WD 3 - 3000 - 342/18 (25. September 2018) © 2018 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Es wäre möglich, Klimaschutz als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern, z. B. mit folgender Formulierung: „Zum Schutz des Klimas wirkt die Bundesrepublik Deutschland an der Entwicklung und Erfüllung verbindlicher Ziele und Verpflichtungen des Klimaschutzes in internationalen Abkommen mit.“ Es stellt sich die Frage, welche verfassungsrechtlichen Folgen sich hieraus ergäben und inwieweit ein solches Staatsziel justiziabel wäre. Mangels subjektiven Rechts, kann sich ein Individuum nicht auf eine Staatszielbestimmung berufen .1 In grundrechtlichen Konstellationen kommen Staatszielbestimmungen daher hauptsächlich als kollidierendes Verfassungsrecht in Betracht: Dieses kann dem Staat zur Rechtfertigung von Grundrechtseingriffen dienen.2 Z. B. könnte das Staatsziel Klimaschutz dazu dienen, einen Eingriff in die unternehmerische Freiheit zu rechtfertigen, wenn Umweltauflagen die Produktion von Industriegütern beschränken. Auch in einem Organstreitverfahren kann ein Staatsziel als kollidierendes Verfassungsrecht einen tauglichen Rechtfertigungsgrund darstellen. Wird etwa einem Abgeordneten des Bundestags sein Rederecht nach Art. 38 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz (GG) wegen exzessiver Feindseligkeiten gegen den Klimaschutz entzogen, so könnte dies im Einzelfall auch im Hinblick auf das Staatsziel Klimaschutz gerechtfertigt sein.3 1 Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 54. EL Juni 2018, § 90 Rn. 110. 2 Schladebach, Staatszielbestimmungen im Verfassungsrecht, JuS 2018, 118, 121. 3 Beispiel nach Schladebach, Staatszielbestimmungen im Verfassungsrecht, JuS 2018, 118, 121 (anhand des etwas anderen Beispiels der europäischen Integration als Staatsziel). Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Klimaschutz als Staatsziel: Verfassungsrechtliche Auswirkung Kurzinformation Klimaschutz als Staatsziel: Verfassungsrechtliche Auswirkung Fachbereich WD 3 (Verfassung und Verwaltung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Die Einhaltung des Staatsziels selbst kann allerdings nicht Gegenstand eines Organstreitverfahrens sein.4 Der Bundestag könnte daher die Bundesregierung nicht verklagen, weil diese sich ohne tragfähige Begründung weigert, an der weiteren Umsetzung eines Abkommens zum Klimaschutz mitzuwirken (im Widerspruch zu einem künftigen Staatsziel Klimaschutz). Ein Organstreit wäre aber denkbar, wenn in dem Staatsziel z. B. vorgesehen ist, dass der Bundestag an der Willensbildung der Bundesregierung zu beteiligen ist, wenn es um die Verwirklichung des Staatsziels geht (vgl. z. B. die Mitwirkungsrechte des Bundestags in Art. 23 Abs. 2 und Abs. 3 GG). Der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass Staatszielbestimmungen im Verwaltungsrecht rechtliche Wirkung bei der Auslegung von Gesetzen und bei der Ermessensausübung entfalten.5 *** 4 Walter, in: Walter/Grünewald, BeckOK BVerfGG, 5. Edition Stand: 01.06.2018, § 64 Rn. 7: „Wegen der Notwendigkeit, die Verletzung einer eigenen Rechtsposition geltend zu machen, kommen rein objektiv formulierte Verfassungsnormen von vornherein als Rechte oder Pflichten iSv § 64 nicht in Betracht. Das gilt zB […] für Staatszielbestimmungen“; Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 54. EL Juni 2018, § 64 Rn. 64: Das „objektive Recht zu wahren […] ist im Organstreitverfahren nicht zulässig“. 5 Schladebach, Staatszielbestimmungen im Verfassungsrecht, JuS 2018, 118, 121.