Juli 2017, § 42 VwGO Rn. 143. 2 Herdegen, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 83. EL April 2018, Art. 1 Abs. 3 GG Rn. 18; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, Band 1, 7. Auflage 2018, Art. 1 Abs. 3 GG Rn. 174. 3 Vgl. Remmert, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 83. EL April 2018, Art. 19 Abs. 2 GG Rn. 46. 4 Papier/Shirvani, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 83. EL April 2018, Art. 14 GG Rn. 119. 5 Vgl. etwa zum Berufsbeamtentum Badura, in: Maunz-Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 83. EL April 2018, Art. 33 GG Rn. 53. 6 Uhle, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), BeckOK Grundgesetz, 38. Edition Stand: 15. August 2018, Art. 6 GG Rn. 29. 7 Uhle, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), BeckOK Grundgesetz, 38. Edition Stand: 15. August 2018, Art. 6 GG Rn. 21. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 354/18 Seite 4 Abs. 1 GG eine institutionelle Garantie in Bezug auf die Einrichtung der obersten Gerichtshöfe des Bundes8, aus der keine subjektiven Rechte abgeleitet werden können. Da der objektive Gewährleistungsgehalt vieler verfassungsrechtlicher Vorschriften umstritten ist9, kann eine abschließende Darstellung der Einrichtungsgarantien nicht erfolgen. Beispiele für durch Institutsgarantien geschützte Einrichtungen sind neben der bereits erwähnten Ehe nach Art. 6 Abs. 1 GG etwa das Eigentum und das Erbrecht nach Art. 14 Abs. 1 GG10 und die Privatschulen nach Art. 7 Abs. 4 S. 1 GG11. Beispiele für Einrichtungen, die durch institutionelle Garantien geschützt werden, sind das Berufsbeamtentum nach Art. 33 Abs. 5 GG12 und die kommunale Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG13. 2.2. Staatszielbestimmungen Eine Staatszielbestimmung ist eine „bindende Direktive […], die Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung objektive Pflichten auferlegt, nicht aber subjektive Rechte des Bürgers begründet, die dem Staat die Verfolgung eines Ziels verbindlich aufgibt, ihm aber nicht bestimmte Mittel der Zielerreichung vorschreibt, und aus der sich für gewöhnlich nicht ein ganz bestimmtes Niveau der Zielerreichung ableiten lässt, das vom Staat zwingend verlangt werden könnte: Verletzt ist die Zielbestimmung nur, wenn der Staat überhaupt untätig bleibt oder aber derart ungeeignete Mittel einsetzt, das schon von keiner ernsthaften Zielverfolgung mehr gesprochen werden kann“14. Der Aufsatz Schladebach, Staatszielbestimmungen im Verfassungsrecht, in: JuS 2018, 118 ff., Anlage 1 erläutert die Funktion der Staatszielbestimmungen und führt die bestehenden sowie einige diskutierte Staatszielbestimmungen auf. 8 Morgenthaler, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), BeckOK Grundgesetz, 38. Edition Stand: 15. August 2018, Art. 95 GG Rn. 1. 9 Siehe etwa die Diskussion zu der Frage, ob Art. 16 Abs. 1 GG eine institutionelle Garantie der deutschen Staatsangehörigkeit enthält, bei Becker, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, Band 1, 7. Auflage 2018, Art. 16 Abs. 3 GG Rn. 16. 10 Vgl. Papier/Shirvani, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 83. EL April 2018, Art. 14 GG Rn. 118. 11 Vgl. Uhle, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), BeckOK Grundgesetz, 38. Edition Stand: 15. August 2018, Art. 7 GG Rn. 78 f. 12 Vgl. Badura, in: Maunz-Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 83. EL April 2018, Art. 33 GG Rn. 53. 13 Vgl. Hellermann, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), BeckOK Grundgesetz, 38. Edition Stand: 15. August 2018, Art. 28 GG Rn. 33. 14 Möstl, in: Maunz-Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 83. EL April 2018, Art. 87e GG Rn. 182. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 354/18 Seite 5 3. Umwandlung des Asylgrundrechts in eine objektive Gewährleistung Der Sachstand Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Zur Änderung des Asylgrundrechts, WD 3 - 3000 - 065/18, Anlage 2 kommt zu dem Ergebnis, dass eine Umwandlung des Asylgrundrechts in eine objektive Gewährleistung verfassungsrechtlich zulässig wäre und stellt fest, dass es bei einer objektiv-rechtlichen Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Asylgewährung der Entscheidung des einfachen Gesetzgebers obliegen würde, ob und inwieweit er die einfachgesetzlichen Vorschriften zur Asylgewährung als subjektive Rechte ausgestaltet. Im Aufsatz Hopfauf, Zur Umwandlung des Asylgrundrechts in eine objektive Gewährleistung, in: ZRP 2015, 226 ff., Anlage 3 schlägt der Autor vor, das Asylgrundrecht in eine institutionelle Gewährleistung oder eine Staatszielbestimmung umzuwandeln und erläutert die sich anschließenden Gestaltungsspielräume des Gesetzgebers. 4. Staaten mit subjektiv-rechtlicher Ausgestaltung des Asylrechts Der Sachstand Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Das Asylrecht als subjektiv-öffentliches Recht in Deutschland und anderen Staaten, WD 3 - 3000 - 263/18, Anlage 4 erläutert, dass das Asylrecht in den Verfassungen Frankreichs und Portugals als subjektives Recht ausgestaltet ist, allerdings nur für bestimmte Asylsuchende. Bei der italienischen Regelung sei der subjektiv-rechtliche Charakter umstritten. 5. Zum Asylverfahren in den Niederlanden Der Sachstand Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Besonderheiten der reformierten Asylverfahren in den Niederlanden und in der Schweiz, WD 3 - 3000 - 154/18, Anlage 5 stellt unter anderem das Asylverfahren in den Niederlanden dar, das 2016 reformiert wurde. ***